Saguntum – finalis pars (*1)
Als Mārcus durch den Eingang der Taberna Tōnsōris (*2) wieder auf die Straße nahm er seine ursprüngliche Rinchtung zum Forum wieder auf. Auf seinem Weg passierte er einen Vīnārius (*3) mit seiner Taberna der in verschiedenen Weinamphoren seine flüssige Ware lagerte. In seinem Lokal war ebenfalls ein Theke vorhanden. Ein typischer Einbau mit Öffnungen auf der Oberseite. Hier wurde der Wein aus seinen Amphoren in die Gefäße der Kunden durch ein Sieb abgefüllt. Dazu brauchte man nur seinen eigenen Behälter unter das Sieb halten, welches durch eine vorne eingelassene Öffnung zugänglich war. So konnten auch unterschiedliche gewürzte Weine zusammengestellt werden. Mārcus ließ den Vīnārius auf seiner Linken liegen lief weiter. Hier mal einer stehenden Gruppe schnatternder Frauen ausweichend, die sich über den neuesten Tratsch unterhielten und dort einem stark betrunkenem Mann, dessen Kumpel sich versuchte im schwankenden Zustand zu kümmern.
An der Straße reihten sich die Geschäfte und er besah sich kurz die Auslage eines Faber Marmoris (*4), der neben seiner Tätigkeit in diesem Gewerk auch handlichere Angebote offerierte. Vielleicht würde er auf dem Rückweg hier noch einmal anhalten und etwas erwerben. Während er weiter seinem Ziel entgegen ging, fiel ihm eine Taberna eines Faber Ferrārius (*5) ins Auge, der anscheinend ein wohl sortiertes Sortiment an Haushaltswaren feilbot. Neben den üblichen Produkten, wie Ōllae (*6), Patinae (*7), Īnstrūmenta Ēscāria (*8), Cultri (*9) und Cultri Vēnātōrius (*10), bemerkte er auch Pūgiōnes (*11).
Er bleib stehen, um genauer wahrzunehmen, ob es einen gibt, der für ihn in Frage kommen könnte, denn er hatte immer häufiger den Eindruck, sehr unbekümmert die Reise angetreten zu sein und zumindest eine eigene gewisse Wehrhaftigkeit kann nicht schaden. Zwei Stücke kam für Mārcus in die engere Auswahl. Der eine hatte sehr schöne Einlegearbeiten und einen versilberten Handgriff. Besonders das Haupt der Medūsa mittig der Scheide als Silbereinlage gefiel ihm besonders. Auf der anderen Seite würde dieser Pūgiō wohl für mehr Aufsehen sorgen und Probleme anziehen, denn abwehren. Er dachte kurz nach, seufzte leicht und entschied sich für den anderen, eigentlich zu schlichten. Dieser würde seinen Zweck erfüllen ohne Aufsehen zu erregen. Mārcus drückte das Geld dem Verkäufer in die Hand und steckte sich den Pūgiō in den Gürtel, bevor er von dannen ging.
Er passierte auf seinem weiteren Weg noch zwei, drei Tabernae Sūtōrius (*12), und in ein Faber Tīgnārius (*13) war in seiner Taberna damit beschäftigt seine Kraft und Geschicklichkeit am Holz auszuprobieren, so genau hatte er nicht hingesehen. Er blieb kurz stehn ohne sich zu vergewissern, was hinter ihm vor sich ging, und prompt lief ihm eine Person von hinten in den Rücken.
„Stulte! Animum attende!“ (*14), sagte Mārcus, wobei er sich umdrehte und einen abgehetzten kleinen Jungen erblickte, der ihn verwirrt ansah, so, als ob er gerade aus seinen Gedanken gerissen worden wäre.
„Mē īgnōsce, domine! mea culpa. dēlīberābundus eram domine!“ (*15) und versuchte auf die Straße zu treten und so Mārcus auszuweichen. Mārcus packte den Jungen am Kragen seiner Tunica und zog ihn wieder auf den Gehsteig. So leicht wollte er ihn nun nicht davon kommen lassen.
