Beiträge von Lucius Decimus Maximian

    Maximian seufzte, schüttelte leicht den Kopf und verzog dann das Gesicht ein wenig. Er hatte mit seinem Vater zwar noch nie direkt über seine Zukunft gesprochen, dafür waren ihm aber über die Familienmitglieder kürzlich Informationen zugetragen worden, was Meridius für Maximian geplant haben könnte.


    "Ich bin mir nicht sicher, ob das möglich ist. Irgendwann wird mein Vater mich einspannen, damit ich etwas lerne... Und er hat mir aufgetragen, auf die Casa aufzupassen."


    Bei den letzten Worten musste Maximian leicht schmunzeln. Als wenn es da irgendetwas gäbe, vor dem die Casa zu schützen wäre. Zumindest fiel dem jungen Männlein namens Maximian auf die Schnelle keine Gefahr ein.
    Wie auch immer beschäftigte er sich nicht lange mit diesem Gedanken. Wie er sagte, war er sich nicht sicher, was die nahe Zukunft für ihn bedeuten würde.


    Kurzzeitig veränderte Valerias Gesichtsausdruck sich. Maximian versuchte diese Veränderung zu deuten, kam aber zu keinem Entschluss. Was sie nur schon wieder dachte?


    Seine Hand strich über ihren Oberarm, bis wohin er den Ärmel ihrer Tunika hatte hochschieben können. Manchmal umfasste seine Hand sanft ihren Arm, ruhte einen Moment und fing dann wieder an zu streichen.
    Bei ihrer Frage hielt er jedoch inne und legte den Kopf wieder gerade, um an die Decke zu sehen. Keine würde von ihrer Liebe zueinander erfahren dürfen. Wie traurig war allein diese Tatsache? Sie würden sich nur heimlich küssen dürfen, nie Hände haltend im Atrium stehen, wenn irgendjemand bei ihnen war... Maximians Herz fühlte sich beklemmt an, als würde ihm etwas schweres auf der Brust lasten.


    "Nun... manchmal werden wir allein in der Casa sein, von den Sklaven mal abgesehen. In den Nächten. Wir könnten ungestört in meinem Cubiculum sein... Ausreiten."


    Maximian fiel zwar etwas ein, dadurch aber wurde seine Laune nicht unbedingt besser. Denn an all den Möglichkeiten, die er aufzählte, waren gleichzeitig mehrere Haken. Und der größte war, dass sie nicht so ungestört sein würden, wie er es sich vorstellte. Es brauchte nur jemand etwas von ihm wollen, wenn Valeria bei ihm war, und alle würden davon wissen.


    "Und wenn es mir möglich ist, komme ich dich in Rom besuchen. So schnell es geht."

    Er seufzte noch einmal und ließ die Augenbrauen verrutschten, womit er aussah wie drei Tage Regenwetter. Wirklich erbärmlich hätte man denken können, wenn er nicht Stärke und auch Zufriedenheit in seinen Augen zum Ausdruck gebracht hätte. Und auch einen kleinen Schelm.
    Er brauchte sich wirklich nicht zu grähmen.


    Er genoss es, wie Valeria sich an ihn schmiegte und fragte sich, ob es das gewesen war, was ihn in der Nacht zuvor hatte wünschen lassen, dass sie sich zu ihm legte. War das sein Herz gewesen, das sie zusammenbringen wollte?
    Er bekam eine Decke zu greifen, zog die umständlich über sie beide und hielt sie dann fest.


    Dann sagte sie, sie würde wieder nach Rom gehen. Das hatte Maximian völlig vergessen gehabt. Valeria hatte eine sterbende Mutter, die ihren Beistand gebrauchen würde. Sein Herz schlug gleich einige Takte langsamer, denn das bedeutete Trennung... Mit leiser Stimme sprach er:


    "Ja, du musst gehen. Deine Mutter wird dich jetzt vermissen und sich wünschen, dass du bei ihr wärest. Und ich werde dich dann vermissen..."

    Maximian sah Valeria fest in die Augen, sagte eine Weile lang nichts. Sein Herzschlag beruhigte sich während dieser schweigsamen Minuten, in denen Maximian sich in ihren Augen verlor und auch wenn er noch ein wenig mit sich selbst haderte, mit seinem spaßverderbenden Arm, wurde ihm nun gewiss, dass wirklich keine Eile bestand. Er schmunzelte und hob den gesunden, den guten Arm, um über ihr Haar zu streichen und einzelne Strähnen davon um die Finger zu wickeln.


    Er würde ihr erster sein. Und es würde besonders sein, das nahm Maximian sich vor. Nicht bei Mummia und Aurelius im Hause, nicht versteckt in einem Stall... Es sei denn, Valeria wollte es so. Aber wenn es dem jungen Mann nachginge, dann würde er ihr gerne die Sterne vom Himmel holen, während sie ihre Jungfräulichkeit an ihn verlor.


    War das, was sie sich gerade erschufen, etwas für die Ewigkeit? Würden sie es überstehen ihre Liebe in ihrem Hause zu verbergen, würde sie in Tarraco bleiben wollen oder könnten sie lange Jahre in Trennung vereinbaren, wenn er erst einmal seine Lehrjahre antreten musste? Würde die Liebe, die jetzt schon unbegreiflich groß schien, all das überwinden und sie gar auf Lebenszeit erfüllen?


    Maximian blinzelte verliebt und doch nachdenklich. Es war jetzt nicht Zeit, sich darüber, über eine weit entfernte Zukunft, Gedanken zu machen. Noch war alles zu frisch und zu jung - keiner konnte sagen, was daraus entstehen würde. Aber es fühlte sich nach etwas an, dass nicht so leicht zu erschüttern wäre.
    Er seufzte nun auf eine andere Weise zufriedengestellt und legte den Kopf schräg. Valeria sah ihn an, er sie.


