Beiträge von Sisenna Iunius Scato

    Scatos freudestrahlendes Grinsen verrutschte, als Cerretanus das Thema Kinder ansprach. Denn dazu gehörte ein Weib. Scato jedenfalls würde nicht einmal pro forma heiraten, seine Präferenzen waren eindeutig. Lieber saß er Seite an Seite mit Lurco bei einer Cervisia, schaute in den Sonnenuntergang und genoss ihren gemeinsamen Lebensabend, während der alte Terpander den Kräutergarten pflegte. Mochte Scatos Zweig mit ihm aussterben. Es war in Ordnung.


    "Nach Ablauf meiner Dienstzeit melde ich mich als Evocatus, wenn meine Gesundheit in dem Alter noch mitspielt", sagte er freundlich. "Und wenn nicht, widme ich mich unserer Taberna. Eine Ehe kommt in meiner Lebensplanung nicht vor."


    So. Nun konnte Cerretanus sich entweder freuen oder schwarz ärgern, dass Scato nicht vorhatte, jemals aus dem Dienst auszutreten und die Castra zu verlassen. Als alter Tattergreis, das hastile als Krücke benutzend, würde Cerretanus Scato noch immer an der Backe haben.


    Scato salutierte zufrieden, machte kehrt und marschierte davon, um seinen Kameraden die frohe Kunde zu überbringen, dass er sie nun offiziell verarzten durfte. Sein erstes Opfer würde Stilo werden.


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    "Manche würden sich über austretende Innereien freuen", bestätigte Scato.


    So war das mit den jungen Soldaten, ein Veteran sah das vermutlich anders. Ihn selbst betraf die Sehnsucht nach Blutvergießen weniger, es sei denn, um eine möglichst spektakuläre Wunde untersuchen und versorgen zu dürfen, aber gewisse Kameraden seines Contuberniums fantasierten begeistert von ihrem ersten "richtigen" Einsatz, wie sie es nannten. Und einige von denen waren frustriert, weil dieser nicht kam. Diese machten sich dann anderweitig Luft - wahlweise indem sie sich betranken, prügelten oder im Lupanar ausließen. Manche auch alles zugleich.


    Die folgenden Worte trieben Scato dann die Tränen in die Augen. Die langersehnte Ernennung! Hier war sie! "Wirklich?", piepste er. "DANKE, OPTIO! Ich werde dein Vertrauen nicht enttäuschen!"

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    "Du überlässt mir deine letzten beiden Würste? Dass muss Liebe sein!"


    Ramnus war begeistert. Nun, da er nicht mehr schlingen musste, verzehrte er genüsslich eine Lukanerwurst nach der anderen, ganz gleich, wie lange er dafür brauchen würde. Zwischendurch spülte er sie mit der Cervisia runter. Lurco schien seine Cervisia noch nicht entdeckt zu haben, so schob Ramnus ihm seine rüber. Mit jeder Wurst und jedem Schluck wurde Ramnus träger, bis er sich randvoll fühlte und schläfrig. Sein Wanst spannte, aber er hatte alle ihm anvertrauten Würste vom Antlitz des Imperiums getilgt.


    "Jetzt will ich schlafen", meinte er zufrieden.

    Die Frage war fies, weil Scato zur korrekten Beantwortung entweder seinen Vorgesetzten oder seine Kameraden schlechtreden musste. So versuchte er, die Antwort allgemein zu halten.


    "Es ist nicht so, dass sie zu viel Freizeit hätten. Aber wir wurden für den Kampf ausgebildet und hören ständig die Geschichten von den Leuten, die beim Sklavenaufstand dabei waren. Da finden manche, dass sich ihr Potenzial nicht voll entfaltet. Sie möchten sich vor den Älteren beweisen und möchten ihr Schwert mit Blut einweihen."


    Natürlich war die Aufgabe der Urbaner die Sicherung des Friedens. War alles ruhig, hieß es, dass sie ihre Arbeit gut machten. Doch kaum einer meldete sich bei einer Eliteeinheit der Armee, wenn er nicht aufs Kämpfen brannte. Genau darauf hatte man sie vorbereitet und darum waren Übungen, wie der Häuserkampf zur sechsten Stunde oder die Nachtübung, trotz der damit einhergehenden Anstrengungen auch so beliebt.

