Beiträge von Sertorius

    Im Lager angekommen gab ich den Männern Anweisung sich bereit zu machen. Dann ging ich in mein Zelt und setzte mich an einen kleinen Kartentisch.


    "Hier und hier sind also überall unsere Truppen. Und der Rest der Legion steht in Tarraco? Wie lange werden sie brauchen, bis sie hier sind? Ich denke, den Meldereiter habt ihr nicht geschnappt, auch wenn ich vorhin was anders gesagt habe..."


    Mein Reiterführer nickte mit dem Kopf.


    "Sollen wir gleich angreifen?"


    "Nein. Aber haltet sie in Bewegung. Sorgt für Unruhe, und noch wichtiger, bringt Unruhe in die Stadt. Du verstehst?"


    Er nickte erneut mit dem Kopf.


    Nach einer langen Nacht in der beständig Brandpfeile auf die Stadt niederprasselten ritt im Morgengrauen ein Reiter vor der Stadt auf und ab und rief auf Lateinisch und Iberisch der Bevölkerung folgende Botschaft zu:


    "Römer! Iberer! Bürger von Numantia! Öffnet die Tore! Streckt die Waffen und es wird Euch nichts geschehen. Unser General garantiert Euch Euer Leben und Eure Sicherheit! Es wird Euch nichts geschehen! Streckt die Waffen! Öffnet die Tore! Ergebt Euch und es wird Euch nichts geschehen! Ihr könnt nicht gewinnen!"


    Dann hob er demonstrativ den abgeschlagenen Kopf eines Römers in die Höhe und ritt in Sichtweite auf und ab.

    "Kriege gewinnt man nicht durch Worte. Und auch nicht, wenn man sich auf andere verlässt. Du solltest Dich daher vielmehr um das Wohl dieser Stadt und Deiner Männer sorgen. Sie und ihre Familien haben nichts davon, wenn sie wegen nichts fallen, denn ihr könnt hier nicht gewinnen. Und was die Legion betrifft: Den Meldereiter, den Du abgeschickt hattest haben wir gefangen. Willst Du seinen Bogen sehen?"


    Ich blickte ihn an.


    "Wie auch immer, bis die Legion hier eingetroffen ist, wird diese Stadt nicht mehr stehen."


    Ich nickte mit dem Kopf und wendete mein Pferd. Mit vollem Galopp preschte ich ins Lager zurück.

    Der junge Offizier schien Mut zu haben, denn er lenkte das Gespräch sofort auf das eigentliche Thema.


    "Was hat eine römische Armee im freien Hispania zu suchen?"


    Ich blickte ihn gleichfalls direkt an.


    "Doch genug davon. Rom hat nie gefragt und auch nie debattiert. Du hast vollkommen Recht, kommen wir zu dem Anlass unseres Zusammentreffens."


    Ich blickte ihn an und zeigte dann mit einer Handbewegung auf Numantia.


    "Ich will diese Stadt. Ihr könnt die Tore öffnen und Eure Waffen strecken und ich lass Euch alle am Leben. Ihr könnt abziehen und keinem wird etwas geschehen. Ihr könnt aber auch kämpfen. Nur werdet ihr dann mit Sicherheit sterben und ich bekomme die Stadt auch so. Wie sieht es also aus?"

    Der junge römische Offizier schien nicht sehr gesprächig und war mit seiner Rolle in dieser Geschichte offensichtlich nicht sehr zufrieden. Ich blickte ihn kurz an und sprach ihn dann nachdem er meinen Gruss erwiedert hatte direkt an.


    "Wie geht es dem Tribunen, oder warum schickt er einen Centurio? Ich hoffe doch er ist noch am Leben..."

    Man meldete mir, dass der Römer bereits zwischen den Linien auf mich wartete. Also trat ich aus dem Zelt, wusch mir über einer Schale Wasser noch schnell das Gesicht, trank einen Schluck Wein und bestieg mein Pferd. Als Begleitung wählte ich meinen Reiterführer und gemeinsam trabten wir gemütlich in Richtung der Römer. Dort angekommen hielten wir an. Ich blickte den jungen Offizier direkt an und versuchte ihn einzuschätzen.


    "Meine Herren..."


    Ich grüsste militärisch, wie es Sitte war.

    Der Reiter nickte mit dem Kopf, wendete sein Pferd und ritt langsam aus der Stadt in Richtung unserer Reihen zurück. Bei uns angekommen antworte er trocken:


    "Er wird kommen. So weit ich sehen konnte ist es wirklich nur eine Kohorte. Und sie haben nicht einmal einen Tribunen. Der Mann mit dem ich gesprochen habe war ein Centurio."