    "Und du die einzige."


    Auch er lächelte sanft, während seine Hand immer noch in ihren Haaren herumspielte. Wie lange er sie wohl ansehen könnte ohne sie irgendwann langweilig zu finden? Sehr lange... Dann beugte er seinen Kopf vor und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.


    Aber während er sie so ansah, drängte sich andere Fragen in sein Bewusstsein. Fragen nach dem Morgen, nach ihrer Heimkehr... und dann sprach er aus, was sie beide wohl beschäftigte.


    "Es wird nicht einfach für uns werden. Du bist... nun, du bist und bleibst meine Cousine, egal wie sehr ich dich liebe. Sie werden es nicht dulden und uns bestrafen. Weder unsere Familie noch sonst jemand würde es zulassen."

    Max folgte Valerias Blicken. Wie sie an ihm runter sah, wieder hoch und sich schließlich Bereitschaft in ihnen abzeichnete. Wie sie ihn nannte, war eine Streicheleinheit für seine Ohren und die Seele und ihre zitternde Stimme dabei ließ ihm einen wohligen Schauer den Rücken runterjagen.


    Er hauchte, bevor er seine Lippen wieder auf ihre legte, ein verlangendes "Valeria...", dann waren auch bei ihm alle Gedanken verwischt, sodass nur noch sie, die Frau, neben der er schon eine Nacht im gleichen Bett verbracht hatte, zählte: Valeria.


    Der Kuss, der das Feuer neu entfachte und es in Maximians Lenden kribbeln ließ, hielt an, während die beiden auf das auf sie wartende Bett sanken, wo Max schon bald bemerken musste, dass der in der Schlaufe hängende Arm ein großes Handycap war, zumal der auch noch wehtat, wenn er gedrückt oder angestoßen wurde.


    So zog es bis in die Schulter hinein, während Maximian seine Valeria küsste, sich von ihrem Mund trennte, um ihren Hals zu liebkosen, während der gesunde Arm ihn abstützte. Immer häufiger musste er deshalb seine Lippen ruhen lassen, weil der Schmerz irgendwann mehr als unangenehm war und selbst die Leidenschaft zunichte machte.


    Schließlich rollte er von Valeria herunter und legte sich neben ihr frustriert an die Decke blinzelnd auf den Rücken. So würde das nichts werden. Dann legte er seufzend den Kopf herum, sodass er Valeria ansehen konnte und griff schließlich nach ihrem Arm, um sie zu sich zu ziehen.


    Sein Blick ruhte auf ihrem Körper, der immer noch unter der Tunika versteckt war und nicht von seinen Küssen übersäht, dann wanderte er nach oben zu ihrem Gesicht und ihren wunderschönen Augen. Fast musste er über diese Situation jetzt schmunzeln, weshalb der frustrierte Gesichtsausdruck irgendwie noch frustrierter wirkte. Er hob seinen Kopf und drückte seiner Liebsten einen zärtlichen Kuss auf die Nasenspitze.


    "Der Rücken, jetzt der Arm... Es scheint fast so, als hätte jemand etwas gegen uns."

    Maximian hingegen war von der Idee, die Valeria haben musste, sofort ziemlich begeistert. Er ließ sich von ihr den kurzen Weg zum Bett führen, versuchte dabei immer den Blickkontakt aufrecht zu erhalten und dann, als sie am Bett angelangt waren, zog er sie zu sich, legte seinen gesunden Arm um ihre Taille und sah sie mit nahezu entflammten Blick an.


    Sein Herz schlug kräftig und seine Lippen wollte sich wieder auf ihre legen, er wollte Valerias Körper spüren, sie entdecken. Kein Augenblick sollte mehr mit aufhaltenden Gedanken verschwendet werden, nichts sollte sie aufhalten können und dennoch war er nicht blind und erkannte Valerias Unsicherheit.


    Er sah sie weiterhin an, legte den Kopf leicht schräg, während seine Hand in ihrem Rücken Kreise malte. Es musste nicht heute sein, sagte er sich und lächelte leicht. Nein, für sie würde es kein Muss geben. Immerhin gab es in Tarraco auch ein paar schöne Plätze im Stroh... Solche, die keine Ohren hatte.
    Seine Hand wanderte ihren Rücken hinauf zu ihrem goldenen Haar, das er ihr aus dem Gesicht strich, während er mit glänzenden Augen flüsterte:


    "Heute ist schon so vieles passiert..."


    Seine Lippen streichten flüchtig über ihre und seine Hand wanderte ihren Hals hinunter, zur Schulter hin.

    Der Kuss endete nicht. Valeria unterbrach ihn nicht, sie spielte ihn mit. Und sie steigerte ihn, legte ihre Liebe in ihn hinein, zeigte Leidenschaft, von der Maximian sich freilich schon längst angesteckt fühlte. Seine Hand wurschtelte in ihren Haaren herum, während seine Lippen nicht von Valerias abließen.


    Und sein Kopf war nur noch bei ihr. Er dachte nicht mehr an Mummia, nicht mehr an die Familie, nicht mehr an nichts. Außer Valeria. Seine Cousine. Eine Decima.


    Sein Rücken schmerzte. Wohl oder übel, ob er es wollte oder nicht, er musste den Kuss verlangsamen. Es war inzwischen recht dunkel im Raum geworden, sodass er fast nur noch Valerias Umrisse erkennen konnte, als er die Augen öffnete, während ihre Lippen noch aufeinanderlagen.


    Dann, als sie sich gänzlich trennten, blieb er ganz nah vor ihrem Kopf. Sein Atem ging schneller, während er noch ein paar mal zärtlichst seine Nasespitze an ihrer reiben ließ. Valerias warmer Atem brandete gegen sein Gesicht und ihre Augen glänzten im schummrigen Licht.


