Beiträge von Claudia Aureliana Deandra

    Meine Augen hielten Sabellius fest. Mit einem Lächeln musterte ich den Offizier.


    „Vieles liegt in unserer Hand. Wir müssen die Dinge nur in begrenztem Umfang so hinnehmen, wie sie sind.
    Sag …“
    Ich musste erneut lächeln, senkte kurzzeitig meinen Blick, um ihn dann erneut anzusehen. „… Bist du in den letzten Monaten überhaupt aus diesem Geschäft oder der Kaserne herausgekommen? Weißt du überhaupt, was das Leben ist?“


    Ich wäre überrascht, wenn er die Frage mit „ja“ beantworten konnte.

    Ich befand mich erneut auf einer Reise nach Mantua. Die Weihung des Bauplatzes wollte ich unter keinen Umständen versäumen. Ich war sehr gespannt auf die kommenden Ereignisse, denn ich hatte noch nie einer Besänftigung von Genii Loki beigewohnt. Die Fahrt über Tage zog sich zwar in die Länge, aber es gab mancherlei zu durchdenken und was eignete sich dafür besser, als eine solch langweilige Fahrt.

    Ich hatte meinen Sklaven einfach nicht im Griff. Er verselbständigte sich viel zu oft. Jetzt führte er sogar die Kaufgespräche. Mit gerunzelter Stirn überlegte ich, wie ich das wohl ändern könnte. Sollte ich strenger sein? Vielleicht körperliche oder seelische Strafen einführen?


    Ärgerlich funkelte ich meinen Sklaven an.


    „Ich sollte dich eine Woche lang an Sophus ausleihen. Oder an meinen Vater. Vielleicht mache ich das sogar.“


    Missgelaunt fragte ich den Händler: „Wie viel?“

    Nach einer erholsamen Nacht hatte ich die Anstrengungen des Einkaufsbummels bereits vergessen. Eine langweilige und auf ihre Art auch anstrengende Reise stand mir wieder bevor. In Mantua sollte der Bauplatz für das Amphitheater geweiht werden und diese Zeremonie wollte ich auf keinen Fall verpassen.


    Ich ließ als meine Sachen für die Reise packen und rief nach Assindius.


    „In letzter Zeit reise ich mehr als mir lieb ist. Es nützt alles nichts, ich muss nach Mantua. Bring doch schon einmal meine Sachen zur Kutsche, ich folge gleich.“

    So sehr ich mich reckte, ich sah keinen Sandalenhändler. Die meisten Menschen waren größer als ich.


    „Dann führe mich zu ihm. Ich kann von hier aus keinen sehen.“


    So schnell würde mich keine zehn Pferde mehr auf diesen Marktplatz kriegen. Vermutlich würde ich am Abend vollkommen erschöpft auf eine Liege sinken und mich nicht mehr erheben.

    Eines war klar: Ich durfte Assindius mal niiieee auf einen öffentlichen Empfang mitnehmen. Er würde mich vermutlich mit seiner unberechenbaren Art bis auf die Knochen blamieren. Hier auf dem Markt war mir das egal. Durch sein Auftreten herrschte großflächig ein freies Feld, allerdings auch ein freies Blickfeld. :D


    Wieder hielt ich mir die Hand vor den Mund, um mein großes Grinsen zu verbergen, als er anfing sich auszuziehen.
    „Bei den Göttern“, murmelte ich, als er jede einzelne Tunika anprobierte und bedeckte die Stirn mit meiner Hand. Mit angehaltenem Atem und einem nicht weichen wollendem Grinsen blickte ich wieder auf. Doch wohin? Wo sollte ich hinsehen? Hilflos irrten meine Augen umher. Bloß nicht zu ihm. Am Ende würde sich meine Gesichtsfarbe noch verändern.


    Eilfertig nickte ich, als ich seine Entscheidung vernahm. Ohne auch nur zu kontrollieren, ob die Sachen auch wirklich passten, schob ich gekonnt dem Händler das Geld hin. Mein Blick war abgewendet.
    Erleichtert atmete ich bei dem Gedanken auf, dass wir nun nur noch Sandalen suchten, deren Anprobe mich nicht vor Probleme stellen sollten ... Hoffte ich.


