Beiträge von Aemilia Faustina

    Nachdem Iulia herumgehüpft war und ganz angestrengt über die Bedeutung von quid pro quo nachgedacht hatte, nickte sie ihrem Großvater zu. "Ich geh jetzt zu Mama und erzähle ihr von quid pro wo. Und am Nachmittag gibts eine Opa-Geschichte!" Die gleichwertige Gegenleistung oder gutes Benehmen gingen zum einen Ohr rein und wieder raus - selektives Kleinkindgehör wohl...


    Vom Gang her konnte man bereits Irene, die Kinderfrau und Faustina, ihre Mama hören. Faustina war aufgeregt und bemühte sich nicht zuviel Zorn an der Kinderfrau auszulassen, die ebenfalls nicht mitbekommen hatte, wie die kleine Iulia ausgebüchst war. Antigonos hatte einen Sklaven zu Faustinas Cubiculum geschickt, damit sie das Kind holen konnten. Die Kinderfrau trottete hinter Faustina schweigend und mit gesenktem Kopf her, um nicht noch mehr den Zorn ihrer Herrin herauf zu beschwören.


    Faustina wartete kurz, bis Antigonos sie ebenfalls hereinwinkte, nachdem ihr Vater angezogen war. "Guten Morgen, Vater. Bitte verzeih die Störung. Ich komme um Iulia einzusammeln. Sie hat sich wohl noch vor dem ersten Hahnenschrei davon gestohlen." Sie wusste, dass ihr Vater generell früh aufstand, aber es war erst kurz nach Sonnenaufgang und sie hatten alle noch sehr verschlafene Gesichter. Lepidus sah allerdings so aus, als wäre er schon halb auf dem Weg zu seinem Tagewerk und so schnappte sie sich das Kind, damit sie nicht weiter im Weg standen.


    "Es ist Zeit für Iulias Griechischstunde mit der Kinderfrau. Möchtest du mit uns zu Mittag essen oder sehen wir dich zur Cena, Vater?" Bei der Erwähnung von Griechisch versuchte sich das Kind direkt aus Faustinas Griff zu winden, aber diese hielt stand. Faustina hatte extra eine griechische Kinderfrau besorgt, damit Iulia Griechisch schon früh lernte. Bisher hatte sie allerdings wenig Begabung oder Interesse daran gezeigt.

    Das kleine Mädchen beendete das Geheule so schnell wie es gekommen war bei der Aussicht auf Aufmerksamkeit durch den Großvater. Nachdem Lepidus ihr die Tränen getrocknet hatte, strahlte sie auch gleich wieder wie ein Regenbogen nach einem Schauer. "Quid..pro wo?" schaute sie den alten Mann fragend an. Etwas lernen hm?


    Bevor der Opa noch antworten konnte, hopste der kleine Wirbelwind auch schon wieder vom Bett und hüpfte auf einem Bein durch den Raum. "Schau Opa...das hab ich gelernt. Sind wir jetzt quitt und wo?"

    Die Feinheiten des Totstellens gingen an der knapp dreijährigen Iulia leider total vorbei und nachdem das Mädchen bisher total von ihrer Mutter verhätschelt wurde und keine männlichen Respektspersonen kannte, machte sie genau das, was sie auch oft mit Faustina machte - sie früh mit irgendwelchen Albernheiten aus dem Schlaf zu reißen. Auch Grenzen kannte die kleine Iulia nur sehr bedingt und die harsche Reaktion des Opas überraschte und verängstigte das Mädchen.