    Es war, als würde er in ihrem Bann stehen. Und doch schaffte er es den Kopf noch ein bissl mehr von ihr zu ziehen. Schließlich schmunzelte er leise und zog seine Hand aus Valerias Nacken nach vorn an ihre Wange.


    "Langsam findet mein Rücken es aber nicht mehr lustig..."


    Er sah auf ihre Lippen. Die Augen wollten davon nicht weg. Und doch huschten sie gerade auch jetzt hoch zu ihren wunderschönen dunklen Augen, um zu lesen, was in ihr vorging.

    Dieses Argument schien Standart bei den Frauen zu sein, schmunzelte Maximian. Seine Mutter selbst hatte es häufig gebracht, ihren Sohn dennoch aber nicht die Illusion vom einst erfolgreichen Legionär nehmen können.


    Nun war es Valeria, die es darbrachte. Er sah sie an und konnte in diesem Moment vielleicht verstehen, was die Frauen meinten. Denn er würde in solch einem Falle auch von ihr getrennt sein. Wochen, Monate, vielleicht Jahre.


    Valeria strich ihm durchs Haar und er blinzelte müde. Nicht, weil er müde war, sondern weil er es genoss. Als er seine Augen wieder öffnete, lächelte sie ihn in der Art und Weise an, die ihn immer wieder von den verschiedensten Gedanken fortriss.


    Und dann sagte sie ihm die drei lieben Worte. Ja, er liebte sie auch. Und er wollte nicht, dass ihre Zeit hier draußen endete und sie nach Tarraco heimkehren mussten, wo sie nicht zueinander würden stehen können. Wo man es ihnen versagen würde sich zu lieben.


    Seine Hand löste sich von ihrer und fuhr ihr durchs Haar, während er verträumt dreinblickte und er sie aus kleinen Augen anblinzelte. Dabei sah er ihren Mund an, wieder zu ihren Augen und hin zu seiner Hand, die ihr Haar fühlte, sich darin vertiefte und wieder zum Vorschein kam.


    Sein Mudn öffnete sich ein Stückchen, doch vorerst entkam ihm kein Wort. Er zerzauste ihr Haar noch eine Weile, legte dann seine Hand in ihren Nacken und richtete den Kopf ein bisschen auf. Er zog sie zu sich, legte seine Lippen auf ihre. Der Muskel in seiner Brust pumpte gleich mehr Blut durch den Körper und der Kuss wurde leidenschaftlicher.


    Sollte Mummia gute Ohren haben, das würde sie nicht hören können. Und es war mehr, als Maximian jetzt sagen konnte, als Worte fassen würden... All die Gefühle, die in einem übersprudelten, wenn man verliebt war.

    Er hatte sie angesehen, wie sie offensichtlich tief in ihren Gedanken versunken war. Seine Hand hatte die ihre umfasst und sie auf ihre Oberschenkel gelegt, weil das Gespiele ablenkte.


    Wieder fragte er sich, was ihr durch den Kopf ging. Würde es etwas geben, um das zu erfahren, hätte Maximian es gegeben. Vielleicht würde er ihr dann helfen können. Und dann schloss sie die Augen, doch Maximians betrachteten sie weiter. Er zog wieder ihre Gesichtszüge nach, ummalte ihre Lippen, stubste ihre Nase und küsste ihre geschlossenen Augen mit mehr nichts als seinen Blicken.


    Dann hörte er ihre Frage. Er brauchte gar nicht über eine Antwort nachdenken, auch wenn es ihn überraschte, dass sie ausgerechnet das nun fragte. Ein sehnsüchtiges Lächeln erschien auf seinem Gesicht, während seine Augen ein begeistertes Glänzen annahmen.


    "Aber ja. Mein Vater ist ein großer Legat, ich will auch einmal einer sein. Seit ich ein kleiner Junge schon bin, ist das mein Ziel. Aber welcher junge, römische Mann wünscht sich das nicht?"

    Das hatte er bislang erfolgreich verdrängt. Es war auch nötig gewesen, damit er Valeria küssen konnte. Sie war... sie war seine Cousine. Ein Spezialist war er in diesen Sachen gewiss nicht, doch reichte sein Wissen über das Recht Roms aus, um mit Sicherheit sagen zu können, dass es nicht ganz rechtens war, was sie hier taten. Dass es aber schlicht verboten war und hohe Strafen darauf ausstanden, wusste er nicht. Oder er wollte es nicht wissen.


    Nun senkte er seinen Blick, sah wie sie auf ihre Hände. Dann stellte er sich vor, dass in ihnen das gleiche Blut floss und eine Vermischung angeblich häufig ungesunde Kinder niederkommen ließ. Maximian hatte kein solches bislang gesehen, konnte sich also nicht viel darunter vorstellen. Und groß über die Vermischung von Familienmitgliedern hatte er ebenfalls noch nicht nachgedacht. Es erschien ihm immer sehr unwahrscheinlich, dass ihm soetwas passieren würde.


    "Das ist wahr. Vielleicht... vielleicht wäre es deshalb besser, sie würden davon gar nicht erst erfahren."


    Nun hob er den Kopf wieder an. Hatte sie sich mit dem Gedanken schon beschäftigt? Er hatte es noch nicht getan, wollte aber im Moment nicht über die Tragweite des Problems nachdenken.

    Man hätte meinen können, sie hätten sich schon immer so begrüßt, wenn da nicht der schnellere Herzschlag gewesen wäre, der sich sogleich einstellte, als ihre Lippen sich berührten. Dann schmunzelte er, als ihre Lippen sich trennten, dafür aber ihre Augen sich finden konnten. Und leise antwortet er:


    "Ich habe das Gefühl, Mummia klebt mit dem Ohr an der Tür, aber ansonsten..." Sein Blick strich über ihre Gesichtszüge und wieder hinauf zu ihren haselnussbraunen Augen. "Gut."