    Scato spuckte die Füllung seines Munds in einem schwachen Strahl vor sich ins Wasser, anstatt es Lurco ins Gesicht zu spritzen. Er watete Lurco entgegen und umarmte ihn mit seinem nassen, kalten Körper. Bei der Hitze war das Bad eine Wohltat.


    "Geplant ist zum Einen natürlich die Besichtigung von Tivoli, zum Anderen einfach Ruhe tanken in der Natur. Hier sind wir uns und Faunus am nächsten. Trubel und andere Leute haben wir jeden Tag. Für heute bleiben wir draußen. Wenn du möchtest, auch für die künftigen Nächte bis zur Heimreise. Es gibt hier einen geheimen Ort", sprach er leise in sein Ohr. "Hinter dem Schleier des Wasserfalls. Ich weiß allerdings nicht, ob wir es schaffen, die Pferde mit hineinzuführen, das wäre deine Aufgabe als Pferdefreund. Komm."


    Er ergriff Lurcos Hand und watete mit ihm vorsichtig über den steinigen Grund auf den Wasserfall zu. Bald konnten sie den kalten Sprühnebel auf ihrer Haut spüren, in dem ein Regenbogen schillerte. Dann traten sie hindurch.


    Hinter dem Wasserfall

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    Als Lurco ihn mit drei Würsten in der Visage ansah und dann auch noch kitzelte, prustete Ramnus. Eine der angefressenen Würste zischte in einem Sprühregen als Geschoss davon. Entsetzt fraß er die andere und hechtete noch beim Kauen dem Ausreißer hinterher. Dass die Wurst im Dreck gelegen hatte, störte Ramnus nicht im Mindesten, er leckte sie einfach schön sauber, während er Scato gedanklich aufkreischen hörte. Vergnügt grinste er Lurco an. Mit der Vorstellung von Scatos Entsetzen im Hinterkopf schmeckte die Mahlzeit doppelt so gut und Ramnus fraß auch diese Wurst. Langsam fühlte er sich satt. Aber eine verdammte Wurst blieb noch übrig. Schnell noch ein Schluck Cervisia und dann ging es weiter. Sehr langsam und nicht mehr ganz so freudig begann er sie zu essen.

    Asper sagte Bescheid. Scato schüttelte fassungslos den Kopf. Da war Lurco nur knapp dem Tode entronnen und rannte schon wieder mit Pullus los, um irgendetwas im Ganymed zu ermitteln. Der kurze Moment der Unaufmerksamkeit genügte, um auch Cerretanus wie ein Stehaufmännchen von dannen marschieren zu lassen. Sein Kreislauf war offenbar stabil. Scato schaute kurz zwischen Lurcos und Cerretanus´ Rücken hin und her, dann folgte er Cerretanus erneut zum Baugerüst.


    Die Rauchentwicklung war übel, selbst hier draußen konnte man kaum atmen und merkte die Hitze. Oben aus dem Fenster ragten mit angstvollen Gesichtern vier Köpfe: Quietus, Stilo sowie zwei Kameraden vom achten Contubernium nebenan, Camerinus und Toxotius. Tarpa, Asper, Scato und die Arbeiter zogen das Sprungtuch auseinander, doch irgendwie sah keiner von den obigen aus, als hätte er Lust, in die Tiefe zu springen. Ramnus machte sich also daran, erneut hinaufzuklettern. Scato fragte sich, ob er mit jedem einzeln springen wollte, während das Feuer in der Station dicke Rauchschwaden verursachte. Die Zeit verrieselte, das Feuer wurde nicht kleiner, es knackte, fauchte und zischte wie ein wütendes Untier. Auf der Straße hatten sich Schaulustige versammelt, aber die dritte Zenturie bestand aus achzig Mann - genügend, um die Schaulustigen auf Abstand zu drängen und weiterhin den Tatort zu sichern. Scato schaute wieder besorgt nach oben.


    "Die sollten sich beeilen! Wenn die Station explodiert, sind wir alle erledigt!"

