Beiträge von Claudia Aureliana Deandra

    Vor der Abreise nach Hispania besuchte ich den Tempel der Vesta, um für alle Fälle vorzusorgen. Ich sprach eine junge Frau am Eingang an und bat sie, das Dokument zur Verwahrung anzunehmen und weiterzuleiten. Nach der Zusicherung, dass dies geschehen würde, nickte ich dankbar, drehte mich um und kehrte zur claudischen Villa zurück.




    TESTAMENT



    Im Vollbesitz meiner geistigen und körperlichen Kräfte spreche ich, Claudia AurelianaDeandra, mein gesamtes Vermögens - bestehend aus Grundstücken, Gütern und Barschaften - meinen Vater, Herius Claudius Menecrates zu - für den Fall, dass mir auf der Reise nach Hispania oder später etwas zustoßen sollte. Die Aufteilung an meine Geschwister möge er vornehmen.


    Claudia Aureliana Derandra

    Die Reise dauerte bereits länger als mir lieb war und doch kam Tarraco noch nicht in Sicht. Immerhin wusste ich inzwischen, dass wir die Stadt noch im Verlauf des Tages erreichen würden. Um mir die Zeit zu vertreiben, studierte ich die Landschaft, zählte Bäume oder legte mich zu einem kurzen Schlummer hin. Über die Schwierigkeiten, das Anwesen der Flavier zu finden, machte ich mir keine Sorgen – das gehörte schließlich nicht zu meinen Aufgaben. Im Grunde existierte jedoch keine Aufgabe, die ICH zu lösen genötigt war. Assindius würde sich schon durchfragen, Hauptsache die Menschen sprachen hier vernünftiges Latein. Ein Germane, eine Römerin und verschiedenes anderes Personal ohne besondere Sprachkenntnisse sahen reichlich alt aus, wenn sie in Hispania auf keinen Römer trafen.


    Ich steckte meine Nase aus dem Fenster und schnupperte Landluft. Nicht unbedingt begeistert zog ich die Nase kraus, und obwohl ich bereits vor einer viertel Stunde dieselbe Frage gestellt hatte, wiederholte ich sie ohne den Anflug eines schlechten Gewissens erneut: „Wann sind wir denn da?“

    „Hm. Na, hoffentlich haben wir während der Fahrt nicht über Unstimmigkeiten zu klagen. Aber du wirst schon Sorge dafür tragen, dass alles bestmöglich läuft. Da bin ich sicher.“


    Als das Eis garniert war, nahm ich es entgegen, überlegte mir jedoch, es nicht im Stehen, sondern erst nach dem Einsteigen zu mir zu nehmen, daher gab ich es wieder an Assindius zurück. Erst nachdem ich eine bequeme Position eingenommen hatte, ließ ich es mir erneut reichen.


    „Ja, also meinetwegen können wird dann auch aufbrechen“, sagte ich, bevor das erste Eisportiönchen in meinem Mund verschwand.


    Sim-Off:

    Bin umgemeldet.

    „Ein sehr merkwürdiges Vokabular“, bemerkte ich stirnrunzelnd, als Assindius seine Aussage übersetzte. „Dabei bricht man sich ja die Zunge, ich mache lieber keinen Sprechversuch.“


    Mein Blick verfolgte das Abtupfen meiner Hände und die Gedanken befassten sich mit seiner Feststellung über das Alter. „Das stimmt“, sagte ich, als er geendet hatte. „Das Alter ist des Leibes Feind, wobei man es an der einen oder anderen Stelle zumindest etwas austricksen kann. Es kommt auf die sorgfältige Pflege und die richtige Ernährung an. Der Seele Freund stimmt auch. Jeder hat die Chance, ein Leben lang dazuzulernen, um Weißheit in Bezug auf Wissen und Verhalten anzuhäufen. Und du hast Recht, Zahlen sind kaum von Bedeutung. Sie sind kein Garant für Weisheit, nicht einmal für ein altersgemäßes Aussehen.“


    Ich nahm den Becher entgegen und trank gedankenversunken, aber nur schluckweise. Als ich ihn gelernt hatte, reichte ich ihn zurück, rutschte von der Tischkante und zupfte mein Nachtkleid und die Stola zurecht.


