Beiträge von Aulus Iunius Tacitus

    Ein Aurelier, der mich suchte. Dass ich wieder in Rom war, war den Aureliern sicher nicht entgangen. Mein Vater war für fast zwei Jahrzehnte immer wieder als Advocatus für die Aurelier tätig gewesen.


    "Den hast du gefunden. Freut mich, dich kennenzulernen, Aurelius. Worum geht es?"


    Ich war gespannt, was er von mir wollte. Gut, die Tatsache, dass er den Juristen Aulus Iunius Tacitus suchte, zeigte mir zumindest, dass er wohl einen juristischen Rat brauchte.

    Nun ich wäre bereit mich einem Juristen anzuvertrauen. Ich möchte diese Geschichte so ausgestalten, dass Coira freigelassen wird und ich sie trotz der Standesunterschiede heiraten kann. Ganz nebenbei muss ich dem Sklavenhändler die Luft aus den Reifen lassen. Der nervt mich nämlich sehr. Wie sieht es dabei juristisch aus, wenn meine Leibwächter die Handlanger des Sklavenhändlers beseitigen nachdem diese meine Villa angegriffen haben. Das IR ist doch ein ganz schöner Sündenpfuhl eieieiei.

    Nachdem die Heirat eine Schande für die Gens darstellt wie kann man diese trotzdem durchführen, meine Idee dazu eine Adoption eines Patriziers. Wäre das dann möglich??

    Ich würde das Ganze ingame eruieren, das ist dann auch spannender. Aber Du bist schon auf einer möglicherweise guten Spur. Ich schreibe dir mal per PN.

    Ahh endlich Konkurrenz bei den Juristen :D

    Wir können gern gelegentlich mal was zusammen machen Tacitus, wenn du längere Pausen zwischen Postings tolerierst.

    Konkurrenz soll ja belebend aufs Geschäft wirken. ;)

    Und ich habe kein Problem damit, wenn es auch mal längere Pausen zwischen den Postings gibt. Also ja, gerne können wir mal was zusammen machen... oder gegeneinander, wenn jeder von uns vor Gericht einen Mandanten vertritt.

    Auf dem Weg zur Exedra erzählte ich.


    "Nun, ich war schon immer sehr neugierig. Als Kind wollte ich alles, wirklich alles wissen. Das hat sich zwar im Prinzip nicht geändert, doch die Herangehensweise ist eine andere geworden. Mit zwölf ging ich nach Alexandreia, ans Museion. Dort wurde ich zu einem Philosophen ausgebildet. Wo ich als Kind noch staunend all die Wunder der Welt zu ergründen suchte, analysiere ich sie jetzt mit kühler Logik. Die Fragen, die ich mir stelle, haben sich grundlegend geändert. Es ist belanglos, wer wann welche Statue gemacht hat. Es ist sogar belanglos, wie man so eine Statue macht. Mich interessiert eher die Frage, was das genau ist, dieser Marmor, dass man ihn so formen kann. Mich interessiert, was aus welchem Grund an genau diesem oder jenem Platz ist. Der Blick hat sich vom Großen auf das Kleine gelenkt, und doch erkenne ich erst so das Ganze. Stück für Stück. Der Logos, der Anfang von allem, das will ich verstehen. Und ich weiß, dass ich es nie verstehen werden. Der Weg ist das Ziel."


    Ich sah Seius Stilo an und nahm einen Schluck Wein. Ja, das war ein guter geharzter attischer Wein. Sehr gut. Kaum merklich nickte ich Terpander anerkennend zu.

    Terpanders Offenheit gefiel mir. Das erinnerte mich an meine Zeit in Alexandria. Am Museion hatte niemand seine Meinung zurückgehalten, auch nicht die Sklaven in der Bibliothek. Gerade nicht die Sklaven in der Bibliothek.


    "Nun, dass ich mich noch an Tyrtaios erinnere, ist etwas, womit ich nie gerechnet hätte."


    Ich lachte kurz, bevor ich wieder in ruhig weiter sprach.


    "Nicht mein bevorzugter Dichter. Doch magst du Recht haben, was Sparta betrifft. Ich kenne diese Polis nur aus Schriften. Du wirst mir wohl etwas mehr über Sparta erzählen müssen. Und über dich. Wie kommt es zum Beispiel, dass ein Spartiat nun als Sklave in Rom dient? Das scheint mir sehr ungewöhnlich zu sein."

    Ich ließ die Kopfmassage emotionslos über mich ergehen. Meine Verachtung für jedweden Luxus musste ich ja nicht maßlos übertreiben. Denn Maßlosigkeit war auch eine Form von Luxus, und eines Philosophen unwürdig.