    Noch immer hielt sie Lepidus ihre Puppe entgegen, aber schon wellten sich große Krokodilstränen in Iulias Augen, da sie nicht so recht verstand, warum der Opa jetzt böse war. "Können wir Puppen spielen, Opa?" Die Frage war quasi rhetorisch, da eine negative Antwort definitiv zu Geheule führen würde, aber das Mädchen war noch nicht verunsichert genug das Projekt Puppen spielen ganz aufzugeben

    Aemilia Iulia (NPC)


    Es war bereits die Sonne aufgegangen, aber im Haus war es noch sehr ruhig. Iulia hatte ihren Opa schon eine Weile nicht mehr gesehen und stolperte von Zimmer zu Zimmer im Teil des Hauses, wo die Schlafzimmer lagen. Nach einer Weile war sie beim größten Zimmer angekommen und mit ein bisschen Strecken schaffte sie es die Tür zu öffnen und dann ins Zimmer zu poltern. Anscheinend schlief der Opa noch, also stakste das kleine Mädchen auf das Bett des Großvaters zu und streckte dem schlafenden Großvater triumphierend ihre Puppe mitten ins Gesicht. "Ooooopa, schau!" rief das Kind dem Großvater direkt ins Ohr. Sie hatte erst kürzlich das Wort Opa und dessen Bedeutung gelernt und führte es nun stolz zusammen mit der Puppe vor. Von Faustina fehlte jede Spur. Ob sie noch schlief und sich das Kind davongeschlichen hatte?

    Auch Faustina applaudierte dem Paar, nachdem der Eid geleistet wurde. Sie wollte die Gratulation schnell hinter sich bringen und wartete daher nicht allzu lange auf eine Gelegenheit zum Brautpaar vorzudringen. Sie passierte dabei einige der Gäste wie den parfürmierten schwarzhaarigen Mann in rosa Seide, der mit einem weiteren dunkelhaarigen Mann zusammen stand und einen soldatisch wirkenden Mann.


    Als sie beim Brautpaar angekommen war, nickte sie zuerst dem Senator und dann seiner reizenden Ehefrau zu. Zur Abwechslung war ihr Lächeln wirklich freundlich und warm, nicht nur eine höfliche Maske. Die beiden waren ein entzückendes Paar und Hochzeiten rührten die Patrizierin.


    "Salve, Senator Annaeus und Iulia Stella. Im Namen meines Vaters Gaius Aemilius Lepidus überbringe ich euch Glückwünsche und Geschenke. Mögen die Götter euch mit vielen kräftigen Söhnen und tugendhaften Töchtern segnen."


    Faustina hatte ihr Sätzchen aufgesagt und gab dann auch noch dem Germanen ein Zeichen die Geschenke auf dem Tisch abzulegen. Auch wenn es ein Pflichtbesuch war, so hoffte sie, dass Stella und Florus die Geschenke mochten, die sie ausgesucht hatte. Sie verweilte nicht lange, da sie anderen Gratulanten nicht im Weg sein wollte. Falls das Paar das Gespräch suchen wollte, wäre bei der Cena noch genug Zeit.


    Im schneeweißen Leinen eingeschlagen waren ein Goldfolienflacon mit Myrtenöl und ein silberner Henkelbecher mit einem Pferd als Motiv. Beides war sorgfältig ausgewählt von Faustina persönlich, da Myrten die liebste Blume der Venus ist.

    Sie war schon seit Jahren nicht mehr in der Gesellschaft Roms unterwegs gewesen, aber nachdem ihr Vater nicht mehr so gut zu Fuß war und ihre Brüder keine Zeit hatten bzw. nicht in Rom weilten, blieb es nun an ihr hängen die Familie bei der wohl Hochzeit des Jahres zu vertreten. Sie hatte sich stundenlang von der Ornatrix quälen lassen, die ihr Haar gelockt und einen Teil davon hochgesteckt hatte. Mit einigen Haarnadeln hatte sie ein kostbares Diadem aus vergoldetem Silber und mit Perlen besetzt auf dem Kopf befestigt und sie dann in ein Ensemble in Himmelblau gesteckt, das ihre Augen und Haarfarbe perfekt zur Geltung brachte. Ein wenig Schminke und Gladiolenparfum rundeten das Erscheinungsbild ab.