    Valeria rutschte auf dem Korbsessel herum, was bedeutete, dass er weder den Arm um sie legen konnte noch sonst etwas. Ohne lang zu zuckeln zog er sich den zweiten Korbsessel heran, stellte ihn so, dass auch er vor dem Fenster stand und setzte sich dort hinein. Nicht gut für den Rücken, aber gut für Valeria. Denn deren Hand ergriff Maximian, an der er sie zu sich zog. Er fand es gemütlich hier am Fenster. Der Regen rauschte vor dem Fenster und prasselte auf dem Dach und noch war gerade so Licht, dass man der Welt beim Einschlafen zusehen konnte.


    Dann, als sie sich in seine Arme begeben hatte, legte er den Kopf schief und sah sie verträumt an. Seine gesunde Hand hielt eine von ihren und ihre Finger verzahnten sich ineinander, nur um sich wieder zu lösen und dann wieder miteinander zu verschmelzen.


    "Aber du bist nachdenklich."

    Maximian hatte Valerias liebevollen Blick standgehalten. Sein Herz machte kleine Sprüge, doch dann wurden ihre Augen unklar. Er sah sie weiterhin an und erkannte, dass sie sich erschrak. Wo sie wohl gewesen war? Sorgenvoll suchte Maximian ihren Blick, doch sie entschuldigte sich und verschwand im Gästezimmer.


    Er saß noch eine ganze Weile in seinem Korbsessel und hing seinen Gedanken nach. Auch ward sein Blick immerzu auf die Tür gerichtet, hinter der die junge Decima verschwunden war.


    Da hörte er Mummias Stimme und vernahm ihre guttuenden Worte. Er konnte nicht anders, als ihr dankend zuzulächeln und stand seufzend auf, um gleich ein paar Schritte auf die Tür zu zu machen, als ihn Mummias Stimme noch einmal aufhielt.


    'Aber stellt nichts an, ja?'


    Er wandte sich zu ihr herum und setzte eines seiner engelsgleichen Gesichter auf. Das konnte er wirklich gut. Bei seiner Mutter, die ja nicht nur einen Sohn hatte und daher in vielen Sachen ziemlich abgehärtet war, hatten sie immer noch gezogen. Selbst noch vor knapp einem Jahr, als er nach Tarraco ausgezogen war.
    Mummia sah ihn mütterlich warnend an, Aurelius aber grinste hinter ihrem Rücken, als wäre er selber noch nicht älter als 20. Beinahe wäre das unschuldige Gesicht Maximians unter dem Anblick der zwei ungleichen Gesichtsausdrücke gebröckelt, doch er rettete es auch über diese äußert schwere Situation hinweg und erwiderte vertrauenerweckend:


    "Mummia, was denkst du denn von mir? Vertraust du mir denn immer noch nicht? Nach so vielen Besuchen...."


    Maximian ließ theatralisch Augenbrauen und Schultern hängen, während seine Mundwinkel kaum sichtbar Zuckungen taten. Das nämlich, weil Mummia ihn recht ungläubisch ansah und den Finger drohend erhon.


    'Du Lausebengel, nichts davon glaub ich dir!'


    Und Aurelius hinter seinem Rücken hustete verhalten, während er offensichtlich arg gegen einen Lachkrampft ankämpfte. Dennoch erhob er sein Wort.


    'Och, als ich in seinem Alter war, haben mich die Frauen auch kein bisschen interessiert. Ich glaube ihm. Stimmt's, Maximian?'


    Wie sich das anhörte. Also Aurelius war ein schlechter Flunkerer, notierte Maximian sich auf den Seiten seines Lebensbuches, während seine Mundwinkel nun schon heftiger zuckten.
    Mummia wandte sich ihrem Mann zu und dann wieder dem jungen Decimus.


    'Rede du nur. Aber ich hab Augen im Kopf... und gute Ohren. Ach, verschwinde, du freches Balk.'


    Nun ließ Maximian seine schuldlose Miene aufbrechen und lachte leise vor sich hin. Wie hatte sie ihn genannt? Lausebengel? Ein freches Balk? Ach, er mochte Mummia. Gerade auch, weil sie sich einer Stickarbeit zuwendete und dabei selbst grinste und den Kopf schüttelte.


    Maximian verließ nun aber den Aufenthaltsraum des kleinen Bauernhauses und ging hinüber in das Gästezimmer. Leise öffnete er die Tür, hinter der Valeria auf einem der Korbsessel am Fenster zum Vorschein kam. Sie schien ihn gar nicht zu bemerken, als er die Tür schloss und sie einen Moment lang einfach nur ansah. Woran dachte sie? Was ging durch ihren hübschen Kopf?
    Dann ging er auf leisen Sohlen zu ihr ans Fenster, beugte sich zu ihr und legte seine Lippen an ihr Ohr, die Hand des gesunden Armes auf ihren Unterarm, der auf einer Art Fensterbrett ruhte. Dabei brummte er leise wohlig, musterte sie, so gut es ging, aus seinem Winkel der Betrachtung und richtete dann den Blick nach vorn, um einfach nur das zu sehen, was auch sie sah, während seine Hand zärtlich die Haut ihres Armes streichelte.

    Maximian nickte. Daran hatte er noch gar nicht gedacht. Zum Reiten brauchte man zwei Hände und er hatte nur noch eine. Nicht auszumalen, was geschehen könnte, wenn er nicht schnell genug reagieren konnte. Nein, nach dem Sturz war selbst Maximian das zu heikel.


