Beiträge von Antonia Phoebe

    Nachdem Phoebe im Hortus begrüßt wurde, ihren alten Freund wiedergetroffen und ihm ihre Gastgeschenke überreicht hatte, entschied sie sich dann doch recht spontan, das Angebot des Hausherren anzunehmen, und sich hier einzuquartieren. Natürlich hatte sie Lepidus nicht wirklich gut und hatte ihn an die zehn Jahre nicht mehr gesehen, aber das Zusammentreffen war angenehm gewesen, ebenso jenes mit seinem Neffen Bassus. Man stand sich vielleicht nicht wirklich nahe, aber immer noch näher als sie und ihre entfernten Verwandten in der Casa Antonia.

    Gesagt, getan, die wenigen persönlichen Gegenstände der jungen Frau aus Pergamon wurden von einem Boten geholt, und man machte gleich Nägel mit Köpfen: Eine etwa vierzig Jahre alte, brünette Helvetierin die auf den Namen Maria hörte, brachte sie am Abend zu ihrem Cubiculum, welches für Gäste frei gehalten wurde. Dieses war selbstverständlich mehr als angemessen eingerichtet und lies keine Wünsche offen. Alles andere, was sie brauchen könnte, fand sich ja ohnehin hier im Hause oder in der Stadt, so dass Phoebe die Sklavin recht schnell entlassen konnte und sich zur Nachtruhe begab.


    Welche leider weniger ruhig ausfiel als erhofft: Mitten in der Nacht wurde sie geweckt, von viel zu unangebracht lauten Stimmen, dann von klirrenden und zerberstenden Amphoren, schließlich konnte sie noch schnelle, hektische Schritte und Rufe hören. Als sich dann ein entschlossen marschierender Trupp auf den Weg zur Quelle des Tumults machte, stand sie schon längst an ihrer Tür und spähte vorsichtig in die Nacht ohne wirklich zu verstehen, was hier vor sich ging, sich aber durchaus fragend, ob ihre schnelle Entscheidung nicht ein Fehler gewesen war.

    Phoebe zuckte mit den Schultern. "Nun, wir hatten uns vorgenommen, die Stadt zu besichtigen, also machen wir das doch. Irgendwann wird schon Zeit zum Essen sein," grinste sie und so spazierte man los, um sich die gewaltige Stadt, ihre Bewohner und ihre geschichtsträchtigen Orte und Bauwerke gemeinsam zu entdecken.

    "Dann hoffe ich mal, dass die Kälte dein größter Feind sein wird - was nicht heißen soll, dass ich dir Langweile wünsche! Aber es müssen ja nicht gleich germanische Horden werden." Dies war höflich, natürlich, aber recht seichtes Fahrwasser, wie man es eben ansteuerte, wenn man jemanden gerade erst kennenlernte. Allgemein gehalten, unverfänglich, nicht zu direkt. Man musste ja auch erst einmal sehen, was man von dem Anderen zu halten hatte.

    Und bei Bassus' Beschreibung von Lepidus' erstem Sohn blieb auch alles in diesem Bereich. Die Beschreibung war so gehalten, dass sie auf viele junge Männer zutreffen konnte, die meisten vermutlich. Nicht so aber, als er auf Nero zu sprechen kam.

    Phoebes Unterkiefer klappte ein wenig hinab, als sie die direkten Worte und das recht vernichtende Urteil hörte. Ein schwarzes Schaf also. Und offensichtlich recht eindeutig, zumindest aus der Sicht ihres Gesprächspartners. Das klang ziemlich hart, Nero musste wirklich Eindruck hinterlassen haben. Und so wie Bassus es von sich gab musste auch etwas dran sein, das klang nach mehr als ein wenig Abneigung unter consobrini.

    Hm. Sowas gab es wohl in vielen Familien.