    Früher als Mädchen hatte sie diese langen Sitzungen mit der Ornatrix geliebt, aber heute fand sie das nur noch eine Qual. Aber was sein musste, musste eben sein. Sie setzte ein perfektes Lächeln auf, als sie die Domus Iulia betrat gefolgt von ihrem grobschlächtigen germanischen Leibwächter, dessen Namen sie sich nicht merken konnte. Dieser trug in schneeweißes Leinen gewickelte Präsente für den Bräutigam und die Braut, die sie bei passender Gelegenheit übergeben würde, damit diese morgen von den frisch gebackenen Eheleuten ausgepackt werden konnten. Sie hatte zwei besondere Gegenstände ausgesucht, da man ja nicht knauserig sein durfte bei so etwas - es ging ja um das Prestige ihres Familiennamens.


    Faustina war anscheinend ein wenig spät dran und ein Teil der Zeremonie hatte bereits begonnen. So leise wie möglich gesellte sie sich zu der Gruppe der Gäste, wo ihr bereits eine Wolke aus Rosenparfüm entgegenschlug. Der Mann, der sich in diese Wolke hüllte, stach auf jeden Fall aus der Menge der Gäste hier heraus. Sie lächelte jedem freundlich zu, der sie bemerkte, auch wenn sie bisher kein bekanntes Gesicht entdeckte.

    Faustina langweilte sich ein wenig und beschloß die Bibliotheca aufzusuchen, nachdem Iulia ein Mittagsschläfchen unter der Aufsicht der Kinderfrau Irene machte. Schon in Tarentum hatte sie diese stillen Stunden genossen und für sich genutzt. Mit dem Kleinkind hatte sie selten Langeweile, was nur dazu führte, dass sie Tage sich nicht sinnlos und langweilig dahinzogen so wie das früher manchmal der Fall war. Die leeren und stillen Stunden hatten nun einen Wert und konnten geschätzt werden, wo sie rar waren. Sie wünschte Vater oder Pius wären hier, dann hätten sie vielleicht plaudern oder debattieren können - eine Tätigkeit, die sie früher nie interessiert hatte.


    Da sie aber alleine hier war, untersuchte sie die Regale mit den Schriftrollen. Vielleicht würde sie etwas Unterhaltsames zu lesen finden? Vielleicht etwas Griechisches? Ihr Griechisch war ein bisschen rostig, aber Lesen half da ja in der Regel. Sie untersuchte die griechischen Schriftrollen, aber sie fand nur Tragödien, die sie bereits kannte. Alkestis, Medea, Andromache...tragische Heldinnen. Als Jugendliche fand sie Alkestis und Andromache so romantisch, doch heute verstand sie Medea wesentlich besser als damals. Ein gebrochenes Herz und ein treuloser Mann konnten die nobelste Frau in die Verzweiflung treiben.


    Vielleicht doch nichts Griechisches...an Verzweiflung und untreue Männer wollte Faustina nun wirklich nicht denken. Sie strich sanft über das Holz der Regale und schaute sich die römischen Werke genauer an. Auf den ersten Blick sah sie viel Prosa, aber sie wusste, dass da noch mehr sein musste. Ganz am Ende des Regals fand sie auch einige Rollen mit Dichtung. Sie zog eine davon heraus und las den Namen des Authors - G. V. Catullus. Sie kannte den Namen nicht, aber es schien sich um Gedichte zu handeln, also nahm sie die Rolle zu der Leseecke mit und machte es sich bequem. Lange würde sie nicht lesen können, bis Iulia aufwachte, aber kurze Gedichte waren dafür ideal.

    Faustina war bereits einige Tage im Haus, ehe sie sich dazu durchrang das Lararium aufzusuchen. Ob ihr Vater immer noch so regelmäßig hierher kam? Wahrscheinlich schon, schätzte sie. Nach Neros Geburt war sie auch oft hier gewesen, aber nie zeitgleich mit ihm. Sie wollte alleine hier sei, mit Mutter und mit ihren Gedanken. Heute hatte sie aber auch die kleine Iulia mitgebracht. Sie spürte den Verlust einer Großmutter nicht, die sie nie gekannt hatte. Für einige Minuten starrte sie die Totenmaske ihrer Mutter an.