    "Da hast du recht. Das wäre nur ein unnötiges Wagnis, das ich nicht eingehen möchte."


    Er lächelte leicht gequält, suchte nach einer Lösung, als Mummias Stimme ertönte.


    'Dann lauft doch. Besser gesagt du, Maximian läufst, -hast ja zwei kräftige, junge Beine - und Valeria reitet neben dir her.'


    Gleich wandten sich alle Gesichter der rundlichen Frau zu, die das anscheinend total im Bereich des Möglichen sah. Dass es mit dem Pferd allein zwei Stunden nach Tarraco waren, hatte sie wohl vergessen. Maximian auf jeden Fall wollte den weiten Weg nicht laufen.
    Aurelius schien die gleichen Gedanken gehabt zu haben und lachte leise los.


    'Laufen? Von hier nach Tarraco? Da sieht man wieder einmal, Weib, wie du denkst.'


    Mummia konterte sogleich:


    'Ich finde das gar nicht so abwegig, Aurelius. Maximian ist doch kräftig. Oder täusch ich mich, Junga?'


    Die Blicke richteten sich auf Maximian, der große Augen machte und herumgestete, als würde ihm gerade kein einziges Wort mehr einfallen. Aurelius sprang ein.


    'Nene, auf keinen Fall läuft er den Weg. Nicht mal ich möchte so weit gehen müssen. Den Wagen kann er nehmen.'


    Wieder sahen alle zum jungen Decimus, der erstmals einverstanden war mit dem, was die Alten da sagten. Er warf Valeria einen wohligen Blick zu und antwortete dann:


    "Also diese Idee gefällt mir wesentlich besser."

    Mummia brach wieder einmal in eine Glanzleistung von Alleinunterhaltung aus. Maximian hatte zu Aurelius gesehen, der eigentlich schon recht bald, nachdem seine Frau anfing zu schnattern, weggesehen und abgeschaltet hatte. Maximian überlegte sich, was der Alte vor seinem inneren Auge sah. Etwa von Mummia, wie er sich mit ihr im Stroh versteckt?


    Er wandte den Kopf wieder weg und ließ den Blick scheinbar schweifen. Natürlich schweifte der häufig an Valeria vorbei, die anscheinend auch eher lieber woanders wäre.... Im Zimmer nebenan zum Beispiel.


    Dann aber räusperte sich Mummia, die irgendwann geendet hatte und erwartungsvoll in den Gesichtern der Anwesenden auf eine Reaktion gewartet hatte, und Valeria war geistesanwesend genug, um etwas zu sagen. Sie bedankte sich für die Unterkunft, die ihnen gewährt worden war, was Maximian die Zeit ließ, den Arm zu betasten, der sich dabei nicht so doll anfühlte.


    "Dem Dank schließe ich mich an. Und ich fürchte, dass es dem Arm nicht sonderlich gut tun würde, wenn wir jetzt nicht hier wegkönnten."


    Kurz sah er am Schluss seiner Worte zu Valeria.

    Maximian aß sich ordendlich satt. Das letzte mal, dass er etwas zu sich genommen hatte, war kurz bevor Valeria und er am Vortag wieder abgeritten waren. Und dass das eine ganz schön lange Zeit für einen Lucius Decimus Maximian war, wusste so gut wie jeder, den ihn auch nur annähernd kannte.


    So war er also auch derjeniege, der sich die meisten Teller vollschlug und auch der, der am längsten mit dem Essen beschäftigt war. Aber es war auch wirklich gut, was die Frauen da aufgetragen hatten...


    Und mit Valeria, die er immerzu angesehen hatte, war der Appetit noch einmal größer gewesen, kam es Maximian vor. Auch sie aß ordentlich und schien sich recht wohl zu fühlen. Das stimmte Maximian glücklich, auch wenn die gedrückte Stimmung, die Mummia und Aurelius verbreiteten, weil sie andauernd komisch guckten oder dummes Zeug plapperten, teilweise auf die Nerven ging.


    Irgendwann war auch Maximian satt und die Vorräte damit um einiges ärmer geworden, sodass Valeria und Mummia sich mit der Sklavin daran machten, alles wieder in die Küche zu bringen.
    Zurück blieben Aurelius, der sich und Maximian einen Becher voll Wein eingoss und es sich auf seiner Kliene bequem machte, und eben dieser Maximian, der es dem Hausherren grinsend nachmachte.


    Und während man geschäftiges Klappern und Räumen von der Küche her vernehmen konnte, meinte Aurelius, der sich seinen Weinbecher an die Lippen hielt und den anderen Arm hinterm Kopf gelegt hatte:


    'Vor ettlichen Jahren saß ich dort, wo du jetzt sitzt. Damals war ich Mummia begegnet, die zu dem Zeitpunkt noch ganz anders aussah...'


    Aurelius machte eine Pause und ließ Maximian so Zeit, sich Mummia in jung vorzustellen. Aber es gelang ihm nicht wirklich. Irgendwie sah Mummia trotzdem immer aus wie jetzt...


    'Ich war etwa in deinem Alter, vielleicht schon ein Jahr älter. Und ich hatte nur noch Augen für sie. Wenn Vater unterwegs oder auf den Feldern war, versteckten wir uns im Stall und entweihten das Stroh...'


    Max kniff die Augen zu. Oh nein, das wollte er sich jetzt nicht vorstellen. Nicht Mummia und Aurelius, wie sie es in jungen Jahren aber mit gleichen Körpern im Stall trieben.
    Neben ihm lachte Aurelius leise in seinen Bart hinein und wandte den Kopf zu Maximian, der da ein schiefes Lächeln versuchte.


    "Im... Stall?"


    Aurelius nickte ernst und sprach weiter.


