Beiträge von Marcus Annaeus Conservator

    discrīminātiō ac dīstīnctiō
    Differenzierung und Unterscheidung


    Die Nacht ist die beste Freundin jener mit dunklen Intentionen und von jeher vermieden diese den Tag, das Licht, zu tarnen ihre Absichten. Es ist daher nicht sonderlich verwunderlich, daß man schon früh gesagt bekommt, besser in einer Gruppe zu gehen, denn eine Gruppe bietet Sicherheit. Der zweite frühe Ratschlag ist meistens, gehe schnell und trödel nicht rum. Der nächste ist meistens, sich nicht zu Unbekannten herunter zu beugen, nur weil sie am Straßenrand herumlungern und leiden tun und betteln. Schon manch einer, besser wissend zu meinen, hatte das Glück leichter zu sein - die einen nur des Geldes, andere noch des Lebens als Zugabe. Und dies alles betraf zuerst den Mann, den Jüngling, noch nicht die Rede von Frauen, ob jung, ob alt. Bei ihnen gab es eigentlich nur zwei - sei nicht alleine unterwegs, sei nicht in der Dunkelheit unterwegs, wenn deine Familie dich nicht begleitet.


    Doch ist die Nacht so still, so einsam, wie jene es zu wünschen hoffen? Wenn all die guten, die besseren Männer und Frauen zu Hause sind, wer bleibt in der Nacht auf den Straßen, den Plätzen?


    Nun, es können nicht nur Halunken sein, Strauchdiebe und Betrüger. Sie wären ja nur unter sich, keiner vermögend genug anderen als Beute wirklich dienen zu können. Doch wenn es nun diese Anzahl an dunklen Gestalten gibt, und zwar in einer Zahl, die zu schätzen schwer, doch zu empfinden ausreichend ist, für eben diese Sicherheitsorgane zu unterhalten, wer stellt nun die Beute? Wer ist das Rehkitz, wer das Lamm, der Wolf zu reißen gedenkt?

    Und wenn die Dunkelheit nun ist die Freundin der Dunklen und der Tage der Freund des Lichtes ist, stellt die Frage sich, ob Dunkelheit auch im Licht gedeihen kann. Denn das ist ebenso wahr, wie der Tod gewiß ist, auch im Licht findet Dunkelheit statt. Sie nutzt die Schatten, jene veränderlichen halbdunklen Flecken, die durch die Wanderung des Lichts entstehen. Und nur hier kann die Dunkelheit sich behaupten. So fragst man sich, ist aller Zeit von Dunkelheit umgeben, gar durchdrungen? Wo bleibt die Tat des Guten, des Lichts, die Abwehr von Gefahr?


    Oh, wie grausam zu wissen, daß selbst der Tag Dunkelheit bringt über einen, in Momenten, die ungewiss Fortūna einem bereitet. Die Tat des Guten, so war deine Frage, ist, zu wissen ob der Dunkelheit am Tage, zu wissen, daß Dunkelheit umschließt alles menschliche Leben, da des Menschen Drang des Menschen Leid sein kann. Und dies zu wissen ist Licht, ist die Fähigkeit zu schaffen Recht, zusammen mit allen in lichten Momenten, zu schaffen ein gemeinsames Licht im Recht. Doch wer glaubt die Dunkelheit ist blind und taub, verdrängt der Dunkelheits Befähigung auch Recht zu schaffen, sich dabei als Licht tarnend in die leichten Gemüter zu schleichen. So wird Recht zu Schatten, ist licht und dunkel gemeinsam, und im Laufe der Zeit, weiß keiner zu unterscheiden, was war Licht und was war Dunkelheit und der Prozess beginnt erneut von vorn.


    Wenn nun scheint alles vergebens, da Dunkelheit Licht zu Schatten werden läßt und Schatten zu dunkel geraten können, was, oh Freund, sollen wir nun tun? Wie, oh Freund, können wir dem Licht verhelfen zu währen immerfort, die Dunkelheit verdrängen? Oh mein Bester! Welch Frage du stellst, so voller Zweifel, so voller Verzweiflung! Wechsel die Perspektive, mein Freund! Ändere deinen Standpunkt und erkenne, daß Licht und Dunkelheit sich bedingen beidseitig, denn ohne Licht keine Dunkelheit, ohne Dunkelheit kein Licht. Und sieh, Mārcellus, daß eine Veränderung deines Standpunktes auch Licht und Dunkelheit vertauscht. Denn was des einen Licht, ist des anderen Dunkelheit. Erkennst du, Mārcellus, nicht den Irrsinn zu reiten den gleichen Gaul? Bist du denn so besser in deinem Handeln, als jener, den du Dunkel nennst? Ihr beide seit eins, denn du nimmst von ihm und er von dir. So ist es nun einmal, und alles was bleibt, ist zu erkennen, ihr seit die selbe Münze, nur mal ist oben er, mal du, Mārcellus.


    Mārcus legte seine Schreibfeder bei Seite und verschloß das Gefäß mit der Schreibflüssigkeit. Die Rolle, die er beschrieben hatte, legte er zum trocken vorsichtig an die Seite des Tisches. Er streckte seine Glieder aus und blickte hoch in den Himmel. Die Sonne warf ihre Strahlen nieder und tauchte das peristȳlium in ihr warmes Licht. Es war eine schöner Tag, angenehm warm mit einem leichten Windhauch, der fast schon lieblich die Blätter streichelte.

    'Ja, es ist Licht und dort ist auch Schatten.' , ging es Mārcus durch den Kopf, während er mit seinen Augen die besonnten Pflanzen betrachtete und weiter zu den Schatten werfenden Säulen glitt.
    'Licht und Schatten, Leben und Tod, Gut und Böse. Verdammt, irgendwann werde ich wohl noch einmal ein philosophus.' Er lachte kurz auf, erhob sich und ging Richtung culīna. Die Rolle ließ er zum weiteren trocken auf dem Tisch liegen.

    caput secundum

    Nārbō Ōstiam - pars prima


    Als das Schiff Nārbō verließ, beladen mit Weinamphoren, stand Marcus am Heck und winkte kurz eine Verabschiedung seinem neuen Gönner zu. Ja, er hatte eine Verpflichtung auf sich genommen für diese Passage, und wenn es schief läuft, tja, dann läuft es richtig schief und der gute Ruf seiner gēns würde leiden. So ging er nun im Anschluß in den Laderaum hinab und sah sich um, ob denn auch alle Amphoren ordentliche vertäut waren und das Gewischt der Ladung gut verteilt. Er machte sich keine große Sorgen, ob der Verschlüsse der Amphoren. Sie waren ja gerade erst dabei Nārbō hinter sich zu lassen und die Zeit war zu kurz für die Besatzung, um auf all zu dumme Gedanken zu kommen. Er würde das zu einem späteren Zeitpunkt ins Auge fassen.


    Er stand vorne am Bug des Schiffes, die Sonne neigte sich langsam, doch unaufhörlich ihrem Reiseende entgegen, bevor sie im Westen versank und die Nacht hereinbrechen wird. Mārcus beobachtete den Horizont, manchmal war ein Seevogel zu sehen, der seine Kreise zog, gar sich dem Schiff kurz näherte und wieder davon flog. Es waren nun schon einige Tagesstunden vergangen und alles ging einen eingespielten Gang. Die Besatzung war bei all ihren Tätigkeiten bemüht Marcus nicht zu sehr auf die Schuhe zu treten, ein Umstand, den er sehr zu schätzen wußte, vor allem da er noch seine vorherige Passage in Erinnerung hatte. Der Umstand dieser Rücksichtnahme, so war er sich sicher, verdankte er wohl Lūcius Semprōnius Fēlīx, für den er auf der Überfahrt eine wichtige Funktion erfüllte und da nun er an Stelle des Sklaven hier war, wurde vor der Abfahrt auch die Besatzung informiert. 'Es kommt immer auf das Netzwerk an', dachte Mārcus. Kurz bevor die Nacht zum Vorschein kam ging er in den Laderaum und begann die Amphorenverschlüsse zu prüfen. Akribisch schritt er die Reihen ab, tastete und beäugte die verschlossen und versiegelten Öffnungen, nur um sicher zu gehen, daß keine geöffnet worden war. Danach begab er sich zu seinem Platz, wo er sich eine Kleinigkeit zu Essen herrichtete, bevor er seinen Tag mit dem Schlaf tauschte.

    Nārbō – pars finis


    Die Nacht verlief doch angenehm ruhig, wenn man davon absieht, daß im benachbarten Raum wohl ein reisendes Paar Einzug gehalten hatte, oder fand die Hausherrin einen zahlenden Kunden für eine zusätzliche Dienstleistung? Es war im Grunde auch sekundär, da das Resultat das Gleiche war – Geräusche von menschlicher Lust und Leidenschaft drangen zu ihm ins Schlafgemach. Er hatte da Gefühl, auf einem der besseren Plätze im Theātrum zu sitzen und eine Aufführung zu sehen, in diesem Fall - eher als Blinder zu hören. Warum also nicht dabei auch etwas essen. Also brach er sich etwas vom restlichen Brot, schüttete sich den Becher voll und machte es sich auf seiner Schlafliege bequem und harrte der Aufführung. Ihr Ende vermengte sich in einem tosenden Sturm von bewegten Schlafstätten, menschlichen Rufen und Stöhnen und einer daran sich anschließenden Stille. Mārcus wollte schon obligatorischen Beifall klatschen und den Autor loben, besann sich aber rechtzeitig und machte es sich dann zum Schlafen bequem, bevor er die Augen schloß.