    "Ich danke Dir."


    Ich überlegte kurz. Dann lächelte ich zufrieden.

    Der Reiter hielt vor dem römischen Offizier an, der offensichtlich hier das Kommando hatte.


    "Salve, Tribun. Ich komme mit einer Botschaft von meinem General. Er möchte mit Dir verhandeln, wenn es möglich ist. Draussen vor dem Stadttor, zwischen den Reihen, je einen Begleiter."

    Es war so weit. Ich hatte nicht vor, die Stadt mit Blutvergießen zu überziehen, denn die hispanischen Städte von der Knechtschaft der Römer zu befreien waren wir ja ausgezogen. Warum sollten wir also das Blut von iberischen Brüdern vergießen? Auch wenn sehr viele von ihnen das römische Bürgerrecht besassen, doch was hieß das schon. Mein Vater hatte selbst in den Legionen gedient.


    "Schickt einen Unterhändler an das Südtor der Stadt. Er soll den Römern ausrichten, dass ich mit ihnen sprechen möchte..."


    "Ja, Sertorius."


    Wenig später ritt ein Mann mit einer weißen Fahne in Richtung des Tores. Auf römisch rief er:


    "Nicht schießen! Ich habe eine Botschaft für den Kommandeur!


    Ich war mir nicht sicher, wie die Römer darauf reagieren würden.

    Als sie näher an den Reiter herankamen, drehte sich dieser plötzlich auf seinem Pferd im Sattel um und begann Pfeile abzuschießen. Ein zwei traffen, wenn auch - wegen der dunklen Verhältnisse - nicht richtig.


    "Verdammt! Was macht der da vorne. Das ist doch kein Römer!"


    "Wir müssen ihn dennoch kriegen!"


    Die Männer holten das letzte aus ihren Pferden heraus.

    Als die Verfolger merkten, dass der Abstand wieder größer wurde, wechselten auch diese ihre Pferde und gaben noch mal alles. Jetzt hieß es alles oder nichts, Sieg oder Niederlage, einholen oder verlieren. Zwei der Reiter mussten bereits mit erschöpften Pferden aufgeben, dennoch waren es noch etwas mehr als zehn Mann, die sich an die Verse des Römers gehängt hatten. Bedrohlich kamen sie Meter um Meter näher, sie peitschten sich gegenseitig an, riefen sich ermunterende Worte zu, sahen ihre Beute schon vor sich.

    *zisch*


    Ein brennender Pfeil zog seinen Bogen durch die Luft. Dann noch einer und wieder einer. Wir hatten begonnen die Stadt systematisch aus allen Richtungen zu beschießen. Die Nacht könnte für die Männer in der Stadt lange werden. Vor einem Ausfall wähnten wir uns sicher, wir wussten, dass die Römer in der Unterzahl waren, schließlich hatten sie die offene Feldschlacht nicht angenommen und auch ihr eigenes Lager aufgegeben.

    Die Verfolger beschleunigten das Tempo und holten alles aus den Tieren heraus. Wozu sollten sie dem Reiter bis nach Tarraco nachreiten, wenn sie ihn auch früher abfangen könnten? Das Risiko, dass die Pferde dabei dem Kollapps nahe kamen, konnten sie ohne weiteres eingehen. Schon nach wenigen Minuten konnten sie ihn in der Ferne sehen...

    Ein Trupp Reiter hatte die Verfolgung des Boten übernommen. Sie ritten wie der Henker und hatten wenigstens den Vorteil, dass sie wussten, wohin er wollte.


    "Seht zu, dass ihr ihm den Weg nach Celsa abschneidet. Er wird sicher versuchen über die gebaute Brücke nach Tarraco zu entkommen. Ich will, dass ihr ihn fangt und seinen Kopf hier abliefert!!!!"


    Die Männer hatten genickt und sich sofort auf den Weg gemacht. Rastlos ritten sie auf ihren Pferden, jeder führte noch ein zweites Reservepferd mit sich, seine Spur hatten sie schnell aufgenommen. Er hatte maximal zwei Minuten Vorsprung.

