'Ist dein Vater nun schon zurückgekehrt?'Och. Das fällt mir schwer zu glauben... Bei einer so hübschen und reizenden Tochter. So bekommen wir aber vielleicht die Chance dich noch einmal wieder zu sehen. Was meinst du?'
Maximian beobachtete, wie Mummia mit Valeria redete. Zuletzt hatte sie ihr zugezwinkert und davor Blicke geschenkt, die ganz und gar mütterlich und gut gemeint waren. Wahrscheinlich, so dachte Maximian, hatte Mummia Valeria schon längst ins Herz geschlossen und würde mit traurigen Blicken nach ihr Fragen, wenn er das nächste Mal ohne sie hier rasten würde.
Er überließ Valeria die Antwort, weil Aurelius gerade aufstand und mehr zu Maximian als zu allen anderen gewandt sagte:
'Spart ihr mal noch einen Moment Kräfte. Ich zeige Maximian schnell den neuen Unterstand. Kommst du, Junge?'
Sich nicht weiter darum sorgend, ob er Valeria mit Mummia allein lassen konnte, folgte Maximian mit einem letzten Stückel Brot in der Hand dem Bauern hinaus auf das Gelände, wo er ihn zu einem Unterstand für seine Ziegen führte, der beim letzten Besuch noch in sich zusammengefallen und unbenutzbar war. Nun war er offensichtlich neu aufgebaut worden und erstrahlte in neuem Glanz - wenn ein Tierunterstand sowas denn konnte. Maximian, dem solche Bauangelegenheiten schon immer gefallen hatten, ließ sich vom alten Aurelius herumführen und erklären, was er wie gebaut hatte, damit alles seinen Stand hatte.
'... so schwer, dass ich sie alleine nicht heben konnte. Dafür mussten extra die Söhne vom alten Nennius geholt werden. Aber so hat es zumindest Halt. Alles andere hätte man vergessen können... Da hätte das Ding vielleicht fünf Winter durchgehalten. Nene, wenn genaut wird, dann muss man nicht an der Qualität sparen. Merk dir das, Maximian.'
Der junge Maximian stand nach wie vor interessiert neben Aurelius, der mit vor Stolz in die Seiten gestützten Armen sein Bauwerk begutachtete.
Dann legte der alte Mann ihm einen Arm um die Schultern und wandte sich zu der Tränke herum, an der die beiden Pferde friedlich nebeneinander standen und ein wenig dösten. Im Spazierschritt gingen sie auf sie zu.
'Du machst das schon, Junge. Ist dein Vater inzwischen vom Feldzug zurückgekehrt?'
Maximian nickte und antwortete dem Mann, der ihn behandelte wie einen Sohn und scheinbar ein ziemlich gutes Gedächtnis hatte. Wenn er sich recht erinnerte, dann hatte er bei seinem letzten Besuch nur ganz kurz erwähnt, dass Meridius auf einem Feldzug sei und Maximian wahrschein gerade deshalb die Zeit hatte, wöchentlich einen Ausritt nach so weit draussen zu machen.
"Das ist er. Heimgekehrt beinahe wie ein Kaiser nach Rom. Und da ist er nun auch. In Rom. Man hat ihm einen Triumphzug durch die Stadt gewährt."
Aurelius raunte und klopfte dem jungen Mann unter seinem Arm auf die Schulter, während er beinahe stolz erwiderte:
'Einen guten Vater hast du, Junge. Aber so ist das nun mal: Ein guter Junge muss einen guten Vater haben, sonst wird aus ihm nichts. Sieh' dir unseren Ambrosinus an. Er ist ein guter Junge, aber gebracht hat er es noch zu nichts. 27 ist er schon, Maximian, und treibt sich immer noch bei so einem Trunkenbold von Tavernenbesitzer herum. Arbeit nennt er das...'
Leise und leicht verärchtlich lachend schritt Aurelius neben Maximian über den Hof. Diesen Ambrosinus hatte Maximus schon kennengelernt. Bei einem seiner ersten Besuche war der Sohn des Bauern zufällig gerade anwesend gewesen und hatte auf ihn keinesfalls den Eindruck eines Müßiggängers hinterlassen.
Wieder klopfte Aurelius Maximus Schulter.
'Aber lass nur. Irgendwann wirst du mit deiner Legion hier vorbeimarschieren und er wird immer noch mit diesem... Trinker herumeiern. Und so lange du uns ab und zu besuchen kommst, soll mir das ruhig recht sein.'
Maximian musste lachen. Aber auch Aurelias lachte, war die Vorstellung insgesamt doch irrsinnig witzig. Zum einen, weil Maximian sicher nie eine Legon anführen würde und wenn, dann wären Mummia und Aurelius schon grau und außerdem, weil Maximian den tollpatschigen Ambrosinus quasi sehen konnte, wie er mit stolzen 60 Jahren neben einem Greis hertaumelte und laut irgendwelche Lieder sang.
Sie waren bei Alfidia und Nigidius angekommen, die träge ihre großen Köpfe anhoben und sich wieder zu regen begannen. Anscheinend hatten sie gemerkt, dass es nun schon bald wieder losgehen würde.
Maximiuan reckte seinen Kopf in Richtung Haus.