    Am frühen Abend trudelte Scato ein, der zum Spätdienst eingeteilt gewesen war. Begrüßt wurde er zunächst von Terpander, der sich nichts anmerken ließ. Im Atrium kam ihm dann, wie immer, sein blauer Pfau entgegen.


    "Na, du hübscher Narcissus?", zwitscherte Scato im leisen Singsang. Vögel liebten es, wenn man so mit ihnen sprach. Zu Vögeln hatte er seit jeher einen besonderen Bezug und verweigerte es seit seiner Kindheit, Vogelfleisch zu verzehren. "Schau, was der Papa dir mitgebracht hat!" Scato zückte einen kleinen Lederbeutel. Der Pfau reckte den Hals. Als Scato den Beutel öffnete, stieg ihm feuchter Erdgeruch entgegen. Er griff hinein und zog einen riesigen Regenwurm heraus. Er ließ Narcissus den Wurm aus seiner Hand picken, auch wenn das weh tat. Ganze sechsundvierzig fette Regenwürmer hatte Scato von den heutigen Straßenbauarbeiten für seinen Pfau mitgebracht. Narcissus fraß sie alle. "So, das war´s!"


    Scato zeigte beide Handflächen, als würde er sich ergeben, der Pfau kannte die Geste bereits, kam ihm aber trotzdem hinterher, als er in den Garten schlenderte, um nach den Kräutern zu sehen. In der Mitte des Beetes stand auf einmal ein kleiner Baum mit roten Früchten. Scato stieg vorsichtig zwischen den Pflanzen auf die Trittsteine, um ihn sich aus der Nähe anzusehen. An seinem Stamm lehnten eine Wachstafel und ein Pergament. Beides las Scato sich durch. Sein Grinsen wurde immer breiter und er küsste die Wachstafel.


    "Terpander", rief er, "hast du das schon gesehen? Lurco hat mir einen Granatapfelbaum geschenkt! Zum Festtag der Venus! Ist das nicht lieb? Ich lasse dir die Pflegeanleitung hier. Wenn du den Baum vertrocknen lässt, lasse ich dich verdursten. Gießt du ihn zu Tode, wirst du ertränkt."


    Solche Späße musste Terpander sich gefallen lassen, sein eigener Humor war schließlich auch nicht gerade freundlich. Scato pflückte die zwei reifsten Früchte, schaute noch einmal, ob mit den übrigen Pflanzen alles in Ordnung war, sagte Satibarzanes kurz Salve und verschwand dann samt der Früchte wieder in der Castra, anstatt hier ein paar Stunden Ruhe zu tanken.

    Scato blickte eine Weile hoffnungslos auf die brennende und bröselnde Station, in der sich Lurco, Cerretanus und mehrere Milites befanden, denen er nicht helfen konnte. Das war das Ende, gleich würde der Endknall folgen. Stumm betete er zu Faunus und wenig später stieß er einen Überraschungsschrei aus. Sein Gebet war erhört worden! Als Lurco aus dem Gebäde kam, zerrte er einen Verletzten hinter sich her. Dann brach er zusammen. Der Verletzte war Scato erst einmal egal, er packte Lurco, warf sich ihn quer über die Schultern und rannte mit ihm um die nächste Hausecke. Dort tätschelte er ihm die verrußte Wange und knutschte ihn auf die Stirn.


    "Du bist wieder da, ein Glück. Und jetzt bleib hier brav in Deckung, ehe die Station explodiert, die fliegt uns gleich um die Ohren! Das hier ist der Verbandsplatz", verkündete er. "Bleib auf jeden Fall hier!" Scato rannte wieder davon. "Ramnus, mach dich ausnahmsweise nützlich", plärrte er, erneut von Tatkraft erfüllt. "Du hast Kraft, trag die Verwundeten zum Verbandsplatz! DA HIN!" Er wies mit dem Finger in die entsprechende Richtung und schnappte sich selbst den Mann, den Lurco hatte retten wollen. Ramnus nickte, grunzte und half. Jeden, den sie fanden, trugen sie um die Ecke. Immer wieder blickte Scato besorgt in Richtung der Station, wo er plötzlich eine Bewegung am Fenster sah. Er packte Ramnus an der Tunika und zeigte mit dem Finger in die Richtung.


