Beiträge von Tiberia Stella

    Da ich leider nicht editieren kann, leider ein Doppelbeitrag:


    a) Sorry für Captain Obvioud im vorherigen Beitrag, hatte es im Bus getippt und nicht richtig gelesen. ^^


    b) Es ist vielleicht klug an bestimmten Positionen eine weitere Ebene einzubauen, damit auch Interaktionen und Organisation zwischen SpielerInnen stattfinden kann. Ich spreche hier insbesondere den Kaiserhof, der sicherlich noch neue Posten etablieren kann.


    c) Vielleicht kann man die Prätorianer etwas ausbauen, damit sie mehr histofiziert werden. In diesem Fall könnte man die "Laufbahnen" der Milites besser trennen und zwar in die "Speculatores" und "Statores", da beide Aufgabengebiete vollkommen unterschiedliche Anforderungen haben. Eben nicht nur durch Signaturzusatz. Die "Speculatores" sind eine Art Geheimpolizei, die auch unliebsame Aufträge erledigt aber primär der Aufklärung dient und die "Statores" eine offene politische Polizei, die Vergehen gegen den Kaiser und Staat verfolgt. Die "Statores" könnte man so zum Beispiel im Christenplot einbauen. Ob man einen regulären Dienst einführt, der wohl historisch bestand, ist ja schlicht eine Entscheidungsfrage. Darüber hinaus fehlt der numerus batavi/germanorum, jene Elite-Wächter des Kaisers, welche unmittelbar in seinem Umfeld waren und hauptsächlich aus Germanen rekrutiert wurden, damit sie eben nicht in den Machtspielen in Rom verwoben sind, weil keine Römer. Rekrutiert wurde der numerus vom Trecenarius, welcher mit den "Speculatores" jeweils in Germanien Personen anwarb. Der numerus hatte einen eigenen Anführer, dessen Rang mir jetzt aber nicht geläufig ist.


    d) Möglicherweise ist es sinnvoll auch zivile Karrieren aufzubauen und vielleicht "Handwerksberufe" als Signaturen anzubieten, vielleicht sogar mit Karrierewegen. Hier könnte man auch die kaiserliche Münze einbauen, die auch eigene staatliche Posten besaß. Und übrigens von den Prätorianern bewacht wurde.


    e) Die Dienerschaft am Kaiserhof könnte eine Laufbahn erhalten, wie sie damals bestanden hat. Vielleicht mit einer namentlichen Anpassung. Es würde Frauen-Ids, die klassisch historisch spielen wollen, zumindest einen ansatzweise "nahen" Anknüpfungspunkt bieten. Vielleicht könnte man hier auch eine Art "Hausverwaltung" aufbauen, welche auch die Sklaven-Ids am Kaiserhof organisiert. Historisch kam das zwar erst später auf aber ich denke, da können wir etwas vorgreifen.


    Das sind alles nur Ideen! Bitte nicht hauen! ^^


    LG


    Stella

    Der Senator sprach gehoben, fast auswählend, wie er sprach. Stella hingegen sprach meistens so, wie sie tatsächlich dachte. Es gab für Stella nicht immer eine bewusste Auswahl, so dass sie auch in diesem Fall einfach das aussprach, was sie dachte. Insbesondere, weil der Senator, einen wunden Punkt traf. Der Niedergang des Hauses Tiberius. Noch war es nicht ganz verloren. Stella stand noch, zumindest irgendwie. "... sprecht ruhig weiter, Senator," meinte sie und wollte mehr vom Untergang hören. Mehr von den Gedanken hören, die der Iulius wohl hatte. Leicht erbost war sie, dass es aus ihrer Perspektive einfach abzutun schien, zwar eloquent vollführend aber er tat es ab und ging in seinen Ausführungen schlicht weiter. Aus Stellas Sicht hatte das Haus Tiberius etwas mehr Beachtung verdient und sollte nicht nur eine beiläufige Einleitung für einen weitere Ausführung über das Patronatswesen sein. "Was ist ohne ihn?" Stella hakte nach und blickte den armen Iulius mit ihren durchdringenden, im Hades geschmiedeten, Augen an. Sie hasste es, wenn Leute einfach wichtige Punkte nicht aussprachen aber bedeutungsschwer präsentierten. Der bedeutungsschwere Ausdruck des Senators hatte Stella geweckt, da es nun die Ehre ihres Hauses zu verteidgen galt, wenn auch sie sich selbst nicht als zugehörig erklären konnte. "Ja, sie sind alle tot. Sagt es ruhig. Allesamt tot und das Haus ist verwaist. Es wird an den Staat fallen, weil kein Erbe gefunden wurde. Ich nehme dir einfach die Antwort vorweg, dass die Gens erledigt ist," plärrte Stella, wobei sich ihre Stimme traurig überschlug, denn ihr wurde bewusst, dass ihr Haus bedeutungslos geworden war. Der Name Tiberius hatte keinen Klang mehr, sondern stand allein für Versagen und Untergang. Allein die Ausführungen über das Patronatswesen demütigten Stella. Eine wachsende Schande ergriff Besitz von ihr, die sie nicht abstreifen konnte. "Wer hat den Tiberii geholfen?" Ihre Augen starrten weiter auf den Senator, den Soldaten vollkommen ausblendend. "In Rom haben sich alle versteckt. Viele Gentes sind ausgelöscht, nicht nur durch Varia, durch die Christen und Verbrecher, sondern auch durch diese Feigheit, dass jeder an sein eigenes Schicksal dachte," schimpfte sie traurig. "Wo ist dieses tolle Rom? Wo ist diese tolle Gemeinschaft der virtutes?" Sie machte eine Geste und zeigte mit einer kreisenden Bewegung einmal um sich herum. "Es sind die einfachen Menschen, die immer wieder den Preis zahlen und trotz dieser schönen Worte, ist auch euer Verwandter umgekommen," ja sie wusste vom Tod des Caesonius, da sie in der Therme davon gehört hatte. Jetzt tat es ihr leid. Dieser Senator hatte bereits selbst Verlust erfahren, und hatte auch das Schlimmste aller Schicksale erdulden müssen, den Verlust des eigenen Kindes. "Es tut mir leid," entschuldige sich die von Gefühlen zerfressene Stella beim Senator und senkte ihr Haupt. Die religiöse Beteuerung half Stella ein wenig, da es einen Gedanken aufwarf, den auch sie teilte. Nicht nur Pluto verlangte dies, sondern es war nur logisch. Alles hatte seine Folgen. Und alles in der Gesellschaft beruhte auf Gegenseitigkeit. Selbst der Tod war eine Gegenseitigkeit, zwischen Leben und Tod. "Ich verstehe vieles nicht, Senator. Ich habe meinen Vater verloren," sagte sie und gab damit ihren eigenen Verlust zu. "Und meine Mutter," fügte sie mit von dem dämonischen Glanz befreiten Augen an. Die Trauer verdrängte die gefühlte Schande und den Kampfgeist, den Senator herausfordern zu wollen. Es waren nur Fragen, die er aushalten musste, denn Stella hatte diese Fragen ihr ganzes Leben in sich verschlossen und der Senator hatte sie aufgeschlossen. Ja, sie war hilflos aber in diesem Augenblick nicht allein. Scheinbar hatte Pluto ein Einsehen und gab ihr diesen Moment der Erkenntnis, um etwas Würde im Gespräch zu finden. "Es tut mir leid," wiederholte sie ihre Entschuldigung und blickte dann auffordernd zum Soldaten, damit dieser ihr half. Sie brauchte jetzt eine Person, die das Gespräch fortführen konnte, da ihr aus Reue über ihren Zorn die Worte fehlten.