    Seit Iulias Geburt fragte sie sich immer wieder, ob es besser ist nicht zu lieben und dafür nicht verletzt zu werden oder so unglücklich wie ihr Vater zu sein, so unglücklich wie Pius und auch sie selbst. Als Iulias Vater sie verlassen hatte, als er von ihrem Zustand erfuhr, dachte sie ihr Herz würde zerspringen. Aber je älter das Kind wurde, desto mehr Glück und Freude brachte sie in Faustinas Leben zurück. Ob Mutter stolz auf sie wäre und die kleine Iulia lieben würde? Sie hatte sich in den letzten Jahren sehr verändert. Sie war nicht mehr ganz so besessen von Kleidern und Schmuck. Sie hatte viel gelesen in den einsamen Stunden in Tarentum und viel nachgedacht. Sie wollte ein Vorbild für ihre Tochter sein, auch wenn man sie für den Fehltritt verachten sollte.


    Iulia begann sich schön langsam zu langweilen, da sie anscheinend schon eine ganze Weile nun hier saß. Sie nahm das Kind auf den Arm und zeigte ihr die Totenmaske ihrer Großmutter und auch den Schrein für die Lares und Penates. Sie opferte ein wenig Obst und Brot und band noch ein kleines Sträußchen Blumen für den Schrein ihrer Mutter. Iulia hatte die Blumen im Garten gepflückt für ihre Großmutter. Als das erledigt war, ging Faustina mit Iulia auf dem Arm zurück ins Atrium für ein ordentliches Frühstück.

    Sie schloß instinktiv kurz die Augen bei der herzlichen Berührung ihres Vaters. Sie hatte die beiden Männer mehr vermisst, als sie sich eingestehen wollte. Sie nickte ihrem Vater zu und machte sich dann mit Pius, der die kleine Iulia trug, auf zu ihrem Cubiculum. Sie würde auf ihren Vater hören und die Füße still halten. Vielleicht hatte Lepidus ja einen guten Plan? Wo er wohl hin musste? Sie würde ihn fragen, wenn er wieder da war.


    Als sie mit Pius in ihrem Cubiculum ankam, nahm sie ihm die Kleine aus den Armen und steckte sie in das bereits herbeigeschaffte Kinderbett. Die griechische Kinderfrau hatte bereits ihre Sachen ausgepackt und würde sich um die Kleine kümmern, während Faustina sich etwas zu essen bringen ließ und auch bald schlief.

    Pius war immer besser darin gewesen, die Stimmungen ihres Vaters zu erfassen. Faustina mochte ein Abbild äußerlich von ihrer beider Mutter sein, aber Pius hatte alles Gute ihrer Mutter geerbt. Wo Faustina wankelmütig und oft wie ein Löwe mit einem Dorn in der Pfote war, da war Pius gütig und die Ruhe in Person. Wenn sie zornig wurde weil nicht alles nach ihrem Kopf ging, da war er besonnen und verständnisvoll. Je lauter sie wurde, desto leiser wurde er. Oft war er so sehr wie Mutter - der Blick zwischen Vater und Sohn war ihr nicht entgangen. Faustina dagegen war oft stur und ungeduldig - wie ihr Vater in seiner Jugend laut den Worten ihrer Mutter.


    Wenn sie ihren Bruder nicht so sehr lieben würde, dann müsste sie eifersüchtig auf ihn sein. Er war mit einem guten Charakter und passablem Aussehen gesegnet und selbst Iulia schien ihn direkt ins Herz zu schließen. Faustina wusste, dass er Recht hatte. Sie konnte sich nicht vor den Konsequenzen drücken und sich ewig in einer kleinen Villa irgendwo in der Provinz verstecken. Aber was würde mit ihrer Tochter geschehen, wenn sie sich wieder in der Gesellschaft zeigte? Trotz der schweren Situation hätte sie ihn am liebsten gedrückt. Sie war nicht allein mit der Last und diese Worte trösteten sie ungemein.


