Beiträge von Iullus Seius Iunianus Fango

    "Es gibt einen Rahmenplan für den Tagesablauf. Aber in den Details ist jeder Tag anders", sagte Fango. Da sich ein längeres Gespräch anbahnte, schob er seine Wachstafeln beiseite. "Nach dem Weckruft treten wir erstmal an und es folgt eine Tagesbefehlbesprechung des Decurios. Anschließend machen wir Frühsport. Früher hat mich das sehr angestrengt und ich war danach erschöpft, aber inzwischen werde ich davon wunderbar munter. Danach geht es für uns in der Regel auf Patrouille. Am frühen Abend ist Dienstschluss. Ich bringe das Pferd in den Stall, wo sich die Calones darum kümmern, während ich mich meiner Ausrüstung widme. Bevor ich ins Bett gehe, gehe ich meistens noch in die Thermen. Andere sparen sich die Zeit und machen bloß eine Katzenwäsche."


    Fango bestellte für Pilius ein Bier mit und für sich selbst eine Platte mit Brot und Wurst. "Was möchtest du essen? Ich kann dich allerdings nicht einladen, ich bin ein bisschen blank, ich bin nur der Botschafter zwischen dir und Küche", sagte er mit einem entschuldigenden Grinsen.

    "Die Mannschaftsstärke der unterschiedlichen Einheiten zu kennen gehört zur Grundausbildung, das solltest du beherrschen. Ich muss auch noch die Belastbarkeit und Effizienz verschiedener Materialien kennen. Mann kann zum Beispiel nicht jeden Pfeil für jeden Bogen verwenden. Dann gibt es noch die maximale Schussweite je nach Zugkraft des Bogens und so weiter. Ähnliches gilt auch für die Artillerie, für die verschiedenen Geschütze. Keine Sorge, das alles musst du nicht für die Prüfung lernen, aber ich möchte solche Dinge wissen und nicht erst irgendwo nachschlagen müssen. Willst du was trinken oder essen?" Er winkte der Bedienung zu, da er langsam durstig wurde. "Kommst du bisher gut zurecht?"

    Zwischen den wachhabenden Equites trat ein kleiner Soldat hervor. Als Reiter war es von Vorteil, nicht zu groß zu sein, und es gab Maximalgrößen, aber dieser Eques war wirklich winzig. "Salve, Sextus Iunius Stilo. Ich bin Eques Iullus Seius Iunianus Fango." Er musterte den fremden Mann vor sich und suchte irgendwelche Ähnlichkeiten zu seiner Verwandtschaft, weil ihm der Name nichts sagte. Dunkles Haar, braune Augen, harmonische Gesichtszüge - könnte hinkommen. Aber vielleicht war die Namensgleichheit auch Zufall? Sie würden vielleicht später Gelegenheit haben, miteinander auf etwas persönlicherer Ebene zu sprechen. "Komm mit, ich bringe dich ins Officium des Rekrutierungsoffiziers."


    Bewusst sah Fango nicht in Richtung der Rekruten. Er wusste, dass er gut schießen konnte, und war ungeheuer stolz darauf, doch er wollte nicht als Angeber wahrgenommen werden, sondern schaute neutral aus der Reihe heraus, während einer der Gehilfen die Zügel seines Pferdes ergriff. Hinter der Präzision steckte kein Talent, sondern gute Augen und sehr, sehr viel Training.

    "Setz dich doch", sagte Fango. Ein Stuhl wanderte einladend nach hinten, als er ihn mit dem Fuß verschob. Der Neue hieß Quintus Germanicus Pilius, Fango hatte es sich eingeprägt. "Ich wiederhole ein bisschen die Theorie aus der Ausbildung. Das tue ich regelmäßig Gerade die Zahlen vergisst man sonst schnell wieder." Dass Fango allein an einem Tisch saß, zeigte, wie beliebt ihn das machte. Er hatte zwar durchaus ein paar Kumpel unter den Equites, aber in der Freizeit beschäftigten diese sich dann doch lieber mit anderen Kameraden als mit einem übermoralischen kleinen Streber. "Wie kommst du in der Ausbildung klar? Brauchst du irgendwo Nachhilfe?"