    Stella war überfordert. Und Überforderung war für die Tiberia nicht gut. Ihr Verstand reagierte dann panisch und wollte stets die Flucht ergreifen, da selbst emotionale Zuwendung in einer solchen Situation zu viel wurde. Cressida versuchte ihr Bestes, tat ihr Möglichstes, doch Stellas Herz war noch immer in einer eigenen Agonie gefangen. Stella hatte lernen müssen, dass es manchmal besser war, alleine zu sein. Trauer war ein mächtiger Feind, der Leben leblos machen konnte. Zeitweise Ausbrüche aus diesem Herzschlag waren nur vorübergehend, solange die Suche nach jenem Heilsort nicht beendet war. Stella brauchte ein Zuhause und keinen Fluchtpunkt. Kurz bevor Cressida von der Bank sprang, zog Stella ihre Hand zurück. Im guten Glauben an den eigenen Schmerz blickte sie wortlos zu Cressida. Ja, Rom war böse. Überall war Gift, welches jede Handlung unmöglich machte. Stella begriff, dass die Idee, einen Moment frei von dem Verlust zu sein, falsch war. Vieles erschien falsch, unmöglich und der leise Abschied von Cressida war in diesem Moment alles, was Stella anbieten konnte. Nein, sie konnte nicht zur Villa Aurelia gehen. Sie wollte nicht mehr darüber sprechen. Cressida war zu gut, zu liebevoll und mitfühlend, so dass Stellas eigener Schmerz nicht mehr als Last verteilt werden sollte. Stella gierte nach Einsamkeit, auch wenn sie jene Einsamkeit stets verdammte. Verdammnis lag nicht allein im Verlust, sondern im unerfüllten Leben, welches mahnend und wegweisend verblieb. "Ich muss eine Zeit für mich sein, Cressida." Eine lange Zeit. Pluto würde ihr in der Stille antworten. Nein, ein behäbiges Nein, durchfuhr ihren Schädel, dass alles, was sie sich erhoffen konnte, nur vertraute Einsamkeit war. Freundschaften, Besuche und Gespräche standen ihr nicht zu, nicht nach dieser Erinnerung. Nicht nach dem Weckruf an ihre eigene Agonie, die ihren Herzschlag mit Vergeltung füllte. Stella würde das finden, was ihr Vater verloren hatte und sie würde frei leben. Aber jetzt noch nicht. Sie musste sich von Cressida verabschieden aber konnte sich nicht von ihrer eigenen Seelenlast verabschieden. "Und ja, Herzen bleiben im Staub der Einsamkeit zurück," sagte Stella müde, während ihr Gesicht erstarrte. Frost wirkte auf die Tiberia ein, lebendiger Frost machte jede Bewegung langsam und mechanisch. "Ich danke dir," bewegte sich die junge Tiberia von der Bank, heimgesucht von der Erinnerung und den Ängsten, die unbeabsichtigt beschworen worden waren. Leise und still trat sie an Cressida vorbei und wandte sich dann noch einmal, egal, was sie jetzt glauben wollte oder dachte. Stella rang sich ein mitleidges Lächeln ab, welches mehr sich selbst galt, als der armen Cressida. "Danke." Mit diesem Wort verschwand Stella im Schatten, wie es ihr einst von ihrem Vater beigebracht wurde. Zu Verschwinden war eine gnadenvolle Fähigkeit für leidende Seelen, die in einem vergebenen Streit kämpften. Ein Kampf, der nur gemäßigt wurde aber niemals endete. Trauer war eine Kette, die sie sich selbst schmiedete. Mit geisterhaften sowie lautlosen Schritten ließ Stella los und rannte in den Tag davon, der ihr heute nichts mehr bereiten würde, außer jene Agonie. Es war ein Fluch. Denn Stella hatte keine Antworten auf ein normales Leben und würde in falschem Eifer mehr zerstören als Gutes bewerkstelligen.

    Zitat

    Original von Sisenna Iunius Scato
    Ich möchte mich hiermit bei dir, Eireann, öffentlich für meinen harschen Tonfall von gestern entschuldigen. Ich habe öffentlich ausgeteilt, also sollte auch eine öffentliche Entschuldigung drin sein. Die gestrige Wortwahl war verletzend und daher nicht angebracht. Die Nerven liegen inzwischen etwas blank, denn das IR macht nicht gerade wenig Arbeit und spielen möchte man ja irgendwo auch noch. Dennoch sollte Unmut stets sachlich geäußert werden. Ich gelobe künftig Besserung.


    Bezüglich deiner ID besprechen wir das, wie angekündigt, in Ruhe und ohne Publikum hinter den Kulissen. Wir finden schon eine Lösung.


    Geht doch. Eure harmoniebedürftige Stella ist wieder glücklich. =) =) =) =)

    "Es gibt leider viele Menschen, die dies tun, Cressida. Ich glaube sogar, dass es zu viele sind," antwortete Stella nachdenklich, blickte dabei entrückt auf die Tischkante und dachte dabei an ihren Vater, der sich niemals am Leid ergötzte aber sicherlich vielen Menschen Leid gebracht hatte. Immer im Namen Roms. Was war schon Rom.... Sie hatte, bei allen verdammten keinen Göttern, keine Familie mehr. Ihr Bruder war weiterhin verschollen, ihre Mutter tot und ihr Vater sehr wahrscheinlich ebenso. Allein war sie. Und doch war da dieses Gefühl, dass es vielleicht ihr Schicksal sein musste, um für die Verfehlungen ihres Vaters zu zahlen. Leid wurde stets in Leid aufgewogen. Das hatte sie durch Pluto gelernt. Gutes, wie Schlechtes, wurde aufgewogen, entweder durch Zeit oder durch Handlung.


    "Ich stimme dir zu," war die Aussage, die Stella grübelnd aus ihrem Munde warf, wie ein schweres Stück Blei. "Ich glaube nur, dass manche zu dem Feind werden, den sie selbst bekämpfen wollten," sagte die Tiberia und dachte dabei an ihren Vater, der in seinem Schweigen mehr sagte, als er hätte mit Worten erklären können. Es war genau das, was er nicht beantwortet hatte, wenn sie fragte, was sie fürchten ließ. Es waren die blutigen Tuniken, die sie gefunden hatte und die Sklaven mühsam waschen mussten. Es waren die seltsamen Männer der Prätorianer, die ebenso schweigsam waren, die ihr noch bis heute Albträume brachten, da diese Soldaten stets vom kalten Hauch des Todes umgeben waren und eiskalt und emotionslos agierten. Ihr Vater hatte den Horror in ihr Haus gebracht. Nicht Fremde waren allein verantwortlich, denn er hatte sich angedient, sich ebenso Pluto verschrieben aber nicht nur um andere zu retten, sondern um viel mehr der Macht zu dienen. Diesem Rom. Wie sehr Stella diese Stadt zu verabscheuen begann, da sie viele Leben gestohlen hatte.


    "Ein Herz kann schnell mit Gier vergiftet werden. Ein Herz kann schnell mit Eifer vergiftet werden. Ein Herz kann langsam mit der Pflicht getötet werden," rezitierte sie ein Gedicht und blickte dann Cressida wieder an. Ihr Vater hatte Leid gebracht, um zu dienen. Sie würde Leid ertragen, um es zu beenden. Das Schicksal ihrer Familie musste gebrochen werden. Pluto war ihr Zeuge, dass sie bereit war, weiter zu machen und die schrecklichen Geheimnisse zu lüften, die ihre Familie begraben hatte. Kurz kehrte Stille zwischen beiden ein, da Stella einen Moment brauchte, um Luft zu holen. Immer noch lag die Düsternis schwer auf ihr.


    Sollte Stella Cressida darüber aufklären, dass sie derzeit keinen festen Wohnsitz hatte und nicht mal Briefe empfangen konnte? Stella entschied sich, dies offen zu lassen, denn es könnte die arme Cressida enttäuschen, dass Stella wirklich nicht das Leben lebte, was die kleine Gauklerin vermutete. "Du kannst gerne fragen," antwortete Stella mit einem Augenzwinkern, welches aber im aschweißen Angesicht der einsamen Tiberia eher ironisch wirkte. Es passte nicht. "Du kannst auch gerne fragen, ob du mich in die Therme begleiten kannst," ergänzte sie und lächelte nun warmherzig und ehrlich. Cressida war ein Sonnenschein, der auch die eisige Trauer einer Tiberia Stella durchbrechen konnte.