    'Natürlich mussten wir einmal erwischt werden und zwar von meinem Vater. Oh, ich sage dir, nie hatte ich mehr Respekt vor ihm als da. Wenn Väter eins nicht wollen, dann dass ihre Söhne Liebschaften haben... Heimliche Liebschaften.'


    Langsam fiel bei Max die Münze. Aurelius versuchte Maximian klar zu machen, was er nicht tun sollte, während sie hier waren und er seine Zeit mit Valeria verbrachte, die ja nicht seine Frau war.
    Aurelius sah "seinen" Schützling von der Seite her an, während Maximian einen großen Schluck vom Wein trank.


    'Dein Vater weiß doch von ihr, oder, Maximian?'


    Beinahe hätte er sich verschluckt. Er wandte den Kopf zu Aurelius und sah ihn an, ohne etwas zu sagen.


    'Dachte ich es mir doch. Da sind wir wohl alle gleich, was?'


    Aurelius lachte, fuhr den Arm aus und klopfte Max auf die Schulter. Auf die Schulter, an der der Arm in der Schlaufe hing, weshalb ein ziehender Schmerz dadurch zog. Aurelius sah wieder nach vorn und lachte noch ein wenig.


    Gerade wollte Max etwas erwidern, als er aber Valeria eintreten sah. Aurelius sah sie auch und deutete auf einen der Korbstühle neben sich.


    'Über dich redeten wir gerade, hübsches Kind. Komm, setz dich noch einen Moment zu uns.'


    Am liebsten hätte Maximian was dagegen eingewendet, seufzte aber nur und begegnete Valeria lächelnd. Bestimmt würde Aurelius jetzt nicht solch ein verfängliches Thema ansprechen, nein.

    Maximian sah ihr grinsend und mit leicht schräg gelegtem Kopf hinterher und quittierte ihr neckisches Zungerausstrecken mit leisem Lachen. Eine ganze Weile lang stand er noch da und sah dorthin, wo Valeria verschwunden war. Was sie nur mit ihm angestellt hatte, als er vom Pferd gefallen war und sie ihn küsste?


    Ja, jetzt sah die Welt wirklich schon besser aus und das Donnern war auch erträglicher geworden. Maximian gönnte sich noch ein wenig Ruhe, schloss einen Moment die Augen, bevor Mummias markerschütternder Raum sich durch die Zimmer fortpflanzte bis hin zum kleinen Gästezimmer, in dem es war, als würden die Wände erzittern, wenn Mummia so laut rief.


    Maximian saß dann auch recht schnell kerzengerade und erhob sich, um Mummia und die anderen nicht warten zu lassen. Dann ging er hinaus in den größeren Aufenthaltsraum, wo schon alles gedeckt war und gut roch. Da kam auch grad Aurelius rein. Plitschnass offensichtlich, aber er nahm einfach nur ein Tuch, rubbelte sich damit so gut es ging ab und setzte sich an den Tisch.


    Der junge Decimus lächelte ihm zu und pflanzte sich neben ihm auf eine Kliene. Dabei entgingen ihm nicht die neugierigen Blicke seines Liegennachbarn. Irgendwann wandte Max den Kopf zu ihm, worauf der geheimnisvoll guckend mit dem Kopf Richtung Küche deuete.


    'Sie ist nicht deine Frau? Was habt ihr dann nur die ganze Nacht dadrin gemacht?'


    Aurelius sah seinen jungen beinahe Adoptivsohn fragend, skeptisch und auch wissend an. Maximian hatte sich eine Hand in den Nacken gelegt, die Stirn nachdenklich kraus gezogen und unschlüssig auf den Tisch gesehen, als die Damen der Welt den Raum betraten.
    Max war erleichtert und zeigte das auch, indem er breit grinste. Oh, und Hunger hatte er...

    Selten hatte Lucius Decimus Maximian so geküsst. Lag es daran, dass es schon ein bisschen länger her war oder daran, dass er Valeria küsste... Wahrscheinlich letzteres mehr als erstes aber sonst eine gesunde Mischung von beidem. Ihre Lippen waren wunderbar warm und weich und auch sie schien diesen Kuss in vollen Zügen zu genießen. Ihr Duft war immerzu in seinem Kopf und ließ ihn den Kuss herauszögern, damit das Herz noch schneller schlagen konnte und die Zeit sich verlangsamte. Seine gesunde Hand grub wieder in ihrem Haar, legte sich in ihren Nacken und fuhr irgendwann den zierlichen Rücken hinab.


    Er hätte sich ungern stören lassen, selbst den Schmerz im Rücken hatte er über Valerias Nähe völlig ausgeblendet, doch wie es so kommen musste, klopfte es genau jetzt an der Gästezimmertür, die sich dann auch fast im gleichen Moment öffnete und eine rundliche Frau ins Zimmer treten ließ.
    Diese rundliche Frau sah überrascht auf die beiden jungen, ineinander verschlungenen Menschen hinab, grinste auch kurz, stemmte dann aber ganz demonstrativ die Hände in die Hüften und sah Valeria und Maximian vorwurfsvoll an.


    'Kinder, Kinder. Ihr legt vielleicht ein Tempo an den Tag... Vor einer halben Stunde noch saht ihr drein wie drei Tage Regenwetter und nun klebt ihr aneinander, als wäret ihr monatelang getrennt gewesen. Da soll noch mal einer die jungen Menschen verstehen. Maximian, lass die Hände von ihr und du, junge Dame, solltest mir in der Küche helfen kommen, so wie es sich für eine junge Frau gehört. Daheim dürft ihr das sicherlich auch nicht und bei uns ist das auch nicht anders.... Ich sage ja immer, wenn es ruhig wird, dann brüten sie irgendetwas aus. Komm, komm. Das Essen muss bereitet werden.'