    Bevor jemand noch etwas sagen konnte, erklang Hufgetrappel, das lauter wurde. Ein vollgerüsteter Reiter nahte auf einem goldgelben Falben, den Blick auf sein Ziel gerichtet. Er hielt im vollen Galopp auf die Strohpuppen zu und hob den Bogen auf Schulterhöhe, spannte die harte Sehne. Ein für Unerfahrene verblüffend lauter Einschlag erklang. Den Pfeil selbst hatte man nicht gesehen, es schien, als würde er urplötzlich im Gesicht der Strohpuppe stecken. Bevor Fango in Reichweite des Speers gekommen wäre, ritt er eine Kurve, die im Kreis um den Strohmann herumführte. Ein Pfeil folgte nun auf den anderen, zack, zack, zack und jeder traf. Freihändig zu reiten war schwierig genug, dabei noch zu zielen, ohne den Bogen zu verreißen, eine Meisterleistung, die selbst unter den Soldaten der Ala nur enige Spezialisten sicher beherrschten.


    Fango achtete darauf, nur zu schießen, wenn er sich zwischen den Tirones und den Puppen befand, um niemanden in Gefahr zu bringen, falls er doch einmal verfehlte. Damit demonstrierte er auch die Angriffstaktik im Gefecht. Niemand wollte ins Kreuzfeuer der eigenen Leute geraten. Die Pfeile kamen im Takt weniger Sekunden. Die Tirones mochten sich ausmalen, welch vernichtende Wirkung ein ganzer Schützentrupp auf die Germanen haben würde.


    Als Fango seine Pfeile verschossen hatte, ritt er wieder davon, so wie es auch im Gefecht geschehen würde. Am Ende der Reihe zügelte er seinen Hengst und ließ sich heruntergleiten, einen gewissen Stolz in seinem Gesicht.

    Fango, der allein mit einem Stapel Unterlagen an einem Tisch saß, winkte einladend, als der Neue sich in der Taberna umblickte. Der Gesichtsausdruck verriet, dass das nicht nur ein Gruß war, sondern eine Einladung. Wenn er wollte, konnte Quintus Germanicus Pilus sich gern zu Fango an den Tisch setzen.

    "Eques , das wir uns verstehen, ich will mein und meiner Begleiter Ross, wohlversorgt zurück haben, so mein Inspektion beendet.

    Dann wollen wir mal, votwärts zu neuen Taten."

    Sie würden nicht vor den Toren versorgt werden, aber es war Usus, wenn man nicht im Einsatz war, am Tor von den Pferden abzusteigen und zu Fuß in die Castra zu gehen. "Die Pferde der Ala zählen nicht ohne Grund zu den Besten", antwortete Fango. "Es wird ihnen an nichts mangeln." Er ärgerte sich etwas, weil der Tribun meinte, ihn extra darauf hinweisen zu müssen, so als ob sonst schlecht mit den wertvollen Tieren verfahren würde, aber auch solche Stabsoffiziere gab es eben. Während Fangos Kameraden sich der Pferde annahm, führte er die Abordnung der Legio zur Principia.


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    „Salve Eques lunianus Fango“ er lächelte nachdem er sah, wer Dienst hatte. „Wie geht es dir? Wir (Gruppe der Tirones in der Ausbildung) haben für heute Abend Ausgang bekommen, ich fürchte ich bin der letzte von ihnen, der sich auf den Weg zur Taberna macht!“

    "Glückwunsch, dann habt ihr alles richtig gemacht." Fango erwiderte das Lächeln. "Man muss auch nicht in die Taberna, manche gehen in ihrer Freizeit auch ins Theater oder in einen Tempel oder vertreten sich die Beine am Rhenus-Ufer."

    Falls der Tribun wirklich vorhatte, dem Praefectus Alae mit dieser Prämisse gegenüber zu treten, würde er warhscheinlich ein Donnerwetter erleben. Auch war der Tribun nicht Fangos dienstlicher Vorgesetzter, so dass er dem Eques gegenüber nicht weisungsbefugt war. Der Ton war also nicht unbedingt angebracht. Trotzdem machte Fango weiter professionell seine Arbeit. "Wenn du dann bitte vom Pferd absteigen würdest, damit es versorgt werden kann, Tribun Aemilius Secundus?", sagte er unverändert höflich zu dem hinuntergebeugten Offizier hinauf.