    Mit der Wahl des Gedichts überraschte mich Terpander. Ich rätselte, wessen Verse er rezitierte. Nachdem er geendet hatte, brauchte ich einen Moment, bis es mir ins Gedächtnis kam. Zu Ende war die Elegie noch nicht. Ich schloss die Augen, um mich besser zu konzentrieren.


    "Uns lasst für Land und Kinder mutvoll zum Kampfe gehn,

    Nicht bang besorgt ums Leben feige zur Seite stehn;

    Nein, Jungen, sondern streitet zusammen enggedrängt.

    Schmach, wen die Furcht befiele, Schmach, wer ans Fliehen denkt.


    Ermannt euch kühn... kühn..."


    Ich grübelte. Wie ging der Text weiter? Jetzt hab ich's wieder!


    "Ermannt euch kühn und stärket im Herzen euch den Mut

    Und kommt's zu Kampf und Streiten, spart nicht mit euerm Blut.

    Verlasst im Streit die Greise, die Alten nicht, die schwer

    Nur mehr die Glieder regen, flieht nicht vor denen her."


    "Terpander, du hast mich überrascht! Mit Vielem hatte ich gerechnet, doch nicht mit Tyrtaios. Mein Kompliment." Ich ließ ihm keine Zeit, etwas zu erwidern, sondern fuhr nach einer minimalen Pause fort. "Oft wird Sparta auf seine Krieger reduziert, die zweifellos Ehre verdienen, doch zu oft vergisst man dabei den unschätzbaren Wert, den Sparta für die Kultur der Hellenen hatte. Übrigens auch für die Musik, was recht interessant ist, wo du doch ein Namensvetter des berühmten Terpandros bist, der die Kithara verbesserte. Dies bringt mich unmittelbar zu einer Frage. Hast du eine Verbindung zu Sparta? Stammst du vielleicht aus der Gegend?" Alexios hätte mich in diesem Moment gescholten, dass ich eine Frage ankündigte, doch zwei stellte. Doch war für mich die zweite Frage lediglich eine Konkretisierung der ersten, so dass es streng genommen bloß eine Frage war.

    Ich Stilos Wortwahl aufmerksam zur Kenntnis. Sein Erscheinen war Absicht. Natürlich war es das, alles andere wäre sinnbefreit. Dass er Zeit fand, war offenkundig, sonst wäre er ja nicht hier. Fraglich war, ob er gerade in der Nähe war. Hier nachzuhaken, wäre müßig und der Mehrwert wahrscheinlich inexistent. Er war auf jeden Fall direkt. Das gefiel mir. Vom Auftreten her war er, wie ich es nach Terpanders Hinweis bei meiner Ankunft erwartet hatte, ganz Soldat. Zumindest so, wie ich mir einen Soldaten vorstellte.


    "Deine Spontanität sorgt leider dafür, dass wir keine angemessene Cena vorbereiten konnten. Ich hoffe deshalb, dass dir auch einfachere Küche zusagt. Doch will ich ebenfalls ehrlich sein und meine Meinung teilen, dass du letztlich genau zu dem Zeitpunkt hier angekommen bist, wie es der Fluss der Zeit ermöglicht hat. Deshalb stört es mich auch nicht. Doch nun zu deiner Frage. Nein, so wirklich eingelebt habe ich mich noch nicht. Rom ist der Ort meiner Kindheit, doch hat sich viel verändert, seit ich fort ging. Und das Lebensgefühl eines Kindes unterscheidet sich schon erheblich vom Lebensgefühl eines Mannes. Meinst du nicht auch?"

    Ich signalisierte Terpander, dass man mir die Tunika ausziehen sollte, was dann auch schnell und effizient geschah. Die Schuhe streifte ich selbst ab.


    "Streng genommen ist das hier meine alte Heimat, Terpander," sagte ich, um dann nahtlos hinzuzufügen, "Aber in Alexandreia bevorzugte ich die öffentlichen Bäder. Schon allein, weil ich mich dort mit meinen Studienkollegen traf. Zuerst Sport, dann ein Bad. Und danach endlose Diskussionen an der Agora mit Blick auf den Pharos."


    Ich glitt ins Bad. Es war angenehm warm. Mein Körper wollte, dass ich länger hier verweilen würde. Doch mein Geist lehnte es ab, mehr Zeit als nötig im Müßiggang zu verbringen. Wünschte ich mir Musik? Ich tauchte kurz unter. Als mein Kopf wieder über der Wasseroberfläche war, beantwortete ich die Frage. "Musik vielleicht nicht, aber einer Rezitierung eines Gedichts wäre ich nicht abgeneigt."