    Maximian räusperte sich verlegen und fühlte sich wirklich schon bestraft, durch den Redeschwall, den Mummia über ihn und Valeria hereinbrechen ließ. Er sah zu Valeria, zwinkerte ihr frech zu (was Mummia mit einem tiefen Brummen kommentierte) und ließ sie aus seinem Arm entgleiten.
    Als Mummia dann schon vorgegangen war, ging Maximian noch einmal zu Valeria und legte den Kopf leicht schief.


    ”Ich sagte, ich würde nichts bereuen. Ganz der Wahrheit entspricht das nicht.”


    Die Welt musste wirklich schon wieder ein ganzes Stückchen besser sein, denn Maximian gab seit langem mal wieder eine abgeschwächte Form seines schelmischen Grinsens zum Besten.


    ”Den Sturz, den bereue ich. Alles andere hätte sich ruhig auch ohne den ereignen können.”


    Und von draußen hörte man nochmals Mummias ungeduldigen Ruf:


    'Wo bleibt ihr denn? Muss ich euch etwa schon wieder voneinander trennen?!'

    Er hatte noch vor sich hergestarrt, bis Valeria ihm ihre Hand auf die Schulter gelegt hatte und neben ihm in die Hocke gegangen war. Da hatte er ihr den Kopf zugewandt und sie gemustert. Auch er bereute es nicht, diese Stunden mit Valeria zu verbringen, ganz im Gegenteil. Sein Herz schlug für sie und somit für jeden weiteren Moment, sollte der auch noch so schwer daherkommen.


    Und dann sagte sie ihm, dass sie ihn mehr liebte als ihr eigenes Leben, lehnte ihren Kopf an seinen und verharrte so. Maximian indess ließ sich ihre Worte noch einmal und noch einmal durch den Kopf gehen.


    Würde er nicht das selbe für sie geben? Wenn nötig das eigene Leben. So, wie er es auch für Julia tun würde, ja.


    Maximian seufzte. Immerzu war Julia gegenwärtig, obwohl er doch mit Valeria allein war. Vorhin hatte er sie ausblenden können, so versuchte er das gleiche auch. Nicht, um sie zu betrügen, sondern eher, damit er sich nicht ständig den Kopf zermaterte, der inzwischen eh schon wieder leicht schmerzte.


    Und es gelang. Er atmete spürbar tief ein und aus und hob den Kopf, um ihn leicht schräg zu legen und Valeria wieder anzusehen.


    "Lass uns nicht weiter darüber reden, wie viele Frauen in meinem Leben sind. Es macht mich müde."


    Er schmunzelte leicht, weil das Gesagte sich seltsam anhörte, und hob dann seinen Arm, um eine Haarsträhne Valerias zu nehmen und sie durch seine Finger gleiten zu lassen. Jetzt, nachdem sie nass geworden und wieder getrocknet waren, waren sie leicht gelockt.
    Er sah nun weniger traurig aus, sondern lächelte sogar leicht. An diesem Tage sah die Welt schon so traurig aus, dass sie allmählich wieder glücklicher aussehen sollten. Noch war das schwer...


    "Du gehörtst dazu, das genügt."


    Ihr leicht gelocktes Haar rutschte gerade zwischen kleinem und Ringfinger hindurch und kitzelte leicht. Wieder konnte er nicht umhin festzustellen, dass sie unsagbar hübsch war.
    Sein Handrücken strich beim Spiel mit ihrem Haar über ihre Wangen, ein schönes, leicht elektrisierendes Gefühl. So geschah es ab diesem Moment häufiger.


    Schließlich aber hob er den Kopf wieder, ließ seine Hand an ihre Wange angelehnt ruhen und sah sie an. Er würde sie brauchen und er brauchte sie jetzt. So dankbar war er, dass sie da war. Das musste sie in der Nacht gespürt haben und auch jetzt.


    "Ich weiß nicht, womit ich dich verdient habe..."


    Und dann zog er sie zu sich auf seinen Schoß. Die Blutergüsse auf dem Rücken protestierten, sodass er sich verkrampfte und die Haltung nicht lange würde aufrecht erhalten können, doch erstmal legte er seinen Kopf wieder an ihren, während er seinen gesunden Arm um sie herum legte.
    Seine Lippen fanden an ihr Ohr, das umgeben von ihrem gutduftendem Haar war. Lange Zeit legte er sie einfach dort ab oder setzte ein kleines Küsschen, dann aber flüsterte er irgendwann:


    "Du bist wundervoll, Valeria, und ich bereue nichts."

    Eigentlich hätte er ahnen können, das sie tun wollte, was sie tat. Ihn umarmen, ihn trotz all dem, was sie von ihm wusste, liebte... und es ihm gestand.


    Er konnte nicht genau sagen, ob das und der flüchtige Kuss, den sie ihm anschließend gab, einen Freundentaumel auslöste oder einen großen Stich verursachte. Denn ihm wurde klar, was für ein grausames Instrument die Liebe sein konnte...
    Wie musste sie sich fühlen? Er sagte ihr, dass er sie liebte, doch im gleichen Atemzug noch, dass er das auch für Julia empfand. Hatte sie Hoffnung, er würde Julia für sie Aufgeben und nein, er nahm nicht an, dass sie sich mit allem anderen einfach so abfinden würde.
    Wenn Julia sie sehen könnte... was würde sie dann sagen und fühlen? Maximian wusste es, sodass er nicht erst lange nachdenken musste. Sie wäre zutiefst verletzt und enttäuscht.