    Am nächsten Morgen, zur Zeit, als die Morgenröte sich aufmachte den beginnenden Tag anzukündigen, schob sich Mārcus aus dem Bett. Bevor er sich seine Tunica anzog, ging er zu der im Raum befindlichen Waschschüssel und goß aus dem daneben stehenden Krug Wasser in diese und begann, sich den Schlaf aus dem Gesicht zu waschen. Im Anschluß spülte er sich den Mundraum mit einem Essig-Wasser-Gemisch aus und begann danach seine Zähne mit Salbeiblättern zu reinigen, die er zuvor aus seiner kleinen Reisetasche geholt hatte. Dann erst ging er zu seiner abgelegten Bekleidung und machte sich für den kommenden Tag bereit.


    Er öffnete die Zimmertür, sah sich nochmal, im Türrahmen stehend, im Zimmer um, ob er etwas vergessen hatte, was er verneinen konnte. Er wandte sich dann dem Treppenabgang zu und ging hinunter, um den Schlüssel abzugeben und sich auf die Suche nach einer Reisepassage zu begeben.

    "Bist du gut ausgeruht?", fragte ihn der Inhaber, der den Schlüssel mit einem kaum merklichen Murmeln in Empfang nahm und aussah, als hätte ihn die Rinderherde des Sōl die Nacht persönlich überrannt.

    "Ita grātiās tibi, susceptor (*1,2). Vor allem nach der dargebotenen fābula togāta (*3), wobei ich nicht erkennen konnte, ob es sich um eine Komödie oder Tragödie handelte."
    Eine Blick seines Gegenübers wandelte sich von irritiert über beschämt bis hin zu gleichgültig "Ō, ita fābula togāta.", bemerkte er lakonisch. "hospitem proficīscentem vōtīs ōminibusque prōsequor." (*4)
    "certē sciō." (*5), erwiderte Mārcus, drehte sich um und verließ die mānsiō.


    Auf der Straße wandte er sich der Hafenrichtung zu und ging schnellen Schrittes diesem entgegen. Zu dieser Tageszeit, so um die 12te Stunde der Nacht (*6), erwachte langsam das Leben, doch war es noch recht leer auf den Straßen, so daß das Fortkommen für Mārcus erfreulich schnell und ohne Zwischenfälle ging. Im Hafen selber herrschte schon die rege Betriebsamkeit jener, die sich um den reibungslosen Vorgang der Beladung zu kümmern hatte – Sklaven und Tagelöhner, Seeleute und Händler. Ein Hafen kam nie wirklich zur Ruhe, wenn man von der Zeit der Dunkelheit einmal absieht.


    Mārcus steuerte auf ein Schiff zu, daß augenscheinlich mit Amphoren beladen wurde. Er besah sich die Verschlüsse und Plomben, die eingetragenen Etiketten, um von dem Inhalt auf das mögliche Ziel der Fracht zu schließen und wandte sich im Anschluß an eine gut gekleideten Mann, der den Beladevorgang akribisch beobachtete. Der Mann trug den ānulus equester (*7) und den clāvus angustus (*8), was ihn eindeutig dem ōrdō equester (*9) zuordnete. Er ging auf den Mann zu und nutzte einen günstigen Augenblick.
    "Salve, multam tibi salūtem impertiō." (*10), sprach er ihn an. Der eques sah hoch und Mārcus an. "Grüße ich auch.", murmelte er zurück, während er etwas in seiner Wachstafel änderte. "Welches Anliegen verdanke ich die Grüße? Willst du mir etwas verkaufen oder suchst du eine Tagesarbeit?"

    "Nein, ich frage, ob deine Ware, die Amphoren dort," er zeigte mir seiner ausgestreckten Linken auf die Amphoren, die er zuvor begutachtet hatte, "die mit Wein befüllt sind, nach Rōma verschifft werden. Ist dem so, so erfrage ich, ob eine Passage für mich ebenfalls möglich ist."


    Der eques sah ihn an und dann zu den Amphoren. Sein Blick ging weiter zu den Seeleuten und den Arbeitskräften, die eben diese Amphore begannen zu verladen. "Wer bist du eigentlich.", fragte er Mārcus.
    "Mein Name ist Mārcus Annaeus Cōnservātor aus Gādēs und auf dem Weg nach Rōma, um meinen Cousin Senātor Annaeus Flōrus Minor zu besuchen. Ich bin auf der Suche nach einer Überfahrt, da der Landweg doch länger ist und mein Anliegen dringender.", beantwortete er die Frage des eques.


    Die Mine des eques hellte sich etwas auf. Anscheinend kannte er den Namen und wer weiß schon, vielleicht auch durch persönliche Kontakte. Aber das war für Mārcus nicht weiter wichtig. "Hmm, also aus der Familie der gēns annaea. Gut, gut, ...hmm … mal sehen.", der eques dachte kurz nach, sah nochmals auf seine Schreibtafel und auf die zu verladene Ware und wandte sich dann wieder Mārcus zu. "Also gut, ich schlage dir einen ein Geschäft vor Annaeus Cōnservātor. Ich bin Lūcius Semprōnius Fēlīx und negōtiātor (*11) und mercātor (*12). Du hast ja schon gesehen, daß meine Fracht kostbar ist und mir einen guten Gewinn abwerfen wird. Doch, bei allen Göttern, ob ich mich auf die Besatzung verlassen kann? Eigentlich sollte einer meiner Sklaven mit auf die Fahrt, um ein Auge zu haben, er würde mir für andere Aufgaben fehlen, doch war es notwendig. Anscheinend haben mich die Götter erhört und dich zu mir geschickt. So sei dies mein Vorschlag an dich: Ich lasse dich die Passage nehmen, doch du wirst den Platz meines Sklaven einnehmen, für dessen Überfahrt ja schon gezahlt wurde. Du wirst auf meine Ware achtgeben, so daß nichts geschieht und du wirst die Entladung in Ostia bewachen und dir die rechtmäßige Übergabe quittieren lassen. Diese sendest du an mich, durch einen Boten, zurück. Für den Boten gebe ich dir etwas Geld mit. Das wäre mein geschäftlicher Vorschlag. Bist du einverstanden, Mārcus Annaeus Cōnservātor aus Gādēs, Cousin des Senātor Annaeus Flōrus Minor?"


    Mārcus dachte kurz nach, er hatte den Wink seines Gesprächspartners durchaus verstanden. Baute er Scheiße, würde es seine Cousin erfahren, wenn nicht, hatte er eine bezahlte Überfahrt und zumindest einen positiven Eindruck der gēns hinterlassen.

    "Ja, Semprōnius Fēlīx, ich nehme deinen Vorschlag an. Du kannst deinen Sklaven anderweitig einsetzen. Sobald das Schiff Ostia erreicht hat und alles zu deiner Zufriendenheit ausgeladen und übergeben wurde, werde ich dir dies durch einen Boten mitteilen lassen."

    Semprōnius Fēlīx schmunzelte zufrieden. "Gut hier hast du eine tabula mit meiner Anschrift. Die kannst du nutzen.", und er drückte Mārcus diese in die Hand.




    Sim-Off:

    *1) Ita grātiās tibi, susceptor – ja, danke dir, susceptor

    *2) susceptor – Aufnehmer (in sein Haus) , Herbergsvater, Unternehmer

    *3) fābula togāta - Lustspiel in römischem Kostüm und Ambiente

    *4) hospitem proficīscentem vōtīs ōminibusque prōsequor - wünsche meinem Gast eine glückliche Reise

    *5) certē sciō – ja, gewiß

    *6) ca 6 Uhr morgens

    *7) ānulus equester - goldener Ring des Ritterstandes

    *8) clāvus angustus - schmaler Purpursaum an der Tunika der Ritter

    *9) ōrdō equester - Ritterstand

    *10) multam tibi salūtem impertiō - grüße dich vielmals

    *11) negōtiātor - Großhändler

    *12) mercātor - Kaufmann

    Ein köstlicher Duft lag in der Luft, der sich langsam doch unaufhaltsam in das triclīnium ausbreitete und nicht nur in Mārcus Nase drang. Die cēna versprach wohlschmeckend zu werden. Sāturnīnus wirkte auf ihn angeregt, doch auf eine entspannte Art. Jetzt war er gerade dabei, Ulixēs bedingt in Schutz zu nehmen, wobei er Polyphēmus der mangelnden Gastfreundschaft zichtigte. Es war Marcus durchaus bewußt, das Polyphēmus nicht der griechischen Vorstellung von Gastrecht entsprochen hatte.

    „Nun Polyphem, der Sohn des Poseidon, war nicht ganz so gastfreundlich, nicht wahr, es sei denn, man versteht unter Gastfreundschaft, dass man in eigener Person zum Hauptgang auserkoren wird.


    Und mit der Konstruktion des Pferdes hat Odysseus Poseidon beleidigt, aber jedes Tier ist einer Gottheit heilig, hätte er eine Kuh konstruiert, so wäre es Hera gewesen, die sich beleidigt gefühlt hätte. Dann wäre er zur Strafe nicht durch die Meere geirrt, sondern hätte vielleicht seine Penelope an einen anderen Mann und damit Ithaka verloren.

    "Geschätzter Freund, Ulixēs hat doch durch sein Verhalten, fremdes Eigentum zu schädigen, hier das ungefragte Verspeisen von ihm nicht gehörender Nahrung, die griechische Vorstellung von Gastrecht zuerst gebrochen. Ich gebe dir durchaus Recht, daß sich Polyphēmus als ein ungehobelter Grobian gegeben hat. Doch mit welchem Recht schädigt Ulixēs zuerst Polyphēmus, um dann noch Gastrecht einzufordern?"

    Die Einlassungen von Sāturnīnus waren durchaus jedem gesitteten Gespräch und Austausch positiv zugetan. Es fiel leicht, dem Gesagten zu folgen und an der gedankliche Welt des anderen teilzunehmen. Sein Einschlag, dem griechischem zugetan zu sein, tat dies keinen Abbruch, es war vielmehr mildernd.