    Das Gespräch entwickelte sich doch in eine Richtung, die Stella durchaus gefiel. Düstere Philosophien zu vertreten, ja, genau das, war ihr Ding. Mit einem zynischen Funkeln in den Augen überlegte sie einen Moment, um der Valeria eine gerechte Antwort zu geben. In Stellas Gedankenwelt bewegten sich viele Bilder und Ideen. Sie entschied sich mit der sokratischen Methode zu arbeiten und einfach Fragen zu stellen, damit Valeria ihr auf dem Weg der dunklen Erkenntnis folgen konnte. "Ist es überhaupt wichtig, dass du etwas tust? Sind wir nicht einfach in dieses Leben geworfen worden? Ist es möglich, dass es garkeine Bedeutung gibt? Erhalten Dinge nicht erst Bedeutung durch uns und unsere Betrachtung?" Stella reihte Fragen aneinander, die ihre Gedanken grob spiegelten. Es fiel ihr schwer, die Fragen exakt zu formulieren, da zu viele Ideen ausgesprochen werden wollten. "Ich glaube, dass wir uns selbst Bedeutung verschaffen, durch unser Denken und Handeln. Jeden Tag entscheiden wir etwas und formen damit unser Schicksal jeden Tag auf's Neue. Nichts ist wichtig und nichts ist unwichtig, denn allein, was du glaubst, ist entscheidend." Stella warf ein paar Gedanken durcheinander, und auch pflegte ein wenig die düstere Denkschule ihres Vaters ein. Dabei gestikulierte Stella mit ihrer linken Hand, so dass sich ein paar Wellen im Wasser bildeten. "Warum verurteilst du dich dafür?" Eine Frage, die Stella so stellte, dass eine gewisse Herzenswärme mitschwank.


    Die zynischen Augen der jungen Tiberia wandelten sich in einen fürsorgenden Ausdruck. "Er ist tot. Nichts wird ihn zurückbringen und du kannst nur weiterleben, in der Gewissheit, dass du in Zukunft besser handeln kannst," meinte Stella und beendete die Gestik ihrer Hand abrupt. "Wir alle sind unserer Vergänglichkeit nicht bewusst, handeln stets so, ob es immer ein Morgen gibt, immer und jeden Tag, leben wir so, als ob uns die Ewigkeit gehört. Dabei gehört uns nicht mal diese Zeit, da wir sie mit der Welt teilen. Alles, was du tust, jeden Tag, spiegelt sich in der Ewigkeit wieder. Alles, was du denkst, wird irgendwann zu Handlungen führen. Handlungen, die dich und andere verändern können oder auch nicht. Wenn es keine Bedeutung, keinen Sinn gibt, gibt es Trost darin, dass du jene Bedeutung jeden Tag selbst erschaffst." Stella machte eine Pause, blickte an das wunderschöne Mosaik an der Decke und sprach dann mit fast schon träumender Stimme: "Wenn Pluto eines wirklich lehrt, ist es, dass wir uns selbst vertrauen, handeln, solange wir können, und durch dieses Leben gehen, so leidvoll und leer es ist, denn am Ende haben wir uns ein Stückchen Zeit erbaut." Stella ließ ihren Blick wieder zu Valeria herabsinken.


    "Wir sind keine Götter, keine mächtigen Wesen, die bis in alle Ewigkeit existieren. Die Götter geben vor, sich zu kümmern, doch bauen sie nur neue Bühnen für uns Sterbliche, doch die Bühne verlassen wir mit Pluto. Er geht mit uns den letzten Gang, hinter dem Styx, dorthin wohin wir gehen müssen und hinter uns liegt dann ein Leben, ein Leben, welches wertvoll durch seinen Verlust ist," teilte sie nun offen ihren Glauben mit, der ihr in Angst und Einsamkeit stets Zuflucht war. "Du bist klug, Valeria. Du hast die Gelegenheit, dich zu entwickeln. Du hast die Gelegenheit, etwas daraus zu lernen und du kannst das Leben anderer damit bereichern, wie du jetzt mein Leben bereichert hast, indem du deine Gedanken mit mir teilst. Dieses Gespräch hätte ich mit Sicherheit nicht erwartet, Valeria," sagte Stella und lachte salzig. Ihr Augen weitete sich dabei, als Valeria etwas sehr Persönliches fragte. Stella beendete ihre Lachen und ihr Gesicht erfror zu eisigem Frost. Die Erinnerung bemächtigte sich ihres Herzens. Ihre Mutter war tot. Ihr Vater höchstwahrscheinlich ebenfalls. Von ihrer Mutter konnte sich Stella verabschieden aber von ihrem Vater nicht. In beiden Fällen machte sich Stella unentwegt Vorwürfe. "Meiner Mutter las ich eine Geschichte vor, bis sie entschlafen ist. Eine Geschichte über eine Eule. Eine germanische Geschichte, die sie sehr liebte und einst für mich aufgeschrieben hatte," antwortete Stella langsam, jedes Wort auswählend und mit glasig-traurigen Augen. "Meinem Vater konnte ich nichts mehr sagen, da er einfach ging, verschwand und das Letzte woran ich mich erinnere ist, dass er durch die Tür ging und sich noch einmal umdrehte und mich Soldaten zurückhielten, weil ich zu ihm wollte. Er ging und die Soldaten brachten mich fort, weit weg," brach es aus ihr heraus. "Ich sollte gehen," wollte Stella flüchten, denn jetzt hatte sie zu viel verraten und sich selbst in Gefahr gebracht. Stella war unvorbereitet, nicht stark genug, ihre Trauer stets zu verbergen und Valeria hatte sie genau mit dieser Frage aus der Reserve gelockt. Es tat weh. Die Trauer kroch durch ihr Herz und umwickelte ihre Atmung, so dass sie kaum Luft bekam. "Ich... muss... gehen...," hauchte sie und versuchte dem Gespräch zu entkommen aber da sie keine Luft mehr bekam oder glaubte keine Luft mehr zu bekommen, hielt sie sich keuchend am Beckenrand fest.

    Mit einem Handkorb voller Gemüse kämpfte sich Stella durch die Menge. Dieses Gemüse wäre für die nächste Zeit ihre einzige Nahrung, die sie sich leisten konnte. Ihr Einkauf in der Nähe des Stadttores vor der Stadtmauer, bei einem fliegenden Händler für frisches Gemüse, sollte sich auszahlen. Stella hatte nicht das Geld, um auf dem großen Markt beim Forum einzukaufen und auch hatte sie Angst, dass die Urbaner sie fanden und nach einem Wohnort fragten. Sie hatte keinen festen Wohnort und kam für ein paar Sesterzen in einer ranzigen Taberna unter. Bald würde sie auch dieses Versteck verlassen müssen, da sich ihre Geldmittel schneller erschöpften, als sie gedacht hatte. Das Leben in dieser Stadt war überaus teuer. Mit dem Korb fest umschlossen, da es für die hungrige Stella ein wahrer Schatz war, reihte sie sich ein, da sie erneut die Stadt über das große Portal betreten musste. Wenn sie eines genug hatte, war es Zeit. Sie konnte sich weite Wege leisten, da sich keine sonstigen Verpflichtungen hatte, als auf den passenden Moment zu warten, weitere Instruktionen ihres toten Vaters zu befolgen. Gekleidet wie eine einfache Frau aus ärmlichen Verhältnissen aber gepflegt, mit gewaschenen Haaren, stand sie unerwartet neben einem Reisewagen, aus dem ein Perser stieg oder zumindest eine Person, die sich als Stereotyp eines Persers verkleidet hatte. Stella blickte der Person kurz nach, während das Klimbim des mutmaßlichen Persers bei jedem Schritt einen freudigen Ton von sich gab. Anschleichen konnte sich dieser Perser nicht. Stella glaubte nicht, dass Perser wirklich so aussahen und ging tatsächlich von einer Kostümierung aus. Vielleicht ein Gaukler? Ein Schauspieler aus Fernost? Es war ja bekannt, dass manche Schauspieler versuchten einem Klischee zu entsprechen, damit die einfachen Römer diese Personen gleich zuordnen konnten. Eben Arbeitskleidung, wie die Gewandung eines Kaisers oder die gefärbte Tunika eines Soldaten, mit einem römischen Adler-Stempel auf der Brust. Stella erinnerte dieser Adler oft eher an einen Geier, da sie sich nicht viel aus soldatischem Heldentum machte und manche Zeichen eher mit Spott bedeckte, da unter diesem Adler viele Soldaten eher den Geiern als Leichen ausgeliefert wurden. Roms Größe war deren Blut, da war sich Stella sogar zu sicher. Was war schon Größe? Stella überlegte kurz, während der Perser sich unmittelbar vor ihr einreihte. Hatte er sich gerade vorgedrängelt und sie einfach nicht gesehen? Wütend schleuderte sie ihren Kopf herum, so dass der dunkelblonde Zopf in germanischer (explizit marsischer) Flechtkunst wild herumwirbelte und sie selbst im Gesicht traf. Mist. Stella hasste es, wenn man sie überging oder einfach nicht wahrnahm. So unscheinbar war sie nun auch wieder nicht. Vielleicht war auch das alles nur Einbildung. Ohnehin hatte sie einen schlechten Tag und der Gemüsekorb wurde auch langsam schwer. "Ey," rief sie dem Perser zu. "Zurück, das ist mein Platz!" Stellas melodiöse Stimme erhob sich und fand einen gerechten Zorn, der sogar das Pflaster unter ihren Füßen zum Beben brachte. "Hast du mich nicht gesehen?" Sie musste ihren gesamten Frust entladen, auch über ihr nun kratziges Auge, dass durch ihren eigenen Zopf verwundet worden war. Gut, vielleicht nicht verwundet aber es juckte. Juckreiz war nervig und sie konnte das möglicherweise zurückgebliebene Haar aus dem Augenlid nicht entfernen, weil sie Angst um ihr wertvolles Gemüse hatte. Ihr Gesicht verzog sie zu einem bösen Mimikry. Wütend schnaufte Stella, die ein wenig überreagierte.