    "Danke Römer, wir nehmen eure Hilfe gern in Anspruch, bringt wie der Händler die Verletzten zu mir und hindert etwaige Verwirrte ins Feuer zu laufen."

    Es geschah, wie der ältere Mann es erbat. Die Soldaten halfen, die Verwundeten, die meist einen starken Husten wegen des Rauches hatten, zu dem provisorischen Verbandsplatz zu bringen und teilten auch einiges von ihrem Verbandsmaterial mit den Germanen. Irgendetwas fühlte sich für Fango allerdings nicht richtig an, als ob an dem Ganzen etwas faul sei. Er konnte das Gefühl nicht zuordnen, denn nach außen lief alles ganz normal, doch er hatte gelernt, dass seine Intuition ihn in solchen Situationen selten täuschte. Das Feuer, die Hilfe der Ala für einen Feind, der diese mit merkwürdiger Selbstverständlichkeit annahm. Es fühlte sich an, als sei dies ein Bühnenstück und jeder Beteiligte kannte seine Rolle, während der Rest nicht wusste, dass dies überhaupt ein Spiel war. Nervös blickte Fango von einem zum anderen, von der emsigen Germanin hin zu dem Mann mit dem Rauschebart. Dann blickte er zu seinem Decurio und fragte sich, ob dieser das Gleiche fühlte. Etwas stimmte hier nicht, etwas war falsch ...

    Man salutierte, weil ein hohes Tier Einlass begehrte. Die Soldaten am Tor waren dennoch etwas verwirrt. Sie sahen zwar, dass da ein wichtiger Mann von der Legio anrückte und nun kannten sie auch seinen Namen, doch nicht seinen Dienstrang, mit dem man sich bei den Streitkräften üblicher Weise vorstellte. Anhand des jungen Alters und der Insignien vermutete Fango einen neuen senatorischen Tribun. Aber Genaues wusste man erst, wenn es eine Bestätigung dafür gab.


    "Salve, Aemilius Secundus", grüßte er höflich. "Ich bin Eques Iullus Seius Iunianus Fango. Zu wem genau möchtest du? Zum Prafectus Alae, nehme ich an? Welchen Dienstgrad darf ich anmelden?"

    "Der Brief geht dich und mich ja auch nichts an", sagte Fango augenzwinkernd. "Darum ist er auch versiegelt. Der Weg zur Domus Iunia ist nicht schwer zu finden. Es geht da lang, eine Villa rustica, alles schön rustikal. Sie liegt außerhalb der Stadt, auf halber Strecke zwischen dem Reiterkastell und dem Zentrum Mogontiacums, auf einem Hügel zwischen uralten Bäumen. Von der Hauptstraße aus sieht man sie nicht. Du musst einer kleinen Straße folgen, die aus Natursteinen gepflastert ist. Zwischen den Steinen wuchert ziemlich viel Unkraut. Sie ist wirklich nicht zu verwechseln."

    Die Equites sprangen von den Pferden. Eine nahe Lichtung wurde zum Bereitstellungsraum erklärt, wo die Tiere und das Material ihren Platz fanden. Auch die Germanen, die helfen wollten, wurden darauf hingewiesen, Eimer, Werkzeuge und dergleichen dort hinzuschaffen, damit jeder, der Material brauchte, wusste, wo er es herbekommen konnte. Da die meisten Equites germanische Wurzeln hatten, gab es keine Sprachbarriere und vielleicht trug es auch dazu bei, dass die Dorfbewohner ihnen vertrauten und mit ihnen zusammenarbeiteten.


    Als die Kundschafter den provisorischen Verbandsplatz fanden, halfen sie, die Verletzten, dort hinzugeleiten. Auch Fango gehörte zu jenen, die zu dieser Aufgabe eingeteilt wurden. Er sah einen älteren Mann mit einem eindrucksvollen Vollbart, welcher ein Heiler zu sein schien und ging zu diesem.