    "Ich pflichte dir bei, daß die Verwendung des Pferdes zu einer Verstimmung geführt haben. Auch deine angeführten Vergleiche, gleich welches Tier man denn nun nehme, wohl eine andere Gottheit betrübt, gar erzürnt hätte. Wäre daher die Frage zu vermessen, anzunehmen, daß nur durch die Erzürnung eines Gottes ein, wenn auch zweifelhafter, Sieg möglich war? Man nimmt also billigend den Groll eines Gottes in Kauf für seinen Sieg, da man sonst nicht in der Lage war zu siegen und beweint im Anschluß des Gottes Zorn."


    So langsam machte sich der Magen von Mārcus bemerktbar, geschuldet den wohligen Düften, die eine versprechende cēna ankündigten. Dem ministrātor vīnī, welcher in wahrnehmbarer Nähe geduldig auf Zeichen der beiden Gesprächspartner wartete, gab Mārcus ein kurzes Zeichen, seinen Becher zu füllen. Dabei hob er den digitus index (*1) seiner Rechten und drei digitī seiner Linken, womit er das Mischungsverhältnis Wein zu Wasser mitteilte.

    „…wie das Kaff, woher mein Scriba stammt...was war es doch gleich, Diocles….Perinthus? Byzantium sagst du, na egal, es ist sehr unwahrscheinlich, dass das man das je Hauptstadt des Imperiums nennt, nicht wahr?“


    Diocles hatte keine Ahnung, warum ich von Byzanz sprach und schlug die Augen nieder.

    "Ist Bȳzantium nicht eine mittlbedeutende Handelsstadt in Thrācia? Ich bin da nicht sonderlich gut aufgestellt in dieser Region.", ging Marcus lachend auf Sāturnīnus Bemerkung ein, die Stadt seines scriba wäre unvorstellbar die Hauptstadt des Weltkreises. "In der Tat ein wirklich absurde Vorstellung. Da könnte dann ja selbst castra bonna zur Hauptstadt werden, da steht wenigstens ein legiō oder dieses, wie heißt der Ort nochmal an der Sēquana (*2) mit einer Insel in der Mitte. Eigentlich drei Orte. Ist so ein wichtiger Kreuzungspunkt." Marcus dachte kurz nach "L L Lu …, ah, jetzt aber, Lūtētia!. Und da steht nichts, noch nicht einmal eine numerus oder gar eine cohors." Er lachte dabei, so urkomisch war die Vorstellung. Dann nahm er den Becher wieder in Empfang und genoß sein Getränk.

    Ich meinte übrigens nicht soziale Zensur, sondern die der Obrigkeit. Um bei deinem Bild zu bleiben, für mich ist sie dunkel wie die Nacht, und ich danke Iuppiter dafür, in aufgeklärten Zeiten zu leben, in denen das geistige Leben nicht erstickt wird.

    Aber vielleicht kannst du mich über die verschiedenen Schattierungen von Grau aufklären?“,

    "Ich verstehe deinen Punkt, nicht in seinen Gedanken an etwas herangezwungen werden zu wollen. Doch da wir beide in dem Punkt übereinstimmen, daß alles eine Lehre enthält, bleibt dennoch die Möglichkeit einen anderen Schluß zu ziehen, aus dem, was gelehrt werden soll, Sāturnīnus.

    Sieh uns doch an, der eine erweckt vielleicht den Eindruck ein wiedergeborener Porcius Catō zu sein, der andere stellt im Rechtskurs einen Griechen dar. Die Frage, die sich jedem von uns fast schon aufdrängt: ist diese Lehre aus Augenblicken folglich, oder zieht man gar einen anderen Schluß.

    Wie es auch sei, werter Freund, wenn wir uns nach der cēna wiedersehen, und das werden wir, du bist der Klient meines Cousins", grinste Mārcus schelmisch Sāturnīnus an, "haben wir beide Lehren gezogen."


    Marcus trank einen Schluck und gönnte sich eine Kleinigkeit der köstlichen Speisen eher auf die Schatten zu sprechen kam.


    "Ja die Schatten, in all ihren Variationen, sind in der Tat ein Feld faßt schon philosophischen Ausmaßes. Laß mich, Sāturnīnus, als Beispiel den Kult des Bacchus nehmen. Er wurde ja ex senātūs cōnsultō (*4) 567 a.u.c. Verboten, da er staatsgefährdend war, und es zu vielen Verbrechen gekommen war. (*5) Gāius Iūlius Caesar hat ihn dann wieder unter vernünftigen Regelungen wieder erlaubt. Wir haben es hier ja eindeutig mit einer Zensur zu tun. Verbote sind erstmal eine Zensur.


    Dennoch werden wir beide darin übereinstimmen, daß diese Zensur notwendig war, da unser aller Staat zu tiefst gefährdet war. Wir haben hier also die Dunkelheit und das Licht in einem Beispiel, es wird grau. Ein weiteres wäre der Isis-Kult, der ja bekanntlich erst wieder nach Gāius Caesar Augustus Germānicus gedultet wird, unter vernünftigen Verordnungen.


    Ich bin dennoch bei dir, bei uns werden unliebsame Rollen weder verbrannt noch verbannt. Geschweige denn deren Autoren gemordet orde exiliert (*6). Wie sonst lassen sich die zahlreichen Bibliotheken in privater und öffentlicher Hand erklären, deren bedeutendste die in Alexandria ist."



    Sim-Off:

    *1) digitus index – Zeigefinger

    *2) Sēquana - Seine

    *3) Lūtētia - Paris

    *4) ex senātūs cōnsultō – auf Senatsbeschluß

    *5)
    https://de.wikipedia.org/wiki/Bacchanalienskandal
    https://www.grin.com/document/207319
    http://imperiumromanum.com/rel…kereligion/bacchus_01.htm

    *6) Anspielung auf die Diktaturen des 20ten Jhd auf EU/RUS Boden

    Nārbō – pars secunda


    Nachdem Mārcus sich einen freien Platz ergattert hatte rief er die weibliche Bedienung zu sich und erkundigte sich nach den heute angebotenen Mahlzeiten und entschied sich, nachdem er die gewünschte Information erhalten hatte für einen deftigen Eintopf mit Speckeinlage. Dazu bestellte er einen regionalen Landwein und den obligatorischen Krug Wasser. Wer will schon zu dieser Tageszeit als Säufer durchgehen. Und überhaupt, das Schiff will auch noch gefunden sein – vor seiner Weiterfahrt, sonst würde Mārcus Reise schon hier vor ersten ernsthaften Schwierigkeiten stehen.


    Während er auf seine Mahlzeit wartete, beobachtete er seine Umgebung, wie die beiden Frauen, die an der Ausgabe zwei Krüge hinhielten, wohl in der Absicht, etwas von dem angebotenen Weinen für zu Hause zu erwerben, doch konnte Mārcus den Wortlaut nicht hören. Sein Blick ging von den beiden Frauen zur Straße, wo sich gerade eine Gruppe Kinder über die Straße entlang tollten, wobei einer mit einem Stock einen Reifen antrieb und die anderen ihn dabei anfeuerten, gleichwohl jeder gerne der Nächste sein wollte. Er kannte dieses Spiel auch aus seiner Kindheit in Gādēs. Dort war es ebenfalls ein sehr beliebter Zeitvertreib und Ziel war es, den Reifen, angetrieben mit einem Stock, in Bewegung zu bringen und zu halten, und zwar so lange wie möglich. Sollte der Reifen kippen und schlußendlich fallen, wäre der nächste Mitspieler dran. Gewonnen hat, wer den Reifen am längsten in Bewegung hält. Mārcus schmunzelte bei der Kinderschar und seinen Erinnerungen an seine Kindheit. Er fand er hatte eine tolle Kindheit gehabt, auch wenn er das früher als Jugendlicher nicht immer so gesehen hatte.


    Am Nachbartisch, der keine 5 pēdes entfernt stand, hatten sich zwei Männer niedergelassen, die durch die Bekleidung und ihren Habitus nach Mārcus Einschätzung ihren Lebensunterhalt als hier stationierte Soldaten verdienten. Dies war nichts ungewöhnliches, da das officium des Stadthalters von abkommandierten Soldaten verwaltet und betrieben wird, von der persönlichen Leibwache ganz zu schweigen. Die beiden Burschen saßen nun also an diesem Nachbartisch und ihre Gesprächsthema drehte sich um einen Händler, der dem officium wohl gehörig auf den Sack ging. Immer wieder stellte er andere Bittschriften, Ersuche und Forderungen, daß man sich insgeheim wünschte, Iupiters Blitze mögen ihn treffen.


    Während sich die beiden mīlitēs so am Tisch sitzend sich weiter unterhielten, aß Mārcus seine Mahlzeit und gönnte sich den bestellten Wein. Er streckte hin und wieder seine Beine aus, und führte seine Beobachtungen der Umgebung weiter, um so einen besseren Eindruck dieser Stadt zu erhalten. Geschäftig liefen servī durch die hiesige Straße und an ihrem jeweiligem Auftreten und zum Teil auch an der Bekleidung konnte Mārcus recht gut abschätzen, wie wichtig oder auch unbedeutend der jeweilige Besitzer war. Obwohl auch in Betracht kam, daß die zu erledigende Aufgabe eine gewichtige Bedeutung hatte oder eher zur schnöden Tagesroutine gehörte.


    Nachdem Mārcus aufgegessen hatte und den Wein geleert, beglich er seine Rechnung bei der Bedienung und verließ die caupōna wider. Sein Ziel war es, eine Unterkunft in der Stadt zu finden. Am besten eine mānsiō, die nicht mit zwielichtigen Gestalten überlaufen war. Weder wollte er sich zu viel Sorgen machen, noch sich dauernd über andere Gäste ärgern. Und dann war da noch ein Punkt: Sie sollte schon überschaubar nah am Hafen lokalisiert sein, so wäre der morgige Weg zu eben diesen nicht länger als notwendig. In Nārbō hatte er seinem Reisegefährt und der dazugehörigen Besatzung zu seiner eigenen, und vermutlich auch der anderen, Erleichterung den Rücken gekehrt. Von hier wollte er nun in einer direkten Schiffsreise nach Ōstia weiterreisen und sich die weiteren Anlaufpunkte seiner verlassenen Seeleute vermeiden.


