"Antreten Tirones. Heute lernt Ihr vier neue Waffen und deren Gebrauch kennen. Wie üblich zugehört und aufgepasst.
Heute erfuhr Sempronius viel über Waffen, solche, die er nach seiner bestandenen Tauglichkeitsuntersuchung ausgehändigt bekam, und solche, die in anderen Einheiten benutzt wurden. Es konnte nie schaden, möglichst viel zu wissen und in der Handhabung erste Erfahrungen zu sammeln. Obwohl er es zum jetzigen Zeitpunkt ausschloss, je zu den Legionen zu wechseln, dort würde er das Pilum brauchen. Ging er eines Tages zu den Auxiliareinheiten, müsste er das Prinzip der Schleuder kennen und den Bogen beherrschen. Er ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen, die Waffen alle einmal auszuprobieren. Beim Pilum kam es auf den Abschusswinkel an, der die Flugbahn bestimmte. Schnell merkte Sempronius, dass die Handhabung weitaus schwieriger war als gedacht, daher beschränkte er sich in seinen Versuchen auf eine halbwegs brauchbare Flugbahn, aber sparte es sich, ein Ziel anzuvisieren. Hätte er gewusst, dass selbst ausgebildete Legionäre dies so handhabten, wäre er zufriedener mit sich gewesen.
Mit der Hasta hatte er bereits in seiner geringen Freizeit geübt, daher schnitt er im Vergleich zu den anderen Tirones recht gut ab.
Das Bogenschießen bedurfte ebenfalls der Übung, wie er feststellte, zumal es hier nicht auf die Flugbahn, sondern auf einen Treffer ankam. Nach der Kürze der Probe kam er zu dem Schluss, die Handhabung zeitnah erlernen zu können, würde er nur ausreichend üben. Bei der Schleuder sah das anders aus. Sempronius stellte keinerlei Lerneffekt fest, je länger er übte. Die Geschosse flogen weitgehend unkalkulierbar durch die Gegend, sodass er penibel bemüht war, alles was ging oder stand aus seinen Flugbereich zu schicken. Einen brauchbaren Schleuderer würde er wohl niemals abgeben, aber während seines zukünftigen Dienstes musste er das auch nicht.
Nach dem Ausprobieren ging es an die Partnerübungen.
Jeder sucht sich einen Kameraden. Aufgepasst, Kamerad Sittius und ich werden Euch die einzelnen Übungen von Angriff und Abwehr demonstrieren. Ihr stellt sie nach
Wäre diese Demonstration vom Ausbilder und diesem Sittius nicht gewesen, hätte Sempronius vieles durcheinandergehauen, denn an Informationen gab es zu viele. Die Menge überforderte ihn, denn so gut wie alles, was er hörte, war Neuland und musste erst verinnerlicht werden. Als er hörte, am Ende würde mit gesamter Ausrüstung ein Pferd bestiegen werden, überkamen ihn doch erhebliche Zweifel. Aber er wollte nicht vorgreifen, sondern widmete sich den Waffenübungen mit einem Kameraden.
"Postumius, wollen wir wieder?" Sein Trainingspartner vom Vortag nickte. Beide kamen am Morgen in Ausrüstung zum Exerzierplatz, mussten also nichts mehr anlegen, sondern griffen gleich zur Hasta. "Pilum, Bogen und Schleuder können wir nicht zusammen üben. Das geht nur einzeln, also bleibt für den Partnerkampf die Hasta. Du kannst anfangen, mich zu treffen, und ich decke mich mit dem Scutum. Denk dran, Bauch und Beine brauche ich noch." Er grinste. Natürlich brauchte er auch noch die Arme und besonders den Kopf, aber die sah er bei der Übung weniger in Gefahr. Als schwierig bezeichnete er die Übung nicht, eher kostete sie Überwindung, auf einen lebenden Körper zu zielen, weil sich ein Treffer trotz Übungswaffen merkwürdig anfühlte. Nach einigen Versuchen wechselten sie in die Position des jeweils anderen.
Irgendwann verstanden die beiden, dass eventuell auch Schwertkampf und Dolch aneinander geübt werden sollten, waren sich darin aber beide nicht sicher. Es blieb nicht so viel Zeit für jede Übung, weil so viel auf dem Programm stand, und schon ging es weiter zum Pferd. Zu seiner Erleichterung stellte Sempronius fest, dass es sich um kein lebendes Tier handelte. Stümpernde Anfänger an einem fühlenden Wesen, das wäre in einer Katastrophe geendet.
Sempronius schaffte es nicht, in voller Ausrüstung auf das hölzerne Pferd zu gelangen. Er trug die Lorica segmentata, den Schienenpanzer der Milites, der sich nicht gut zum Reiten eignete, geschweige denn zum Aufspringen auf ein Pferd. Die Prätorianer und andere Einheiten zu Pferd trugen daher auch die Lorica hamata, das Kettenhemd. Bestimmt war das nur ein Test des Ausbilders.