    "Puh." Phoebe atmete einmal demonstrativ aus. "Wirklich so schlimm?" Sie wog den Kopf hin und her. "Nunja. Ich kann ihm dann ja aus dem Weg gehen." Zumindest, wenn sich diese Beschreibung bestätigte. Sie würde sich wohl erstmal ein eigenes Bild machen, wenn sich die Gelegenheit ergab. "Danke für die Warnung," meinte sie dennoch. "Wann geht die Reise denn los?"

    Vindex wusste, was er wollte, war ehrgeizig und würde sicherlich seinen Weg gehen, welchen auch immer. Er war schließlich bereit, den dafür nötigen Einsatz zu zeigen. "Ich hoffe, dass man davon ebenso beeindruckt ist, wie ich es bin," lächelte sie und überlegte dann. "Hmm, die Theater sind zu, für noch mehr Wein ist es zu früh... Wie wäre es mit einem Thermenbesuch?" Wobei das natürlich alles andere als gesellig war, wenn man getrennt baden gehen müsste. "Nein, vielleicht eher doch nicht..." wägte sie also ab.

    "Oh, wie Schade!" erwiderte Phoebe auf seine Ankündigung, dass er bald nach Germania müsse. Immerhin schien Bassus recht sympathisch zu sein. "Dann wünsche ich dir dabei schon einmal alles Gute. Ich hoffe, es wird nicht zu kalt dort!" Davon hatte sie nämlich gehört.

    Interessiert lauscht sie seinen Worten über Lepidus' Kinder. Diese kannte sie tatsächlich weitaus weniger gut, als ihr Status als 'Alte Freundin' vermuten ließ. Aber Bassus kannte ja auch nicht die genauen Umstände ihrer Beziehung.

    "Als Lepidus damals bei uns in Pergamon war, war er immer allein unterwegs - aber dafür habe ich Marcus später noch einmal kurz getroffen, als er älter und im Auftrage seines Vaters unterwegs war, richtig." Viele Worte hatte man aber nicht wechseln können, Phoebe war damals mit ihrem ehemaligen Gatten und ihren eigenen Problemen beschäftigt gewesen. Was nichts daran änderte, dass sie durchaus neugierig auf die Söhne des Hausherren war. Sie kannte ja weder Geschichten in die eine noch in die andere Richtung. "Es wäre mir aber eine Freude, sie beide mal kennenzulernen." Sie nahm einen Schluck aus dem Becher mit dem Würzwein, der hier immer noch herum stand. Nicht mehr gar so warm mittlerweile.

    "So oder so werde ich erst einmal hier einziehen müssen. Wobei ich mich streng genommen noch gar nicht entschieden habe. Aber bislang sind die Bewohner des Hauses ja alle sehr angenehm." Im Grunde war ihre Entscheidung ja auch eben doch schon gefallen.

    Phoebe überlegte kurz, dann schmunzelte sie. "Also so ungefähr dasselbe, was du hier und heute auch machst? Du hast die ganze Zeit nur hierfür geübt, richtig?" Sie hakte sich ungefragt bei ihm ein. "Dann vergnügen wir uns!" Wie genau, dass würde sich schon ergeben.

    Phoebe hob eine Braue "Ach ja? Was macht sie denn so interessant? Oder... was hast du dort angestellt?" fragte sie ein wenig schelmisch. Ihr kamen da direkt ein paar Ideen, wie man Menschen von ihrer interessanten Seite erleben

    Die junge Frau sah ihn verdutzt an. Meinte er das wirklich ernst? "Ist das denn nötig?" Erneut musterte sie ihn, etwas genauer diesmal. Da waren harte Kanten, Schnallen, solche Dinge. Das konnte es doch nicht wert sein? Es nötigte ihre allerdings auch ein wenig Respekt ab, wenn dem wirklich so war. "Was man so alles auf sich nimmt, um unsere Grenzen zu schützen..." sinnierte sie vor sich hin und bekam seine Verlegenheit daher gar nicht so recht mit.