    So ging er einige Zeit durch die verschiedenen Gassen und Straßen, und besah sich diejenigen mānsiōnēs, die er bei seiner Suche wahrnahm. Dabei näherte er sich beständig dem Hafen, was die Möglichkeiten, seine Vorstellungen anzutreffen, nicht verbesserte. Zu guter Letzt, als sich die Sonne schon mit dem Horizonts verlobte, fand er eine mānsiō, die zumindest über verschließbare Schlafräume verfügte. Daher ging er den Kompromiß des weniger erlesenen Publikums ein und bezog sein Nachtquartier. Der Inhaber, ein geschäftstüchtiger Mann gallischen Ursprungs, ließ sich den Vorzug der Verriegelung durch ein Schlüsselschloß auch angemessenen, um nicht zu sagen großzügig, bezahlen. Als Dank erhielt Mārcus nicht nur einen Schlüssel, nein besser, die Frau des Inhaber persönlich zeigte ihm sein Zimmerchen. Anscheinend besaßen die beiden keine Sklaven für diese Dienste. So blieb mehr Geld an ihren eignen Händen kleben.

    Und so folgte er der Hausdame, die zu allem Überfluß mit einer Oberweite gesegnet, oder je nach Ansicht gestraft, war, daß eine ganze Schafherde hätte dran gesäugt werden können. Jedenfalls wippten sie beständig im Rhythmus ihres Ganges und suchten nach Ausgängen aus der Bekleidung und Mārcus hatte zeitweise das Gefühl hier sollte noch etwas anderes angeboten werden. Natürlich zu angemessenen Preisen. Er schloß kurz die Augen, als sich die Frau zögerlich verabschiedete, als wäre sie in der Hoffnung, doch bitte zahlungspflichtig ins Zimmer gebeten zu werden. Mārcus bedankte sich und rückte ihr das zu entrichtende Unterkunftsgeld in die Hand. "Bring mir bitte noch einen Krug pōsca, ein Brot, sowie Oliven und Käse auf das Zimmer.", entließ er sie schlußendlich, bevor er die Tür schloß.

    Die hereinbrechende Dunkelheit, erhellt durch den Schein der Fakeln im peristȳlium und die Lichter im triclīnium, so wie die milde Abendluft unterstrichen das angenehme Gespräch, welches Mārcus mit seinem Gastgeber Sāturnīnus führte.Es begann mit der Odyssēa des Homērus und dem eingebauten Vergleich zwischen des Ulixēs Ziel und dem des Aenēās und endete mit einer Frage des Sāturnīnus, wobei er diese mit einer weiteren Frage verknüpfte, die jedoch elegant das Thema auf einen anderen Punkt brachte – cēnsūra.

    Mārcus hörte sich die Aussage seines Gastgebers an, beide sich an den wirklich köstlichen Vorspeisen labend, und folgte im Geiste den Ausführungen des Sāturnīnus. Die Verwendung des dorischen Namens seitens des Gastgebers ließ Mārcus seine linke Augenbraue kurzzeitig nach oben zucken. Verriet ihm dies doch eine besondere Position seines Gastgebers zu den griechischen Landen. Welche, war ihm nicht bewußt, doch das eine vorhanden war, sagte der Name Oulixeús.

    „Während Odysseus bei all seinen Irrfahrten sein Ziel bereits kannte: nämlich seine Heimat Ithaka, blieb es dem edlen Stammvater der Römer lange Zeit unbekannt, wohin seine Reise letztendlich führte.

    Zweifellos bedarf es größeren Mutes, sein Schicksal erst suchen zu müssen anstatt einfach nur nach Hause zu wollen.",
    nickte ich beistimmend:

    „Und der ehrenwerte Cincinnatus ist auch nach Jahrhunderten das leuchtende Beispiel für altrömische Sitte.
    Ich merke, du hälst es mit den Helden, die althergebrachte Tugenden Romas verkörpern: virtus, disciplina, fides und pietas.

    "Listenreich zu sein ist genauso wenig verwerflich wie Einfallsreichtum und in der Tat war Ulixēs fähig genug, sich aus vielen Situationen zu befreien. Doch, geschätzter Sāturnīnus, stellt sich hier genau eine Frage. Eine Frage, die alles andere überlagert und sekundär werden läßt: Warum mußte er sich befreien?"

    Marcus trank einen Schluck des köstlichen mulsum. In der Tat hatte Sāturnīnus die beginnende cēna hervorragend zusammengestellt, jedenfalls was den Beginn des Abends versprach.

    "Genau! Die Danaer hielten sich eben nicht an die Ordnung, sondern traten diese mit ihren Füßen. Sogar ihre eigene Schutzgöttin, Athēna, beleidigten sie. Dennoch stand sie Ulixēs bei, der ihr stehts verbunden war. Und nur diesem Umstand ist es zu verdanken, dass Ulixēs einen göttlichen Fürsprecher hatte.


    Ulixēs Fahrt, die wir alle als Odyssēa kennen, ist ein beständiger Kampf gegen Poseidon, den zu ärgern die Danaer sich ausgesucht hatte. Und weil der Ärger mit einem Gott nicht reichte, nahmen sie auch noch Helios mit in das Reigen auf und mißachteten gar Aiolos Gebot, der es gut mit ihnen meinte.


    Sie blenden den Sohn des Poseidon, Polyphēmus, und verspotten diesen gar zum Schluß.


    Sie ignorieren Aeolus, der ihnen nur den günstigen Wind hat gegeben und die andern eingesperrt in einen Schlauch, indem sie diesen öffnen, nur um nachher nochmals seine Gunst zu erbitten. Er wies sie ab mit dem Satz: '
    Hebe dich hinfort, du Unglückseliger, denn dich verfolgt der Zorn der Götter!'


    Und obwohl gewarnt durch den blinden Seher Tīresiās, den Ulixēs in der Unterwelt aufsuchte, vergriffen sie sich an den Rindern des Helios.


    Erst auf das Betreiben der Athēna, einen Ratschluß der Götter zu betreiben, gewähren diese Ulixēs die Rückkehr nach Ithaca.


    War all das zuvor Getane weise, geschätzter Freund?"


    Er hatte zwischen den einzelnen Verfehlungen gegen die Götter bewußt ein zwei Atemzüge Zeit gelassen. Nicht weil er davon ausging, daß Sāturnīnus nicht zu folgen im Stande war, sondern um die Punkte besser zu verdeutlichen.


    "Wie unterschiedliche der Gegensatz zu Aenēās, der sich um seine Familie kümmert und sorgt. Ja, er erlebt seine familiäre Odyssēa, um im Bild zu bleiben. Jedoch nicht weil er und die seinen sich dauernd mit den Göttern anlegen, sondern weil der Rückschluß aus der Weissagung falsch gezogen wurde. Und ja, es gibt auch eine göttlliche Widerspielerin, Iūnō.


    Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: pietās


    Er ordnet sein Schicksal dem fātum unter, trotz schwerer Opfer, wie den Verlust seiner geliebten Frau Creūsa und seine Pflichterfüllung wird schon dadurch besonders deutlich, daß er Dīdō, Tochter des Bēlus von Tyrus und Gründerin von Carthāgō, verläßt, um eben diese Pflicht zu erfüllen. Italiam nōn sponte sequor." (*1)



    Das bringt mich zur Frage, ob allgemein literarisches Werk immer im Dienste des Lehrreichen stehen sollte oder ob auch ein einfallsreicher und moralisch flexibler, ja verschlagen nennender Charakter wie Oulixeús der Held einer Dichtung sein darf? Das ist ja auch eine grundsätzliche Diskussion: Besser Zensur oder keine Zensur von schriftstellerischen Werken?"

    "Jede Erzählung beinhaltet Lehrreiches. Selbst profane Unterhaltung, die wir in den vielen Theatern dieser, unserer Stadt, uns ansehen können. Die Frage wäre wohl: Ist der Inhalt jedem gleich zu erschließen, oder verbleibt der Zuhörer, der Leser in seinem Status der Ahnungslosigkeit. Und ja, viele verbleiben eben da und manch einer erlebt auch seine eigene Odyssēa, doch bedeutet das nicht, es gäbe in dem Dargebotenen keine Lehre, die zu erschließen wir uns schon bemühen müssen.


    Was du, geschätzter Freund, anbringst, ist eine utopia, da es keine Dichtung, kein Theaterstück, ohne Lehre gibt. Stelle die vor, du schreibest eine Dichtung, facettenreich, mitreisend, den Leser fesselnd und dem Ohr schmeichelnd. Sagen wir ferner, es würde sich dabei um Zauberei, Geister und Magier handeln und du beherrscht die Kunst der Wortspiele so gut, dass noch Jahre nach deinem vollbrachten Werk gelehrte versuchen deine wirklichen Beweggründe anhand von Wort- und Satzanalysen zu ergründen.
    (*2)

    Was packst du also in deine Dichtung? Alles woran du glaubst und wovon du überzeugt bist? Oder nimmst du das Gegenteil all deiner Ethik und Moral? Vielleicht gar eine Mischung aus Beidem und deine Überzeugungen verpackst du als dichterische Entwicklung des Epos?"


    Mārcus ließ das Gesagte kurz nachklingen und fuhr fort:


    "Keine Dichtung, selbst wenn sie profan und unbedeutend sein mag, ist ohne Lehre, da der Autor immer seine Grundwerte einfließen läßt. Und sollten es nicht die seinigen sein, sind es die Ansichten des Auftraggebers.