    Ich zog kurz eine Augenbraue hoch, hatte ich Seius Stilo um einen Tag Vorwarnzeit gebeten. Weiter ließ ich mir aber nichts anmerken. "Danke, Terpander. Ich denke, dass sich das Wetter noch für die Exedra eignet. Eine Feuerschale für ein wenig Wärme könnte noch sinnvoll sein." Auch wenn ich selbst es bevorzugte, die Kühle der Nacht zu genießen. Zumindest noch, solange es nicht Winter wurde.


    Blieb noch die Frage nach dem Wein. "Der geharzte attische Rotwein sollte für den Anfang genügen. Zum Essen wären ein lieblicher sizilianischer und ein spritziger keltischer Weißwein gut. Und wo ich gerade beim Essen bin. Zur Vorspeise am besten in ovis hapalis und pulsum, das ist schnell gemacht und sollte der Küche etwas Zeit verschaffen. Und da wir gerade von Zeit verschaffen reden, werde ich mich um unseren Gast kümmern, bis die Exedra vorbereitet ist."


    ***


    Ich ging ins Tablinum und lächelte freundlich, als ich ich auf meinen Gast zuging. "Seius Stilo, ich danke dir, dass du die Zeit gefunden hast, meiner Einladung zu folgen. Ich bin Aulus Iunius Tacitus. Willkommen im Domus Iunia." Ich reichte meine Hand zur Begrüßung.

    Ein Sklave der Iunier gab einen Brief ab.


    Ad

    Sisenna Seius Stilo

    Cohortes Praetoria


    De

    Aulus Iunius Tacitus

    Domus Iunia


    Ehrenwerter Seius Stilo,


    Du magst meinen Namen vermutlich nicht kennen. Ich bin ein Verwandter des Sisenna Iunius Scato und weile seit wenigen Tagen wieder in Roma. Zuvor studierte ich für ein Jahrzehnt am Museion in Alexandreia.


    Da ich hier leider nur wenige Personen kenne, de facto eigentlich gar keine, wäre ich Dir ausgesprochen dankbar, wenn Du mir etwas von Deiner wertvollen Zeit erübrigen könntest und eine Einladung zur Cena annehmen würdest. Wenn Du mir Deine Zusage einen Tag im Voraus mitteilen würdest, könnte ich eine passende Cena vorbereiten lassen.


    Wie geschrieben, wäre ich dankbar, wenn Du Zeit erübrigen würdest und mich freuen, eine positive Antwort zu erhalten.


    Vale bene

    Aulus Iunius Tacitus

    Da ich mir früher am Tag nicht wirklich sicher war, wie Schadensersatz rechtlich geregelt war, ging ich zur Bibliotheca Ulpia. Die Bibliothek, die Trajan neben seiner Basilika errichtet hatte, war die größte öffentliche Bibliothek Roms. Zumindest sagte man mir das. Dann müsste ich hier auf jeden Fall fündig werden.


    Ich durchquerte die Basilica Ulpia, um mich auf der anderen Seite des Gebäudes vor der Säule wiederzufinden, auf der Trajan seinen Feldzug verewigt hatte. Diese war zu beiden Seiten von der Bibliothek flankiert. Beide Gebäude waren spiegelbildlich und glichen fast schon Tempeln. Aber waren Bibliotheken nicht in gewisser Weise auch Tempel? Tempel des Wissens? Ich dachte nicht allzu lange nach und durchschritt den Eingang zur Bibliothek, die sich zu meiner Linken befand. Diese müsste die lateinische Sammlung beherbergen, während die andere der griechischen Sammlung vorbehalten war.


    Im Innern des zweistöckigen Gebäudes, welches angenehm vom Tageslicht beleuchtet war, erblickte ich mir gegenüber eine Statue Trajans, flankiert von zwei Regalen mit Schriftrollen zu jeder Seite. Ich blickte nach links und sah sieben Regale, ebenso wie rechts von mir, vor denen jeweils ein Säulengang verlief. Der Gang war zum Raum hin durch drei Stufen begrenzt, die in den Raum hinab führten und den Gang in seiner vollen Länge begleiteten. In der Mitte des Raums standen, schön symmetrisch aufgereiht, Lesepulte.


    Das also war die größte öffentliche Bibliothek Roms? Mehr nicht? In diesem Gebäude mochten vielleicht zehn- bis zwanzigtausend Schriftrollen sein und in der griechischen Sammlung noch einmal so viele. Das erschien mir lächerlich wenig. Immerhin war ich die Bibliothek in Alexandria gewöhnt, wo das Fünffache zu finden war. Vielleicht sogar das Zehnfache! Ich besann mich, dass ich der Bibliotheca Ulpia womöglich Unrecht tat. Sie war noch sehr neu, während die Bibliothek in Alexandria bereits seit Jahrhunderten existierte. Mit der Zeit würde auch die größte Bibliothek Roms mit dieser mithalten können. Nur eben noch nicht jetzt.