    "Dort turnt Cerre! Bei den Göttern, was macht der da?! Wir brauchen einen Trampolin!" Cerretanus schien wegen des Rauchs nicht mehr sehen zu können, so wie er mit dem Fuß auf dem Gerüst herumtastete, während er schief auf dem Fensterrahmen hing.


    "Du meinst ein Sprungtuch", half Ramnus aus.


    "Das dort!" Der Finger schwenkte herum und zeigte auf das Sonnensegel eines Obstladens auf der anderen Seite neben dem Blinden Esel.


    "Verstanden!"


    Ramnus stürmte los. Tarpa und Asper folgten ihm, die Übrigen waren anderswo beschäftigt, vermutlich mit Cerretanus in der Station. Zu dritt rissen sie das Sonnensegel aus der Verankerung, unter dem Protestgeschrei des südländisch aussehenden Besitzers. Scato kam herzu. Er warf einen letzten besorgten Blick in Richtung von Lurco, dann rannte er mit den anderen zu dem maroden Baugerüst.


    "Scheiße, das sieht nicht gut aus", raunte Tarpa.


    "Ich mach das!" Während die anderen das Sprungtuch hielten, kletterte ausgerechnet der größte und schwerste von ihnen das schwankende Gerüst hoch. Ganz oben stellte Ramnus sich so stabil hin, wie es nur ging. "Optio, wenn du gestattest", brummte er beruhigend. Er pflückte Cerretanus vom Fenster und schloss ihn fest in seine Arme. Der Mann war nicht klein, aber in der Umarmung von Ramnus wirkte jeder winzig. Dann sprang Ramnus.


    Scato fielen fast die Augen aus dem Kopf. "ZIEHT!", brüllte er und die Milites zerrten das Tuch so weit sie konnten auseinander, während Ramnus mit Cerretanus hinabrauschte, die Beine vorgestreckt. Die umstehenden Arbeiter sprangen herzu und packten im letzten Moment den Rand des Tuches, um zu helfen. Keine Sekunde zu früh. Ramnus landete auf dem Hintern, während er durch seine Landung den Milites und Arbeitern fast die Arme ausriss, doch einen Fingerbreit über dem Boden schwang das Tuch wieder nach oben. Ramnus und Cerretanus waren gerettet. Sie legten das Tuch anschließend auf dem Boden ab, so dass Ramnus aufstehen konnte. Er trug Cerretanus ein paar Schritte vom Tuch herunter und stellte ihn ganz vorsichtig auf die Füße.


    "Alles klar, Optio?", fragte er besorgt.

    Scato folgte Cerretanus und Lurco nach draußen, wo ein wahres Inferno ausgebrochen war. Er roch etwas, was ihm gar nicht gefiel - brennendes Öl und Unmengen von Wasserdampf.


    "Geht da nicht rein! Die Scheiße wird gleich explodieren!"


    Genau das war einmal in der Küche seines Elternhauses passiert, als ein Sklave versucht hatte, eine brennende Pfanne mit Wasser zu löschen. Zum Glück war es nicht Terpander gewesen, denn der Mann hatte es nicht überlebt. Doch Cerretanus und Lurco waren nicht aufzuhalten. Sie marschierten geradewegs in das brennende Gebäude.


    "Macht das nicht", brüllte er verzweifelt. "Und keine Eimerkette, ihr Trottel", rief er den Zivilisten zu, die alles falsch machten, was man nur falsch machen konnte. "Nehmt Löschdecken oder lauft! Es wird EXPLODIEREN!"


    Das erste Mal in seiner Karriere verweigerte Scato einen Befehl. Er bewegte sich keinen Schritt näher auf die brennende Station zu, auch wenn die Schreie aus ihrem Inneren markerschütternd waren. Sein Leben als Urbaner täglich zu riskieren gehörte zu seinen Pflichten. Es wegzuwerfen nicht. Wenn er als einziger Anwesender, der auch nur ein wenig Ahnung von Erstversorgung eines Verwundeten hatte, ausfiel, konnte er überhaupt keinem mehr helfen. Scato hörte Lurco aus dem Inneren verzweifelt um Hilfe rufen. Er schlug sich einen Moment verzweifelt die Händ vor das Gesicht, dann warf er sie nach unten. Sein Herz raste, doch er konnte da nicht rein. Sonst starben sie alle gemeinsam.