    Zum Glück war Nero nicht da. Der hässliche Frosch hätte sich wahrscheinlich daran ergötzt, dass sie Schande über die Familie gebracht hatte. Er war immer eifersüchtig auf sie gewesen und sie konnte nicht anders als ihn zu verabscheuen, auch wenn sie das vor Vater immer so gut es ging verbarg. Sie würde nie den Tag seiner Geburt vergessen und die Konsequenzen dieses Tages. Vielleicht konnte der gutmütigere Pius vergeben und vergessen, aber sie konnte das nicht. Ohne Antigonos wären die Tage nach der Geburt des hässlichen Froschs unerträglich gewesen für alles und jeden, der sich in der Villa Aemilia bewegte.


    Sie wischte diese dunklen Gedanken an Nero weg. Ob ihr Vater einen Plan hatte? Sie schaute zwischen Pius und Lepidus hin und her. Sie würde sein Urteil abwarten, bevor sie Themen wie den Rest der Familie anschnitt.


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    Iulia indes wurde schön langsam müde vom vielen Herumtoben und löste sich aus Pius' Handgriff. Ohne viel Aufhebens kletterte das Mädchen ein wenig ungeschickt auf den Schoß von Faustina, wo sie sich an die Mutter schmiegte und die beiden Männer noch ein wenig studierte mit kleinen Augen, bevor sie vollends einschlief.

    Sie schöpfte ein wenig Hoffnung bei seinen Worten, dass er sie zumindest nicht verstoßen würde. Aber was er wohl mit darum kümmern meinte? Wo sollten wir das Kind verstecken? Sie wollte sich nicht von Iulia trennen.


    Bitte verzeih mir, Vater. Ich weiß, dass es dumm war. Aber bitte lass Iulia hier bleiben. Ich weiß, dass ich Schande über uns gebracht habe, aber es ist nicht ihre Schuld.


    Bei dem Gedanken ihr Kind nicht mehr zu sehen, wurde ihr ganz übel. Was sollte nur geschehen? Sie blickte Hilfe suchend zu Pius.

    Sie ergriff seine Hand zur Begrüßung, was sie zumindest als positives Zeichen wertete. Aber der schwierige Teil kam erst noch. Wo sollte sie da nur anfangen?


    Nun, ich war in Tarentum angekommen und es war so friedlich dort im Gegensatz zu Rom. Ich dachte, ich hätte meinen Weg gefunden, aber naja...


    Sie stockte ein wenig und hörte sich eher blabbernd an wie ein kleines Kind. Sie hatte Iulias Vater wirklich gemocht.


    Ich traf einen Soldaten und dann kam eins zum andern und das Ergebnis seht ihr ja...Ich hatte Angst etwas zu sagen. Ich habe mich in Tarentum mit Iulia versteckt.


    Und sie war sehr glücklich dort, was sie aber nicht mehr sagte. Mehr wollte sie über ihn auch nicht sagen. Es war ohnehin unerheblich, da er sie nicht hatte heiraten können, selbst wenn sie das gewollt hätte.

    Sie war froh, dass Iulia noch zu klein war um die Stimmung ihres Großvaters wirklich einschätzen zu können. Auch wenn Lepidus nicht allzu unfreundlich zu der Kleinen war, traf sie sein leerer Blick bis ins Mark. Sie hatte auf ein wenig Zuneigung oder Freude gehofft.


    Sie wusste, dass er nicht erfreut und wahrscheinlich sehr enttäuscht wäre und sie hatte diese Begegnung lange genug hinaus gezögert. Faustina erhob sich trotzdem um ihren Vater zu grüßen, aber die wagte es nicht sich in diesem Moment zwischen ihn und die Kleine zu drängen.


    Wenn er das Kind ablehnte, wie es sein gutes Recht war, dann könnte er sie mittellos davon jagen.


    Iulia allerdings sonnte sich in der Aufmerksamkeit der beiden Männer und erzählte zusammenhanglos und ohne Punkt und Komma von ihren Ball und dem Holzpferd, das noch auf einem Wagen am Stadttor wartete.