    Stattdessen lenkte Bassus das Gespräch wieder auf Angenehmeres und sie lächelte. "Ein wunderschönes Domus. Es ... steht noch nicht ganz fest. Aber vielleicht wohnen wir bald unter dem selben Dach. Zumindest für eine Weile," schränkte sie ein.

    "Stimmt etwas nicht?" fragte sie ihn dann besorgt, als er sie für ein paar etwas zu lange Momente fast schon anstarrte. Vielleicht schnürte ihm die Rüstung die Luft ab?

    Nachdenklich hört Phoebe den Erzählungen zu. Vermutlich hatte Vindex die Zeit seit ihrem letzten Treffen besser genutzt. Oder nicht? "Das klingt alles sehr spannend! Ich wünschte, ich könnte diese Orte auch alle einmal sehen. Wobei... Germania? Ist es dort nicht schrecklich kalt?"

    Gewaltige Schneedecken, Eiszapfen an der Nase, solche Dinge schwebten der Dame aus Asia vor.

    Phoebe war sehr gespannt, wie ihre Geschenke ankommen würden. Der Wein, nun, das war eine reine Höflichkeit welche in der Tat vermutlich 'nicht nötig gewesen' wäre. Doch die (vermeintlich echte) Abschrift war natürlich das, womit sie Lepidus eigentlich eine Freude machen wollte.

    Daher bekam sie auch kaum mit, wie der Junge davon lief und bald darauf wiederkehrte, viel zu spannend war die Reaktion des Gastgebers. Und offensichtlich hatte sie sich nicht getäuscht, der alte (ältere) Mann war beeindruckt, das war nicht zu übersehen.

    Sie selbst konnte das nicht komplett nachvollziehen, aber natürlich verstand sie durchaus, dass es sich um die Weisheiten eines weisen und geschichtlich bedeutenden Mannes handelte. Und dass diese eben etwas wert waren, gerade wenn man man sich so sehr mit diesen Dingen beschäftigte, wie Lepidus das tat. Er war dafür ja auch eigens nach Pergamon gereist und hatte ihr jugendliches Ich ertragen. Wenn man dies wusste und sah, war es nur noch erstaunlicher, dass er sie damals nicht in die Ägäis geworfen hatte, als sie einfach etwas auf seine kostbaren Schriftstücke gemalt hatte. Sie selbst hätte es an seiner Stelle zweifellos getan.

    "Es freut mich sehr, dass es dir gefällt. Und ich hoffe, dass es deinen Erwartungen entspricht."


    Phoebe war erleichtert und zufrieden mit sich selbst, ahnte aber nicht, was der Andere schon plante und ausführte. Als er jemandem winkte wandte sie sich herum und musterte den Neuankömmling fragend, dann, nach den erklärenden Worten, nochmals deutlich kritischer. Es war relativ eindeutig, was hier geschah. Der andere Mann sollte ihr Gesellschaft leisten, damit Lepidus sich zurückziehen konnte. Soweit war das kein Problem, immerhin war sie ja unangekündigt hier angekommen, aber die Andeutungen des Alten waren dann doch ein wenig zu zweideutig. Nun, nichts, womit sie nicht umgehen konnte.

    "Es ist wirklich schön, hier zu sein. Bis später," mit diesen Worten verabschiedete sie den Hausherren und wandte sich dann dem jüngeren Mann zu.


    Mit einem Mal war Lepidus fort und man stand sich allein im Garten gegenüber. Beide Seiten ein wenig ratlos, doch nur, weil man jemanden Neues kennen lernte, musste dies ja nichts schlechtes sein. So zumindest Phoebes Philosophie. Und nun, der Mann in der schneidigen, neuen Uniform war doch ein Anblick! "Chaire, Bassus. Steht ein Angriff bevor?" scherzte sie also schmunzelnd und erhob sich, da er ja auch stand, während ihr Blick aus den blauen Augen auf ihm ruhte.

