Beiträge von Diocles

    Diocles fand einen Brief der von weit herkam und der an Dominus Saturninus gerichtet war. Er nahm ihn mit und legte ihn auf den Beistelltisch in das Cubiculum

    Dominus Saturninus war nicht wirklich sicher auf den Beinen. Diocles hakte ihn unter, und während der Römer noch einen Gruß an seinen Gastfreund lallte, zerrte er ihn an die frische Luft. Dort versuchte der Sklave die Casa Furia anzusteuern, was nicht einfach war, da er in einer Hand die bronzene Laterne mit Scheiben aus einer Tierblase halten musste und an der anderen Dominus Saturninus, der größer und schwerer als er selbst war, hing. Die trübe Funzel von Laterne erleuchtete kaum den Weg.


    Diocles hoffte nur, dass sein Herr, betrunken wie er war, nicht anfangen würde, mit grausigem italischen Akzent irgendwelche griechischen Gedichte zu deklamieren, das tat er nämlich manchmal, wenn er gut drauf war.

    Diocles hatte auf dem Boden gesessen, den Kopf auf den Knien und geschlafen. Er konnte eigentlich überall schlafen, wenn man ihn nur ließ und nicht nach ihm rief. Nun weckte ihn sein Dominus, und der Sklave sprang auf. "Die Schuhe sehr wohl", murmelte er und tastete noch schlafblind um sich. Er hatte drauf gesessen. Er holte das Schuhwerk unter seinem Hintern her und steckte seine Finger hinein, um es wieder aufzufalten. Nun ja, es musste gehen. Traurig stierte er die calcei an. Dann bewegte er sich zu der Kline seines Herren, wo er stehen blieb.

    Diocles, der im Gegensatz zu seinem Herren über ein exzellentes Namensgedächtnis verfügte, erkannte Purgitius Lurco, der ihn damals zu der Mordsache am Tigillum  Sororium befragt hatte, sofort wieder. Er war dem Urbaner immer noch dankbar dafür, dass er ihn freundlich behandelt und nicht versucht hatte, ihn einzuschüchtern, was ihm noch mehr Albträume verursacht hätte, als er eh schon hatte.

    Die Prozedur, die seinen Dominus zum Klienten des edlen Senators Florus minor machte, war wohl abgeschlossen, denn Dominus Saturninus trat ein paar Schritte zurück. Diocles ging zu ihm und zupfte ihn leicht am Ärmel, um ihn auf sich aufmerksam zu machen:

    " Miles Cohortes Urbanae Manius Purgitius Lurco - Zwölfte Kohorte, dritte Zenturie, siebtes Contubernium", flüsterte er ihm ins Ohr und nickte trübsinnig.

    Diocles ließ das Tüchlein sinken, als ihn nun Euphrosyne, die eine junge hübsche Frau mit rosigen Wangen ansprach. Er wurde über und über rot. Er war dem weiblichen Geschlecht gegenüber sehr schüchtern.

    "Guten Tag", sprach er ziemlich leise: "Das ist wirklich ein Glück glaube ich. Aber ich habe das Tüchlein gar nicht gefunden, sondern mein Dominus Aulus Furius Saturninus war es. Ich sollte es nur hochhalten und wedeln."

    Er drehte sich zu seinem Herren um, der immer noch an etwas anderes dachte:

    "DOMINUS?!", bat er um Aufmerksamkeit.

    Diocles hielt das mit Rosen bestickte und nach Rosen duftende Seidentüchlein in die Luft und wedelte damit. Gleichzeitig hielt er Ausschau, ob sich jemand durch Winken oder Rufen bemerkbar machte. Sein Dominus schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen. Das tat er oft, und dann bemerkte er manchmal nicht, ob er seinen Dienern zu viel abverlangte. Nach zehn Minuten wechselte Diocles die Hand und wedelte weiter.

    Diocles dachte nach, das sah man ihm an, und er wirkte sehr ernst. Dann sprach er: "Es war so ein gedrehtes Wollpüppchen, was kleine Mädchen manchmal zum Spielen benutzen: Kopf, Ärmchen, vermutlich auch Beine. Sie steckte in dem Mund des Toten. Die Farbe konnte ich nicht erkennen, weil...."