    Sāturnīne! Cēnsūra findet doch immer statt. Auf jeder ebene des täglichen Lebens. Sei es durch einen selbst und hier schaute Mārcus ihn direkt an sei es durch andere. Die Frage der Zensur ist doch vielmehr, in welchem Umfang und zu welchem Zweck. Daher lasse mich deine Frage der Zensur mit einer anderen beantworten:


    Ist Zensur grundsätzlich dunkel wie die Nacht oder doch eher wie die Dämmerung, mit verschiedenen Schatten und Lichtern?"




    Sim-Off:

    *1) Italiam nōn sponte sequor. - Eigener Trieb führt nicht nach Italien mich
    *2) Anspielung Harry Potter

    disciplīnae Mārci Annaei Cōnservātoris - pars tertia
    Die Lehren des Mārcus Annaeus Cōnservātor - dritter Teil


    Der 8 jährige Mārcus lag in seinem Bett, die Sonne hatte zuvor ihre Tagesbahn hinter dem Horizont beendet und der hereinziehenden Dunkelheit Raum gegeben, die Nacht anzukündigen. Die Flamme eines Öllichtes reckte sich gegen die Decke, hochstehend und ohne Zucken, wie ein gerade gewachsener Baum und tauchte den Raum in einen wohlig warmen Schein. Sie trieb Dinge zu Schattenwürfen an, die mal fantastische Tier bildeten, mal Bäume, mal Berge darstellten, jenachdem wie Mārcus guckte.


    Jetzt im Spätsommer der Baetica waren die Nächte noch warm und würden erst zum frühen Morgen hin in eine Milde abgleiten, daß man sich dann doch eine leichte Decke bis zum Kinn zog. Auf einem kleinen Tisch neben seinem Bett, stand ein kleine Schale mit Obst und Nüsse und ein Krug Wasser mit einem Becher daneben. Jeden Abend, wenn Mārcus ins Bett ging hatte sein Mutter Servīlia zuvor diese Kleinigkeit auf den Tisch gestellt, falls er noch etwas knabbern möchte oder Durst bekam. Und wie jeden Abend kam seine Mutter zu ihm, nachdem er sich in sein Bett gelümmelt hatte, setzte sich auf die Bettseite und strich mit einem Lächeln ihrem Sohn über den Kopf, bevor sie ihn fragte, ob er noch eine Geschichte hören wollte.


    "Ita mamma, ita"(*1) antwortete Mārcus voller Vorfreude, wie jeden Abend zuvor. Und Servīlia nahm eine Schriftrolle zur Hand, welche die Geschichte enthielt. Eigentlich brauchte sie diese nicht, denn sie kannte die Geschichte auswendig, nach all den Jahren und all den Wiederholungen. Es war Mārcus Lieblingsgeschichte: Die Aenēis von Publius Vergilius Marō.


    Und so begann Servīlia das abendliche Ritual, hielt die Schriftrolle in ihrer rechten Hand, kaum aufgerollt, und hielt ihre Augen geschlossen, als sich ihre Lippen begannen zu öffnen und ihr Atem die Stimmbänder bespielte und Worte formte, Worte, die den kleinen Mārcus jedesmal in ihren Bann zogen. Er hing an ihren Lippen und im Stillen sprach er mit. Ja er hatte irgendwann gar begonnen einzelne Wörter und ganze Abschnitte in seinem Innern zu betonen, noch mehr, als seine Mutter es tat. Und so nun sah er seine Mutter an, jene Frau, die ihn gebar, die er liebte und Abend für Abend Geschichten vorlaß, gar vortrug. Geschichten über Helden, über Götter, über fremde Länder und Provinzen. Dem kleinen Mārcus wurde so eine große Welt geboten, in die er sich abends hineinbegab, in seine Träume mitnahm und ihre Lehren aufsog.


    "Arma virumque canō, Trōiae quī prīmus ab ōris
    Ītaliam fātō profugus Lāvīniaque venit
    lītora, multum ille et terrīs iactātus et altō
    vī superum, saevae memorem Iūnōnis ob īram,
    (*2)


    Vieles erduldet' er auch im Krieg, bis die Stadt er gegründet

    Und die Penaten gebracht nach Latium, dem die Latiner,
    Albas Väter, entstammt und Roms hochragende Mauern.
    "


    […]


    Mārcus näherte sich mit dem Schiff jener Feste und Stadt, die Iūnō auserkoren hatte, selbst vor Samos. Seine anvertraute Familie umstand ihn, während er sich mit scharfen Blick übte zu erkennen, ob Landung oder Anlegen hier friedlich sei vorzunehmen. Von weit her kamen sie nun schon, aufgebrochen im Jahr, als die Heimatstadt Trōia fiel, durch List nur, den Griechen in die Hände. "Aenēās, meinst du, wir können hier anlanden und unsere Vorräte auffrischen.", fragte sein blinder Vater Anchises ihn. "Ja, ich denke schon.", antwortete Mārcus zuversichtlich und hielt seinen Vater fest.



    Sim-Off:

    *1) Ita mamma, ita - Ja Mama, ja.

    *2) Arma virumque canō, Trōiae quī prīmus ab ōris Ītaliam fātō profugus Lāvīniaque venit
    lītora, multum ille et terrīs iactātus et altō vī superum, saevae memorem Iūnōnis ob īram


    Waffen besing ich und ihn, der zuerst von Troias Gestaden Durch das Geschick landflüchtig Italien und der Laviner
    Küsten erreicht, den lange durch Meer' und Länder umhertrieb Göttergewalt ob des dauernden Grolls der erbitterten Iuno.

    Mārcus folgte dem servus und sie hatten gerade erst einige pēdes in das triclīnium gesetzt, da kam Sāturnīnus ihm entgegen, bekränzt mit einem Efeukranz und einer Tunica, die leicht kürzer war, als man gewöhnlich für außer Haus angelegt hätte, aber hier war sein Gastgeber zu Hause und da darf es ruhig bequemer sein, vor allem, wenn die Gesellschaft überschaubar war und fern aktueller Ränkeschmiede. Wie viel Römer hatte er im Hause Sandalen angelegt, Schuhe gehören auf die Straße, Sandalen ins Haus.

    „Salve amice“, grüßte ich fröhlich: „Schön, dass du hergefunden hast! Es ist mir eine Ehre, dich in der Casa Furia willkommen zu heißen.“

    "Salvē mi amice! Tibi maximas grātias agō pro cēna domī Fūriī."(*1), grüßte Mārcus zurück und legte sein sagum ab und in die Hände seiner Begleitung.


    Ich wies auf die Klinen, und da Conservator und ich nur zu zweit waren, würden wir sie nicht teilen: „Leg dich bitte zu Tisch, wo es dir gefällt.“

    Sāturnīnus wieß auf die Kline, mit dem Hinweis, sich frei einen Platz zu wählen. Bevor Mārcus seine Wahl getroffen hatte, kam die serva, die ihm schon zuvor im Eingangsbereich das Rosenwasser gereicht hatte, diesmal mit einem hübsch anzusehenden Blumenkranz behütet, und reichte ihm neben dem Efeukranz auch ein wohlriechendes unguentum, welches er auch dankend nutzte um sich damit Handgelenke und Ellenbogenbeugen einzureiben. Die hier austretende Wärme des Blutes sorgte so für eine dezente langanhaltende Abgabe an Düften.


    So bestens ausgestattet legte sich Mārcus auf eine Kline und ließ den Eindruck auf sich wirken. Sāturnīnus hatte sich wirklich Mühe gegeben, alles so vorzubereiten, daß die Atmosphäre eine wirklich eindrucksvolle war und zu einem interessanten Abend bestens beitrug. Die Schein der Fackeln im peristȳlium beleuchtet die Umgebung und warf dezentes Licht ins triclīnium. Der Abend war angenehm mild und durch die duftenden Pflanzen in Verbund mit dem aufgetragendem unguentum wurde Mārcus von einer Fülle angenehmer Gerüche umgeben.

    Die aufgetragenen Getränke bezeugten einen erlesenen Geschmack seines Gastgebers und der geeiste mulsum verriet, wie viel Mühe sich Sāturnīnus auferlegt hatte für diesen Abend. Während die servī familiāris die Vorspeisen auftrugen, die eine erfreuliche Leichtigkeit des Augenblicks und Frische wiederspiegelten, fuhr sein Gastgeber Sāturnīnus fort.


    „Wir hatten über mancherlei gesprochen – über zu sehr frequentierte Urlaubsorte und über Helden der Mythologie. Ich sagte, dass ich unter dem listenreichen Odysseus den Vorzug gebe, und welcher war der deine?“

    "Es gibt da zwei, die an exemplum in meinen Augen herausstechen und jeweils für sich das zur Geltung bringen, was doch im Grunde typisch für uns ist.


    Aenēās verkörpert unsere Tugenden, unsere familiäre Frömmigkeit und angemessenes Verhalten gegenüber den Göttern. Seine Reise kommt der deinigen des Ulixēs nicht nur nahe, sondern über sie hinaus." Mārcus genoß einen Schluck des geeisten mulsum bevor er fortführend ergänzte.


    "Der andere ist Lūcius Quīnctius Cincinnātus, der seine Pflicht gegenüber dem Staat ohne zu zögern erfüllte, und obwohl mit der Macht eines dictātor ausgestattet, diese wieder in die Hand des Volkes legte, nachdem er seine Aufgaben erfüllt hatte, ohne Lohn zu erwarten oder zu fordern."


    Er nahm sich etwas Brot und von dem köstlichen grünen Spargel.

    Als die Tür sich öffnete blickte Mārcus in das Gesicht des iānitor. Und als dieser anfing zu sprechen mußte Mārcus grinsen. Er konnte nicht anders. Dieser leichte griechische Akzent, den er meinte wahrzunehmen. 'Ach Aristotelēs!?', ging es ihm durch den Kopf. Während er grinsend durch die Tür ging kam schon eine weitere serva. Diese reichte eine Schüssel mit Rosenlättern beduftet und weiche Tücher. In der Tat eine erfrischende Wohltat nach dem staubigen Gang durch die Gassen und Straße.

