Meine Hoffnung, Corvi würde den Kutscher anweisen, den Wagen ein Stück vorzufahren, damit ich aussteigen konnte, zerschlug sich schnell, denn als er den Griff lockerte, fühlte ich mich gegen meinen Willen auf die Sitzbank gedrückt. Zwar fühlte ich mich elend und gleichzeitig schwach, aber die Kraft reichte aus, um mich sofort wieder zu erheben. Mal abgesehen von meinem dringenden Reinigungsbedürfnis, dem ich unmöglich in der Kutsche nachgehen konnte, hatte er offensichtlich vergessen, dass eine Frau auch eitel war. Außerdem würde im Sitzen die Restbescherung von dem ungereinigten Mund doch auf meine Tunika tropfen.
Ich schaute unglücklich aus der geöffneten Tür, hörte zwar seine Frage, hoffte aber, Prisca würde sie ihm beantworten. Zu meiner Erleichterung kam in diesem Augenblick Caecus angelaufen. Ich wartete, bis er heran war, nickte, als er Aintzane erwähnte, nahm den Becher entgegen, um sofort den Mund von innen und außen zu reinigen. Gezielt spuckte ich an Caecus vorbei, der bereits den nächsten Becher einschenkte. Für das Vermeiden etwaiger Spritzer an seinen Beinen konnte ich jedoch nicht bürgen.
Auf diese Weise notdürftig versorgt trat ich vorerst zur Seite, um mich nunmehr in das Gespräch einzubringen, aber es war offensichtlich bereits beendet, denn Corvi nutzte die Gelegenheit und sprang aus dem Gefährt. Ein unsanftes Anrucken, das mich ungewollt auf die Sitzbank beförderte, kündete vom Weiterrücken der Kutsche, die nach wenigen Augenblicken erneut hielt. Ich wechselte einen kurzen Blick mit Prisca, die – so schien es mir – sich für ihren nachfolgenden Abgang entschuldigen wollte, bei dem sie Caecus gleichzeitig schwungvoll des Bechers entledigte. Schließlich saß ich allein in der Kutsche, die ich ursprünglich vor allen anderen verlassen wollte, schüttelte mich erneut, als ich Prisca in meinem Rücken hörte, denn das Holz schluckte nur wenig Schall, und erhob mich schwankend. Noch immer den Becher haltend, reichte ich Caecus die freie Hand, damit er mir beim Absteigen behilflich sein konnte. Es war eine wacklige Angelegenheit, weil sowohl er als auch ich nur jeweils eine Hand zur Verfügung hatten, aber der Wille versetzte oft Berge und ich wollte diesen Ekelgeschmack restlos loswerden. Ein Sprung von der letzten Stufe, bei dem ich Caecus fast umgerissen hätte, sicherte mir den ersehnten Boden. Ich nahm ihm sodann den wabbeligen Wasserbehälter ab, suchte mir eine passende Stelle abseits des Weges und spülte mir den Mund nochmals aus. Etwas Wasser in der gebogenen Hand nutzte ich zum Säubern der Nase.
Nachdem das Wohlbefinden einigermaßen wiederhergestellt war, suchte ich Prisca auf. Ich legte die Hand auf ihre Schulter und reichte ihr wortlos den Wasserbehälter. Sicherlich würde sie ihn brauchen, ich zweifelte nicht daran.
„Zwei Tage, Prisca. Dann haben wir es geschafft“, tröstete ich sie und sprach mir dabei selbst Mut zu.
Anschließend blickte ich mich auf der Suche nach Corvi um. Mein Blick verweilte flüchtig auf seinem Rücken. Ich glaubte, Prisca müsse, wie ich, auch den Wunsch verspüren, sich zunächst ungestört zu reinigen, daher streichelte ich einmal über ihre Schulter und wandte mich ab, um zu ihm zu gehen. Es war Verlegenheit, die mich einen Schritt weiter Abstand halten ließ, als ich es sonst gemacht hätte.
„Das war lieb von dir eben“, sagte ich leise. Ich schaute ihm dabei nicht in die Augen, denn vom Wohlfühlen war ich weit entfernt. Ich rechnete damit, dass die Schminke verlaufen war und ich hasste selbst den momentanen Atem. „Ist dir das Essen denn gut bekommen?“ Es vergingen vielleicht zwei Herzschläge, ehe ich noch anfügte: „Zumindest vermute ich, dass es bei mir am Essen lag.“
Ich betrachtete den Waldboden, so uninteressant er auch war, während meine Hand seitlich über die Haare fuhr, um zu richten, was eigentlich nicht gerichtet werden musste.