    "Kommt wieder raus", brüllte er, so laut er konnte.


    Sim-Off:

    Disziplin bedeutet keine Gleichgültigkeit, ist aber in Extremsituationen unabdingbar. Niemandem ist geholfen, wenn man die Befehlskette vergisst und im wahrsten Sinne des Wortes kopflos herumrennt.

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    Ramnus schaute nicht schlecht, als Lurco sich sogar mit drei Würsten abplagte. Er schob sich derweil schnurpsend seine Beiden immer tiefer in den Rachen, während er gleichzeitig die abgebissenen Stücken unzerkaut runterwürgte. Da er nach diesen beiden Würsten fast erstickt wäre, griff er rasch nach der Cervisia und spülte nach. Dann folgten wieder zwei Würste. Um sie herum hatte sich eine kleine Truppe Zuschauer versammelt, die sie anfeuerten und auch der Bratwurstmensch schaute gespannt, wer gewinnen würde. Nebenbei freute er sich über die Werbung. Zwischen den zwei halb aufgezehrten Würsten, die in seinen Backentaschen klemmten, schob Ramnus die Zunge heraus und schielte, um Lurco zum Lachen zu bringen, damit er sich verschluckte.

    Scato wurde überschwänglich und liebevoll im Wasser begrüßt, worauf er glücklich in die Abendsonne blinzelte, nur um sich einen Moment später brutal untergetaucht in einem Vorhang von Luftblasen wiederzufinden. Lurco war manchmal ein richtiger Sack. Unter Wasser packte er Lurcos Unterschenkel und riss ihn auf dem glitschigen Stein von den Füßen. Da das Wasser recht tief war, bestand keine Gefahr, dass Lurco sich irgendwo einschlug. Dann stieß Scato wieder prustend an die Oberfläche. Er liebte Wasser und er liebte es zu schwimmen. Und er hatte viel Übung, Leute im Wasser niederzuringen, denn sein kleiner Bruder hatte auch öfter Mal als Opfer herhalten müssen.


    "Na warte", knurrte Scato spielerisch und nahm beide Backen voller Wasser, um Lurco einen Wasserstrahl ins Gesicht zu spucken, sobald der wieder zum Vorschein kam.

    Auf Lurcos Witz hin brach Ramnus in röhrendes Gelächter aus, das ihm einen gereizten Blick von Scato einbrachte. Doch Ramnus wäre nicht Ramnus, würde ihn das stören. "Doktor Tod, auch bekannt als Scato. Gerade war der Patient noch quicklebendig. Scato macht einen Handgriff - zack, tot."


    "Ich war es nicht der den Mann aufgeschlitzt hat", rief Scato erbost. "Ich kann auch nicht zaubern bei so einer Wunde! Lurco war das!"


    "Der Kastrat hat gelebt, bis du versucht hast, ihn zu kurieren."


    "Halt dein blödes Maul", brüllte Scato, der nun richtig wütend war.


    Innerlich fragte er sich aber, ob Ramnus Recht hatte, ob er den Patienten zu Tode kuriert hatte. Er hatte noch keine Ausbildung, er konnte nur das anwenden, was er ausspioniert hatte beim vorsätzlichen Herumlungern im Valetudinarium und bei den Gesprächen mit seinem Kumpel, der dort arbeitete. Vielleicht hätte er wirklich besser gar nichts getan? Mit einem Mal wurde Scato von Verzweiflung erfüllt, weil er zwei Menschen umgebracht hatte. Überall war Blut, an seinen Händen, auf seiner Tunika und auch am Heft seines Gladius und an der Scheide, an seinen Beinen und Caligae. Blut von Menschen, die heute nicht nach Hause kommen würden. Es war Scato gleich, ob sie es verdient hatten oder nicht, er fühlte sich schuldig, als wäre er selbst Teil des Abschaums, den sie tagtäglich bekämpften. Als wäre er ein Mörder.