    Diocles kam nun die Erinnerung an die klaffende Wunde an der Kehle hoch und er wurde ziemlich blass um die Nase:

    "Ich habe mehr auf die Wunde geachtet.", sagte er schließlich. Wieder versuchte er sich das Bild in Erinnerung zu rufen.

    War ihm noch etwas aufgefallen?

    Er schüttelte den Kopf. Es tat ihm Leid, dass er nicht hilfreicher war, aber er fand nicht alle Tage Leichen auf seinem Weg:

    "Tut mir leid, Domini, ich bin ziemlich schnell weggelaufen: Erst zur Casa Furia und weil mein Herr schon in die Kanzlei gegangen war, dann dort hin. ", endete er.

    Diocles, der gedacht hatte, er wäre seiner Aussage ledig und gimpflich davon gekommen, nickte nun beim neuerlichen Nachtrag seines Dominus mit dem Kopf.

    "Ja, da war ein Wollpüppchen oder so etwas.", sagte er niedergeschlagen: "Der Tote hatte es im Mund."

    Er wollte umbedingt gehen und wäre es nicht völlig unmöglich gewesen, hätte er Dominus Saturninus am Togazipfel gezogen.

    Diocles schaute seine Sandalen an, nicht weil er etwas zu verbergen hatte, sondern weil er eher schüchtern war. Auch seine Stimme war leise, aber es gelang ihm, Auskunft zu geben, obwohl er den Namen des Ortes gerade erst von seinem Herren erfahren hatte:
    "Wo? Tigillum Sororium. Der Tote war ein Mann, also männlich. Er war nackt. Und er hatte...." Diocles wurde nun fast so bleich wie die beschriebene Leiche, er schloss die Augen: " Eine Wunde an der Kehle... also" Sein Zeigefinger machte die Geste des Halsabschneidens.

    Diocles hielt den Kopf gesenkt und schlurfte neben Dominus Saturninus her, die Castra Praetoria lag etwas außerhalb der Urbs. Er verwünschte, dass er den Toten überhaupt gesehen hatte. Sonst könnte er jetzt in der Casa Furia sein, das heiße Wasser im Bad benutzen und hinterher etwas Warmes essen.

    Hätte er nicht behaupten können, der Nebel habe ihm die Sinne verwirrt?

    Die Idee schien ihm rettend und bittend hob er die Hand, um zu sprechen:

    "Dominus", sagte er:" Könnte es nicht sein, dass ich mich getäuscht habe, und es war eine alucinatio, eine Träumerei? Bitte bring deinen Sklaven nicht in die Verlegenheit, den Ordnungshütern des großen Roms Unsinn zu erzählen. Wäre es nicht besser, eine Nacht darüber zu schlafen?"

    Diocles

    Einer der Torwächter fasste den Mann scharf ins Auge und schnauzte ihn an:

    "Heda! Wer bist du? Was lungerst du hier herum?!"

    Genau das hatte Diocles befürchtet, aber er fasste sich ein Herz und streckte seine Tabula vor wie einen Ausweis:

    "Salve, Praetorianer, ich bin Diocles, der Sklave des Dominus Furius Saturninus, der in der Kaiserlichen Kanzlei arbeitet. Wegen einer dringenden Angelegenheit muss ich zu ihm. Oder wenn das nicht möglich ist, so muss ich ihm wenigstens dies Wachstäfelchen zukommen lassen."

    Hier geht es weiter.

    Der umsichtige und ängstliche Diocles wird sich nicht allein in die Höhle des Löwen begeben, das könnt ihr glauben. :P


    jetzt bräuchte ich einen Praetorianer oder sonst jemanden, der die Nachricht weiterträgt.

    Re: [Tigillum Sororium] Ein neuer Drillingskampf?


    Ein ziemlich nervöser Diocles hatte den Rückweg wieder gefunden, war zunächst zur Casa Furia und dann, weil er seinen Herren dort nicht mehr antraf, gleich zum Palatium Augusti weitergelaufen. Schwer atmend kam er an und musste zunächst einmal verschnaufen. Dann legte er den Kopf zurück und betrachtete die Mauern. Dort darinnen war sein Dominus, der Haken war nur, dass Diocles a) nicht wusste, wie er zu ihm gelangen konnte b) als privater Sklave mit der Kanzlei nichts zu tun hatte c) auch ansonsten niemand kannte, der ihm helfen konnte.

