Beiträge von Sertorius

    Wir befanden uns gerade auf dem Marsch als ein Erkundungstrupp bei uns eintraf, welcher meldete, dass die Römer offensichtlich auf dem Weg nach Septimanca wären. Ich fragte, ob diese Information sicher sei. Der Offizier nickte mit dem Kopf. Alle eingegangenen Hinweise deuteten darauf hin. Die beiden Legionen seien definitiv auf dem Weg nach Septimanca.


    Ich überlegte. Dorthin war also Meridius mit seinen Männern unterwegs. In diesem Moment leuchtete es mir auch ein. Er wollte in Septimanca ein Versorgungslager einrichten. Ein Versorgungslager, welches über den Fluss leicht anzufahren war. Es würde ihm den langen Nachschubweg über ungesicherte Strassen ersparen.


    Ich nickte mit dem Kopf, dankte dem Offizier und gab den Männern den Kurswechsel bekannt. Wenn es uns möglich wäre, das Versorgungslager zu zerstören, könnte dieser Krieg Jahre dauern...

    Der kleine Spähtrupp bemerkte recht schnell, dass die Römer über seine Anwesenheit Bescheid wussten. Irgendwann im Laufe des Tages waren verstärkt Aktivitäten bei den Reitern der Ala zu beobachten, erst ritt eine Turma auf den Hügel, auf welchem sie sich gestern Nacht befunden hatten, dann ritten verstärkt Meldereiter nach hinten zu den beiden Legionen, die auf dem Fuss folgen mussten. Kein Zweifel, man hatte sie entdeckt. Den Offizier kümmerte dies wenig, mochten die Römer ruhig ein wenig in Trab kommen, unter ständiger Anspannung und Erwartung zu stehen, war ebenso hilfreich wie sorglose Unbekümmertheit. Er meldete seinerseits die Position der Ala und der beiden Legionen in Richtung Sertorius. Schwer zu finden waren sie ja nicht gerade, wie zu erwarten war, folgten sie der einzigen großen Straße.

    "Lass sie in Ruhe!" sagte auch der andere der keine Lust daran hatte, sich noch Ärger mit dem Offizier einzuhandeln. "Wenn der Chef das raus kriegt hackt er Dir die Hand und dein Teil ab. Also lass es lieber." Der Zweite hielt kurz inne. "Du hast Recht, das ist die Schlampe nicht wert!"


    Er drückte nocheinmal kurz mit dem Messer an ihrer Kehle, um ihre seine Macht zu demonstrieren, leckte ihr über das Gesicht und stieß sie dann von sich. "Mach es gut süße, und ich denk an Dich, wenn ich heute abend zu den Huren gehe..."


    Lauthals lachte er auf und bestieg ebenfalls sein Pferd. Sekunden später waren auch die letzten beiden Späher im Wald verschwunden.

    Auf einem fernen Hügel befand sich ein kleiner Trupp Späher und beobachtete, wie die Legion aufbrach. Zuerst verließen die Kundschafter das Lager, dann folgte die Vorhurt, etwa zwei Kohorten stark, dann kamen die Pioniere und Landvermesser, schließlich die Legionen. Es war eine eindrucksvolle Masse an Männern und Pferden. Nachdem sie genug gesehen hatte, zogen sie sich zurück, bestiegen ihre Pferde und wechselten die Position.

    Unterdessen hatte ein kleiner Spähtrupp die Reiter der Ala II Numidia ausgemacht. "Dort unten lagern sie." sprach der erste, der sie gesehen hatte und gab die Meldung still und leise nach hinten durch. Der zuständige Offizier besah sich das Lager genauer - und beinahe wäre ihnen dies zum Verhängnis geworden. Eine Patrouille der Reiter hätte sie um haaresbreite erwischt, einzig ein Sprung einen kleinen Abhang hinunter konnte ihn retten. Mit einem verstauchten Fuß zog er sich zurück und als er die anderen Reiter wieder erreicht hatte, nickte er nur mit dem Kopf. "Ja, es sind die Reiter von der Ala. Die Legionen müssen weiter hinten sein. Mal sehen, wer von uns sie zuerst findet." Die Männer stiegen auf und verschwanden so spurlos in der Nacht, wie sie aufgetaucht waren.

    In Uttarae, der vermeintlichen "Hochburg" des Aufstandes gegen Rom machten wir Rast. Die Stadt war in heller Aufregung, hatte man hier schon davon vernommen, dass zwei römische Legionen auf dem Weg waren um Rache zu nehmen. Ein Teil der Bevölkerung hatte die Stadt bereits verlassen und war in das Hinterland geflohen. Zurück blieben vor allem junge Männer und Freiwillige, hinzu strömten iberische und keltische Krieger aus unzähligen Bergdörfern der Gegend, welche die Stadt befestigten. Ich war noch unschlüssig, ob es sich überhaupt lohnte an der Stadt fest zu halten, oder ob wir sie gleich aufgeben sollten, ich entschloss mich daher erst einmal mit den Stadträten zu sprechen, welche sich unserer Seite angeschlossen hatten.