    "Tragödien gefallen mir besonders," antwortete Stella und grinste dabei verschroben. Ohnehin mochte sie allzu einfache Unterhaltung nicht und hielt sich eher von den Stücken für das gemeine Volk fern. Natürlich hatten auch diesen ihren Reiz aber wirklich unterhalten konnte diese Stella nicht. "Auch Tragödien können in gewisser Hinsicht erheitern. Die Griechen nennen es Katharsis, dass durch das Leid welches man sieht, das eigene Leid gemildert werden kann. Konflikte, welche auf der Bühne dargestellt werden, können eigene Konflikte kleiner machen. Ich glaube aber, dass das nicht bei jedem funktioniert," sprach Stella über ihr Laienwissen in Theaterkunst. Es mochte auch nicht ganz korrekt sein aber Stella war noch nicht an einen echten Philosophen geraten, so dass sie diesen Zustand der
    Katharsis mit ihm hätte erörtern können. Es blieb nur rudimentäres Halbwissen aus schnell gelesenen Schriftrollen.


    "Ich war noch nie in der Villa Aurelia," überlegte sie laut und kratzte sich am Kopf, ob dies wirklich der Tatsache entsprach. Stella war sich recht sicher, dass sie noch nie dort war. Selbst als sie noch in Rom gelebt hatte, war sie nie dort gewesen. Meistens war Stella auch zu Hause geblieben, da sie ihre Umwelt und insbesondere die Straße als zu anstrengend empfunden hatte. "Kannst du nicht jetzt etwas aufführen?" Eine nicht ganz ernst gemeinte Frage, denn Cressida sprach derartig freudig über ihre Gauklerzeit, dass Stella fast schon zu neugierig war. Stella blinzelte.


    "Sei nicht so hart zu dir," meinte die Tiberia und schlug aufmunternd mit beiden Händen auf die Tischkante. "Ich halte nicht viel davon, wenn man sich selbst für Höflichkeiten verurteilt." Stella versuchte frech zu grinsen, was dieses mal auch gelang. "Es war ehrlich gemeint, dass ich einfach keine Zeit habe," log sie ein wenig aber meinte es doch ernst, dass sie unter anderen Umständen sicherlich gerne vorbeigeschaut hätte.


    "Ih! Gladiatorenkämpfe...," wiegelte Stella gleich ab und verzog dezent das Gesicht, wobei ihre Augen sich leicht verdrehten. Sie hasste Kämpfe und machte sich eigentlich nichts aus Waffen, obwohl sie selbst sicherlich besser als mancher Mann mit einem Dolch oder Schwert umgehen konnte. "Thermen klingt besser," nickte sie ab.


    Stella hörte diese seltsame Melodie ihres Herzens, die fremde Gabe, aus anderer Zeit und einem anderen Ort, welche sie warnte und ein Gefühl weckte, dass dieser Mann vor ihr, nicht das dachte, was er sagte und mit Sicherheit eine Gefahr sein konnte. Seine Worte drangen zu Stella vor, die nicht damit gerechnet hatte, abgewiesen zu werden. Es war eine Möglichkeit gewesen aber sie hatte zu Pluto gebetet, dass das Schicksal ihres Vaters hier aufgeklärt würde oder sie zumindest eine Lösung vorfand, für alle die Sorgen, die sie plagten. "Nein, aber mein Vater war dabei," konterte sie böse. Es war ihr egal, was dieser Mann von ihr dachte. Sie hatte ein klares Ziel, von dem sie sich jetzt nicht abbringen lassen würde. Mutig blickte sie streng in die Augen des Aurelius, so dass fast jede zierliche Schönheit aus ihrem eigenen Gesicht verschwunden war. Stella wirkte um Jahre gealtert, während eine sich lösende Haarsträhne, wie einem Pendel gleich, vor ihr rechtes Auge fiel. Es war bitter, dass sie erneut auf Hindernisse stieß. Immer wieder Hindernisse, die sie mit aller Kraft überwinden musste, obwohl immer wieder Stücke aus dem Mosaik herausbrachen, das Stella selbst war. "Es sprechen viele Leute hier vor aber sicherlich keine Tiberia Stella, Tochter des Tiberius Verus, Trecenarius und Soldat Roms," sprach die tapfere Frau dem Mann entgegen, wobei ihre Worte fast, wie ein Marmor gemeißelt waren. Es tat gut dies auszusprechen. Endlich auszusprechen, was sie war. Hier würde sie sich nicht verstecken, auch wenn hier mit Sicherheit Gefahr lauern konnte. Der schwarze Lidstrich aus dem Kohlestift begann sich ein wenig zu lösen, so dass ihre Augen eine fast dämonisch-dunkle Untermalung fanden. "Ich bin hier, um das einzufordern, was einem Diener Roms versprochen wurde aber scheinbar vergessen ist. Die Götter mögen darüber urteilen aber ich denke, dass ein Versprechen etwas ist, was gehalten werden muss," meinte sie verbittert und fast resignierend. Stella suchte in der versteckten Umhängetasche, welche unter der weiten Palla verborgen war, nach dem Brief ihres Vater mitsamt dem goldenen Siegelring des Hauses Tiberius. Es dauerte einen Moment, dann zog sie den Brief hervor und legte den Siegelring daneben. "Lest selbst," forderte sie den Beamten auf und schob ihm den Brief zu. Wahrheit sollte in den Augen brennen, wie sie einst in ihren Augen gebrannt hatte. Es war ein Risiko, eine ernste Gefährdung sogar, aber Stella hatte keine Wahl mehr, denn wirklich ohne eine Lösung konnte sie diese Amtsstuben nicht verlassen. Wenn der Beamte das Pergament in die Hand nahm, würde er Blutflecken auf der Außenseite erkennen, viele kleinere Einrisse und Schmutz, doch die Schrift in der beschriebenen Innenseite war gut leserlich und am Ende mit einem breiten Wachssiegel des Hauses Tiberius abgesetzt.


    Ad Tiberia Stella


    Liebstes Kind, mein Licht,


    Stella, wenn du diese Zeilen liest, bin ich vermutlich tot. Nur noch ein leises Flüstern im Wind. Es tut mir leid, dass dich diese Botschaft so erreichen muss. Mein treuer Lucius wird dir diesen Brief und weitere Briefe gebracht haben. Sie sind durchnummeriert und zu gegebener Zeit wirst du weitere Briefe öffnen. Die Briefe enthalten Instruktionen, die dir helfen sollen, mit dem Opfer, welches ich beging, zu leben und dich darauf vorzubereiten, dein Leben weiter zu bestreiten. Dein Bruder erhält ebenso entsprechende Briefe mit für ihn bestimmten Instruktionen. Jeder Brief wird dir den Abschied erleichtern, auch wenn ich weiß, dass es schwer für dich sein wird. Ich liebe euch. Du bist tapfer und wirst ins Leben finden. Du bist doch die Tochter deiner Mutter. Die Sterne werden nur für dich erstrahlen und wenn du in den Himmel blicken wirst, werde ich einer dieser Sterne sein, der über dich wacht. Ich habe dich stets vermisst und selbst im Tode vermisse ich euch alle. Doch meine Zeit ist knapp, die Gefahren zu groß, so dass ich noch nicht alles sagen, was ich dir gerne sagen möchte, liebste Stella. Ich bin dir als Vater ein Leben schuldig.