    "Ach, mit Schlawinern kann ich umgehen, keine Sorge," grinste sie. Dabei amüsierte sie sich weniger darüber, dass der Diener anscheinend immer noch jungen Frauen nachstarrte, sondern vielmehr, dass die beiden älteren Herren sich sicherlich einander brauchten, auch wenn das hier gar nicht danach klang. Vermutlich gab es regelmäßig ein paar Frotzeleien, aber ohne das Gegenstück würde jedem sicher auch etwas fehlen. Ein wenig wie ein altes Ehepaar eben. Phoebe fand dies allerdings recht sympathisch. Man musste sich nicht immer nur Honig ums Maul schmieren.


    Der Grund, weswegen sie sich an ihn lehnte war keinesfalls Mitleid oder gar die Hoffnung, dass sie damit etwas erreichen könnte, was auch immer das sein sollte. Nein, es war einfach Ausdruck einer gewissen Verbundenheit und Dankbarkeit, die sie spürte, und wenn es nur so war, weil er nicht über sie urteilte oder sie zurechtwieß, weil sie noch nicht wieder verheiratet war. Stattdessen hörte er zu, verstand ihr Problem und machte ihr sogar Mut. Das tat einfach gut und es fiel ihr ein Stein vom Herzen. Denn er hatte ja Recht, sie war wirklich noch jung und noch lange war nicht aller Tage Abend.

    Auch sein Ratschlag war praxisnah. Dinge geschahen, eben einfach so, aber es lag an einem selbst, was man daraus machte, ganz richtig.

    Die Segel richtig setzen, die Karten auf der Hand richtig ausspielen, seine Ziele den Umständen anpassen. Dies alles sagte letztlich das Gleiche aus, und alle Analogien stimmten gleichermaßen: Es war nicht immer alles so, wie man sich das wünschte, aber man war selbst seines Glückes Schmied und musste das Beste daraus machen. Und genau das hatte Phoebe ja auch vor. "Tja weißt du, deshalb bin ich ja nach Rom gekommen. Ich brauchte eine Veränderung. Vater hat mich da zum Glück unterstützt." Und das rechnete sie ihm hoch an. Sie war nichtmal sicher, ob ihm überhaupt irgendetwas an der Statue lag oder ob das nur ein Vorwand für sie war.


    "Ich hätte dich gerne auch früher gekannt. Wäre gerne mal mit dir um die Häuser gezogen." Sie schaute ihn einen Moment nachdenklich an, dann wandte sich die Aufmerksamkeit aber ihrem Geschenk in der Laube zu. Die Zeit verging, und manches kam eben nie wieder. Auch hier musste man eben das Beste daraus machen statt solchen Dingen nachzuhängen, es führte ja zu nichts.

    An der Laube löste sie sich von ihm - durchaus darauf achtend, dass sie ihn nicht aus dem Gleichgewicht brachte - und trat zu ihren Mitbringseln. Zunächst hob sie die handliche Amphore "Ein wenig Falerner. Ich glaube, du hast mir mal davon erzählt." Nicht, dass er ihn sich nicht selbst leisten könnte, aber wie so oft zählte die Geste allein.

    Nicht so bei ihrem anderen Geschenk. Ein wenig nervös, da sie sich damit wirklich bemüht hatte, hielt sie ihm die Lederrolle entgegen. "Es ist eine Abschrift von Krattipos von Pergamon. Es war gar nicht so leicht, so etwas zu finden." Sie nestelte ein wenig nervös mit der freien Hand am Stoff ihrer Tunica. Phoebe hatte extra bei einem Schriftgelehrten angefragt, der ihr dieses Dokument besorgt hatte und dafür eine Menge Münzen bezahlt. Dabei konnte sie unmöglich sagen, ob es sich wirklich um das handelte, was sie sagte oder eine Fälschung war. Auf jeden Fall berichtet auf der Notiz angeblich besagter Krattipos von einem Traum, in dem er eine verflossene Liebe wiedergetroffen hatte und diese Liebe erneuert hatte. Wie genau, beschreibt er nicht, sondern deutet höchstens an. Am Morgen verspürte er dann eine große Sehnsucht nach der Frau, die er schon ewig nicht mehr gesehen hatte.

