In Merulas Kopf arbeitete es ununterbrochen, seit er das Ziel des Ausbildungsabschnittes kannte, daher verpasste er den Moment, an dem Obsidius das Schwert ins Wasser warf. Er musste nachdenken, antworten und kombinieren. Sie hielten sich auch nicht alleine am Ufer auf. Sie standen an einer Stelle, wo die Tiberinsel den Fluss teilte. Bis zum Zeitpunkt, an dem die Aufgabe benannt wurde, dachte er nur über mögliche Vorhaben, aber nicht über die Ausführung nach. Erst jetzt sickerte ihm die Vorstellung ins Bewusstsein, sich dem kühlen Nass auszusetzen, was sogleich sämtliche Härchen aufstellte und eine Gänsehaut produzierte. Er entledigte sich nur der Tunika, um sich später in etwas Trockenes wickeln zu können. Mehr seiner Hüllen ließ er nicht fallen, denn er präsentierte sich nicht gern. Als er mit den Zehen des ersten Fußes die Wasseroberfläche durchbrach, schrumpfte sein bestes Stück auf Minimalmaß, obwohl sich der große Rest des Körpers noch an Land befand.
"Scheiße, ist das kalt!" Er prustete, während er wie ein Storch Schritt für Schritt vorwatete. "Weiß jemand, wo das Ding liegt?" Schon jetzt klapperten seine Zähne, denn an Merula fand sich kein Fettpölsterchen, das ihn hätte wärmen können. Eine Antwort bekam er nicht, denn alle hatten mit sich selbst zu tun. Er wartete fast bis zum Schluss, bevor er mit einem Schrei bis zum Bauch ins Wasser eintauchte. Wie spitze Nadeln drang die Kälte in seinen Körper. Er hechelte, um sich vom Quieken abzuhalten und auf anderes zu konzentrieren als die thermischen Reize.
Schließlich kam er zu dem Schluss, dass sein Zögern gleichzeitig das Hinauszögern der Situation bedeutete, also nahm er allen Mut zusammen und warf sich ins Nass. Durch sein Zögern kam er lange nach dem erteilten Zeichen und als Letzter in Gang, um ans andere Ufer zu schwimmen. Den Rückstand holte er nicht mehr auf, obwohl er als guter Schwimmer galt, aber da sich bereits nach kurzer Zeit die Muskeln verkrampften, hatte er Mühe, überhaupt durchzuhalten. Zurück ans Ufer wollte er nicht, weil dann eine zweite Schwimmprüfung drohte, also lieber einmal Zähne zusammenbeißen und durch.
Er schleptte sich an Land und spürte den kaum vorhandenen Wind wie ein eisiges Tuch um sich. Da er Letzter war, musste er nicht lange auf das erneute Zeichen warten, aber er bedauerte seine Kameraden. Hoffentlich hagelte es am Abend für eine Prügel.
Nun galt es, das verflixte Schwert zu finden. Wie ein wildgewordener Affe hampelte er über und unter Wasser herum, nur um in Bewegung zu bleiben. Das Einzige, was gut klappte, war die Sicht unter Wasser, aber das Schwert entdeckte er trotzdem nicht. Wenn nicht er, dann sollte jemand anderer das Ding finden und zwar schnellstmöglich, denn mittlerweile spürte er seine Füße kaum noch.
Als er unter Wasser war, hörte er ein Grölen und tauchte auf. Mettius, das Schlitzohr, hielt den Gladius hoch und watete gen Ufer. Alle liefen hinter ihm her und spritzten sie dabei nass. Klappernd standen die Tirones am Ufer, während Mettius das Schwert zum Corni auf die Brücke brachte.