    Ich möchte dich darüber in Kenntnis setzen, dass ich Vorkehrungen und Vorbereitungen für mein mögliches Ableben getroffen habe. Dir wird es an Nichts mangeln, wenn du exakt die Instruktionen befolgst. Höre mir gut zu, Stella. Ich war ein treuer Diener des Imperator Caesar Augustus und habe manche Tat in seinem Namen begangen. Seine Befehle führten mich in manche Hölle. Ich habe es nie genossen, nie geliebt, denn meine Liebe galt allein meiner Familie. Doch Treue und Ehre banden mich.


    Diese Treue gegenüber dem Imperator Caesar Augustus, die durch heiligen Eid besiegelt ist, verbindet mich auch nach dem Tode mit dem Imperator. Er gab mir einst ein Versprechen, dass er im Falle meines Ablebens für eine angemessene und würdige Bestattung sorgen würde. Darüber hinaus schließt die Tradition eine Versorgung meiner Angehörigen mit ein. Römische Sitte wird auch ihn binden, dich anzuhören und dir zu helfen.


    Er kann diese Bitte nicht ablehnen, da er so jedem Getreuen, die durch heiligen Eid an ihn gebunden sind, mittelbar vom Eid lösen würde. Unser Imperator Caesar Augustus ist ein gerechter Mann. Habe keine Angst vor ihm. Er wird dich mögen, wie viele dich mögen. Du bist klug, schön und tapfer. Alles Eigenschaften, die auch er in dir sehen wird. In aller Verbundenheit wird er sich um dich kümmern und sein Versprechen einhalten. Ansonsten mögen ihn die Götter strafen und jeder grausame Fluch des Pluto ihn treffen. Suche ihn in Rom auf dem Palatin auf. Sei aber vorsichtig, denn Rom ist voller Schlangen.


    Du hast ein Leben verdient.


    In Liebe,


    dein Vater


    Au. Tiberius Verus




    Stella hätte nun alles für eine göttliche Macht gegeben, die sie vorallem schützen würde. Auch vor Gedanken, die schmerzten. Auch Gedanken konnten einen Menschen brechen. Immer wieder wollte sie frei sein und doch war alles, was sie derzeit für sich hatte, eine ständige Wiederholung. Stella wurde durch alte Waffen gequält, die andere geschmiedet hatten. Waffen, die nicht sichtbar waren, nicht einmal wirklich, sondern allein in ihrem Geiste existierten. Sie war ertappt. Stella fühlte den sanften Windhauch hinter ihrem Nacken, welcher aus einem Abgrund zu strahlen schien, der sich unter ihr aufzutun drohte. Ein Abgrund, der nicht nur Hades ein Versteck gewesen wäre, sondern auch jeder Hoffnung, dass Rom für Stella Erlösung sein konnte. Ohne es zu wissen, richtete der Senator Iulius die arme Stella hin. Wie vom Leben abgetrennt, fühlte sie steigende Kälte, konnte den Worten nicht mehr klar folgen. Schweigen wollte sie, sich auflösen und endlich gehen und doch hielt es sie hier. Alles hielt sie hier. Eine höhere Macht verbot ihr eine Flucht, steuerte sie entgegen ihres Wunsches, in diesen Moment hinein. Stella musste sich entscheiden, endlich entscheiden, dass ihre naive Welt keinen Bestand mehr haben konnte. Ihre Einteilung in Gut und Böse, Schlecht und Gut, war nicht mehr zu halten. Erkenntnis wog schwerer als die Hoffnung, dass sie hier etwas finden würde, was sie sich so sehr wünschte. Sie war nicht aus Stahl, hatte nicht die Härte ihres Vaters, nicht die kühle Ruhe ihres verschwundenen Bruders, sondern war einzig und allein ein gefallener Stern, der strahlend, einem Feuerball gleich, langsam verglimmte. Der Senator hatte sie angesprochen. Sie musste antworten, wollte nicht antworten aber ihr mutiges Herz ließ nicht zu, dass ihre Schwäche sie weiter behinderte. Die Mächte wollten es so. Pluto erlöste sie nicht. Stella trat einen wankenden und blutleeren Schritt heran, während sie ihre Lippen bereits leicht öffnete. Lumpenprinzessinnen weinten nicht. Es gab nur ein voran, und die vergossenen Tränen waren der Schmuck für einen großen Auftritt. "Wir alle brauchen Hilfe," erklärte sie und gab damit einen Gedanken frei, der sicherlich für alle hier in dieser furchtbaren Stadt zutraf. Stella glaubte fest daran, dass alle hilflos durch ihre Welten stolperten, ohne die Zusammenhänge wahrlich zu verstehen. Der Abgrund wandelte sich in ein Gefühl der kalten Gewissheit, dass sie jetzt mutig sein musste. Sie würde nicht vor einem Senator zusammenbrechen. Nicht jetzt. Ihre gewordene Blässe gab ihrer natürlichen Schönheit eine geisterhafte Erscheinung. "Ich habe nur daran gedacht, was in letzter Zeit alles passiert ist, Senator. Es sind viele schreckliche Dinge geschehen und niemand scheint uns zu helfen," sagte sie und blickte den Senator nun mit ihrem fast dämonisch verstellten Augen an, die einerseits wunderschön waren und andererseits aus der Unterwelt selbst zu stammen schienen, da in ihren Augen ein toter Glanz lag. Wenn Pluto eine menschliche Gestalt annehmen würde, würde er diese Augen tragen. Seltsam legte sie ihren Kopf schief, um am Schädel des Senators vorbei, die Villa Tiberia zu betrachten. "Seht dort," formulierte sie eiskalt. "Es ist das Stammhaus einer alten Familie und inzwischen verwaist. Sie sind alle tot und verschwunden. Ausgelöscht. Es gibt hier niemanden mehr und ich frage mich, welche Mächte in Rom wüten und so viele Menschen vernichten." Mit einer ruckartigen Bewegung richtete sie ihren Blick zurück und sprach dann wieder mit trauriger Stimmfarbe: "Es macht mir Angst. Etwas wirkt in dieser Stadt, was gezielt angesehene Familien angreift." Es war nur eine Idee aber Stella wollte daran glauben, dass alles einen tieferen Sinn hatte oder zumindest Kräfte am Werk waren, die ein Ziel verfolgten. Es dürfte nicht sein, dass ihre Familie einfach so verschwunden war. Bei ihrem Vater war sie sich sogar ziemlich sicher, dass er nicht aus freien Stücken verschwunden war und dort dunkle Mächte ihr Werk verrichteten. Stella würde es noch herausfinden.