    Ich richtete meine Toga und ging auf einen der Sklaven zu, die in den Säulengängen auf die Bücher achteten. "Ich suche die Lex Mercatus. Wo kann ich diese finden?"


    "Warte hier, Domine," sagte der Sklave und eilte daraufhin leisen Schrittes zu einem Regal und griff zielsicher eine Schriftrolle, die er mir mit einer leichten Verneigung übergab. "Die Lex Mercatus, Domine."


    "Danke." Ich nahm die Rolle entgegen und begann, sie zu entrollen und zu lesen, während ich in Richtung des nächsten freien Lesepults ging. Praeambel - Der Geltungsbereich ... nur Rechtsgeschäfte zwischen Menschen ... und Göttern sind explizit nicht Teil ... Klagen wegen Verstoßes gegen die Lex Mercatus können vor dem Aedil erhoben werden. - Aha, sollte ich mir merken. Aedilis, nicht Praetor. Ich blickte auf und sah jemandem direkt ins Gesicht.

    Jeder der lästert, darf mal eine Schulwoche vor einer saftigen Hauptschulklasse voller Pubertierender stehen. :D

    Absolut, das biete ich jedem an, der sich entsprechend mir gegenüber äussert. Meine Klasse ist immer froh, wenn ich mal nicht da bin. ;) :D

    Lehrer ist noch so ein Job, für den ich nicht geeignet bin. Zumindest, so lange ich kein Betäubungsgewehr benutzen darf. ;)

    Vor der Leistung von Lehrern habe ich auch großen Respekt. Mir hat die Tätigkeit als Dozent an der Uni gereicht. Junge Erwachsene können auch noch schwierig sein. Aber inzwischen bin ich in der Industrie, da hat man diese Probleme nicht mehr.

    Ich hoffe auch das die Reha mir gut tut und vor allem, das die da einsehen das fast 40 Jahre in der Pflege reicht und ich vorzeitig in Rente gehen kann.

    Du hast meinen allergrößten Respekt. Schon, weil ich selbst überhaupt nicht als Pflegekraft geeignet bin. Ich frage mich immer, wie man das schafft. Ich drücke Dir die Daumen, dass die Reha erfolgreich ist. Und dass es mit der vorzeitigen Rente klappt.

    Auch ich hatte den Hund zu spät bemerkt und sah die Toga davonlaufen, während ich regungslos angesehen hatte, wie der Mann die Wäschehaufen sortierte. "Deine Logik ist einwandfrei," beschied ich ihm.


    Als die Toga zurückgebracht wurde, warf ich einen Blick darauf. Die sah nicht so aus, als könne man sie noch für offizielle Anlässe verwenden. Das würde der Jugendlichen sicher Ärger einbringen.


    "Ich weiß ja nicht, was der Eigentümer der Toga sagen wird, wenn er die sieht. Aber ich gehe nicht davon aus, dass man die so zurückgeben kann. Ich gehe auch nicht davon aus, dass man die so flicken kann, dass es nicht auffällt. Solltest du deshalb jemanden benötigen, der eine Aussage zum Geschehen macht, so stehe ich zur Verfügung. Der Tatbestand einer Sachbeschädigung ist meines Erachtens nicht erfüllt, ebenso wenig ein Anspruch auf Ersatz des Schadens, aber bei Letzterem mag ich mich irren."


    Zumindest nach den Gesetzen, mit denen ich mich am Museion zwecks der philosophischen Grundlagen der Gesetze, will sagen den Prinzipien von deren Auslegung aus philosophischen Gesichtspunkten, beschäftigte, wäre meine Aussage korrekt. Vielleicht sollte ich zur Sicherheit die aktuell in Rom geltenden Gesetze lesen. Das wäre generell sicher nicht verkehrt.

    Ich war auf einem Spaziergang unterwegs, um meine Heimatstadt nach der langen Abwesenheit wieder besser kennenzulernen. Diesmal ohne den Sklaven Terpander. Irgendwie würde ich schon nach Hause finden, davon war ich überzeugt. Über meiner Tunika hatte ich die Toga angelegt, weil ich eventuell auch einen Abstecher in einen Tempel machen wollte.


    Auf dem Forum Boarium angekommen beobachtete ich, wie eine Jugendliche Hunde verscheuchte, die anscheinend die Säcke mit Wäsche beschädigt hatten. Die Wäsche war nun auf dem Boden verteilt. Sie sah verzweifelt aus, also beschloss ich, zu helfen. "Ich würde es mit Logik versuchen."