    Der Anführer zuckte mit der Schulter, drehte sich um und ging zu seinem Pferd. Die Sklavin hatte wie es schien für die Männer keinen Wert. Sie hatte weder römische Truppen gesehen, noch konnte sie ihn sonst irgendwie von Nutzen sein. "Was sollen wir mit ihr machen?" fragte einer der beiden, welche sie festhielten. "Lasst sie laufen!" antwortete der Anführer und ritt mit dem größten Teil der Truppe davon.


    "Du hast es gehört, lassen wir sie laufen." sprach der eine. Der andere hingegen überlegte noch.


    "Ich soll die Frau einfach so laufen lassen?"
    Er blickte sie an, in seinen Augen lag Wolllust und Begehren...

    Am anderen Tag ritten wir durch einige Bergdörfer und instruierten unsere Verbündeten die Männer bereit zu halten. Alles sollte sich in der abgesprochenen Ebene versammeln. Zudem sandte ich Boten und Kundschafter in alle Richtung aus, mit Schwerpunkt natürlich in Richtung der Römer, denn ich wollte über deren Truppenbewegungen informiert sein, was zumindest für einen Großteil der Strecke nicht schwer sein konnte. Meridius würde mit zwei Legionen sicher so weit es ging die befestigten Strassen nutzen und sich ein Nachschublager einrichten, das leicht zu beliefern war. Folglich hatte er gar nicht so viele Alternativen, was mir die Arbeit umso leichter machte. Die Kundschafter erhielten daher den Auftrag vor allem die Straßen und die größeren römischen Siedlungen zu überwachen...

    Aus Tarraco kam sie also. Dem Verwaltungssitz der Römer in Hispania, wie der Anführer wusste. Immer noch wurde sie von zwei Männern fest gehalten. "Hast Du irgendwelche Truppen gesehen?" Von der Familie der Tiberier hatte er noch nie gehört, der Begriff 'Villa' ließ ihn jedoch aufmerken. Vermutlich war die Sklavin eine ganze Menge Sesterzen wert. "Du bist Sklavin wofür?" Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie für die Gartenarbeit gekauft worden war.

    "Grundstellung. Ausfallschritt. Zustechen. Grundstellung." Es war eine eintönige Prozedur, doch man gewöhnte sich schnell daran. Wieviele Jahre übte ich mich schon darin? Ich wusste es nicht. Aber es interessierte mich im Grund auch gar nicht mehr.


    Nachdem ich genug geübt hatte, steckte ich mein Kurzschwert weg und begab mich zu dem kleinen Lager, welches wir auf unserem Marsch errichtet hatten. Einer meiner Männer blickte mich mit großen Augen an. Es war einer der Neuen.


    Wie lange ich schon das machen würde, wollte er wissen. Und ob ich bei den Legionen gewesen sei. Ich lachte, aber antwortete nicht. Vielmehr zeigte ich ihm auf, wieviel die Römer von uns übernommen hatten. Das Kurzschwert, das Gladius war hispanischer Abkunft. Die Technik des Speerwurfes wurde ebenfalls unter den iberischen Stämmen geübt, schon seit Jahrhunderten... Er verstummte.


    Dann nahm ich mir einen Bissen von dem Brot und spülte es mit Wein hinunter. Ich wollte früh schlafen, der morgige Tag würde anstrengend werden.

    "Sieh an. Mut hat sie, das muss man ihr lassen." sagte der Anführer und lachte. "Steck das Eisen weg. Sie wird Dich schon nicht umbringen." Dann blickte er in ihre funkelnden Augen, welche keinesfalls Angst oder Furcht ausdrückten. Für eine Sklavin war sie zu rebellisch, was auch erklärte, warum sie sich auf der Flucht befand.


    "Von wo bist Du entlaufen? Sprich..."

    Noch am selben Tag rückte ich mit einem Teil meiner Krieger aus der Basis aus. Der Krieg hatte begonnen und ich hatte nicht vor hier oben in den Bergen auf das Erscheinen der Legionen zu warten. Ich würde nicht hier sitzen und mich einmauern lassen, nein, die Römer würden alle Hände voll zu tun bekommen. Noch stand nicht fest, wer als Sieger aus der Geschichte gehen würde, folglich hatte ich alle Optionen in der Hand, und so lange ich handlungsfähig war, beinhaltete dies auch die Möglichkeit zur Aktion, die Möglichkeit zu agieren, statt nur zu reagieren. Mein Vorteil dabei war, dass ich im Gegensatz zu meinen Feinden, sehr genau wusste, wo sich die Truppen befanden. Für Meridius und die Römer hingegen war ich noch 'unsichtbar'. Sich hier und da zu zeigen, blitzartig zuzuschlagen und wieder zurückzuziehen, schien eine Möglichkeit, die Römer zu einer verzweifelten Jagd auf ein Phantom zu zwingen. Das Spiel konnte beginnen...