    Stella wurde erst jetzt wirklich bewusst, dass die fremde Sklavin verschwunden war. Ja, sie war verhaftet worden. Einfach so. War ihr dies so gleichgültig gewesen? Nein. Doch glaubte Stella daran, dass es einen guten Grund geben würde. Es musste einen Grund geben, ansonten würde sich Stella ihr Schweigen nicht verzeihen können. Ihre Überforderung mit der Verhaftung hatte sie blind gemacht, da sie genau jenes Szenario immer mit Furcht versehen hatte. Stella hatte sich gefürchtet, selbst abgeholt zu werden. Diese Ängste konnten lähmen, Reaktionen verlangsamen und auch blind machen. Stella war blind für das Schicksal der Sklavin gewesen und in dieser Sekunde der Erkenntnis schämte sie sich dafür. Jetzt sprach der Soldat mit dem Senator und Stella war wieder an den Rand gedrängt. Am Rande fühlte sie sich wohl, denn dieses Gefühl wuchs, das Schicksal eines Menschen ignoriert zu haben. Ignoranz war ein Übel, das wusste Stella. Und sie selbst war überaus ignorant gewesen, auch wenn sie Angst gehabt hatte. Angst, die sie behindert und in einen anderen Ort gebracht hatte. Nein, sie wollte nicht mehr fliehen, sich nicht vor dieser Welt verstecken, auch wenn sie selbst daran nichts ändern konnte. Wenigstens konnte Stella die Dinge sehen, betrachten und wahrnehmen. Wenn sie jemanden ignorierte, war es so, als ob dieser niemals existiert hätte und alles wäre vollkommen bedeutungslos. Bedeutungslosigkeit war die große Furcht, die sie in diesem Atemzug peinigte. Egal, was sie jetzt glaubte, fühlte und wahrhaben wollte, es war bedeutungslos für die verhaftete Sklavin, die jetzt Soldaten ausgeliefert war. Ausgeliefert. Ein Gedanke, der Stella grauste, denn in ihren Albträumen waren die Verliese und Kerker ein grausamer Ort. Dorthin war die Sklavin auf dem Weg. Ja, auch ihr Vater hatte grausame Dinge tun müssen, Menschen in diese Abgründe verbannt und vielleicht sogar noch Schlimmeres, so dass Stella nicht weiter daran denken wollte. Stella wollte nicht an ihrem guten Vater zweifeln, der als Trecenarius mit Sicherheit nicht immer gut war. Erst jetzt bemerkte Stella, dass ihre eigene Geschichte, die sich selbst immer erzählt hatte, nicht wahr sein konnte. Was war dann noch wahr? Was war hier wirklich wahr? Stella zweifelte aufrichtig, geboren aus diesem Gefühl, ein Schicksal ignoriert zu haben. So war es wohl in Rom. War ihr Vater genau so gewesen? Hatte er Menschen abgeholt? Was hatte er noch getan? Einst hatte man seinen Namen niemals ausgesprochen, sondern ihn nur Trecenarius genannt. Einige nannten ihn Henker. War er ein Henker? Hatte er Menschen ermordet? Waren Soldaten alle grausam? Erst jetzt, wo sie diese einfache Verhaftung gesehen hatte, wurde ihr klar, was es wirklich hieß, Rom zu dienen. Rom, ein Name, der für Stella nicht die Bedeutung besaß, wie für ihren Vater. Für dieses höhere Ziel hatte ihr geliebter Vater sicherlich vieles geopfert. Stella wurde klar, dass sich hier mehr verbarg, als sie vielleicht wissen wollte. Ihr Vater war nicht nur der gute Vater, sondern auch Soldat und Soldaten handelten. Stella wollte weichen, als ihr Gesicht jede Farbe verlor, jeden Glauben, dass auch sie sicher sein konnte. Niemand war hier sicher. Niemals würde sie ein Zuhause finden, wo sie einfach frei sein konnte. Traurig wog die Erkenntnis über die einstige Warnung ihres Vaters. Er hatte Stella vor Rom gewarnt. Trostlos verweilte Stella neben dem Senator und dem Soldaten. Stella würde noch einen Moment brauchen, um ihre Zweifel zu ordnen und ihre Gedanken zu pflegen, bis sie wieder klar denken konnte.


    Ich habe nur die Fragen hier beantwortet. Es sollte nie um eine SimOff Lösung gehen, sondern um eine simOn Möglichkeit für den Fragenden. Stella ist überhaupt nicht im Plot eingebunden und ich wollte schlicht aus Nettigkeit die Möglichkeiten nennen. :( -.^

    Es geht ja auch um eine SimOn-Lösung. Zwar unterliegen die Urbaner einer militärischen Rechtssprechung aber in Rom sind sie auch an das Gesetz gebunden, welches nur für bestimmte Personen eben nicht gilt oder abgewandelt gilt (Ständerecht). Eine Sklavin hat sicherlich einen geringeren Rechtsschutz als ein patrizischer Bürger aber auch sie hat einen grundlegenden Rechtsschutz im römischen Reich, wenn sie nicht gegen schwerwiegende Tatbestände verstößt. Immerhin ist sie Eigentum eines anderen und die Römer waren - vielleicht auch aus bürokratischer Manie - bemüht, stets einen Ausgleich zu schaffen. Natürlich verschwanden gelegentlich Leute im Tiber und der Kaiser hat allzu oft, seine Prätorianer willkürlich eingesetzt aber dies wurde nachträglich gerade gezogen, indem man Tatbestände oder Exempel gebaut hat. Gerade die berühmte "Beseitigung" von Senatoren, welche gegen Nero standen, war ja als Selbstmordserie getarnt und die angeblichen Testamente, die Nero als Erben einsetzten, waren rechtlich sauber. Es zieht sich durch das gesamte römische Reich, seit Augustus, dass man diesen Anschein waren wollte. Klar, die Urbaner, wie auch die Prätis, können relativ frei agieren aber sie haben natürliche Grenzen in der römischen Ständegesellschaft.


    Nicht ohne Grund haben die Kaiser gerne Prätorianer eingesetzt, und die Schuld auf die jeweiligen Präfekten geschoben, und die wiederum auf andere. Die Urbaner können einbuchten aber müssen ihrem Chef (ganz oben: Stadtpräfekt) einen Bericht geben, der diesen wiederum, auf Anfrage einer Instanz (Praetor; römischer Magistrat) vorlegen muss. Dann wird ein Gericht eingesetzt, welches in diesem Fall - rekonstruiert historisch - Zeugen anhören würde, die die jeweiligen Parteien benennen, dann würde man einen Ausgleich anstreben, die Urbaner würden Recht bekommen (weil Eingesetzte des Augustus) und gleichzeitig würde man den Sklavenhalter ein Strafgeld aufdrücken, welches aber mit dem "Verdienstausfall" der Sklavin verrechnet wird, dann würde die Sklavin - wenn öffentliches Interesse besteht - in einem gesonderten Verfahren veurteilt und wahrscheinlich zu demütigende Stockhieben verdammt sein, die aber so gelagert wären, dass kein dauerhafter Schaden entstehen würde, damit nicht erneut ein Ausgleich gegenüber dem Sklavenhalter notwendig werden würde.


    Anmerkung: das römische Gerichtsverfahren basierte auf freier Rede. Es konnte auch sein, dass der bessere Redner gewann. Hier in unserem Fall müsste unser wertgeschätzter Hairan aber einen advocatus benennen, da nur Römer vor Gericht einen Fall vortragen konnten (besonderes Gerichtsrecht); das würde ihn Geld kosten. Zeuge sein und bei Gericht Fall einreichen, ging auch ohne Bürgerrecht. Es geht hier nur um die spezielle Vorstellung des Falles vor Gericht.


    Es ist kompliziert aber schlussendlich ausschlaggebend, wer wann und wie etwas durchsetzen wollte. Wenn sich keiner für die Sklavin interessierte, würde es auch keinen kümmern. Wo kein Kläger, da kein Richter. Bei der schieren Größe von Rom war dies sicherlich häufiger der Fall und gerade die Subura konnte nur mit harter Hand am Kollaps gehindert werden, was die Situation nahezu rechtlos machte. Dennoch: auch, wenn Möglichkeiten bestanden, hatten auch die Subura-Bewohner Chance auf Gerichtsbarkeit.


    EDIT


    Zitat

    Das Kriegsrecht
    Unter Kriegsrecht wird nicht bestraft, wer bewaffnete Feinde des Reiches oder deren aktive Helfer festnimmt, schädigt oder tötet. Es wird für namentlich benannte Provinzen durch den Imperator Caesar Augustus ausgerufen und gilt für alle auf dem Gebiet dieser Provinzen befindlichen Mitglieder des Exercitus Romanus. Bei akuter Gefahr für das Imperium Romanum kann es auch von einem Statthalter ausgerufen werden. Handelt dieser oder jedweder andere Vorgesetzter unter Hinweis auf das Kriegsrecht im Inneren oder Äußeren, so muss der Imperator Caesar Augustus in seiner Eigenschaft als Oberbefehlshaber des Exercitus Romanus das Kriegsrecht nachträglich bestätigen oder ablehnen. Für die Cohortes Praetoriae und die Cohortes Urbanae gilt das Kriegsrecht permanent. Bei den Cohortes Urbanae ist dies auf die Stadt Rom und das italische Umland im Ausmaß von 100 Meilen um die Stadt beschränkt.


    SimOn betrachtet, wenn er einen guten advocatus findet, könnte er sogar Recht bekommen, da die Sklavin kein bewaffneter Feind des Reiches ist und noch nicht mal Feind des Reiches ist. Wahrscheinlich würde sich der Praetor dann mit einem Vergleich begnügen, und dem Senat empfehlen, dass das Kriegsrecht präzisiert wird. Aber zum jetzigen Zeitpunkt: begrenzte Immunität. :D

    ... ich meine aber, dass du als Sklavenbesitzer beim Praetor den Fall vortragen kannst oder nachfragen kannst. Trotz Kriegsrecht, welches die Soldaten weitreichend ermächtigt, gelten ja weiterhin die römische Bürokratie und ihr Gerichtswesen. Es sollte ja immer alles den "gerechten" Anschein haben. Ich würde simOn einfach mal beim Praetor fragen, ob er seine Sklavin auslösen könnte. ?( -.^


    Vielleicht wird dort ein Bußgeld fällig. Er ist ja verantwortlich für seine Sklavin und trägt alle Kosten, die sie verursacht, da sie rechtlich nicht frei ist.