    Gut gelaunt ob der Aussichten und der Begleitung spazieren wir also, nunmehr nur noch halbwgs ziellos, durch Rom. Es reicht ja auch bereits so, das Gefühl dieser Stadt einzusaugen. Natürlich ist nicht immer alles gut und schön hier, aber ein Erlebnis ist es allemal.

    "Ich bin gespannt! Sag mal, Vindex, was machst du eigentlich, wenn du keine Karriere machst? Gehst du auch mal ins Theater? In eine Weinstube?"

    Tatsächlich kenne ich den Mann eben doch nicht mehr so gut wie früher. Da interessiert es mich eben schon.

    Phoebe schmunzelte. Ja, das hatte er gesagt, aber Vindex wusste immer alles und kannte sich aus, daher doch sicher auch hier. Dennoch war es natürlich auch nicht ganz ernst gemeint gewesen. Sie winkte ab. "Natürlich. Lassen wir uns einfach treiben. Aber Theater, ja, das könnte mit gefallen!"

    "Das war ja ohnehin der Plan!" Sie überlegte kurz. "Das Forum kenne ich ja bereits. Was würdest du denn gerne noch sehen oder was gefällt dir besonder? Du bist ja schon ein wenig länger hier. "

    "Griesgram? Auf mich wirkte er ganz nett." Aber gut, der erste Eindruck täuschte ja auch mal. Die Regeln indes waren keine Überraschung, sie hatte nichts anderes erwartet. Dies hier war ja keine Insula und man sollte seine Mitbewohner respektieren. Ebenso die Leute, die sich darum kümmerten, dass hier alles so gepflegt aussah. Man tat für seine Familie eben so einiges, auch das verstand sie mit seinem Wink gen Familienwappen.


    Sie erwiderte sein Tätscheln ihrer eingehakten Hand, indem sie ihre andere Hand auf die seine legte. So ein wenig Nähe war manchmal das einzige, was man brauchte, und oft wichtiger als jedes Wort, auch wenn das einem Mann wie ihm sicher nicht so recht passte. Zumindest nicht auf Dauer.

    Dennoch: Er hatte ja Recht. "Ja, ich weiß. Es geht weiter. Immer weiter. Daran kann man gar nichts ändern, auch wenn man es gerne wollte." Kurzes zögern, dann etwas leiser: "Vielleicht lag es ja auch gar nicht an mir." Einen Moment lang sagte sie nichts, dann schaute sie im Gehen einmal zu ihm herüber, lächelte ebenso warm. Er war immer noch ein so kluger Mann! Spontan kam sie ein wenig näher und legte den Kopf auf seine Schulter, eine vielleicht seltsam vertraute Geste, doch ihr war gerade danach. "Ich kann mir dich als jungen Wilden zum Beispiel kaum vorstellen. Warst du damals auch schon so schlau?" Womit sie das angeschnittene Thema erst einmal beenden wollte und zurück zu etwas seichteren Wassern navigierte. "Da fällt mir ein: Ich habe dir etwas mitgebracht! Es liegt noch in der Laube."

    Draußen nickte Phoebe. Vindex' Einschätzung schien vernünftig. "Ja, ich sollte es im Auge behalten. Die Frage ist wohl auch eher, wie gut er sich noch an meinen Vater erinnern kann. Aber wir werden es ja sehen."

    Es galt sich zwar darum zu kümmern, aber es war am Ende auch nicht mehr als ein Besuch, schlimmstenfalls alle paar Tage. Sie würde ja kaum neben dem Künstler sitzen bleiben und seine Hand halten müssen. Und ihr Vater war ja selber schuld, wenn er einen römischen Bildhauer beauftragte. Es hätte sich sicher auch einer in Pergamon gefunden.

