Beiträge von Krixos

    Servilias Laune und ihr Zustand besserten sich Tag für Tag je näher wir nach Aegyptus kamen. Ich stand unter Deck im Laderaum, dem Ort, wo mich Servilia einst gefunden hatte, und half einigen Matrosen beim Verstauen der Fracht. Der Sturm hatte sie durcheinander gewirbelt und wir waren dabei, die schweren Säcke und Fässer wieder an ihrem Platz zu verstauen. Eine Knochenarbeit unter knochenharten Bedingungen. Hier unter Deck war es gute 35 Grad und der Schweiß rann mir über die Stirn ins Gesicht und durchnässte meine Tunika. Es war unerträglich. Zu meinem Glück hatte ich keine Haare auf dem Schädel. ;)
    Ich wußte nicht, wo wir waren, aber wir mußten bals Aegyptus erreichen. Da rief eines Tages der Mann aus dem Ausguck "Land in Sicht !" Das mußte Aegyptus sein. Bald würden wir da sein und diese Packerei hatte ein Ende. So schwer geschuftet hatte ich selbst unter meinem Herrn Falco nicht. :D
    Aegyptus war für mich ein raetselhaftes Land, von dem ich weder viel wußte, noch viel gehört hatte. Ich wußte so gut wie nichts über Aegyptus. Deswegen freute ich mich auch umso mehr.


    In meiner Seitentasche hatte ich ein Stück Pergament, das eines Tages auf dem Deck liegen geblieben war. Ich ergriff es sofort. Darauf kritzelte ich mühevoll einige Zeilen. Ich wollte sie meinem Herrn abschicken, sobald wir im Hafen von Alexandria eingelaufen waren.

    Der Schiffskoch Lukos hatte mich gerufen, als Servilia in der Kombüse plötzlich zusammengebrochen war. Zuammen hatten wir sie in ihre kleine Kajüte getragen. Ich machte mir große Sorgen um sie. War sie krank? War sie vor Enttäuschung darüber zusammengebrochen, das unsere Reise hier womöglich ein vorzeitiges Ende finden würde und sie nichts weiter für ihre Mutter tun könnte?


    Servilia wälzte sich unruhig hin und her. Ihre Stirn war heiß vom Fieber. Ich kühlte ihre Stirn nach Kräften. Da ihr Zustand ernst war hatte Lukos den Kapitän informiert und dieser hatte einen Medicus an Bord rufen lassen. Nur gut das wir gerade in einem Hafen vor Anker lagen.


    Der Arzt verabreichte meiner Herrin einen heilenden Trank. Ich bedankte mich bei ihm und drückte ihm einige Kupfermünzen in die Hand.


    Dann war ich wieder mit Servilia allein.


    Wie geht es dir, Herrin?" fragte ich sie.

    Ich sah Servilia an, wie sehr sie von dieser Entwicklung getroffen war. All ihre Hoffnungen, ihre Mutter zu finden und wiederzusehen, hatte sie an diese Reise geknüpft. Ich wußte aber auch, das sie nicht so leicht aufgeben würde.


    "Herrin, gib die Hoffnung nicht auf. Der Kapitän wird inzwischen sicher auch von diesem Aushang wissen. Du solltest mit ihm sprechen." sagte ich zu Servilia. "Vielleicht hat er eigene Pläne, die ihn diese Warnung vor der Reise nach Aegyptus mißachten lassen."

    Als Servilia näher kam unterbrach ich meine Arbeit und erhob mich. Ihr Gesichtsausdruck verriet Besorgnis.


    "Herrin, du möchtest mit mir sprechen?" fragte ich sie. Ich wußte, das sie das Schiff für einige Zeit verlassen hatte, um sich im Hafen etwas unzusehen. "Hast du an Land Neuigkeiten erfahren?"

    Servilia hatte Recht daran getan, den Kapitän über meinen Aufenthalt an Bord zu informieren, dachte ich erleichtert. So brauchte ich jetzt keine Angst mehr vor einer Entdeckung zu haben, denn früher oder später wäre es zweifellos dazu gekommen. Meine Entdeckung hätte sicher auch für Servilia negative Konsequenzen zur Folge gehabt und ich war auch deshalb sehr froh über diese Wendung der Geschehnisse zum Guten.


    So ließ ich mir, wie vom Kapitän befohlen, von dem Manne Meto mein Quartier zeigen und am nächsten Morgen in meine Aufgaben einweisen.