    Die Aufklärungseinheit hatte sehr schnell erkannt, dass es sich bei dem Zug Lichtern nur um Rinder handelte, die aus der Stadt getrieben wurden. Mit den Lichtern an den Hörnern stoben sie führungslos und wild brüllend mal hier mal da hin und verursachten ein gewaltiges Chaos, welches nichts mit einer Legion zu tun hatte. Mir war zwar nicht klar, was die Römer damit bezwecken wollten, doch nachdem unsere Reiter die Tiere zusammengetrieben hatten, kam uns das Abendessen gerade recht. Es würde an diesem Abend und auch in den kommenden Tagen frisches Fleisch für die Krieger geben.


    "Die Götter müssen uns gnädig sein, sie haben uns den Proviant der Römer direkt in die Arme getrieben..."


    Die Wachen meldeten unterdessen dass ein Reiter die Stadt verlassen habe. Ein Trupp nahm die Verfolgung auf.


    "Und was wird mit der Stadt?"


    fragte einer der Hauptmänner.


    Ich gab Anweisung sie zu umschließen, überall Wachen aufzustellen und einen Teil der Streitmacht immer kampfbereit zu halten, damit die Römer nach dem langen Marsch keine Ruhe finden würden.


    "Beschießt die Stadt rund um die Uhr mit Brandpfeilen. Und sorgt dafür, dass die Römer mal hier mal da was zu tun bekommen."


    Der Hauptmann nickte. Unterdessen ritten einige der keltischen Krieger mit Fackeln in der Hand vor dem Lager auf und ab und brüllten den Verteidigern ihren Hass entgegen. An den Satteln baumelte nicht selten ein Kopf der Legionäre, die beim Holzschlagen niedergemacht worden waren.


    http://www.slitherine.co.uk/Le…ltCav2_WarriorCeltWar.jpg

    Unsere Streitmacht hatte etwa eine halbe Meile vor dem römischen Lager angehalten und sich formiert. Statt dass sich die Römer jedoch zur Schlacht aufstellten, zogen sie sich in die Stadt zurück. Das war für mich das Zeichen, dass sie sich in der Unterzahl wähnten und eine offene Feldschlacht auf alle Fälle vermeiden wollten. Ihr provisorisches Lager hatten sie aufgegeben, sie zogen sich in die Stadt zurück und stellten sich offensichtlich auf eine Belagerung ein.


    Ich gab umgehend meinen Reitern die Anweisung rund um die Stadt Wachposten zu postieren und Patrouillen einzusetzen. Unterdessen bezogen wir das halbfertige Lager der Römer und stellten es größtenteils fertig, während die Hälfte der Männer zur Sicherung in Schlachtformation blieb.


    "Die Römer sind in der Stadt, General. Was sollen wir tun?"


    Ich überlegte. Für eine Belagerung war keine Zeit, bis die kleine Kohorte ausgehungert sein würde, wäre der Entsatz längst da. Also blieb nur eine Aktion noch in dieser Nacht. Die Legionäre mussten von dem langen Marsch müde sein, sie hatten ein Lager fast fertiggestellt und sich dann in die Stadt zurückgezogen, sie fühlten sich in der Unterzahl, waren müde, erschöpft und würde mit Sicherheit kein Auge zubekommen.


    "Wir werden sie beschäftigen und im richtigen Moment zuschlagen. Beschäftigt sie rund um die Uhr und seht zu, ob man irgendwie in diese Stadt reinkommen kann. Die Befestigungen sind minimal, die Besatzung ist unterbesetzt, die Bevölkerung eingeschüchtert..."


    Der Hauptmann nickte.


    "Und wie kriegen wir die Palisaden klein?"


    "Nehmt einfach Holz. Hier liegt ja genug rum. Die Römer haben uns die Rammböcke frei Haus geliefert".


    In diesem Moment trat ein Reiter zur Lagebesprechung.


    "Sertorius, da kommen Lichter am hinteren Stadttor. So wie es aussieht bewegt sich was..."


    "Schick eine Aufklärungseinheit hin. Wenn sich die Römer über die Hintertüre absetzen wollen, dann nicht mit uns."


    "Jawohl General."

    "Vorwärts! Formationen schließen! Schneller! Schneller!"


    Die Rufe der Anführer erschallte in dem kleinen Tal vor Numatia, als aus dem Wald die Streitmacht der keltischen und iberischen Krieger hervorbrach und sich in etwa einer Meile Entfernung vor dem entstehenden Lager der Römer formierte. Die Überraschung war vollkommen gelungen, die Römer hatten nicht damit gerechnet und die zur Erkundung ausgesandten Reiter hatten die Männer im Wald offensichtlich nicht entdeckt.