    Fango winkte Alwin zu sich heran, der als germanischer Händlerssohn mehrere germanische Dialekte sprach, und ließ ihn übersetzen: "Braucht ihr Verbandsmaterial? Können wir euch hier helfen?"

    Als Fango das hörte, drängelte er sich an seinen Kameraden vorbei. "Ich bin der Sohn von Sisenna Seius Stilo", posaunte er. "Iullus Seius Iunianus Fango." Er musterte den Sklaven, den er überhaupt nicht kannte. "Außerdem bin ich der Bruder von Sisenna Iunius Scato."


    Fango fragte sich, weshalb Stilo einen neuen Sklaven gekauft haben könnte, der scheinbar krank war, wenn er so dringend zu Scato sollte. Selbst, wenn es sich um ein Schnäppchen gehandelt hätte, wäre Stilo sich wahrscheinlich nicht auf ein solches Angebot eingegangen. Fango konnte sich nicht vorstellen, dass der Kauf aus Mitleid vollzogen worden war, dafür war sein Vater nicht der Typ. Wenn jemand schwach war, trat der eher noch einmal richtig zu.


    "Wie dringend benötigst du einen Medicus? Oder sollst du ihn nur darum aufsuchen, um ihm etwas auszurichten?" Es könnte schließlich auch sein, dass Stilo eine Beratung durch Scato wünschte, aber aus gewichtigen Gründen keinen Brief schicken wollte. So oder so galt: Wenn der Jüngling seinem Vater gehörte, war es besonders wichtig, dass alles seine Ordnung hatte, denn Fango wollte als perfekter Sohn wahrgenommen werden.

    Fangos Augen wurden groß. "Das wisst ihr auswendig? Ich kann mir die Namen nie merken! Nicht, dass ich mich nicht für meine Verwandten interessieren würde, aber diese sind ja schon lange tot. Wir müssen uns unbedingt mal treffen, dann haben wir mehr Zeit, uns zu unterhalten! Gibt es eine Willkommensfeier?" Durch die Frage hatte Fango sich bereits selbst eingeladen und überlegte schon, wen er alles mitbringen könnte. Nach seiner Vorstellung waren Feiern mit wenigen Gästen eine traurige Angelegenheit, weshalb man stets so viele Leute wie möglich einladen musste.

    "Ich freue mich auch", verkündete Fango. "Mich hat Sisenna Seius Stilo adoptiert." Er lächelte, auch wenn er etwas sauer war, weil dieser nach der Adoption keinerlei Zeit mehr für ihn fand. "Er ist mein leiblicher Onkel und mittlerweile auch mein rechtlicher Vater. Was lustig ist, weil er nicht viel älter ist als ich, aber er fand, dass es mir nicht gut tun würde, als Waise aufzuwachsen. Auf welche Weise seid ihr beide denn mit uns verwandt?"

    Als der Soldat am Tor das vernahm, ließ er Fango herbeirufen. Der kleine Eques wuselte scheinbar aus dem Nichts hervor. Bei seiner Körpergröße war er leicht zu übersehen. "Salvete", grüßte er viel freundlicher, als es für die Soldaten der Torwache üblich war. "Das ist ja eine Überraschung! Ich bin Eques Iullus Seius Iunianus Fango. Iunius Scato ist mein Bruder." Er winkte Terpander zu. Die Anwesenheit seines alten Lehrers zeigte ihm, dass die Behauptung der Reisegruppe stimmte. Umgekehrt zeigte die Reaktion von Terpander, die dieser hoffentlich folgen ließ, dass auch Fango nicht flunkerte.


    "Zur Domus Iunia geht es da lang. Sie ist viel ländlicher als die Domus Iunia in Roma, eine Villa rustica, alles schön rustikal, aber erschreckt nicht über den Garten. Sie liegt außerhalb der Stadt, auf halber Strecke zwischen dem Reiterkastell und dem Zentrum Mogontiacums, auf einem Hügel zwischen uralten Bäumen. Von der Hauptstraße aus sieht man sie nicht. Ihr müsst einer kleinen Straße folgen, die aus Natursteinen gepflastert ist. Zwischen den Steinen wuchert ziemlich viel Unkraut. Terpander kann euch den Weg zeigen, er war schon mal dort. "