    Es war harte Arbeit, die ich zu verrichten hatte, aber allemal besser als sich weiter heimlich verbergen zu müssen.



    Von Servilia wußte ich, das wir bald in einen Hafen einlaufen würden, Syracusae auf der Insel Sicilia. Bei meiner Arbeit unter Deck konnte ich zwar nichts von der Einfahrt in den Hafen sehen, aber die Geräusche und die Rufe der Schiffsbesatzung, welche bis zu mir herunter drangen, machten mir deutlich das die Anlandung unseres Schiffes unmittelbar bevorstehen mußte...

    Als Servilia nach mir rief, ließ ich das Stück Holz wieder los und kam hinter den Wasserfässern, wo ich mich versteckt gehalten hatte, hervor. Meine Vermutung war richtig gewesen. Der Kapitän hatte Servilia allein in die Vorratskammer begleitet. Sonst niemand. Ich wertete das als gutes Zeichen.


    Zu Glück kam mir Servilia bei der Beantwortung der Frage des Kapitäns zuvor. Aufmerksam hörte ich auf ihre Worte, damit wir uns später nicht in Widersprüche verwickeln würden. Als Servilia sagte, das ich sie im Auftrage meines Herren begleiten würde, verzog ich keine Miene.


    Da der Kapitän ja mich angesprochen hatte, fügte ich selbst noch einige Worte hinzu.


    "Ja, so ist es. Mein Herr, der Senator Marcus Didius Falco, sorgt sich sehr um seine Familienangehörigen und wollte seine Nichte diese lange Reise nicht allein antreten lassen. So beauftragte er mich, sie zu begleiten. Da ich aber erst kurz vor der Abreise in Ostia eintraf und nicht wußte, ob Servilia schon mit euch über mich reden konnte, schlich ich mich an Bord und verbarg mich zunächst hier."


    Gespannt wartete ich auf die Antwort des Kapitäns. Würde er unseren Worten Glauben schenken?

    Viele Tage hatte ich jetzt bereits in den Vorratsräumen zubringen müssen. Immer auf der Hut vor Entdeckung. Zum Glück betraten nur zwei verschiedene Personen diese Vorratsräume. Servilia und der Koch. Sein Name war Lukos, wie mir Servilia erzählt hatte. Er schien kurzsichtig zu sein, so das es für mich kein großes Problem darstellte, mich vor ihm zu verstecken.


    Damit ihre Abewesenheit nicht auffiel, konnte Servilia immer nur kurz bei mir in der Vorratskammer des Schiffes bleiben. Zeit zum Reden blieb nicht viel. Sie informierte mich darüber was auf dem Schiff geschah und versorgte mich mit von ihr zubereiteter Nahrung. Des Nachts schlich ich mich immer an Deck, um meine Notdurft zu verrichten. Dabei suchte ich immer das vom Steuermann entfernte Ende des Schiffes auf, um nicht entdeckt zu werden.


    Die Einsamkeit, die Dunkelheit im Inneren des Schiffes und die Angst vor dem Entdecktwerden machten mir schwer zu schaffen. Das Einzige was mich mit dieser Lage versöhnte war die Erkenntnis, das Servilia ohne mich in Aegyptus ganz allein auf sich gestellt wäre und mich dort brauchen würde. Dies ließ mich durchhalten.


    Bei unserem letzten Zusammentreffen hatte mir Servilia berichtet, das sie am nächsten Tage mit dem Kapitän sprechen und ihm von meiner Anwesenheit an Bord erzählen wollte.


    Seitdem wartete ich unruhig darauf, was passieren würde. Würden sie kommen, um mich zu holen und über Bord zu werfen? Ich beschloß, meine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen.


    Nach langen, nervenzehrenden Stunden der Ungewißheit vernahm ich sich nähernde Schritte von zwei Menschen. Deutlich erkannte ich die leichtfüßigen Schritte von Servilia. Daneben vernahm ich die schweren, etwas schlürfenden Schritte eines Mannes. Wer mochte das sein? Der Kapitän des Schiffes?


    Ich griff nach einem langen Stück Holz, welches ich an Deck gefunden hatte und als Knüppel einzusetzen gedachte.


    Die Tür zur Vorratskammer wurde aufgestoßen und ein diffuses Dämmerlicht fiel herein ...

    "Ja, Herrin, redet mit dem Kapitän. Auf Dauer bleibt mein Aufenthalt auf dem Schiff nicht unentdeckt."