    „Beim Wecken zum Frühstück möchte ich aus deinem Mund meinen Namen hören.“ Trotz der guten Beköstigung hatte ich diesen Aspekt natürlich nicht vergessen, aber jetzt wollte ich ins Bett. „Ich finde alleine hinaus, mach wieder Ordnung, wenn du gegessen hast.“ Ich nickte ihm noch einmal zu und verließ anschließend die Küche.
    Der Nachtausflug war zufriedenstellend verlaufen und ich lächelte sanft vor mich hin, als ich die Schlafdecke zurechtzog und die Augen schloss.

    Assindius’ Aufzählung beruhigte mich, es schien alles Wichtige dabeizusein, für Komfort und exzellente Beköstigung war genügend Vorsorge getragen. Ich nickte zufrieden. Über die Demonstration der Verpflegung für den unmittelbar bevorstehenden Reiseabschnitt freute ich mich besonders, konnte ich doch die Auswahl direkt in Augenschein nehmen.


    „Das sieht gut aus“, lobte ich. „Aber wenn noch ein paar Zitronatsfrüchte zur Hand wären, würde ich die auch noch gerne mitnehmen.“ Ein Tag ohne diese Früchte war um eine Nuance ärmer.
    Als mir Assindius das Döschen zeigte, lächelte ich. „Steck es nicht zu weit weg. Du weißt, ich benutze das recht häufig.“


    Im Grunde stand der Abfahrt nichts mehr im Weg, bis auf die Tatsache, dass Assindius, anstelle mir beim Einsteigen behilflich zu sein, in der Gegend herumschaute.


    „Was ist?“, fragte ich verwundert kurz bevor die Auflösung des Rätsels kam. „Ah! Na, das nenne ich einen guten Reisestart“, sagte ich lächelnd und versuchte, die Schale zu erhaschen. Warum nur hielt er sie so hoch?

    „Was murmelst du?“, fragte ich neugierig. Wie ein Fluch klang es nicht, daher konnte es vielleicht etwas Wissenswertes bedeuten, was Assindius in seiner Heimatsprache von sich gab. „Oder wolltest du nur zum Ausdruck bringen, dass du wegen einem Kreuzleiden nicht mehr so beweglich bist?“ Reine Spekulation, aber das Ächzen hörte sich wahrlich furchterregend an. Dabei hätte ich meinen germanischen Sklaven relativ jung eingeschätzt. Aus diesem Gedankengang heraus fragte ich: „Wie alt bist du noch gewesen?“ Zu spät fiel mir ein, dass ihm dies vermutlich auch entfallen war.
    Die gereichte Schüssel hielt mich davon ab, weiter über diesen Punkt nachzugrübeln. Ich tauchte meine Hände in das Wasser und hielt sie anschließend ausgestreckt, damit er sie mir abtrocknen konnte. Mein Blick wanderte indes bereits zu dem Wasserbecher, denn der Durst war noch immer nicht gestillt.

    Gedanklich lag Rom bereits hinter mir. Ich sah den Reiseweg, ließ die neuen Eindrücke auf mich wirken, auch wenn sie noch der Fantasie entsprangen. Assindius holte mich dann aber in die Wirklichkeit zurück, als er mich ansprach.


    „Hm?“, erwiderte ich zunächst irritiert, sammelte mich aber sogleich wieder. „Ja, sehr schön. Dann können wir ja aufbrechen.“
    Ich ging die wenigen Schritte bis zum Reisegefährt und reichte meinem Leibsklaven die Hand. Selbstverständlich wäre ich gewandt genug gewesen, um alleine einzusteigen, aber mit etwas Halt sah es doch eleganter aus und ich legte schon immer Wert auf ein vorzeigbares Auftreten. Nicht etwa wegen möglicher Beobachter oder irgendwelchen Sitten und Normen, sondern weil ICH es als richtig empfand und mich wohl fühlen wollte.


    „An die Verpflegung wurde doch auch gedacht, oder? Ich pflege, recht häufig am Tag Kleinigkeiten zu essen und dafür ist nicht immer eine Mansio zur Stelle, mal abgesehen von dem Zeitverlust, wenn wir dauernd Rast machen würden.“


    Ich war mir keineswegs sicher, ob sich Assindius an meine Vorlieben und Gewohnheiten wieder erinnern konnte, daher empfand ich Erwähnungen im Voraus als notwendig, wenn ich nicht Hunger leiden wollte.