    „Siehst du einen Händler, der Sandalen anbietet?“, fragte ich noch immer mit abgewendetem Gesicht.

    Ich würdigte die Frau neben mir keines Blickes. Für das Gezeter hatte ich kein Verständnis. Überraschender Weise verstummte sie auch recht bald, als sich Assindius mit ihr beschäftigte.
    Die Wirkung meines Sklaven war eine erstaunliche. Langsam bedauerte ich mein Vorhaben, sein wildes Aussehen in ein zivilisierteres umwandeln zu wollen. Ich beschloss, einen Mittelweg zu suchen. Er sollte seine Ausstrahlung behalten dürfen, sogar die langen Haare, nur der Bart musste in jedem Fall gekürzt und das gesamte Äußere einem Patrizierhaushalt wenigstens etwas angemessener gestaltet werden.
    Mit langen Haaren konnte ich mich genauso anfreunden wie mit ganz kurz gehaltenen oder solchen in normaler Länge. Auf Bärte allerdings stand ich keineswegs. Ich verabscheute sie sogar.


    Gerade kam der Händler mit einigen Kleidungsstücken im Arm zurück und breitete sie vor mir aus. Dieses mal schien die Größe angemessen. Es gab sogar mehrere für die Farbauswahl.


    „Assindius, ich gestatte dir, zwei dieser Tuniken selbst auszusuchen. Du hast dir das durch deinen Einsatz hier auf dem Markt redlich verdient.“

    Assindius bahnte sich gleich einem Stier einen Weg durch die Menge und ich folgte in seinem Fahrwasser. Zumeist waren die Besucher des Marktes derart von dem barbarischen Verhalten und Aussehen des großen Mannes geschockt, dass sie ihm wortlos hinterher starrten, ohne ihren Weg unverzüglich fortzusetzen. Das Ermöglichte mir eine überwiegend ungestörte Durchquerung.


    Nur in zwei Fällen kam ich in Bedrängnis, was Assindius aber schnell regelte. Einige Marktbesucher sahen uns wenig glücklich hinterher. Sie trugen einige Blessuren davon.


    Auf der anderen Seite angelangt, pustete ich mir eine vorwitzige Haarsträhne aus dem Gesicht. Das war ein Erlebnis.
    „Allein hätte ich das nicht geschafft. Ein Grund, weswegen ich nicht gern einkaufen gehe. Das Gedränge ist mir zuwider. Nun haben wir es ja geschafft und können uns nach einer Tunika und Sandalen für dich umsehen.“


    Ich steuerte auf den Marktstand zu und sprach einfach drauflos. Warten, bis die Bürgerfrau vor mir mit ihrer Angelegenheit fertig war, kam mir nicht in den Sinn.
    „Ich benötige für diesen besonders groß ausgefallenen Sklaven eine passende Tunika und will doch hoffen, dass du derartiges anzubieten hast.“ Erwartungsvoll sah ich den Händler an.

    :huh:


    Vorsichtig erklärte ich meinem Vater: "Ich weiß, wo die Grenzen des guten Benehmens liegen und außerdem bin ich kein Kind mehr. Auf jeden Fall brauche ich keine Aufsichtsperson." ;)


    Das fehlte noch: Jemand, der mich beständig im Auge behielt. Um meinen Vater möglichst gar nicht erst auf solche Gedanken kommen zu lassen, lächelte ich ihn so lieb an, wie es mir nur irgend möglich war.


    "Reden wir doch über dich. Mutter ist ja zeitig gestorben. Soll ich mich nach einer Frau für dich umsehen?"
    'Angriff ist die beste Verteidigung', dachte ich und drehte den Spieß einfach um. :)

    Ich bemerkte die Wandlung im Gesicht meines Sklaven. Es dauerte nur einen Lidschlag bis ich wusste, welche Ursache sie hatte. Ich konnte nicht umhin, ich musste schmunzeln.
    Als er jedoch neben dem Muskelspiel auch noch seine Haare zu einer wilden Mähne umfunktionierte, musste ich erneut die Hand vor den Mund schlagen. Ein lautloser Lachanfall schüttelte mich. Er trieb mir die Tränen in die Augen.