    Dankbar griff ich nach dem mir von Servilia dargebotenen Brot. Ich hatte zwar keinen Durst leiden müssen. Wasser hatte ich genügend zur Verfügung gehabt und mir auch hin und wieder etwas zu Essen stehlen können. Bei letzterem war ich jedoch wegen der Gefahr der Entdeckung sehr vorsichtig gewesen.


    Ich brach mir ein großes Strück von dem Brotlaib ab und biß herzhaft zu. Erst jetzt spürte ich, wie groß mein Hunger war.


    "Danke Herrin." sagte ich und lächelte sie an, nachdem ich den ersten Bissen heruntergekaut hatte. Dann aß ich hastig weiter.

    Ich war erleichtert zu hören, das sich Servilia über meine Anwesenheit freute. Aber ihre Bedenken waren berechtigt. Was würde geschehen, wenn der Kapitän von meiner Anwesenheit an Bord erfahren würde?


    "Herrin, ich weiß nicht was richtig ist. Wir werden aber noch einige Zeit unterwegs sein. So wie ihr mich entdeckt habt, kann mich auch jemand anderes entdecken. Vielleicht redet ihr besser mit dem Kapitän. Ihr müßt ihm ja nicht erzählen, das ich meinem Herren entflohen bin..."


    Ein schwaches Grinsen schlich sich auf mein Gesicht.

    Unendlich erleichtert erkannte ich Servilia. Ich ergriff ihre dargebotene Hand und erhob mich.


    "Ich bin euch gefolgt, Herrin, und habe mich heimlich auf das Schiff geschlichen." sprach ich.


    "Falco, mein Herr, weiß nichts davon. Ihr hattet mich daum gebeten, euch nicht zu verraten. Ich konnte euch aber auch nicht allein diese gefährliche Reise unternehmen lassen. Nun bin ich ein flüchtiger Sklave und hier, um euch zu helfen. "


    Hoffentlich schickt sie mich nicht postwendend nach Rom zurück, dachte ich.

    Die Nacht in der Speisekammer, zwischen den Wasserfässern versteckt, war eine Qual gewesen. Zu Schlafen war ich kaum gekommen. Die Kälte steckte mir in allen Gliedern. Zudem mußte ich daran denken, was wohl mit mir passieren würde, wenn man mich entdeckt. Ein Sklave, der seinem Herren ausgebüxt ist...


    Was würde der Kapitän des Schiffes mit mir machen, auf hoher See? Mich über Bord werfen lassen? Oder auf dem nächsten Sklavenmarkt weiterverkaufen? Als Sklave in ein Erzbergwerk oder in einen Steinbruch möglicherweise.


    Entschieden schob ich diese Gedanken beiseite. Ich hatte vor meiner Flucht von dem Risiko gewußt. Aber ich konnte Servilia nicht allein lassen auf der gefahrvollen Reise nach Aegyptus. Sie brauchte jemanden, der sie dort beschützen und ihr dabei helfen konnte, ihre Mutter wiederzufinden.


    Zufällig hatte ich Servilia entdeckt, als sie bei Nacht und Nebel die Casa Didia verlassen wollte. Sie hatte mir erklärt, warum. Ich verstand sie. Ich ließ sie gehen, obwohl es meine Pflicht gewesen wäre sie aufzuhalten.


    Stattdessen packte ich mir ein kleines Bündel für die Reise und folgte Servilia zum Hafen nach Ostia. Kurz vor dem Auslaufen des Schiffes schaffte ich es noch ungesehen an Bord zu gelangen.



    Nun verbarg ich mich hier hinter den Wasserfässern. Ich hörte Schritte. Lange kämpfte ich gegen den Drang zu husten an. Dann passierte es doch.


    Zunächst Stille. Dann kamen Schritte näher.


    Was tun, überlegte ich, und bereitete mich darauf vor, mich meiner Haut zu wehren...

    Kurz bevor das Schiff ablegte schlich sich ein großgewachsener, kräftiger Mann auf das Schiff. Aufgrund der Dunkelheit gelang ihm dies unentdeckt. Rasch schlüpfte er in eine Luke und verschwand unter Deck.

    Zitat

    Original von Didia Servilia
    Salve Krixos,


    ich grüße dich. Hoffentlich bekommst du nicht zu viel Ärger. :)


    Salve, Didia Servilia. Ich grüße euch.



    Zitat

    Original von Marcus Didius Falco
    Mir schwebt da schon was ganz bestimmtes vor... 8)


    Was meint ihr, Herr?