    "Danke dir, sehr aufmerksam.", quitierte er die Geste der serva und begann seine Hände mit dem Wasser zu waschen und im Anschluß mit einem Tuch zu trocknen. Dieses gab er es der serva zurück und just in diesem Moment tauchte eine weitere Person auf und Mārcus Grinsen wollte gar nicht mehr vergehen, als diese Person ebenfalls sprach.


    "Salve domine", murmelte Diocles: " Bitte folge mir, Herr." Mehr sprach er nicht, das tat er nie. Der Byzantiner war schüchtern.

    'Wenn ich es nicht besser wüßte, Achaea wäre der Ort wo dieses Haus steht.', dachte er und versuchte sein schelmisches Grinsen wieder in den Griff zu bekommen. 'Sāturnīnus hat sich halb Achaea ins Haus geholt. Κρόνος (*1) könnte ich ihn rufen, wobei ...' Mārcus schweifte kurzzeitig mit seinen Gedanken ab.


    Er folgte seinem Begeleiter, der ihn gekonnt durch einen kurzen Korridor weiter durch das ātrium, und es war ein ātrium corinthicum, was Mārcus erneut zum Schmunzeln bewegte, hin zum triclīnium, gelegen an der rückwärtigen Seite des ātrium, führte. Obwohl Mārcus das Grinsen nur schwer unter Kontrolle bringen konnte, konstatierte er eine geschmacklich anregende Einrichtung. Alles wirkte harmonisch ineinander vereint.


    'Ō Κρόνος, du hast es aber mit Archaea. Die cēna wird mit Sicherheit interessant.', dachte sich Mārcus und folgte die letzten Schritte seiner Begleitung.




    Sim-Off:

    *1) Κρόνος - Krónos --> Sāturnus

    Mārcus saß mehr schlecht als recht auf der Kante seines Bettes, in der Hoffnung, daß die Welt sich wird bessern, zumindest seine Welt und wartete auf die Rückkehr des servus. Nach gefühlt zwei Consularwahlperioden öffnete sich erneut die Tür zu seinem cubiculum und es erschien jener, der ihm sagen wollte, was sich gestern zugetragen hatte. Zumindest, wie Mārcus in sein Bett gekommen ist.


    "Domine, ich habe etwas zu essen dabei.", und stellte dabei einen Teller mit Käse, Brot, Oliven und gebratenen Fleischstreifen auf den Tisch. Der Duft des Essens stieg Mārcus in die Nase und er verspührte, wie er Hunger bekam. "Wolltest du mir nicht etwas erzählen?", fragte er den servus, während er mit der Hand den Teller zu sich holte und zu essen began.

    "Domine, du bist gestern an der porta angekommen und hast recht ruppig gegen die selbige geschlagen, so daß der Iānito dachte, ein Pöbel würde eindringen wollen. Als er dich erkannte bist du beim neuerlichen Versuch die porta aufzuschlagen durch die da geöffente Tür nach vorne in den Eingang gefallen."
    Der Sklave wartete einen kurzen Augenblick, so daß Mārcus Zeit hatte, das Gesagte zu verarbeiten und fuhr dann fort.


    "Er hat mich rufen lassen, so daß ich dich in dein cubiculum bringe, bevor die Gastgesellschaft noch etwas von deiner Befindlichkeit mitbekommt. Und als ich zu dir getreten bin, wie du so am Boden lagst, hast du immer irgendwetwas von Salāx, deinem Vater und von irgendweinem Betrug an dir geredet. Wobei, verzeihe mir domine, es eher ein daher Lallen war, so daß ich nicht mehr die genauen Worte habe festsellen können." Wieder legte er eine kleine Pause ein und sah dabei Mārcus an, während dieser sich an seinem Essen festhielt und immer wieder Wasser trank.


    "Wir haben dich dann aufgerichtet. Deine Tunica war hin und vorne rot von Wein und Erbrochenem. Deine Hände hatten Blut an den Knöcheln, so daß wir uns sorgten, du könntest dir die Hände verletzt haben, aber wir fanden keine Wunde beim Nachsehen. Ich habe dich dann beim Gehen gestützt, wobei es fast schon Tragen war und dich schnell ins balneum gebracht, um dich zu waschen und zu sehen ob du verletzt bist." Der servus sengte leicht den Kopf als er fortfuhr, "dabei hast du in den Gang erbrochen und nochmals im balneum, wobei du dich dort auch noch eingenässt hast und dabei etwas von 'Vater hatte recht' gelallt hast".

    Marcus griff sich bei der Ausführung an den Kopf. Das Geschehen war ihm, den Göttern sei Dank, komplett entfallen. Jetzt wo er es erzählt bekam, fühlte er sich nicht wirklich besser und hoffte nur, nicht all zu sehr aufgefallen zu sein.


    "Deine Kleidung habe ich im balneum gelassen und dich einfach in dein cubiculum gebracht und auf dein Bett gelegt, mit einer Decke zum Zudecken. Du mußt dich auch nicht wegen deiner Bekleidung sorgen. Die ist schon vorgereinigt und seit heute morgen in der Wäscherei, so das alle Spuren verschwinden werden. Deinen Händen fehlt auch nichts und die wenigen Kratzer habe ich mit einer Salbe zuvor eingeschmiert, so dass sie sich besser schließen und verheilen. Es scheint als hättest du gestern eine Auseinandersetzung gehabt."

    Mārcus stöhnte kurz, seine Kopfschmerzen wurden mit jeder neuen Mitteilung nur schlimmer. Nur schemenhaft konnte er sich an ein Gesicht erinnern und an einen Mädchenparfum, daß ihn an die Salāx aus Gādēs erinnerte. Er bekam es einfach nicht mehr zusammen.


    "Danke dir, führe deine Führsorge. Hoffentlich habe ich nicht die Hochzeitsfeier gesprengt." "Nein, die waren im anderen Hausbereich dabei auf das Brautpaar zu feiern und hatte mit sich genug zu tun. Bei manchen konnte man denken, sie wollten dir nacheifern.", rutschte dem Sklaven der letzte Satz hinaus. Er senkte sofort leicht den Kopf um anzudeuten, dass er wohl zu weit gegangen war. "Oh, nun ja, dann habe ich da wohl Glück gehabt.", überging Marcus den letzten Satz gekonnt. "Nimm dir 2 sēstertiī aus meinem Geldbeutel für deine Fürsorge. Ich werde sehen, wie ich mich hier berappel. Und Danke dir."
    Damit entließ er den servus, der sich mit einem Umweg zum Geldbeutel und der Entnahme der 2 sēstertiī aud dem cubiculum entfernte und die Tür hinter sich zuzog.

    "Hast Du auch vom Hochzeitsumzug der Annaea gehört?" "Ja, es soll toll gewesen sein, einer meiner Bekannten hat mir davon erzählt. Er hatte ihn gesehen."


    "Hey, Bürschchen, paß auf wohin du deine nichtsnutzigen Füße setzt!", blaffte ein Mann einem Jungen hinterher, der im Vorbeirennen seine Verkaufsauslage umgestossen hatte und nun alles wieder aufsammeln konnte. "Komm mit Hübscher, mich kannst du schon für 4 asses haben!", beziertste eine Lupa einen potentiellen Freier an der nächsten Ecke. "Nein, nein, laß gut sein!", wehrte der Mann ab. "Na komm, zier dich nicht. Ich besorge es dir besser als deine Frau oder Sklaven!", versuchte die Lupa es nocheinmal, wobei sie eine ihrer Brüste bloslegte und ihm unter die Augen hielt. Der Mann jedoch ging einfach weiter und verschwand im Gedränge der Straße


    Ein Taubenpärchen saß auf einem Vordach und beschaute sich die riesigen Zweibeiner, wie sie mal langsam, mal abgehetzt durch die Straße gingen. Mal in freundlichem Austausch vertieft, mal im Streit geeint, doch immer schön in respektabler Entfernung zu dem gefiederten Paar, so daß es sich aushalten ließ, das menschliche Theater zu verfolgen. Jetzt noch eine gute Portion Würmer für den Schnabel und bestes Unterhaltungsprogramm wäre garantiert.


    Hier nun zog Marcus ebenfals durch die Straßen und Gassen, seinem Ziel entgegen. Er hatte sich zuvor eine frische Tunica angezogen, nachdem er ausgiebig im balneum sich gesäubert und entspannt hatte. Über seinen Schultern hing sein sagum, das er von seinem Vater vermacht bekommen hatte, denn die Jahreszeit hatte immer noch kühle bis kalte Nächte in ihrer Hinterhand. Das sagum des Vaters war trotz des Alters in einem guten gepflegtem Zustand und durchaus wert ausgeführt zu werden.


    Nach ein zwei Abbiegungen erreichte er nun sein Ziel: die casa furia. Er klopfte an die Tür --- tock tock tock

    "Achaea ist eine durchaus liebreizende Stätte, wenn auch äußerst überlaufen, da de facto jeder junger Römer, dessen finanzielle Mittel es erlauben, seine Ausbildung in Athen vollenden möchte. Es gibt weit unangenehmere Orte!"

    Germania oder auch Cappadocia stellte ich mir schlimmer vor. Oder eine Insel:


    Mārcus mußte bei der Schilderung des Sāturnīnus lachen. "Verzeih, geschätzter Sāturnīnus, mein Lachen. Ich habe mir nur gerade vorgestellt, daß in ferner Zukunft solch überlaufene Orte in unseren nördlichen Provinzen, wie Belgica oder Batavia, als Freizeitstätte errichtet werden, wo Menschen mit wenig Begabung und noch weniger geistigem Vermögen sich in überteuerten Kammern einpferchen lassen um noch schlechteres Essen aus noch fragwürdigeren caupōnae zu essen, um im Anschluß von Kurzweil und Erholung zu sprechen.(*) Natürlich möchte ich nicht absprechen, daß jede Landschaft ihre Reize hat. Die Frage ist blos, zu welchem Preis."