    Das Tröten der Hörner erschallte, die Soldaten begannen furchteinflössend zu schreien und mit den Schwertern und Speeren gegen ihre Schilde zu schlagen.


    "Nieder mit den Römern! Tod den Römern!"


    erklang es aus allen Kehlen und die etwa 3000 Krieger gingen gedeckt durch Kavallerie an den Flügeln in einen langsamen Trab über. In etwa zeitgleich stürzte sich ein Voraustrupp auf einen kleinen Trupp von römischen Legionären, die dabei waren, für den Bau des Lagers Holz zu schlagen.


    http://www.slitherine.co.uk/Le…mans_ConcImpRomeAtWar.jpg

    Wir kamen nur langsam vorwärts. Ich wollte nichts dem Zufall überlassen und ließ in alle Richtungen Reiter ausschwärmen. Wenn ich schon die Möglichkeit erhalten hatte, mich den Römern von hinten zu nähern, dann wollte ich den Stich auch richtig setzen und nicht nur einfach irgendwie. Vermutlich hatten sie bereits Numantia erreicht. Was würden sie tun? In der Stadt ihr Lager aufschlagen? In diesem Fall würden wir die Stadt einschließen und versuchen bei Nacht einzudringen. Und wenn sie vor der Stadt ihr Lager erreichten würden? Dann würde ihnen das selbe Schicksal bevorstehen.


    Die Männer waren angespannt, aber auch tatendurstig. Sie schwiegen, hin und wieder lachte einer, und das gleichmäßige Wiegen der Pferde erinnerte mich an die alten Tage. Wieviele Meilen hatte ich im Sattel verbracht für dieses elende Imperium. Nun gut, jetzt galt es dafür die Rechnung auszustellen.


    "Männer, es ist nicht mehr weit! Bald haben wir sie vor uns, und dann, dann schreiben wir eine neue Geschichte!!"


    Die anderen nickten.


    Unterdessen erreichte mich ein Meldereiter, welcher besagte, dass der Feind gesichtet worden sei. Die Römer stünden vor Numantia und hätten mit dem Bau eines Lagers begonnen. Es ging los.

    Ich hatte mit meinen Männer Numantia in Richtung Nordosten verlassen und war dann in einem weiträumigen Bogen nach Südosten geschwenkt. Unser Ziel war es, die Nachschubverbindung der Legion zu unterbrechen und so den Vormarsch aufzuhalten. Als wir die Hauptstrasse erreichten mussten wir jedoch feststellen, dass offensichtlich gar keine Verbindung nach hinten bestand, da die Truppe den Proviant für die komplette Strecke mit sich führte. Ich stand vor einem Rätsel.


    Was hatten die Römer vor? Dachten sie, sie könnten bis nach Uttarae in einem Gewaltmarsch vordringen und dann für Ruhe sorgen, bevor der Winter einbrach? Offensichtlich ging die Armeeführung davon aus, dass es sich nur um lokale Unruhen handelte. Und offensichtlich hatten sie auch nicht die komplette Legion, sondern nur einen Teil auf den Weg geschickt.


    "Wir marschieren in Richtung Numantia!"


    sprach ich zu meinen Unteroffizieren und übernahm die Vorhut. Das ganze gefiel mir nicht ganz, denn noch konnte ich nur erahnen, was wirklich los war, aber sollte ich Recht behalten, dann würden wir nur eine kleine Streitmacht von maximal zwei bis vier Kohorten vor uns haben. Meine Stimmung wurde schlagartig besser.

    Ich hatte mich entschlossen, die Römer vorerst im Dunkeln zu lassen. Ich gab meinen Männern den Befehl zur Hauptstreitmacht zurückzureiten und nördöstlich von Numantia Stellung zu beziehen.


    Wenn die Römer südlich an uns vorbeimarschieren würden, könnten wir ihre Flanke und ihren Nachschub bedrohen, würden sie statt dessen unsere Position auskundschaften, würden sie auf uns zumarschieren müssen und hätten damit nicht die Möglichkeit Numantia direkt zu erreichen.


    Ich war mir noch nicht sicher, mit wievielen Römern wir es zu tun hatten, jedoch hatte ich schnell erkannt, dass es nicht die komplette Legion sein konnte. Auf der einen Seite passte das für uns ganz gut, denn so stiegen unsere Chancen, auf der anderen Seite lief das unseren Plänen in Tarraco entgegen. Ich würde einen Späher schicken müssen um genaue Auskunft zu erlangen.