    Der Tag war sonnig, an dem ich Rom den Rücken kehrte. Wann ich diese Stadt wieder betreten würde, spielte in meinen Gedanken derzeit keine Rolle, ich blickte nur in die nahe Zukunft und die hieß zunächst Tarraco. Ich stand von der Sonne geschützt und beobachtete die Reisevorbereitungen. Die Sklaven waren keinesfalls in Verzug, alles verlief planmäßig - bis auf die Tatsache, dass ich zwei Stunden zeitiger als sonst aufgewacht war. Trotz der für mich ungenutzten Zeit trieb ich niemanden zur Eile, sondern hing meinen Gedanken nach. Ich nahm mir vor, bereits die Reise als schöne Abwechslung zu sehen, obwohl ich wusste, wie anstrengend sie sein konnte und welche Entbehrungen ich in Kauf nehmen musste. Heute jedoch ließ ich mir durch nichts die Stimmung verderben, sondern wartete geduldig, bis mir gesagt werden würde, dass ich das Reisegefährt besteigen könne.

    Ich sah Assindius ratlos an, als er mir den Wasserbecher hinhielt. Natürlich hatte ich Durst, aber meine Hände waren fettig. Nicht umsonst hatte ich bereits zu Beginn Wasser und Tuch bestellt, weil Hähnchenschenkel stets fetteten und ich die schmierige Substanz auf meinen Fingerspitzen nicht mochte.


    „Tja, da wäre wohl zunächst eine Schüssel mit Wasser angebracht, ehe ich trinken kann.“ Ich zeigte ihm die klebrige Innenseite meiner Hände und wollte eigentlich wegen mangelnder Umsicht verärgert schauen, musste aber vielmehr ein Grinsen unterdrücken, weil mein Leibsklave zwar von oben bis unten beladen, aber trotzdem nicht mit den passenden Utensilien ausgerüstet war.

    Ich quittierte die negative Auskunft über das Garende der Hähnchen mit einem ergebenen Murren. Ein hörbares Ausatmen bekräftigte die Ungeduld, schließlich forderte der Magen deutlich sein Recht. Als der Bratengeruch zu mir drang, stellte sich zudem noch Appetit ein, ich musste schlucken.


    „Meine Güte, warum braucht das nur so lange?“, murmelte ich vor mich hin, während Assindius offensichtlich in Schweigen versank. Mir konnte es Recht sein, meine Aufmerksamkeit kreiste ohnehin nur noch um den zu erwartenden Duft, Geschmack und das Sättigungsgefühl.


    Minuten konnten so endlos sein, wenn man wartete, aber irgendwann war es so weit… Ich hüpfte bereits von der Tischkante, als Assindius das Blech aus dem Ofen zog. Den Hals neugierig gereckt, schaute ich über seine Schulter, als er das Fleisch auftat. Er musste sich nicht einmal umdrehen, ich streckte bereits meine Hand aus, als er den Teller anhob.


    „Ich brauche nachher noch Wasser und Tücher“, kündigte ich schon einmal an, bevor ich den Teller abstellte und mit spitzen Fingern nach der Keule griff. Es war üblich, mit den Fingern zu essen, aber fett an der Haut mochte ich trotzdem nicht. Während ich ein Stück des Fleisches abbiss, nahm ich den Bratenduft auf. Lecker roch es, auch wenn das Fleisch letztlich etwas anders als sonst schmeckte. Stück für Stück verspeiste ich, bis sich endlich ein Gefühl der Sättigung einstellte. Zu ihm gesellte sich Durst. Ich reichte Assindius den abgeknabberten Knochen und leckte mir noch einmal genießerisch über die Lippe.


    „Etwas Wasser zum Trinken wäre nicht schlecht, die Hände müssen gewaschen werden und anschließend möchte ich wieder ins Bett.“

    Assindius und ein Messer? Diese Kombination hatte mich noch nie in Unruhe versetzt. Vermutlich war ich von Natur aus zu gutgläubig, andererseits suchte ich mir gewissenhaft die Sklaven aus, die mir als Leibsklave dienen durften. Allzu häufig gab es keine Wechsel, denn gewissenhaft Ausgesuchte erwiesen sich zumeist auch als zuverlässig.