    Damit verschand erneut eine dieser köstlichen gesalzenen Oliven im Mund und er hatte so langsam das Gefühl, dass sich seine inner pompa langsam dem Ende näherte. 'Bei allen Göttern, dass wird auch langsam Zeit.', dachte Marcus.


    "Vielleicht wäre selbst aber ein Exil kein zu hoher Preis, wenn man dafür ein Odysseus sein könnte!

    Er, der in keiner Lage verzagt und immer eine Lösung findet, ist tatsächlich einer meiner Lieblingshelden. Welcher ist deiner, werter Annaeus Conservator und weshalb?

    Ich hoffe sehr, dass du mir diese Frage in jenem gemütlichen und intimen Rahmen beantworten wirst, den nur das eigene Zuhause bieten kann, da stimme ich dir zu.

    Es wäre mir somit eine große Freude und eine Ehre, dich als Gast zu einer kleinen und zwanglosen Cena in der Casa Furia begrüßen zu dürfen. Wäre es dir übermorgen genehm ?"


    "gratias tibi, Sāturnīne. Ich nehme mit Vergnügen deine Einladung an. Ich bin mir sicher, es wird eine interessante Unterhaltung und darüber hinaus bietet sich die Möglichkeit deine Gastfreundschaft zu würdigen zu wissen." Es folgte ein Schluck Wasser gegen den inneren Brand. 'Wasser ist häufig viel zu sehr unterschätzt.' freute sich Mārcus über das kühlende Naß.



    Sim-Off:

    (*) kleine Anspielung auf die ferne Zukunft des ausgehenden 20ten Jhd mit ihren Center Parks

    Mārcus runzelte kurz seine Stirn, bei der Frage. Er fragte sich, ob es wirklich einen gibt, der von der mancipātiō nichts gehört hat. Immerhin handelt es sich um ein Rechtsakt, der immer noch ausgeführt wird, auch wenn sie mittlerweile an Bedeutung verloren hat. (*1)

    "Die mancipātiō bedarf doch eigentlich nur einer leichten Auffrischung. Die mancipātiō ist als Verfügungsgeschäft zu verstehen.", begann Mārcus seine Einlassung.

    "Sie ist fast formelähnlich der vindicātiō (*2), daher kann man auch sagen, dass die mancipātiō sich aus der vindicātiō entwickelt hat.", er legte eine kurze Pause ein, um das Gesagte nachwirken zu lassen und fuhr dann fort:


    "Es wird eine Spruchformel gebraucht, die bitte auch einzuhalten ist, und nicht durch fremde Einflüsse beeinträchtigt.", Mārcus grinste dabei Sāturnīnus schelmisch an und zwinkerte ihm mit einem Auge zu.


    "Die zu gebrauchende Forma lautet: hunc ego hominem ex iure quiritium meum esse aio isque mihi emptus esto hoc aere aeneaque libra. (*3) Ferner bedarf es 5 Zeugen, die römische Bürger sind und eines weiteren als lībripēns (*4). Im Anschluß klopft der Kläger mit einem Kupferstück gegen die Waage.

    Es wird damit also eigentliche Klage gegen einen Dritten erhoben. Nach unserem Rechtsgrundsatz, wer schweigt stimmt zu, hier folglich, wer schweigt gibt seine Schuld zu, bleibt der Beklagte stumm und erkennt so seine Schuld an. Zum besseren Verständnis füge ich hinzu, dass der Kläger behauptet, er war schon immer Eigentümer gewesen und die Sache nur widerrechtlich im Besitz des Beklagten. Der Beklagte schweigt darauf hin, er stimmt folglich zu, und die Besitzverhältnisse in Bezug zum Eigentum sind wieder richtig gestellt."


    Mārcus griff zu einem Becher Wasser und nahm einen Schluck aus diesem; hier sollte man wirklich bei klarem Verstand bleiben.




    Sim-Off:

    *1) Die mancipātiō als Rechtsakt war zwar strukturell zur frühen Kaiserzeit überholt, doch erst im Verlauf der Rechtsentwicklung verschwand sie dauerhaft als Rechtsakt. Unter Justinian I. erstelltem „Corpus Iuris Civilis“ (528-534) taucht sie nicht mehr auf. Zum Zeitpunkt des IR ist sie im Prinziep immer noch vorhanden, doch nicht mehr so geläufig, dennoch rechtsgültig. Im Nachklang ist sie noch heute zu finden, als symbolischer Kaufpreis, z.B. für Grundstücker/Sachen zu 1 €/DM.

    *2) vindicātiō – Anspruchsrecht (jur) , Notwehr

    *3) hunc ego hominem ex iure quiritium meum esse aio isque mihi emptus esto hoc aere aeneaque libra -
    Ich erkläre, dass dieser Sklave oder der jeweilige Kaufgegenstand nach dem Recht der Quiriten der römischen Bürger mir gehört und er soll von mir gekauft sein durch dieses Kupferstück und diese bronzene Waage

    *4) lībripēns – der beim Kauf die Waage hält

    "Mit dir zu speisen, werter Annaeus Conservator, würde mir sehr zusagen. Oder ziehst du dem heimischen Triclinium anderes vor? Es gibt hier in Roma eine Taberna, die nicht den gewöhnlichen Gaststätten gleicht, sondern philosophischen Diskussionen und Gesprächen offen steht: Die Taberna Palindromos. Sehr nett dort und ungewöhnlich.".... außerdem hatte ich dort mit Seius Ravilla zusammen einen Rhetorikwettstreit gewonnen, und mein Name hing aus, was mir natürlich gefiel**:

    "Doch welches Ende von Odysseus meinst du genau? Ich kenne mehrere."


    "Geschätzter Saturninus, wurde nicht Odysseus wegen der gemordeten Freier von Neoptolemos exiliert und ging mach Itālia? So jedenfalls berichtet Aristoteles laut Plutarchus.", Mārcus grinste, während in seinem Kopf die pompa eine weitere Runde beschritt. "Nicht das du ähnliches zu erleben erleidest, wobei deine Exilierung dann wohl eher Achaea wäre. Daher mein Odyssos, daher." Irgendwie mochte er seinen Gesprächspartner, auch wenn dieser, seinem Geschmack nach etwas zu viel, immer was aus Achaea anzubringen hat. 'Halt dich zurück, nicht das Saturninus noch irgendwie dort aufgewachsen ist.', dachte sich Mārcus ehe er fortfuhr.


    "Es freut mich sehr, dass gemeinsam zu speisen auf deine Zustimmung stößt, Saturninus. Sollte es für dich keine großen Umstände bereiten, freue ich mich auf einen anregenden Abend im triclinium. Ich denke, für die nächsten Tage habe ich die Posca auf, von tabernae." 'Vor allem seit gestern.'' schon er in Gedanken nach.


    Er schob sich eine Olive in dem Mund, heute würde er morden können für gesalzene Oliven.

    Salvete, ich schreibe ihn hier herein, da ich wegen eines Links keinen neuen Thread eröffnen wollte. Ich finde diesen hier schön zur Inspiration:

    https://www.antike-tischkultur.de/index.html


    Eine Quelle von Abbildungen zu vielen Themen der Alltagskultur, von römischen Klapptischen über das Badewesen bis zu Trinkgefässen. Auch andere antike Völker.

    Ja, kenne ich und bin bei dir. Wirklich informativ. :dafuer:
    Die Seite könnte nur etwas augen- und navigationsfreundlicher sein. :hallo:

    Mārcus vernahm wohl die Worte und den darin enthaltenen Sinn, ihn zu beschwichtigen. Die Stimmen aus der caupōna drangen ebenso zu ihm, wie der beißende Geruch verbrannten Fettes und Öles, welches vom Fleisch in die glühende Holzkohle tropfte.

    Er schloß mehrmals kurz und heftig hintereinander die Augen, so wie zeitgleich sein Griff um den Arm der Person fester wurde, dass bei ihm die Knöchel begannen weiß hervor zu treten. Kurz tauchten Bilder aus Gades, von Salax, vom Vater, von den beiden Männern am Abend vor seinem geisigen Auge auf


    'Kümmer dich zum Abschied um unseren Freund Lascīvus. Er hält große Stücke auf dich, enttäusche ihn nicht.'
    'Hahaha ... ja und zwar ein großes Stück halte ich für sie.'


    'Sie taugt nichts, glaube mir. Es bringt dir nichts als Ärger, sich mit ihr einzulassen. Bleib ihr fern.'(*)


    Marcus schüttelte kurz seinen Kopf und sah dann direkt die Person an, die jetzt in seinem festen Griff der Hand an ihn gefesselt war. Mit seiner anderen Hand, die er begann in Richtung der Brust auszustrecken, griff er zu und spührte ... nicht, nur flaches Land, wie die weiten Po-Ebenen, keine saftigen Hügel des Apenin taten sich auf. Er ließ seine Hand weiter nach unten gleiten und unter die Tunica seines Gegenübers, dahin, wo eigentlich die weichen und anschmiegsamen Gefielden der Venus hätten sein sollen, doch alles, was er vorfand war eine von Asinias drallen Würsten.

    Er zog seinen Gegenüber unsaft in den Schatten der Insula, da wo der Schein der caupona nicht mehr wirklich hin fiel und begann seinen Gegenüber auf den Boden zu drücken. Seine Hand verließ die Wurst des Asinias und legte sich um den Hals mit stetig zunehmenden Druck, löste sie wieder und dann,


    .... war sein Vater wieder anwesend .... Sie taugt nichts, glaube mir … Bleib ihr fern … Sie taugt nichts … Es bringt dir nichts als Ärger … Sie taugt nichts … Bleib ihr fern … glaube mir … glaube mir … glaube mir … mir.