    "Ja," antwortete Stella, während sie sich erneut an die Theatertage in dem kleinen Kaff erinnerte, was einst ihr Zuhause war. "Ich bin Schauspielern begegnet," erinnerte sie sich. "Sie haben bei uns ein wunderbares Stück aufgeführt. Eine Tragödie über einen heimkehrenden Soldaten aber es ist zu lange her, so dass ich das Stück nicht mehr wiedergeben kann." Stella war rücksichtsvoll, denn beim Theater verstand sie keinen Spaß. Man sprach entweder korrekt über ein Stück oder unterließ es. "Die Villa Aurelia?" Stella dachte nach. Ja, den Namen kannte sie noch. Irgendwie war der Name Aurelius in ihrem Schädel verhaftet gewesen, weil ihr Vater wohl häufiger dort verkehrte. Oder war es ihr Onkel Tiberius Caudex? Es war immer so viel Betrieb gewesen und ihr Vater sprach selten genau darüber, wohin er sich begab und auch Caudex war eher maßvoll im Umgang mit Informationen. "Ich glaube, dass du eine tolle Gauklerin bist!" Das glaubte Stella wirklich. Auch wollte sie Cressida ein wenig Bestätigung geben, denn Menschen brauchten Lob und guten Willen, damit das Leben nicht an Glanz verlor. Gerade Schausteller und Gaukler lebten von der wohlwollenden Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit, die Stella gerne gewährt hätte aber sie würde wohl zeitnah nicht in die Villa Aurelia kommen, da sie nicht einmal wusste, wo diese genau lag. "Ich denke, dass ich kein willkommener Gast wäre," versuchte sie also die Einladung abzulehnen, auch weil sie ahnte, dass eine Sklavin wohl keine sachgerechte Einladung in ein Haus einer römischen Familie aussprechen konnte. Nicht, dass sie Cressidas Einladung ablehnen wollte aber Stella würde keine Gelegenheit haben, wirklich zur Villa zu kommen. Es tat ihr ein wenig leid, denn Cressida war ein wundervoller Mensch, dem sie eigentlich nichts abschlagen wollte. "Gerne irgendwann mal...!" Eine Notlüge oder Behelf, der Stella eine zu harte Antwort gegenüber der armen Cressida ersparen sollte. "Schauspieler sind in gewisser Hinsicht Lügner, da sie nicht die Personen sind, die sie darstellen und Geschichten erzählen, die nicht immer wahr sein müssen," kehrte Stella wieder ins Gespräch zurück und nahm Cressidas Frage als willkommenen Anlass, ihre eigene Traurigkeit zu überspielen und das Gespräch von der Einladung weg zu lenken. Mit einer hektischen Bewegung wischte sie ihre Tränen fort, um sich wieder die Maske zu erlauben, eine Fälschung von sich selbst. "Du brauchst dich nicht entschuldigen," wiegelte sie ab und versuchte zu lächeln. Es blieb beim Versuch. Es dauerte einen langen Atemzug, bis Stella wieder bei sich war und war wirklich erleichtert darüber, dass Cressida das Gespräch auf zukünftige Aktivitäten in der Stadt lenkte. Etwas, was Stella nun gut gebrauchen konnte, denn wirkliche Pläne hatte sie nicht, außer den geheimen Anweisungen ihres (toten) Vaters zu folgen."Die Therme ist eine Idee," sagte die junge Tiberia und nickte Cressida zu."Kennst du interessante Orte, die ich gesehen haben muss?" Eine Frage, die Stella nicht nur aus Neugierde stellte.


    Stella wollte ehrlich sein aber schwieg für einen Moment. Es gab hier nichts zu gewinnen, wenn sie ehrlich war und nur zu verlieren. Wie sanfte Harfenklänge war ihr Augenlicht in diesem Moment, als ihr seliger Fluch hereinbrach. Die Farben strahlten, die Töne wurden Wunder, und die Welt schien sich langsamer zu bewegen. Einst hatte sie geglaubt, dass dies eine Gabe der Götter war, inzwischen wusste sie, dass es Pluto war. Das Farbenspiel verband alle Lebenden, wie ein Spiel, und ließ ihre Geschichte in einer Melodie erklingen, die wunderschön war aber immer abrupt endete. Stella sah Musik und Töne. Die junge Frau erahnte, dass etwas nicht stimmte. Sie konnte nicht ausmachen, was er war aber ein Gefühl beschlich sie, dass dieser mit vielen weiteren Ereignissen verbunden war. Einen langen Atemzug später, als die Harfenklänge endeten, entgegnete sie dem Soldaten: "Ich verstehe aber ich glaube dir nicht ganz." Sie grinste frech, wobei ihre Augen den seltsamen Glanz behielten, der seine eigene Magie hatte. Natürlich kannte Stella die Sprechweise von Soldaten, denn ihr Vater war ebenso Soldat gewesen. Und solche Sätze waren stets mit einem Mangel an Informationen verbunden oder zu vielen Informationen, so dass man Gefahr lief, Menschen zu verunsichern oder die Ermittlungen tatsächlich zu gefährden. Doch in diesem Fall ahnte Stella, dass der Soldat etwas verschwieg, weil er das Thema aufgemacht hatte aber abrupt abbrach. Es war nur ein Gefühl. "Mein Vater war auch Soldat," meinte sie und erklärte damit ein Verständnis für die Zwangslage des Soldaten und versuchte ihm zu versichern, dass sie nicht weiter nachbohren würde.


    Schließlich sprach der Soldat eine Frage aus, die sie hart traf. Es war zu spät, jetzt zu flüchten, denn irgendetwas hielt sie an diesem Ort und bei diesem Soldaten. Ein Stich in ihr Herz ließ sie ihr Gesicht verziehen und ihre Augen funkelten in einer anderen Magie. "Ja," antwortete sie und rang mit sich, sich nicht direkt zu offenbaren. Stella wollte laut rufen, Pluto beschwören, und jedem zeigen, dass dieser Ort ihr Zuhause war. All dem Leid an diesem Ort, jetzt verwaist, bald Ruine, hatte sie ihr Herz anvertraut. Es lag eine Ironie darin, dass der Senator genau in diesem Augenblick auf die beiden Sprechenden zuging und sich an den Soldaten wandte. Stella wich einen Schritt zurück, da sie dessen Präsenz als einschüchternd empfand. Der Senator durchtrennte für einen Moment die Verbindung zwischen Stella und dem Soldaten, so dass sie etwas verloren neben beiden stand. Einsamkeit kroch über ihren Nacken, so dass sie plötzlich ein wenig fror. Der Senator interessierte sich nicht für Stella und die junge Frau überlegte, einfach zu verschwinden und diese merkwürdige Situation zu verlassen. Doch etwas hielt sie immer noch an diesem Ort fest. Eine fremde Macht flüsterte im Wind, dass sie bleiben solle. Es waren keine Worte, sondern wieder nur ein Gefühl, ein Gewissen und Gewissheit. Stella gehörte an diesen Ort, vorerst. Mit ihren sensiblen Augen beobachtete sie den Senator und den Soldaten, hielt sich zurück, um bei Zeiten wieder mit dem Soldaten zu sprechen, der ihr es seltsamerweise irgendwie angetan hatte.

    Sie wollte den Eintopf nicht, so entschied sich Stella, die Reste alleine, ganz für sich, zu verputzen. Sie genoss es, da sie endlich ein Gefühl der Sättigung erlebte und wirklich einmal satt war. Ein glorreiches Gefühl für eine arme Frau! Doch urplötzlich merkte sie, dass sie vielleicht zu viel gegessen hatte und ihr Magen daran garnicht gewöhnt war. Sie wollte rülpsen und tat es peinlich berührt auch. Sie überspielte ihre Attacke und sprach endlich weiter. "Schauspieler bedienen sich der Lüge, um eine Wahrheit zu zeigen," meinte sie allgemein auf Cressidas Aussagen. Ihr Vater war wohl ein Meister der Geschichte gewesen und hatte selbst ihr Leben oft gestaltet. Selbst ihre eigene Geburt war ja mehr oder minder eine Lüge gewesen. Niemand wusste, dass sie eigentlich als Tochter einer Sklavin zur Welt gekommen war und die Mittel und Fähigkeiten ihres Vaters hatten dafür gesorgt, dass sie als Römerin leben durfte. Ihr Vater war geschickt in der Lüge gewesen, was sie in dieser Sekunde denken ließ, ob er sie jemals belogen hatte. Wenn er andere belog, auch um sie zu retten, war es gut möglich, dass er auch seine Familie belogen hatte. Alles, was sie jetzt glaubte, konnte nicht wahr sein. Trotzdessen hatte sich Stella entschieden, im guten Glauben, den Briefen zu vertrauen. Ihr Vater war in ihrer Erinnerung zu gut, zu heldenhaft, so dass sie diesen Zweifel wirklich zulassen konnte.