    Ich beobachtete ihn beim Zerteilen der Käsescheibe – nicht etwa, weil ich diese Tätigkeit hochgradig spannend fand, sondern weil es sonst nichts Aufregendes zu sehen gab. Als er mir das Brettchen hinhielt, fasste ich mit beiden Händen zu, betrachtete flüchtig die Happen und griff schließlich zu. Während ich genüsslich kaute, ließ ich das Brettchen auf den Oberschenkeln ruhen. Dem zweiten Bissen folgte ein weiterer, dann aber packte mich die Ungeduld.


    „Wann genau ist denn das Hähnchen fertig? Der Käse stillt meinen Hunger nur schlecht.“


    Ich malte mir bereits eine knusprige Hähnchenhaut aus, die zartes Fleisch bedeckte und lecker gewürzt war. Ein kaum vernehmbares "Mhmm" rutschte mir heraus.

    Nachdem Assindius gegangen war, setzte ich mich an den Schreibtisch und begann den Antwortbrief an Catus. Bereits nach der Anrede stockte ich, weil es einerseits schwierig war, die wirbelnden Gedanken zu bündeln, und mir andererseits unklar war, was genau Catus für mich darstellte. War er nur einer vom selben Stand? War er ein Bekannter oder war er zu einer Art Verbündetem geworden, als er in der damals schwierigen Zeit den Lebenswillen aufgegeben hatte? War er gar so etwas wie ein Freund, denn warum sonst setzte man sich derart für das Leben eines anderen ein? Ich schob diese Fragen weit fort, denn die Suche nach einer Antwort behinderte den Brieffortschritt. Trotz allem ergaben sich immer wieder Schreibpausen, in denen ich nach Worten suchte.


    Irgendwann entsprach der Brief annähernd meinen Vorstellungen, ich versiegelte ihn und übergab ihn der wartenden Samira. Die Gebühr gab ich ihr in kleinen Münzen mit.
    Als sie gegangen war, blieb ich nachdenklich sitzen. Der beabsichtigte Gang ins Triclinium fiel vorerst aus.

    Die Sklavin betrat das Officium und wartete solange, bis sie an der Reihe war. Nach einem schüchternen Gruß zeigte sie den Brief und legte unaufgefordert das abgezählte Geld auf ihren Handteller. Beides reichte sie dem Herrn entgegen.



    Gaius Flavius Catus
    Villa Flavia
    Tarraco



    Salve Catus,


    ich bin mir, während ich schreibe, nicht sicher, ob ich vielleicht träume, aber solange mich nichts unterbricht, gehe ich einmal davon aus, dass das Unmögliche wahr geworden ist und du wohlbehalten in Hispania lebst. Es ist nahezu fantastisch. Ich kann meine Freude darüber nicht verbergen und natürlich habe ich den Wunsch, mich mit eigenen Augen zu überzeugen. Da du Rom nicht betreten möchtest, bleibt mir also nichts anderes übrig, als dich besuchen zu kommen, was ich hiermit ankündigen möchte. Etwas Luftveränderung würde mir vermutlich gut tun, daher war mein Entschluss schnell gefasst.


    Vor Jahren habe ich deinem Wunsch entsprochen und Felix aufgesucht. Der Gang war schwer, aber Felix hat es mir so leicht wie möglich gemacht. Schwieriger war der Gang zu deiner Frau, vor dem - das gebe ich ehrlich zu – ich mich am liebsten gedrückt hätte, das aber letztlich doch nicht mit meinem Gewissen vereinbaren konnte. Leider habe ich sie nicht mehr erreichen können, die Prätorianer waren schneller. Du kennst sicher inzwischen die Vorkommnisse. Es tut mir leid!



    Ich denke, es wird sehr viel zu erzählen geben und ich freue mich auf den Erlebnisaustausch. Eine ruhige und blühende Provinz klingt derzeit recht verlockend für mich, daher werde ich Rom gewiss nicht so schnell vermissen.


    Ich verbleibe bis zu unserem Wiedersehen mit herzlichen Grüßen
    Claudia Deandra


    Sim-Off:

    Porto ist überwiesen.