    Faustina war total in Gedanken versunken und hatte Pius gar nicht gehört. Sie schreckte regelrecht hoch, als sie plötzlich seine Stimme hörte. Zumindest klang er nicht allzu ärgerlich oder enttäuscht. Das machte ihr Hoffnung.


    Hallo, Pius. Abstreiten kann ich sie wirklich nicht. Ich möchte es auch gar nicht.


    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.

    Iulia flitzte hin und her und spielte mit einem Stoffball, den sie hochwarf und wieder fing. Als der Mann auf sie zukam, sah sie ihn mit großen Augen an.

    Sie war bereits fast drei Jahre alt und fremdelte nicht mehr. Stolz zeigte sie dem Onkel ihren Ball.


    Ich bin Iulia. Das ist mein Ball.

    Nachdem sie sich umgezogen und frisch gemacht hatte in ihrem Cubiculum, kam sie mit Iulia in den Garten. Sie ließ sich dort auf einer der Bänke nieder und die Sklaven brachten ihr Häppchen und mit Wasser verdünnten Wein. Sie war so hungrig und dank der vielen Bewegung konnte sie sich heute einmal ein paar Häppchen erlauben. Wie lange es wohl dauern würde, bis ihr Vater sie hier finden würde? Sie konnte Iulia nicht länger verbergen oder als jemand anderes Kind ausgeben. Sie sah wie eine perfekte Kopie ihrer selbst aus, nur ihre Augen hatten eine dunklere Farbe.


    Sie wusste welche Macht ihr Vater über sie hatte, aber sie hoffte, dass Iulia sein Herz erweichen würde, selbst wenn er ihr selbst grollen sollte. Wie wohl Pius seine kleine Nichte finden würde? Wie sollte sie die Lage nur erklären? Die Männer würden Antworten erwarten, aber sie hatte keine zu bieten. Es war wie ein Knoten in ihrem Magen und nach einiger Zeit rief sie einen der Sklaven zu sich. Es half alles nichts. Sie konnte sich nicht länger verstecken.


    Setze Dominus Lepidus und Dominus Pius über meine Ankunft in Kenntnis.


    Iulia lief quietschend durch den großen Garten, mal verbarg sie sich hinter Statuen und Blumen, mal war sie ihren Lumpenball in die Höhe. Faustina wünschte, sie könnte so unbeschwert sein.

    Sie hatte sich gefreut Antigonos an der Porta zu sehen. Er war älter geworden und die Zeit hatte ihre Spuren hinterlassen, aber sie hatte in seinen Augen gesehen, dass er immer noch der Gleiche war. Es tat gut, von jemandem umsorgt zu werden, der einen gern hatte. Sie setzte Iulia ab und ließ sich dann erst einmal aufs Bett fallen. Im Sommer wurde Iulia bereits drei Jahre alt werden und sie war ständig auf den Beinen, ständig hatte sie Fragen, musste immer Neues entdecken.


    Sie ging zu ihrer alten Kleidertruhe und fischte eine neue Tunika heraus und eine Sklavin brachte Wasser zum Waschen, mit dem sie sich säuberte. Danach zog sie sich die frische Tunika an und strich sie kritisch glatt. Die Geburt hatte kaum Spuren hinterlassen, auch wenn sie seither sehr auf ihre Nahrung achten musste um nicht füllig zu werden. Ihre alten Gewänder saßen noch genau so wie vorher, auch wenn sie jetzt noch mehr wie ein Vögelchen aß.


    Iulia brauchte anscheinend noch etwas mehr Bewegung und der morgendliche Nieselregen hatte sich in Sonnenschein gewandelt. Sie ging daher mit der Kleinen in den Garten.

    Bei Pius' Namen leuchtete ihr Gesicht wieder auf. Sie hatte ihn schon seit Jahren nicht mehr gesehen und nun waren sie endlich wieder unter einem Dach. Wie er wohl über seine kleine Nichte denken würde? So sehr ihr Neros Meinung egal war, so sehr würde es sie hart treffen, wenn Pius schlecht über sie dachte.