    Die Männer kamen in Windeseile näher und hatten die Frau erreicht, als sie erneut strauchelte und zu Boden fiel. Mit wenigen Handgriffen hatten sie die Sklavin überwältigt.


    Der Anführer der Truppe lächelte sie an. "Soso, eine entlaufene Sklavin! Woher kommst Du? Wohin willst Du?" Sie versuchte sich zu wehren, hatte jedoch keine Aussicht auf Erfolg. "Mach keine Schwierigkeiten, hörst Du..." sagte der eine und drückte ihr ein Messer an die Kehle um zu unterstreichen, dass sie keine Chance haben würde.

    Es war an einem schönen Morgen, als Kundschafter mir meldeten, dass die Römer gestern aus Numantia aufgebrochen waren. Es wären eine komplette Ala gewesen und auch die beiden Legionen hätten das Lager verlassen. "Seid ihr sicher?" fragte ich mit Nachdruck, denn auf Gerüchte legte ich nie besonders viel wert, auch wenn ich wusste, dass an den meisten Gerüchten immer ein Fünkchen Warheit war.


    Die Männer nickten mit dem Kopf. Sie selbst hatten es nicht gesehen, doch ein vertrauenswürdiger Mann habe es gemeldet. Die Reiter der Ala würden die Spitze des Zuges bilden, die Truppen befänden sich auf der Strasse nach Westen und würden sich wohl auf dem Weg nach Utarrae befinden.


    Es war, wie ich vermutet hatte. Utarrae - sicher. Dort hatte der Aufstand vermeintlicherweise begonnen, der Magistrat und Duumvir wurden ermordet, die Römer mussten dort hin, alleine schon um ein Exempel zu statuieren. Ich hätte an der Stelle von Meridius ebenso gehandelt.


    "Nehmen sie den direkten Weg?" fragte ich erneut mit Nachdruck. Aber das konnten die Männer unmöglich wissen. "Achtet jedenfalls darauf, dass sie den direkten Weg nehmen und lasst es mich wissen, was sie machen. Meldet mir jede Kleinigkeit!"


    Ich erhob mich und rief meine Offiziere zusammen. Der Krieg hatte jetzt endlich begonnen. Die Phase des Abtastens war vorbei. Wir hatten den Winter genutzt, uns maximal vorbereitet, alles andere wäre tödlich gewesen, doch auch jetzt war unser Schicksal unklar. Doch wusste ich, wir hatten alles menschenmögliche getan. Der Rest lag bei den Göttern.

    Ein Späher hatte eine entlaufene Sklavin entdeckt. Dass es eine Sklavin sein musste war ihm sofort klar. Sie lief geduckt, abseits der Straßen und Wege und hielt sich immer in der Nähe von Gebüschen und Wäldern.


    "He, kuck mal." sagte er zu seinem Kameraden, der in die selbe Richtung blickte und dann grinste.


    "Wir könnten ihr einen Besuch abstatten. Sollen wir?"


    Er nickte mit dem Kopf. Es war gut möglich, dass sie etwas über Truppenbewegungen wusste. Vielleicht war sie sogar irgendwelchen Römern über den Weg gelaufen. Sie mussten sie zumindest ausfragen. Langsam setzten sich die Männer in Bewegung, gaben das Signal für 'Kontakt' an die anderen weiter. Die Reiter brachen mit ihren Pferden aus dem Gebüsch und galoppierten in die angegeben Richtung. Tatsächlich, die Frau war alleine und sie schien überrascht...

    Der Winter war stärker als erwartet über Hispania hereingebrochen und hatte länger gedauert, als ich erhofft hatte. Die Legionen Roms waren folglich gerade lange genug aufgehalten worden, um unseren Bemühungen in die Hand zu spielen. Als das Tauwetter einsetzte, hatte ich meine Truppen verdoppelt und die Monate genutzt die Männer im Umgang mit der Waffe zu üben. Immer mehr Dörfer und Städte schlossen sich unserer Erhebung an. Die Bergstämme waren die ersten, die Kelten schlossen sich ebenfalls an.