    Na gut, etwas war ihm unklar, also waren Nachfragen besser als wenn er falsch organisieren würde. Ich beließ meinen Blick auf den Sandalen, während ich ihm noch einen kleinen Hinweis gab. Nur nicht zu viel verraten, schließlich wollte ich, dass er so selbstständig wie früher wurde.


    „Wenn du dich an der Landreise nach Germanien orientierst, kannst du im Grunde nichts falsch machen.“
    Ich schmunzelte, ließ es mir aber nicht anmerken. Eigentlich konnte er jetzt das Zimmer verlassen und loslegen.

    Es hörte sich gut an, dass er sich was einfallen lassen wollte. Die Worte beruhigten mich bzw. steigerten meine Zuversicht, bald etwas Leckeres essen zu können.
    Auf der Suche nach einer annehmbaren Sitzmöglichkeit warf ich einen skeptischen Blick auf die Tischplatte. Sie erwies sich als sauber, also lehnte ich mich an, stützte die Arme auf und saß mit einem Hopser auf der Tischkante. Die Hände legte ich zufrieden in den Schoß, ließ die Beine baumeln und strich ab und an über den Bauch, als er erneut knurrte.
    Ich genoss es, Assindius beim Arbeiten zuzusehen. Alleine der Grund, selbst nichts tun zu müssen und trotzdem alle Wünsche erfüllt zu bekommen, erhellte mein Gesicht und entlockte mir ein Lächeln. Aber eigentlich hätte er mir den Käse auch VOR der Zubereitung der Hähnchenschenkel anbieten können. Vielleicht hatte er ihn aber auch als Trostpflaster aufgehoben, denn erbaut war ich nicht über die Auskunft, ich müsse ein paar Momente warten. Natürlich hatte ich bislang den leckeren Geruch vermisst, den ansonsten gebratenes Fleisch verströmt, aber woher sollte ich auch wissen, dass die Gewürze alleine nicht reichten, um rohes Fleisch schmackhaft werden zu lassen.


    Mein Blick fiel auf das Käsestück.
    „Soll ich davon jetzt abbeißen? Du weißt doch, dass in Häppchen serviert wird. Oder hast du das auch vergessen?“

    Während seiner Ausführungen musterte ich ihn und tippte mir mit dem Zeigefinger rhythmisch auf das Kinn.


    „Hm, Unaufrichtigkeiten hasse ich ebenso. Entweder halten wir es damit gleich oder du erinnerst dich an meine Prinzipien oder du hast bei Samira gut aufgepasst. Ich denk, ich kann ziemlich unangenehm werden, wenn mir gegenüber jemand unaufrichtig ist. Aber deine Erklärung für dein Auftreten ist witzig, wenn sie der Wahrheit entspricht.“ Ich musste schmunzeln. Das war ja fast der alte Assindius. Jemand, der sich nicht unbedingt gut als Begleitung zu einem Bankett eignete, aber als Leibsklave stets für freie Wege und keinerlei Belästigung von Händlern, Bettlern, ja selbst von Raubtieren sorgte.


    „Innerhalb dieses Haushalts musst du im Grunde nicht durchgreifen, das hoffe ich jedenfalls, aber ich werde in Kürze deinen Schutz bei einer Reise in Anspruch nehmen. Ich habe dich rufen lassen, um umgehend Erkundigungen über eine Reiseroute nach Tarraco einzuholen. Ich benutze aber ausschließlich den Landweg, ich werde leicht seekrank. Ich brauche ein Gespann und Wechseltiere, Unterkünfte und eine Auskunft, in wie vielen Tagen mit meiner Ankunft zu rechnen wäre. Und das alles am besten bereits gestern.“


    Ich setzte meine Füße zu Boden und gab den Sklavinnen einen Wink, damit sie mir die Sandalen anlegten. „Du findest mich in der nächsten Stunde im Triclinium.“ Ich wollte testen, ob er verstand, dass er nun auch ohne Aufforderung abtreten dürfte und sagte nichts dergleichen. Mein Blick verfolgte die Handgriffe der beiden Sklavinnen, die vor mir knieten.

    Sim-Off:

    Wolltest du mit der Farbe meine Sehschärfe testen? ;)


    Der Vorschlag gefiel mir, daher nickte ich.