    Diocles hatte eine Tabula geschrieben, um seinen Dominus zu benachrichtigen, doch die Praetorianer sahen in seinen Augen düster und gefährlich aus, nicht wie umgängliche Leute, die er ansprechen konnte. Überhaupt hatte Diocles Angst vor Ordnungskräften, nicht etwa, weil er etwas angestellt hätte, sondern weil sie in dem Ruf standen, mit Leuten niedrigen Standes nicht gerade zimperlich umzugehen.


    Er hielt die Tabula


    Ad

    Aulus Furius Saturninus

    Primicerius ab Epistulis

    Officium XIX

    Administratio Imperatoris


    Diocles grüßt seinen Dominus Saturninus

    Ich warte vor dem Palast auf Dich und flehe Dich an, zu mir heraus zu kommen. Es ist dringend und wichtig!!!!


    in der Hand, während die Minuten verrannen. Wie er solche Situationen verabscheute! Diocles liebte ein geregeltes, gemütliches Leben, ohne Aufregung.

    Diocles hatte ausnahmsweise einen Brief aus der Kanzlei in die Domus Artoria tragen müssen, da das Schreiben liegen geblieben und vergessen worden war, und die Kanzleiboten so früh noch nicht unterwegs waren. Die Domus lag am Esquillin, und danach musste der junge Sklave den ganzen Weg bis in die Casa Furia zurück laufen. Noch war es früh am Tage, gerade die Stunde, in der die Fuhrwerke endgültig aus der Urbs abgezogen wurden, aber die Leute sich so allmählich erhoben. Einige bleiche, torkelnde Gestalten kamen aus der Subura; Lupae beiderlei Geschlechts, deren viel zu dick aufgetragene Schminke zerlaufen war, wankten von nächtlichem Tun erschöpft in ihre Verschläge. So langsam kamen auch die ersten Sklaven, fröstelnd in ihren kurzen Tunikas.

    Diocles hielt den Kopf gesenkt und die Arme um sich geschlagen. Er kam aus Byzantion, einer unbedeutenden Provinzstadt, und das kaiserliche Roma fand er furchtbar groß.

    Herbstlich war es schon, und der Frühnebel hing wie graue Fetzen zwischen den Mauern der engen Gassen.

    Plötzlich stand er vor einem Monument, das er noch nie gesehen hatte, unerwartet tauchte es aus dem Grau auf.

    An einer Stelle ragten zwei Balken in die Gasse, die von einem dritten überspannt waren. Links und rechts davon waren zwei Altäre errichtet.

    Was war das? Hatte er sich etwa verlaufen....

    doch was er dann sah, ließ ihn die Sorge um sein eigenes Wohlergehen vergessen:

    Ein Toter lag auf dem Boden, ledig aller Kleidung, bleich und aufgedunsen wie Wachs. Sein Mund stand offen, und die rote klaffende Wunde an seiner Kehle wirkte wie ein zweiter grässlicher Mund.

    Diocles riss die Augen auf und presste seine Hand in den Mund, um nicht loszuschreien. Dabei sagte er sich, dass Tote ganz normal waren...doch.... halb im Grauen, halb fasziniert trat der junge Sklave näher. Irgendetwas hatte der Tote im Mund....

    eine Puppe aus Wolle...was hatte das zu bedeuten?

    Diocles überlegte, ob er die Bluttat nicht irgendwo melden musste. Freilich war er nur ein Sklave, und daher beschloss er, solch eine Angelegenheit nicht alleine anzugehen, sondern seinen Dominus zu fragen, was er tun sollte.

    Er drehte sich um...seine Knie wurden weich, und jetzt merkte er auch, wie sein Magen ihm an die Kehle hüpfte.

    Dennoch zwang er sich noch einmal, hinzusehen:

    Der Tote hatte einen sorgfältig gestutzten Oberlippenbart, wirkte eigentlich auch gepflegt, nicht wie Subura- Abschaum.

    Diocles schüttelte sich.

    Langsam ging er rückwärts, fast unfähig, den Blick von dem Leichnam zu lösen. Aber eigentlich hatte er es eilig,in die Casa Furia zu kommen; sein Dominus würde hoffentlich wissen, was zu tun war.