    Ich blickte dennoch mit Sorge in die Zukunft. Unsere Informanten hatten gemeldet, dass die römischen Truppen um eine Legion aus Germanien verstärkt worden waren. Decimus Meridius wollte anscheinend kein Risiko eingehen und würde - so schätzte ich ihn ein - auch auf dem Schlachtfeld vermutlich vorsichtiger agieren. Ein Draufgänger wäre mir unter diesen Umständen lieber gewesen. So mussten wir uns etwas anderes einfallen lassen.


    Hispania. Wie lange war meine Heimat schon von den römischen Truppen besetzt? Ich sah meine Kinder an, das Lachen auf ihrem Gesicht, und als meine Gefährtin ihre Hand sanft in meinen Nacken legte, wusste ich, dass es Zeit war meinem Volk die Freiheit zu bringen.


    Was hatte Hispania mit Rom zu tun? Warum mussten Iberer und Kelten Steuern an dieses Dorf in den Sümpfen am Tiber zahlen? Warum sollten Iberische Männer wie Meridius und viele andere in den Legionen kämpfen, fernab der Heimat, in den Wäldern Germaniens, oder in den Wüsten Judäas? Die Römer vergossen das Blut meines Volkes, in der Legion, in den Arenen, in den Berwerken und auf den Feldern - und lachten dazu.


    Das musste ein Ende nehmen.

    Ich blickte auf die Szenerie. Die einen hatten Glück, die anderen Pech. Die Götter entschieden, wer zu sterben und zu leben hatte. Unterdessen, während das Losen weiter ging, wurden die Balken zusammen getragen, aus denen die Kreuze gebaut werden sollten. Vierzig Kreuze, achtzig Balken.


    War ich herzlos, wie der Römer sagte? Ich verneinte den Gedanken. Ich hatte erlebt, wie die Römer an einem einzigen Tag mehrere Tausend Menschen an das Kreuz schlugen und im selben Atemzug von der Pax Romanorum sprachen.


    "Mach, dass das schneller geht!"


    sprach ich zu dem Hauptmann.


    "Wir wollen morgen wieder abrücken..."


    Er nickte mit dem Kopf, warf die Steine weg, und pickte sich aus den letzten vier zwei Soldaten raus.


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    "Du da! Nach vorne!"

    Der Hauptmann ging durch die Reihe der Gefangenen und sah sich alle an. Dann trat er wieder zu mir.


    "Vielen von den Gefangenen sind verwundet. Sollen wir das berücksichtigen, oder wirklich stur nach Los durchgehen?"


    Ich blickte ihn an und meine Stimmer klang so hart, dass ich sie selbst nicht wiedererkannte.


    "Es soll das Los entscheiden. Ich will mich nicht schuldig machen und eine Entscheidung treffen. Es liegt bei den Göttern wer sterben, und wer leben soll..."


    "Ja, mein General."


    Er winkte einem anderen Offizier, der mit zwei Steinen wiederkam. Einem weißen Stein und einem Schwarzen. Dann ging er zu den Soldaten, teilte sie immer paarweise ein, so dass sie zu wählen hatten. Einer würde den weißen, der andere den schwarzen Stein ziehen...


    Er trat vor die ersten beiden.
    Das Los wurde gezogen.
    Ein Junger seufzte auf, er war gerade 20 Jahre alt.


    Dann trat er vor die nächsten beiden.
    Das Los wurde gezogen.
    Wieder schrie einer auf.


    ...

    Ich blickte den Centurio nur an, sagte aber nichts mehr. Zu meinem Hauptmann sprach ich:


    "Jeder zweite wird gekreuzigt! Die Römer sollen, wenn sie diese Stadt erreichen niemals vergessen, dass das Schwert, dass sie selbst über andere Völker brachten, eines Tages auch über sie kommen wird. Das was sie sähten, werden sie ernten!


    Und schafft mir die Leute hier weg. Sie sollen in ihre Häuser gehen. Ich habe sie nicht verschont und befreit, damit sie hier einen Volksauflauf veranstalten..."


    Der Hauptmann nickte mit dem Kopf.

    Der Mann hatte Mut und das musste ich bewundern. Dennoch schüttelte ich seinen Arm ab und blickte ihn an.


    "Schon genug Blut vergossen? Das sagst Du? Ein Römer?"


    Ich konnte es kaum glauben.


    "Ich kenne die Römer. Ich habe in der römischen Armee gedient. Ich weiß wie sie kämpfen, ich weiß wie sie reagieren. Ich weiß, wie sie mit Gefangenen umgehen. Und ich weiß wie sie tausende von Menschen ohne mit der Wimper zu zucken an einem Tag ans Kreuz schlagen können. Hast Du schon einmal diesen Anblick gesehen? Ich habe es! Und es ist die einzige Botschaft, welche die Römer verstehen. Varus gib mir meine Legionen zurück! Das ist die einzige Sprache, die sie verstehen..."


    Ich hatte mich entschlossen.