    Eigentlich war Assindius nicht mit Geld zu bezahlen. Er war mehr als ein Haussklave, er war Unterhalter und Leibwächter zugleich.


    Nachdem ich mich annähernd beruhigt hatte, gab ich wortlos das Zeichen zum Durchbruch. :D

    „Schwarz?“


    Verwundert blieb ich stehen und sah meinen Sklaven an. Auf so eine Idee konnte auch nur ein Germane aus dem nasskalten Norden kommen. In Rom schien monatelang die Sonne und zwar unerbittlich. Niemand würde da freiwillig schwarze Kleidung tragen.
    Interessant, er hatte tatsächlich grüne Augen.


    „Meinetwegen, wenn du dunkle Kleidung bevorzugst…, aber etwas Schwarzes werden wir erstens nicht finden und außerdem würde ich davon abraten. Dort drüben ist ein weiterer Stand. Die Frage ist nur: Wie kommen wir durch die Massen dort rüber?“


    Ein breiter Menschenstrom passierte den Gang zwischen zwei Händlerreihen. Die Menschen liefen derart gedrängt, dass selbst solche, die zum Ausruhen verweilen wollten, weitergeschoben wurden.

    „Hm, geschmackvoll sieht das nun nicht gerade aus.“


    Ich nahm die Tunika und legte sie zurück. Ohne den Händler noch eines weiteren Blickes zu würdigen, ging ich mit Assindius weiter, meine erworbene Tunika an meinen Sklaven weiterreichend.


    „Wir werden nach einem Stand suchen, der eine bessere Auswahl an Übergrößen hat. Und deine Stiefel müssen auch in Sandalen getauscht werden. Du musst doch darin dampfen, oder?“
    Skeptisch betrachtete ich das Schuhwerk meines Sklaven.


    „Wenn du dir eine Farbe aussuchen könntest, was würdest du dann wählen?“
    Ich war sehr gespannt auf den germanischen Geschmack.

    Ich schlug die Hand vor den Mund, um mein Lachen zu kontrollieren. BEHAARUNG? Kein Laut kam über meine Lippen, aber in meinen Augen blitzte der Schalk. Ich brauchte eine kleine Weile, um mich wieder im Griff zu haben. Assindius konnte nicht wissen, dass ich mitunter eine sehr blühende Phantasie hatte.


    „Wer? Wo?“ Ich sah eine Menge Leute. Laut Assindius war derjenige doch bereits wieder fort. ?(


    „Hm. Dann suchen wir nachher gemeinsam nach einem Barbier. Halte dir erst einmal diese Herrentunika an.“


    Ich hielt Assindius eine Tunika in schrillgelber Farbe entgegen. :D Das einzige Modell, was einigermaßen vom Anschein her passen konnte.

    Erstaunt drehte ich mich um, als Assinidius in meinem Rücken losbrüllte.


    Unmittelbar vor meinem Sklaven klopfte sich gerade ein Mann Staub von seiner Tunika. Er musste wohl gestürzt sein. Oder wurde er gar gestoßen? Bevor ich einschreiten konnte, wandte sich der Mann zum Gehen.


    Da er offenbar keine Ansprüche stellte, sollte mir sein Sturz auch egal sein.


    „Wie meinst du? Wen hast du gefunden?“, fragte ich Assindius. Immer noch vollkommen irritiert über die mir verborgen gebliebenen Zusammenhänge, schaltete ich nicht sofort durch.

    Nachdem der Händler mir eine noch hübschere Tunika in einer weniger grellen Farbe gebracht hatte und ich schnell entschlossen den Kauf getätigt hatte, beschäftigte ich mich mit dem schmalen Angebot an Männertuniken, die sich für einen großgewachsenen Germanen, wie Assindius es war, eignen würden.