„Jetzt pass mal gut auf, du Flegel. Danke den Göttern, dass ich ein nachsichtiger Mensch bin. Du wirst so noch in dein Unglück rennen.“ Er besah sich den Jungen von oben und unten. Er strotzte vor Dreck und wirkte verängstlich.
„Kommst du von hier?“
„Ja, Herr. Ich bin hier geboren.“
„So, so. Hier geboren und bald hier gestorben, bei deiner Achtsamkeit.“
Der Junge zuckte zusammen, sein Blick viel auf den Pūgiō, den er in Mārcus Gürtel stecken sah. Gleichzeitig dachte Mārcus kurz über seine Möglichkeiten nach. Seine Reise war bis jetzt weniger erbaulich als angenommen und es sind nun schon einige Tage vergangen. Da kann eine Menge passiert sein.
„Du bist dreckig wie ein wilder Esel! Hast du wenigstens Geschäftssinn in deinem Kopf oder haben dich die Göttern nicht nur mit Unachtsamkeit, sondern auch mit Blödheit gestraft?“
Der Junge war nun vollends verwirrt und starrte Mārcus mit großen Augen an.
„Ich bin schon länger unterwegs und meine Reise wird noch dauern, daher unterbreite ich, trotz deines Fehlverhaltens ein Angebot.“ fuhr er weiter fort.
Der Junge führte intuitiv seine rechte Hand an seinen Hintern und rieb seine Pobacke, wobei er leicht sein Gesicht verzog.
Mārcus bemerkte die Bewegung und Richtung des Jungen und mußte laut auflachen.
„Nein, nicht das. Suche dir dafür jemanden anderen. Ich schlage dir ein Tauschgeschäft vor. Du erzählst mir alle Neuigkeiten der letzten Tage, was alles vorgefallen ist und ob es Gerüchte, auch politischer Art, gibt und dafür zahle ich dir den Badbesuch. Ich brauche Gesellschaft und Kurzweil und im Moment bist du, Schutzfink, mir lieber als meine Reisebegleiter.“
„Oh!? Herr … ich weiß nicht, ob ich alles mitbekommen habe.“
„Gut, hören kannst du mich, bist also nicht taub. Dann wird schon das eine oder andere bei dir angekommen sein. So, und nun los, meine Zeit ist knapp bemessen.“
Damit packte Mārcus den Jungen erneut am Kragen und steuerte so mit ihm Richtung Bad, das seine Werbung an eine Häuserwand gekritzelt hatte.
Am Eingang des bades entrichtete Mārcus für beide die Entgelte und es ging in den Umkleideraum Einige der anwesenden Besucher guckten die beiden Neuankömmlinge schräg an, ließen sie jedoch in Ruhe. Als beide sich ihrer Kleidung entledigt und in den über den Bänken angebrachten Regalkästen abgelegt hatten, betraten sie das Bad.
Sim-Off:*1) finalis pars – Endteil
*2) taberna tōnsōris – Barbierstube, Friseurladen
*3) vīnārius - Weinhändler
*4) faber marmoris – Marmorkünstler / -handwerker
*5) faber ferrārius – Schmied
*6) ōllae – Töpfe (ōlla - Topf)
*7) patinae – Pfannen (patina - Pfanne)
*8) īnstrūmenta ēscāria - Besteck
*9) cultri – die Messer (culter – das Messer, Schlachtmesser)
*10) cultri vēnātōrius – die Jagdmesser
*11) pūgiōnes – Dolche (pūgiō – der Dolch)
*12) Tabernae Sūtōrius - Schusterläden
*13) Faber Tīgnārius - Zimmermann
*14) stulte! animum attende! - Narr! Pass auf! (stultus – Narr / animum attendere - aufpassen)
*15) Mē īgnōsce, domine! mea culpa. dēlīberābundus eram domine!
Verzeih mir! Meine Schuld, ich war in Gedanken versunken, Herr!