    Und er? Er stand zwischen zwei Frauen, die er beide liebte. Die eine befand sich in Germania, die andere hier in seinen Armen. Würde er sich für eine entscheiden können, wenn er musste? Nein, schon jetzt wusste er, dass er es nicht würde tun können.
    Aber... Valeria, und wenn er das jetzt auch verdrängte, war seine Cousine. Eine Liebe zu ihr wäre in der Öffentlichkeit nicht willkommen.


    So hatte er sich ein gegenseitiges Liebesgeständnis nicht vorgestellt. Sie hatte ihn nur zurückhaltend geküsst, so wie bei ihm auch keine gescheite Freude aufkommen konnte. Nein, dazu war die Situation zu verfahren.


    Er versuchte ein Lächeln, das weniger gut und sehr müde nur gelang. Die gesunde Hand legte sich an ihre Wange, strich da ein paar mal zurückhaltend rüber, entfernte sich dann jedoch schon wieder. Auch den Blick senkte er wieder, während er einen Schritt von Valeria wegtrat und sich in einen der zwei Korbsessel regelrecht fallen ließ. Sein Rücken schrie förmlich auf und auch sein Kopf meldete sich erstmals wieder, als Max nicht sehr weich im Sessel landete. Den Kopf stützte er auf seine Hand, während er an Valeria vorbei an die Wand starrte.


    Nein, das war nicht das, was man unter einem Liebesgeständnis verstand. Sie waren sich nicht näher gekommen dadurch, sondern hatten sich in den letzten Minuten eher noch voneinander entfernt, empfand Maximian.


    Wie von allein öffnete sich sein Mund und die Wörter sprudelten nur so aus ihm hervor.


    "Ich tu dir nicht recht und nicht gut, wenn ich sie liebe. Ich tu ihr nicht recht und nicht gut, wenn ich dich liebe. Wie soll ich dann also lieben, wie danach leben? Beides ist nicht miteinander zu vereinbaren und doch haben beide Gefühle in mir Platz..." Er lachte ganz leise und mit traurigem Blick auf. "Wie kommt das? Wie kann ein Herz soetwas empfinden, aber ein Gewissen nicht vereinbaren? Die Antwort ist einfach... Weil es nicht recht ist. Weil der Mann nur eine Frau lieben soll." Er nickte und sah wieder starr vor sich her. "Mummia hat ja recht. Ich hätte vieles nicht machen dürfen. In der Nacht, heute... Dann hättest du wesentlich weniger leiden müssen. Es tut mir so leid, Valeria, und doch musste ich dir sagen, wie ich fühle, wollte ich dich küssen... "

    Er war vorbereitet gewesen darauf, dass er gleich allein im Raum stehen würde. Dass Valeria in ein anderes Zimmer versuchte zu flüchte, damit sie nicht bei ihm sein brauchte. Er würde es verstehen, denn nun war alles... alles gesagt. Oder auch nicht, aber man konnte es dennoch alles erkennen.


    Doch sie ging nicht. Sie legte ihren Kopf an seine Brust und ihre Arme um seine Taille. Langsam nur konnte er nachvollziehen, was nun nicht eingetreten war, doch dann atmete er all die Luft aus, die er in seinen Lungen angesammelt hatte. Ihre Anschmiegung an ihn war so tröstlich und so sehr das, was er sich wünschte und er erwiderte sie. Seinen gesunden Arm legte er um ihre Schulter, sodass die Hand auf ihrem Kopf liegen konnte. Und seine Wange legte er an ihren Kopf, seine Augen waren eine Weile noch vor dem Fesnter, in der Welt in der es donnerte und blitzte, die nun aber so weit entfernt und unwirklich war.


    Wieder schüttelte er leicht den Kopf und schloss auch sein Augenpaar. Er brauchte nichts sehen, denn er spürte ja all das, was von Belang war.


    "Ich liebe dich, Valeria. Doch... doch auch ihr gehört mein Herz. Ich verstehe, wenn... du musst..."


    Er seufzte und drückte sie an sich. Wenn er sich manchmal wünschte, dass ein Moment nicht vergehen sollte, dann war das gerade solch ein Moment.


    "Du musst das nicht tun.", brachte er schließlich mit trauriger Stimme hervor.

    Sein Herz schlug noch einmal schneller, als Valeria sich ihm nun wieder näherte. Er sah ihr entgegen, tief in ihre Augen und nahm ihren Duft in sich auf, der so verführerisch war... Er hätte beinahe nachgegeben und den letzten Rest Luft zwischen ihnen wieder weggedrückt, doch da sah er, wie ihre Lippen sich wieder bewegten und hörte auch, was sie nun stammelnd von ihm wissen wollte.


    Sein Herz stolperte, er hielt inne und sah sie aber weiterhin an, nur blinzelte er jetzt ein paar mal häufiger. Sie hatte doch gehört vorhin im Stall, was er für Julia fühlte. Und da meinte er in ihrem Blick zu lesen, dass es ihr genau darauf ankam. Darauf, dass er sie liebte und Julia und da sie erneut nachfragte, schien es ihm klar zu werden, dass sie verlangte nur noch sie... zu lieben.


    Immer langsamer schlug der Muskel in seiner Brust, doch in seinen Augen spiegelte sich immer noch all das wieder, was in ihm vorging. Immer noch die innere Diskussion, die ebenfalls eine für Valeria war.... zurecht.
    Nun war er töricht gewesen. Ja, er hatte sich fallen gelassen, sich ein zweites mal verliebt. Und das zur gleichen Zeit.


    Er blinzelte angestrengt, während er den Kopf senkte und nun seinerseits von Valeria Abstand suchte. Auch nickte er leicht, ließ den Kopf dann geknickt hängen und sah nicht mehr auf. Ein Mann konnte nicht zwei Dinge haben, egal in welcher Situation er sich befand und gerade konnte er sich nicht mehr verstehen.


    "Ich verstehe..."