    Er schluckte alles, was in ihm vorging, herunter, auch wenn man es ihm trotzdem ansah, wischte seine Finger an seiner Tunika ab und wartete auf weitere Anweisungen. Die Routine würde ihn bis zum Ende der Schicht durchhalten lassen und dann würde er sich nach den Thermen mit einer Flasche Wein in sein Bett verkriechen. Doch die erhoffte Routine trat nicht ein. Plötzlich gab es draußen einen weiteren Tumult, es krachte. Jemand rief jemand nach den Vigiles, der Stimme nach war das Caesoninus von den Luperci, der in der Baukommission mit drinhing. Entsetzt sah Scato Cerretanus an.


    "Waren Männer von uns da drin?!"


    Immerhin gab es einen Befehl, die Station Tag und Nacht zu bewachen, die Urbaner würden sie auch im Trubel nicht unbeaufsichtigt gelassen haben. Was für ein Scheißtag!

    Scato schaute nicht schlecht, als er ehemalige Magister grußlos von hinnen rauschte. Was für ein Kauz. So viele Luperci waren sie nicht, so dass Scato davon ausgegangen war, dass sie alle so etwas wie Freundschaft verband. Offenbar hatte er sich getäuscht, Verax hatte für keinen der Männer, mit denen er die letzten Monate zu tun gehabt hatte, einen Blick übrig, als er für immer verschwand. So wandte Scato sich an Caesoninus und grinste.


    "Meinen Glückwunsch! Dafür dass du beim letzten Lauf über deine eigenen Füße gestolpert bist, scheint Faunus Großes von dir halten."


    Er für seinen Teil war froh, dass der Kelch zusätzlicher (und unbezahlter) Arbeit an ihm vorübergegangen war. Caesoninus wirkte auch nicht sonderlich begeistert.


    "Was werden überhaupt deine Aufgaben sein? Was macht man den ganzen Tag als Magister der Luperci?"

    "Wir übernachten draußen", verriet Scato. "Komm."


    Nachdem sie die Aussicht genossen hatten, ritten sie einen gewundenen Bergpfad hinunter ins Tal, in das die Wasserfälle in mehreren Kaskaden hinabstürzten. Das Wasser hatte dabei Wannen ausgewaschen, in denen sich das kühle Nass sammelte. Das Rauschen des Wassers glich einem Donnern und ein feiner Sprühregen zauberte mehrere Regenbogen in die Abendsonne. Scato band sein Pferd an, so dass es grasen konnte und entledigte sich seiner verschwitzten Kleidung. Mit einem Fuß testete er, wie kühl das Wasser war - herrlich erfrischend! - und stieg hinein. Dann tauchte er unter und war weg. Kurz darauf bracht er an anderer Stelle wie wieder aus dem Wasser hervor.


    "Komm rein", rief er gegen das Rauschen an und schüttelte sein nasses Haar.

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    Ramnus fühlte sich provoziert, als Lurco meinte, er wolle im Sand spielen. Hatte es ihm gerade noch leid getan, seinen Würstchenspender zu verhauen? Jetzt nicht mehr! "Du wirst leiden", grollte Ramnus in Lurcos Genick, als er diesem hinterher stapfte. "Der Stein, auf dem wir jetzt gehen, wird deine Knochen zerschmettern, deine Haut aufplatzen lassen und ..."


    Da roch Ramnus die Bratwürste. Ungläubig starrte er Lurco an, der zwei mal fünf bestellte. Das waren anderthalb Meter gebratene Lukanerwurst, die jeder vertilgen sollte. Lurco schaute ihn noch immer streng an, doch Ramnus' zornige Stimmung war verflogen. Ungeduldig tappelte er herum, bis die Würste endlich bereit lagen.


    "Dazu zwei Cervisia", bestellte er, damit die Bratwürste besser flutschten. Und dann konnte es losgehen. Ramnus griff mit jeder Hand eine Lukanerwurst, ungeachtet dessen, dass er sich dabei die Pfoten verbrannte, und schnurpste sie gleichzeitig in sich hinein. Es sah aus, als würde er auf einem Aulos spielen.