    "Hm, gute Frage. Die Stadt ansehen? Oder gibt es etwas, was du erledigen musst?" Gegessen und getrunken hatten sie ja erst einmal.

    Ganz offensichtlich wohnte er ja zumindest mit Dienern und Sklaven hier. Andere Bewohner hatte sie noch nicht bemerkt, und dennoch war die Frage vielleicht ein wenig dumm, denn bei der Casa Antonia war es ja ebenso. Sie nickte dennoch. "Ja, natürlich, dumm von mir," wobei sie den Kopf schüttelte, verärgert über sich selbst. "Also, die Unterkunft dort ist ein wenig einsam...Und ich denke nicht, dass man mich vermissen würde." Sie schmunzelte. "Welche Regeln sind es denn?" Und meinte er etwa, ausgerechnet sie könne diese brechen? Und wenn ja, woher wusste er das? Sie war nie ein Unschuldslamm gewesen, aber in letzten Jahren doch deutlich braver geworden. "Ich weiß mich durchaus zu beherrschen."

    Als er dann die Enkelkinder wieder ansprach, verschwand die gute Laune wieder aus dem Gesicht, was ihr Gegenüber wohl bemerkte. Er rettete die Situation durchaus gekonnt, indem er die Rahmenbedingungen veränderte und es so ein wenig leichter für sie machte, auch wenn er ihr vielleicht nur etwas mehr Zeit gab. "Natürlich, gerne," gab sie zurück, erhob sich ebenfalls und legte ihren Arm in den seinen. Früher war sie kleiner gewesen, aber irgendwie fühlte es sich immer noch an wie damals. Gut, sehr gut sogar. Und vor allem vertraut.


    Man ging ein Stück, bis Phoebe endlich zu sprechen begann. "Scaurus hat zwei Kinder. Söhne." Auch das noch, das Glück war perfekt. "Sie sind sein ganzer Stolz, und du kannst dir denken, wie glücklich meine Eltern waren und sind." Ihre Tante war da ein wenig kühler, auch wenn sie versuchte, es den Kindern nicht anmerken zu lassen. Sie konnten ja nichts dafür. Wieder eine Pause, die sie brauchte um sich zu sammeln. "Vor allem, nachdem Lenaeus und ich ihnen diesen Wunsch nicht erfüllen konnten." Sie starrte dabei äußerst konzentriert ein Blumenbeet an. "Bis wir uns dann endlich haben geschieden haben." Da war es raus. Und das war gut so, das merkte sie sofort. Es brachte ja nichts, offensichtliches geheim halten zu wollen.

    Die Worte machten Sinn, aber bedeuteten auch genau das, was ihr Freund schon ausführte: Man musste die Sache klären und die Konsequenzen ziehen. Aber es musste sein, auch wenn es vielleicht etwas Arbeit war. Sie nickte. "Das sollten wir tun," antwortete sie und schon machte man sich auf den Weg zu dem Gasthaus.

    Auch dieses war bereits geöffnet, und so konnte man durch die Tür eintreten.

    Drinnen war der Wirt rasch gefunden, denn es war fast nichts los.

    "Salve! Mein Herr, ich habe eine etwas indiskrete Frage. Über einen eurer Gäste hier."

    Der rundliche ältere Herr hörte auf zu lächeln und winkte ab, bis er sah, wie Phoebe ungeniert ein paar Münzen hervor holte und diese zu ihm hinüber schob.

    Rasch übernahm der Mann die Münzen und nickte dann verschwörerisch.

    "Der Künstler von gegenüber." Sie wartete, bis sie sah, dass der Wirt wusste, wen sie meinte. "Ist er öfter hier? Ein guter Kunde? Spricht er gerne dem Wein zu?"