    „Nimm am besten Samira. Die ist schon lange bei mir und zuverlässig.“ Immerhin würde es mir wenig nützen, wenn er sich einen Sklaven zum Vorbild nahm, der nicht in meinem Sinne agierte, denn manchmal konnte ich pingelig sein. Ich fragte mich, ob er sich wohl noch daran erinnern konnte. Letztlich war mir das aber egal, Samira würde es ihm schon bebringen, zuverlässig und sorgfältig zu arbeiten, sie hatte ihn ja bereits nach dem Erwerb in seine Aufgaben eingeführt.
    Das Namenraten riss mich aus den Gedanken.


    „Deganhild?! Was für ein furchtbarer Name!“ Mein Entsetzen war zum Teil gespielt, weil er mir zum Glück diesen Namen von sich aus nicht zutraute, aber gleichzeitig fand ich diese Kreation tatsächlich furchtbar. „Betitele mich bloß nicht damit, nicht mal zum Spaß. Damit müsste ich mich ja schämen. Und ich werde jetzt deine Pfiffigkeit testen, indem ich dir meinen Namen nicht verrate, du ihn aber bis zu meiner aktuellen Sättigung herausfinden musst. Apropos Sättigung… ich habe Hunger.“


    Gespannt verfolgte ich, wie er nach etwas Essbarem schaute. Ich hätte nicht gewusst, wo ich suchen sollte, aber mir schien, er wusste es auch nicht. Essen wurde kühl aufbewahrt und kühl war es mit Sicherheit in den Schränken nicht.


    „Ja, improvisiere, ist mir egal, aber nicht eine Stunde. Bis dahin bin ich umgekippt.“ Das „zusammen kochen“ überhörte ich selbstverständlich. Zur Untermalung fing mein Bauch an zu knurren.

    Ich hörte mir die Erklärungen ruhig an, konnte mir jedoch einen skeptischen Gesichtsausdruck nicht verkneifen.
    „Hmhm“, erwiderte ich zunächst. „Dann kennst du auch meinen Namen nicht?“
    Letztlich würde es bedeuten, dass ich ihn wie einen neuen Sklaven einführen musste, was mir nicht sonderlich gefiel, weil ich den Aufwand kannte. „Im Grunde kann ich dich dann ja nirgends hinschicken. Du würdest keinen Ort finden und keinerlei Auskunft über deine Herren geben können. Wie machen wir das denn jetzt?“ Natürlich erwartete ich keine Lösung von ihm, der Ausspruch war nichts weiter als ein Zeichen meiner Ratlosigkeit.


    „Demnach müsstest du dich auch nicht mehr in dieser Küche auskennen“, fügte ich mit einem Seufzer an. „Ich habe Appetit, aber nicht auf solchen Pamps.“ Meine Hand deutete auf den Hirsebrei. Bereits bei dem Gedanken, einen Löffel davon in den Mund nehmen zu müssen, schüttelte es mich. „Lieber etwas Leckeres – ein Hähnchenschenkel, ein paar Käsestückchen, etwas Herzhaftes.“

    Nachdem Samira gegangen war, gab ich der Sklavin den Auftrag, mit der Massage fortzufahren. Hinter geschlossenen Lidern versuchte ich mir, Catus’ Antlitz in Erinnerung zu rufen, was jedoch nicht sonderlich gut gelang. Die Ereignisse lagen lange zurück und in meinem Leben war derart viel geschehen, dass es mir vorkam, als wären Jahrzehnte vergangen.
    Bald darauf öffnete sich die Tür. Ich vermutete Assindius, denn Samira besaß einen eindeutig geräuschloseren Gang.


    Wie von der Tarantel gestochen fuhr ich auf, als sein Ausspruch an mein Ohr drang.
    „Wie meinst du das?“, fragte ich verblüfft und entsetzt zugleich.


    In dem Moment kam Samira zurück und überreichte mir das gewünschte Schreibzeug. Ich nahm es entgegen, begann aber noch nicht den Brief zu verfassen, weil meine Augen gebannt an Assindius hingen. In Gedanken überlegte ich mir bereits eine Bestrafung für die respektlose Drohung, die er mir gegenüber gemacht hatte.