"TARPA, hierher", rief Scato. "Ich brauche einen Assistenten!"
Lurco mit seinen Pranken würde alles nur noch schlimmer machen. Tarpa wurde nun seine Ordnungsliebe zum Verhängnis, da Scato sich vorstellte, dass jemand, der Ordnung mochte, auch sorgfältig in anderen Bereichen des Lebens vorging, wo Umsicht statt roher Gewalt gefragt waren. Tarpa fügte sich in sein Schicksal - was tat man nicht alles für seine Freunde - und stapfte ergeben näher. Scato verscheuchte Lurco und zwang Tarpa, die Wunde abzudrücken, wobei er ihm die Finger sortierte, so dass der Griff möglichst effektiv war. Dann zückte er seinen Pugio und trennte Tarpas Tunika am unteren Saum auf.
"Ich möchte ja nicht stören, aber was tust du da?", fragte Tarpa irritiert.
"Ich kürze deine Tunika, sie ist zu lang", frotzelte Scato, ohne sich stören zu lassen.
Tarpa ließ eine Pause. Dann fragte er: "Im Ernst?"
"NEIN, verdammt! Ich brauche Verbandszeug! Sehe ich aus, als hätte ich irgendwelches SCHEISS Verbandszeug bei mir?! Sehe ich aus, als wäre ich endlich Miles medicus? Ich muss improvisieren, also halt still!"
Scato besaß zwar eine selbst zusammengestellte Capsa, aber so lange er keinen entsprechenden Posten bekleidete, durfte er die im Einsatz nicht mit sich führen. Und so zog er mehrere Einzelfäden aus Tarpas Tunika und schnitt mehrere Streifen ab, die als Verband taugen mochten. Dann widmete er sich der Wunde, die dank Lurco unter aller Sau aussah. In dem Blut und Matsch erkannte Scato fast nichts. Er klaute auch noch Tarpas Feldflasche und spülte die Wunde so weit aus, dass er etwas erkennen konnte. Zum Glück hielt Cerretanus den Eunuchen noch an seinen Haaren fest, denn der würde gleich laut werden. Doch da täuschte Scato sich. Der Blutverlust und der Schock hatten den Patienten so weit geschwächt, dass er sich nicht mehr gegen die Behandlung wehren konnte, er zuckte nur ein wenig und wimmerte. Scato schob einige von Tarpas Fingern weg und dann begann die Fummelarbeit. Es sah sicher lustig aus, wie er da unten kniete, den Kopf genau vor dem Schritt des Verletzten, aber lustig war daran gar nichts und Scato arbeitete hochkonzentriert. Mit den feinen Fäden schnürte er jede bloßliegende Ader einzeln ab. Wunden nähen konnte er noch nicht, aber von dieser Methode hier wusste er und freute sich, dass er sie einmal ausprobieren konnte. Die starke Blutung ließ augenblicklich nach, bis Tarpa ganz loslassen konnte. Aus den breiten Tunikastreifen fertigte Scato einen Druckverband, der am Ende aussah wie eine eng anliegende Unterhose, während Tarpas Tunika nun peinlich kurz war.
"Fertig", rief Scato stolz. "Kein Festhalten mehr nötig!" Wie zum Beweis hob er beide blutverschmierte Hände. Der Verletzte war vor dem Verbluten gerettet.