    Ich war derart in diese Beschäftigung vertieft, dass ich jegliches Geschnatter um mich herum ausblendete und somit nicht wahrnahm. :)


    „Ich fürchte diese Tunika ist zwar breit genug, aber ihr fehlt es an Länge. Hast du nicht noch andere zur Auswahl?“


    Unzufrieden blickte ich den Händler an.

    Der Händler suchte in seinen Beständen und kam eilfertig mit einer überaus aparten Tunika zurück. Doch nicht nur die hochwertige Verarbeitung zeichnete das Kleidungsstück aus – es war vor allem die Farbe. Ein solches Rot hatte ich noch nie gesehen. Rot allein war ja bereits auffallend, aber dann dieser Farbton ...


    „Oh“, entfuhr es mir. „Ziemlich ausgefallen.“


    Dabei liebte ich gewagte Kleidung. Eines jedoch beachtete ich immer: Nicht das Kleid sollte der Blickfang sein, es durfte meine Erscheinung unterstreichen – mehr nicht.


    Ich hielt mir das Kleid an.


    „Ein ähnliches Modell nur eben nicht so weit, sondern mehr auf Frauen mit Figur geschnitten, würde ich gerne nehmen. Dieses erscheint mir eher passend für eine Matrone.“


    Das war zwar übertrieben, aber ich liebte hautenge Kleider und dieses war definitiv mit zu viel Stoff ausgestattet.


    „Ach, und ganz nebenbei suche ich noch eine Männertunika in Übergröße.“ Ich wies auf meinen Sklaven, der sich mit Schwatzen die Zeit vertrieb.

    Teils amüsiert, teils besorgt, blickte ich zunächst auf meinen Sklaven und anschließend in die Runde. Das Getümmel war dicht, uns hatte wohl niemand gesehen. Die Besorgnis in meinem Blick verschwand jedoch recht schnell, als ich Assindius’ merkwürdige Zeichensprache sah. Dieser Sklave brachte mich beständig zum Lachen.


    Immer noch schmunzelnd trat ich an einen Kleiderstand.


    „Salve, ich suche eine Tunika von besonderer Eleganz. Hast du etwas Derartiges?“


    Mein Blick schweifte über die Auslagen. Ich hatte Ansprüche was Farbe, Machart und Material betraf. Auf Assindius achtete ich derzeit nicht.

    Es hatte schon etwas, wenn ein Baum von Mann sich herabneigen musste, um auch nur in die Nähe meines Ohres zu kommen, doch dann fing er wie ein Hund zu schnüffeln an. 8o Kurz rollte ich meine aufgerissenen Augen hin und her, dann fasste ich mich wieder.


    „Assindius, mein Ohr befindet sich – wie bei anderen auch – am Kopf und nicht tiefer.“

    Sim-Off:

    Revanche :D


    Vermutlich hatte ein einfacher Germane, wie er war, selten genug im Leben den Duft kostbarer Essenzen, die man Parfüm nannte, wahrgenommen.


    Deutlich vernehmbar rief ich ihm ins Ohr:
    „Nicht ich suche den Barbier, du hältst die Augen offen! Ich kann bei erfolgloser Suche genauso am Ende des Tages einen der Bettler fragen, ob er sich ein kleines Taschengeld verdienen will.“

    Sim-Off:

    :D Du nutzt auch jede Gelegenheit, deinen Bart zu retten, hm? Es wird dir aber nichts nützen, mich falsch zu verstehen. :motz: :D


    Ich blieb stehen. Das war nicht die erwartete Antwort. :hmm: Nochmals sah ich Assindius forschend an. Dann gab ich einen Wink, er möge mit seinem Ohr möglichst nahe herankommen.

    Huch, eine Jungfrau. Ich blickte erschrocken.


    „Hier in Rom betet auch der eine oder andere mehr, als der große Durchschnitt. Ich meine, die Gläubigkeit lässt rapide nach, was die Götter sicher nicht lange ungestraft hinnehmen werden.“


    Sie waren an der Porta angekommen.


    „Ich gehe heute zu Fuß. Das Sitzen in einer Sänfte finde ich langweilig.“


    Und so beschritten sie die Straße in Richtung der Märkte.