    Es dauerte einen Moment, da Cressida einen wunden Punkt getroffen hatte. Einen Punkt, der sich nur schwerlich verbergen ließ. "Ja," antwortete Stella und blickte in die leere Schüssel, so als ob dort ein Abgrund wäre. Ein Abgrund, der ihr Leben verschlingen wollte. Auch Cressida vermisste jemanden. Stella blickte berührt auf. Sie suchte nach Worten aber fand keine. Doch, was Cressida dann sagte, konnte sie nicht wahrhaft glauben. "Ich bin nicht stärker. Nicht gestählt. Ich bin einfach nur hier. Der gleiche Mensch, der einfach seine Familie vermisst," war die Entgegnung, die fast zornig aus ihrem Mund brach. Doch der Zorn war blass, nicht deutlich, denn die reumütige Trauer lag in ihrem Gesicht. "Er fehlt," offenbarte sie ihren treibenden Gedanken. Das letzte Motiv all ihrer Handlungen. Sie musste wissen, was geschehen war, damit sie diese Lücke in ihrem Leben zumindest rudimentär verschließen konnte. Dieses Fehlen war der Abgrund, der Stella an allem hindert und gleichzeitig alles in ihrem Leben bewegte. Sie stand in seinem Schatten.


    "Deine Mutter verdient deine Gefühle nicht," meinte Stella mit halblauter Stimme, die sich ins Leise überschlug. "Sie hat dich verkauft!" Stella wollte nicht glauben, dass diese Grausamkeit einen nicht Menschen nicht verbittern konnte. Doch es zeigte nur, wie gut Cressida in ihrem Herzen war. Wie gut sie über das Leben dachte und Stella schämte sich dafür, dass sie insgeheim das Leben verfluchte. Stella konnte ihre einsamen Tränen nicht verbergen. Als Cressida ihre Hand griff, schluchzte Stella kurz auf, blickte Cressida wieder an. "Danke," war die Antwort, die mitfühlend, ehrlich und offen aus Stella sprach. Stella war dankbar dafür, dass sich jemand die Zeit nahm. Rom war doch nicht nur ein Abgrund. Hier lebten Menschen mit Herzen. Etwas, was sie nicht erwartet hatte.

    Wie schnell sich doch Dinge wandeln konnten. In einem Moment sprach die beiden Frauen noch über Haarpflege und im anderen über den Tod. Stella mochte das. Immerhin hatte sie ja ihre eigene Geschichte mit dem Tod. Im Gegensatz zu vielen anderen, sah sie Pluto sogar als Verbündeten. Denn mit der Zeit würde auch die zur Rechenschaft ziehen, die ihrer Familie Leid angetan hatten. Der Tod war der Gott der Götter, denn in ihrer Unsterblichkeit verstanden die Götter Sterblichkeit nicht und Pluto brachte diese Sterblichkeit. Stella beäugte die Valeria, während sie sprach. Auch Valeria schien von einem Schicksalsschlag schwer betrübt, was eine gemeinsame Brücke zwischen beiden Frauen baute. "Das ist schrecklich!" Dies war ihr Kommentar, den sie sehr ehrlich meinte und ihr Gesichtsausdruck vermittelte dies auch. Dennoch wollte sie Valeria helfen, sich nicht in der Trauer zu verlieren. Stella selbst hatte viele Jahre getrauert, sich den dunklen Gedanken hingegeben, war verzweifelt und hatte sogar überlegt, ihren Verwandten ins Jenseits zu folgen. Doch am Ende hatte sie Pluto höchstselbst gerettet, indem er ihr ein Bewusstsein für das Ende gab. Ein Ende gab immer Sinn und ein Leben, welches gelebt war und freilich endete, war ein echtes Leben. Erinnerung war der Schlüssel, auch wenn sie schmerzhaft war.


    "Iulia Phoebe lebt weiter. In deiner Erinnerung und ihr Ende, so grausam es auch war, lässt sie für immer als die Person leben, die sie zu diesem Zeitpunkt war, Valeria," erklärte Stella überzeugt. "Lass' das furchtbare Ende nicht überschatten, welcher Mensch diese Iulia für dich war. Sie hat deinen Weg geprägt, dich begleitet, und nun begleitet sie dich als Gedanke, der vielleicht etwas verblassen wird aber niemals die Zeit ungeschehen macht." Stella überlegte kurz, um ihre manchmal wirren Gedanken verständlich auszudrücken. "Es ist alles bei dir. Was jetzt ist, ist das Vergangene von Morgen. Iulia Phoebe kannst du nur ehren, indem in ihrem Andenken weiterlebst. Immer weiter lebst, bis auch dein Ende kommt. Alles ist verbunden, jeder Mensch, jede Entscheidung, hallt in der Ewigkeit wieder. Schau dir diese Stadt an, die einst erbaut von wenigen, ist heute die Hauptstadt eines grenzenlosen Imperiums. Entscheidungen über Generationen haben dazu geführt," verband sie verschiedene Ideen.


    "Pluto ist gerecht," sagte sie und blickte Valeria ernst an. "Was uns jetzt, wie Unheil erscheinen mag, mag einem anderen Schicksal dienen. Niemand versteht, wie sich Wirkungen zusammensetzen und welches Schicksal sich aus dem Tod formen kann. Unsere Entscheidungen fußen nicht nur auf uns selbst, sondern auch auf den Menschen, denen wir begegnen. Die Griechen sagen, dass alles stets fließt. Alles fließt und bewegt sich," teilte sie ihren eigenen Glauben mit. "Wiedergeboren?" Stella zögerte einen Moment. Ja, daran hatte sie auch gedacht. Einmal mehr aber am Ende war die Suche nach den Zeichen der Wiedergeburt vergebens. "Ich glaube viel mehr, dass wir nicht wirklich als die Person wiedergeboren werden, die wir waren, sondern stets verändert zurückkehren. Alles ändert sich, wandelt sich, aber behält seinen Lebensfunken. Das Ende schafft stets einen neuen Anfang," teilte Stella ihren Gedanken mit aber nahm sich vor, darüber noch etwas mehr nachzudenken.


    "Du textest mich nicht zu, Valeria. Ich selbst habe mich intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt," wiegelte sie einen Versuch der Unterbrechung ab und wollte genau in diesem Thema bleiben. "Pluto ist nicht der Feind, Valeria. Du kannst ihm nicht entkommen. Unser Ende gehört ihm. Warum sollten wir ihn fürchten? Nur das Unbekannte kann man fürchten. Pluto begleitet ein jedes Leben, mehr als andere Götter, die in ihrem Eigennutz leben. Pluto interessiert sich für uns und kümmert sich um unser Schicksal," erklärte sie.


    "Ich glaube sogar, dass Pluto gerechter ist als jeder andere Gott. Denn er unterscheidet nicht. Er ist zu jedem gleich." Ja, sie verehrte Pluto, denn er war der einzige Gott, der ihr zuhörte. So glaubte Stella zumindest. "Und ob deine Iulia jetzt ewig auf einer Wiese steht, wage ich zu bezweifeln, Valeria. Denn niemand weiß, was danach kommt. Niemand weiß, was das Jenseits ist und da wir ohnehin nur Schatten sind, heißt es ja nicht, dass wir nicht erneut Schatten, woanders sein können. Doch du bist hier, nimm' die Zeit mit Iulia, und mache jetzt das Beste aus ihrer Erinnerung." Eines Tages würde Stella auch ihre Familie wiedersehen. Eines Tages würden sie zusammen stehen. Doch jetzt musste Stella alleine gehen, so einsam, traurig und verletzt dies auch war. Dieser Glaube an Pluto half ihr dabei. Es war ihre Rettung gewesen, denn ansonsten wäre die Verzweifelung unerträglich gewesen.