    Erst gestern? Dabei war die Reise doch so holprig. Meine Wagen hängen noch bei der Porta Appia fest. So ein Grobian hat dort alles durchsucht also bin ich zu Fuß hergekommen. Sie kommen dann nach Sonnenuntergang.


    Sie drückte Antigonos noch einmal.

    Danke, Antigonos. Du bist wie immer ein Schatz. Ohne dich wäre dieses Haus nicht das Gleiche.


    Sie lächelte den alten Diener noch einmal warm an, ehe sie die Sklaven bei ihm ließ und sich auf den Weg in ihr Cubiculum machte. Antigonos würde schon Schlafplätze und Aufgaben für die beiden finden.

    Die Jahre hatten ihre Spuren bei Antigonos hinterlassen, aber er war ihr immer wie ein gutmütiger Onkel gewesen. Sie knuffte den bulligen Gallier leicht, damit er ihr Platz machte und trat dann über die Schwelle. Sie hatte Iulia auf dem Arm und umarmte mit dem anderen Arm den älteren Diener. Das Ganze artete direkt in ein Gruppenknuddeln aus, da Iulia es ihr natürlich gleichtun wollte und auch umarmen wollte.


    Faustina lachte gelöst auf. Antigonos hatte sie nie verpfiffen oder abschätzig behandelt. Er war immer auf ihrer Seite gewesen, wenn ihre Brüder sie wieder neckten oder ihr Vater schlechter Laune war. Vor allem nach dem Tod ihrer Mutter war ihr Vater oft in einem tiefen Tal gewesen und es war vor allem Antigonos, der sie vor den Launen des trauernden Vaters abschirmte.


    Salve, Antigonos. Es ist gut dich zu sehen! Eine Überraschung ist es allemal.


    Wie ihr Vater wohl reagieren würde? Sie hatte sich Jahre vor der Heimkehr gedrückt, doch die Fieberseuche in Tarentum hatte ihr zuviel Angst gemacht. Sie wollte Iulia nicht verlieren, auch wenn sie wusste, dass ihr Vater sie samt dem Kind bettelarm auf die Straße setzen konnte. Diese Gedanken verfinsterten kurz ihr Gesicht. Vielleicht hätte sie doch in ihrem letzten Brief über Iulia schreiben sollen, ihn vorwarnen - aber nun war es ohnehin zu spät.

    Es war bereits kurz nach Mittag, als sie mit Dienerin, Leibwächter und aktuell schlafendem kleinen Kind an der Porta der Villa Aemilia eintraf. Der Spaziergang war anstrengender als erwartet, da Iulia überall hin wollte und alles bestaunen wollte. So dauerte es eine ganze Weile bis sie ihren Weg zum Esquilin gefunden hatten.


    Faustina nickte dem Leibwächter zu, der an die Porta klopfte.


    "Domina Faustina wünscht Einlass" polterte der bullige Gallier, der ihr Leibwächter war. Nunja, das hätte man auch freundlicher sagen können. Sie hoffte Antigonos würde sich beeilen, damit sie sich ein wenig ausruhen und etwas essen konnte.

    Wer würde es wohl wagen, ihr etwas unter zu schieben? Der Mann sah wohl Gespenster in jedem Schatten. Musste am Beruf liegen, dachte sie sich. Das freundliche Lächeln war bereits erloschen, aber zumindest blieb sie höflich.


    Hab Dank, Soldat. Meine Sklaven werden sich hier um alles kümmern.


    Mehr Worte konnte sie sich nicht abringen in dem Moment, da auch schon Iulia wieder anfing davon zu laufen. Sie war schon recht flink für ihr Alter und es gelang Faustina sie gerade so einzufangen, um Anweisungen an die Sklaven zu geben. Einer der Leibwächter würde bei den Wagen bleiben und der andere mit ihr und der Kinderfrau Richtung Esquilin aufbrechen. Der Spaziergang machte ihr nichts, da sie ohnehin Sänften verabscheute.


    Sie seufzte noch einmal und brach dann mit ihrer Tochter auf. Es war ein gutes Stück bis zum Esquilin und sie wollte nicht den ganzen Tag hier herumstehen.