    "Ah, ich verstehe. Nun, Tadius Aculeo ist durchaus öfter hier. Ziemlich oft sogar. Aber meistens kommt er noch selbst nach Hause, wenn es das ist, was ihr wissen möchtet."


    Phoebe nickte. "Ja, habt Dank!" Dann blickte sie zu Vindex hinüber und zuckte mit den Schultern. Zeit zu gehen.

    Nun, es war meistens nicht sehr ratsam, offensichtliche Dinge zu leugnen, sich selbst zu belügen und dies auch von anderen zu erwarten. Phoebe wusste dabei durchaus, wie das war, und Lepidus natürlich ebenfalls. Die Dinge lagen, wie sie lagen, und man musste damit umgehen. Da half es wenig, das Thema totzuschweigen oder jedes Mal vor den Kopf gestoßen zu sein.

    "Dann ist ja gut," kommentierte sie seine Einschätzung seines Zustandes, und meinte damit vor allem seine anscheinend positive Einstellung dazu. Diese sollte man sich nicht nehmen lassen.

    Auch sie nahm einen Becher des Weines, dann prostete sie ihm zu und nippte daran. Wohltuend. "Ich habe eine Unterkunft in der Casa Antonia. Allerdings... du hast es hier auch sehr nett. Wohnst du allein hier?" Womit sie andeutete, dass sie sein Angebot mehr als verlockend fand. Mit den Antoniern hier verband sie immerhin nur sehr wenig.

    "Meine Eltern... Vater geht es wie immer. Die Geschäfte laufen gut!" Im Gegensatz zu der politischen Bedeutungslosigkeit der Familie lief der Handel, auf den man sich stattdessen konzentrierte, wirklich hervorragend. "Er lässt eine Statue von sich anfertigen, deswegen bin ich hier." Sie grinste und rollte ein wenig mit den Augen. "Oh, und Mutter... nun, ihr geht es auch gut. Sie ... erfreut sich an ihren Enkeln," meinte sie dann, und schaute dabei ein wenig zur Seite. Das Thema war keines, welches sie gerne ausbreitete. Schon gar nicht, dass ihr jüngerer Bruder Scaurus bereits Kinder hatte.

    Als sich jemand ihrer Warteposition näherte, erhob sich die junge Frau. Die Amphore ließ sie liegen, ebenso die Lederrolle. Sie strich sich aufgeregt ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht und zurecht, was vermutlich völlig sinnlos und unnötig war, aber es war eben etwas, was ihr das Gefühl gab, vorbereitet zu sein und sie irgendetwas machen ließ.

    Dass dies völlig zu unrecht geschah, ebenso wie die Nervosität, zeigte die Reaktion des Mannes vor ihr. Immerhin ging es hier ja auch weder um eine Prüfung oder Ähnliches, noch war es eine unangenehme Begegnung, im Gegenteil.

    Rasch zeigte sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht und auch sie musste sich zurückhalten, den Mann nicht zu umarmen, denn eben, sie war kein Kind mehr. "Lepidus! Es müssen zehn Jahre oder mehr sein! Gut siehst du aus!" log sie, ein wenig unüberlegt, denn das war schlicht nicht nötig. Sofort fühlte sie sich schlecht dabei. Tatsächlich war der Mann alt geworden, älter als es die Zeit vermuten ließe, und sie war sich nicht sicher, ob sie ihn auf der Straße erkannt hätte.

    Sie folgte seiner Aufforderung und schmunzelte. "Oh, ich erinnere mich. Ich wollte einfach zeigen, wie sehr mich deine Geschichten begeisterten. Ich hoffe, ich habe nicht allzuviel verunstaltet." Für ein paar Momente blickte sie ihr schweigend aus der Nähe an. Ja, es war lange her.

    "Wie geht es dir?" War dann die naheliegende Frage. "Ich werde vermutlich eine ganze Zeit in Rom sein. Es tut mir leid, dass ich dich so überrasche."