    Er holte aus und begann wie im Rauschzustand auf den armen, hier wohl ein Mann und nicht Salax, seine heimliche verbotene Jugendliebe, zu verdreschen. Vorbeitorkelnde Nachtwanderer grunzten vergnügt und schleuderten einige Anfeuerungsrufe den beiden am Boden liegenden zu und schwankten weiter.

    Als die caupona ihre Lichter losch, löschte Marcus seine Erinnerung endgültig mit einem Krug mulsum aus, den er kurz vor Ladenschluß, nachdem er der Möchtegern-Salax mit letzten Schlägen eine Sternenstunde verpaßt hatte. Ein Schwall Kotze ergänzte als Zusatzbekleidung den am Boden jammernd sich windenden Lupo.


    Jedenfalls steht im morgen die Schminke länger im Gesicht.

    War ab Freitag bis Monatg auf Übung und konnte da nur sporadisch hier online sein.

    Zwar war die Übung bekannt, jedoch nicht das überwiegende Fehlen eine Mobilnetzes zur Aufrechterhaltung von Kommunkationslinien. :patsch:

    Ich lese mich jetzt in die in dieser Zeit geschriebenen Beiträge ein :lesen: und steh seit eben wieder pilum bei Fuß.

    Bitte nicht zu dolle auf mich einschalgen :schlag:, danke euch.:knuddeln:

    Nārbō - pars prima


    Mārcus verließ das Schiff, nachdem es angelegt hatte, mit einem Sprung auf die Kaimauer und Mole und ging Richtung Hafenviertel. Hier herrschte rege Betriebsamkeit, Lastenträger, die Waren von den Schiffen holten und auf Karren packten, andere die zu befördernde Fracht auf die Schiffe brachten und dort unter Anleitung verstauten und sicherten. Direkt am Hafen gelegen, die zahlreichen caupōnae und tabernae, wo Seeläute und Händler ihr Geld verspeißten und versoffen, begleitet und umschwirrt von jenen, die nur zu gerne das Geld jener durch sexuelle Dienstleistung abschöpfen wollten. Freiwillig oder weil sie mußten war nicht immer auszumachen. Daneben konnte man auch Männer finden, die dem Glücksspiel fröhnten und bei der ein und auch anderen Tischrunde kam es schon mal zu Handgreiflichkeiten, weil sich einer betrogen fühlte. Nicht, dass dies nicht vorgekommen ist, nur Alkohol und Glückspiel führen bisweil in unrechten Moment zu abrupten Emotionsausbrüchen.


    Häufig beruhigte sich die Lage nach Austausch von Unnettigkeiten durch den beherzten Eingriff des Schankwirts oder einer seiner, wenn vorhanden, Sklaven, manchmal kamen auch die städtischen Sicherheitsorgen hinzu, wenn ein Gast durch ausgeführte Schnitt- und Stichtests die Funktionsfähigkeit seines Messers oder Dolches vorgeführt hatte. Der Tetsprobant hatte dann immer ein größeres Problem, es soll auch schon zu Todesfällen gekommen sein. Die Sicherheitsorgane kamen dann meistens in einer Gruppe in die betreffende Lokalität und droschen mit ihren Knüppel auf alles und jeden ein, der nicht rechtzeitig aus dem Dunstkreis der Streithähne verschwand, was wiederum zu weiteren körperlichen Blessuren bei unfreiwilligen Probanden führte, doch sei es drum. Hier also, in den im Hafen befindlichen Geschäften tobte der Bär, pulsierte das Leben in all seiner Farbenpracht.


    Wenn man nun diesen Ort der friedlichen Koexistenz hinter sich läßt und weiter in die Stadt gehen will kommt man über den cardō maximus unweigerlich auf das Forum zu mit dem Capitōlinum und passiert dabei das horreum mit seiner Bewachung, welches als cryptoporticus errichtet wurde. Damit hatte man im Grunde das Herz der Stadt Nārbō und somit auch der prōvincia nārbōnēnsis erreicht- Hier fanden sich neben den einzelnen Geschäften im Erdgeschoß, die unterschiedlichsten Amtsstuben in den oberen Galerien, die für eine Verwaltung der Stadt und zum Teil auch der Provinz von nöten waren. Was nicht in den Akten steht ist nicht existent., erinnerte sich Mārcus an die Worte seines Vaters auf die Frage, warum dieser immer so penibel über seine Geschäfte Rollen führte, in diesem Fall durch seine Frau, Mārcus Mutter, führen ließ. Man meldete die Geburt seiner Kinder, Ehen, Scheidungen, Steuern, Feiertage, Testamente, eigentlich das ganze Leben bei diesen fleißigen Bienen in den Amtsstuben und ihren diversen Ablegern und Institutionen.


    Das Nārbō qua Status als Provinzhauptstadtt auch noch zahlreiche notwendige Verwaltungsebenen für eben diese bereit- und unterhielt, bedarf nicht wirklich einer Erwähnung. Allein schon die zahlreichen Menschen, die sub aquila ihren Dienst in der Stadt verrichteten, waren an ihrem cingulum mīlitāre, dem beständigen klack klack klack ihrer caligae und der fōcāle zu erkennen. Sie bildeten das Gerüst jener gut geschmierten Verwaltung, welches das größte Reich aller Zeiten zu jener Effizienz führten, welche die Barbaren schon immer beneideten. Jedes klack klack verkündete die Macht und den Erfolg Rōmae, die wirtschaftliche Potenz seines Trägers und verspach somit auch allen andern Einkommen und Sicherheit. Sie waren Rōma, sie waren Imperātor Augustus, jeder einzelne von ihnen.


    Auf seinem Weg über den cardō maximus hörte Mārcus im Stimmengewirr der vielen Menschen, viele unteschiedlichen Sprachen und Dialekte, wobei manch Dialekt sich auch als Sprache verstand und wehe man sag was anders. Neben dem Lateinischen und dem Keltischen Sprachdialekt der Region waren auch zahlreiche exotischere Sprachen zu vernehmen. Das Knaksende Sprechen eines aus Germanien stammenden Händlers mischte sich mit dem seines Gesprächpartners, der einen punischen Zungenschlag mitbrachte. Der dritte im Bunde wirkte Thrakisch und seine Zunge unterstich den Eindruck. Alle drei schienen sich über eine Handel einigen zu wollen und sprachen in Latein, wobei das eine und auch andere Wort in Koine genutzt wurde, beim Thraker mehr denn beim Germanen. Das im Gespräch auch über einen Vertrag und seiner Hinterlegung gesprochen wurde verdeutlichte nochmals die ungeheuere ordnende Kraft, die Rōma mitgebracht hatte, als es der Dunkelheit Licht brachte.


    Eine Gruppe von gut gekleideten Frauen quatschte über das bevorstehende Theaterstück, aufgeführt von einer in der regions sehr bekannten Gruppe von Darstellern und man ertappte sich beim Zuhören dabei, dass anscheind einer aus der Gruppe nicht nur durch seine schauspielerische Darbeiten zu gefallen wußte, sondern auch durch Darbietung körperlicher Art. Die Schlußfolgerung, dass jene Dame dann ebensolche schauspielerischen Höchstleitungen darzubringen hätte, falls eine Lendenfrucht die Einwohnerzahl des Reiches um eins erhöht, kam Mārcus in den Kopf, bevor er sich in einer caupōna niederliess, um sich etwas zu essen zu bestellen.

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    Evenor


    »Natürlich erinnere ich mich, wie könnte ich dein Gesicht vergessen? Und deine Augen so blau wie der Himmel!«

    Mārcus Herz frohlockte, als er vernahm in Erinnerung geblieben zu sein. Dieser eine Augenblick, ja dieser eine Augenblick, wo sie ihr Liedchen trällerte mit dieser zarten Stimme, Vogel gleich, und sie dann aufschaute, zu ihm, und sie sich ansahen, bis ... ja bis sein Vater ihn rief. Er merkte, wie sein Arm von Fingern liebkost wurde, der Arm in den sie sich eingehakt hatte.

    Sie gingen eine Schritte und er hörte irgendeinen Namen von drallen Würstchen und begann zu schmunzelt, da stieg ihm der Geruch von gebratenem Fleich und Holzkohle in die Nase und mit jedem weiteren Schritt wurde das Mädchenparfum seiner Begleitung duch den Geruch der caupona ersetzt und Gādēs verschwand langsam am Horizont und Rōma trat hervor.

    "Salax, mein Liebe, wie bist du eigentlich nach Rōma gekommen?", sagte er zu ihr während sein Blick auf die caupona fiel, wo noch zur späten Stunde Betrieb herrschte. Seine frei Hand berührte den bei sich eingeakten Arm und eigentlich wollte er ihre Zärtlichkeit erwiedern, doch ein brennender Geruch von in Glut verbrannten Fettes drang in sein Nase und wischte Gādēs hinfort - zurück blieb der Moloch Rōma mit Mārcus und einer an seinem Arm hängenden Person.

    'Bei allen Göttern, war sie nicht weiblich? Verdammt, was mache ich hier?', ging es ihm durch den Kopf, immer mal wieder lichte Momente haschend, die der beißende Geruch verbrannten Fettes und Öls in seiner Nase bewirkt.


    Und so begann sich sein Hand fest um den Arm seiner Begleitung zu schließen. Unbewußt den Druck erhöhend, dass schlußendlich das Blut an der gedrückten Stelle entwich und eine blasse, fast ins weißliche gehende Haut am Arm die Welt der Nacht erblickt. Er bewegte seinen Kopf hin zu seiner Begleitung und fixierte ihr Gesicht, die Augen, ja er begann auf einmal, wie in einem hellen Moment des Augenblicks, sich zu fragen ob es sich um eine Frau handelt.


    "Du bist nicht Salax!"