Beiträge von Lucius Decimus Maximian

    Maximian hatte freilich Verständnis und nickte seinem Vater aufmunternd und mit leuchtenden Augen zu.


    "Mach dir keine Sorgen um uns. Und grüß die ewige Stadt, wenn du hocherhobenen Hauptes durch ihre Straßen schreitest und bejubelt wirst."


    Noch einmal wurde Maximian von Meridius an sich gedrückt, dann verschwanden Lucilla und er mit Gallus.
    Lächelnd wandte Maximian sich zu seiner Mutter um, die immer noch weiter hinten im Raum stand. Dann waren sie jetzt wieder "allein". Er machte ein paar Schritte auf sie zu und nahm nun sie in den Arm. Er wusste nicht warum, aber Meridius Worte zum Abschied hatten ihm Hoffnung gemacht.


    Zusammen gingen Mutter und Son in das Peristylum.

    Erleichtert schloss Maximian kurz die Augen und sog einen Schwall Luft ein. Zuvor hatte er sich noch die verschiedenen Szenarien durch den Kopf gehen lassen, was gewesen wäre, wenn Nyla nicht eingelenkt hätte. Er hatte eine kleine Liste im Kopf erstellt:


    1. Nyla spielte das Spiel weiter, sodass Maximian durchgreifen musste. Er hätte nach Gallus oder Verus gerufen, die Nyla dann mitgenommen hätten. Dann hätte die junge Sklavin eine Strafe erwartet, an die Maximian nicht einmal denken wollte.


    2. Sie hätte das Spiel weitergespielt und Maximian wäre weich geworden, hätte ihr die Tür geöffnet und darauf geachtet, dass niemand sie sah. Ihn sah. Vielleicht hätte sie sich, wenn sie schlau genug war, in die Katakomben geflüchtet, wo man nicht suchen würde.
    In dem Falle hätte aber auch ihm eine Strafe zugestanden, wenn der Schwindel aufgeflogen wäre. Noch eine Sache, die Maximian allzu gerne schnell wieder vergaß.


    Und die dritte von drei Listenpunkten war eingetreten. Im Nachhinein betrachtet war es die Lösung gewesen, die Maximian sich am dringlichsten gewünscht hatte.
    So konnte er der Sklavin auch nicht böse sein, sondern lehnte sich von der Tür ab lächelte milde. Er hatte sein Spiel gespielt, das war schon genug gewesen, denn wenn er in ihre Augen sah und dort völlige Verlorenheit las, tat es ihm glatt schon wieder leid, dass er ihr zuerst noch Hoffnungen gemacht hatte.


    Das milde Lächeln blieb trotzdem bei. Vielleicht war das Spiel doch nicht so schlecht gewesen. Vielleicht konnte er es noch einmal von vorne beginnen lassen.


    "Mich freut deine Ehrlichkeit, Nyla."


    Er machte eine kurze Pause und sah sich um.


    "Hm, was hälst du davon, wenn du zurück in deine Unterkunft gehst und ich Gallus oder sonst wen - vielleicht mich selber - beauftrage, dir die Casa später zu zeigen? Dann wüsstest du das nächste Mal auch, wo das was zu suchen hast."


    Er schmunzelte ein klein wenig verschmitzt, als wäre gar nichts gewesen.

    Beim Anblick des verdutzten Gesichts der Sklavin musste Maximian sich gehörig zusammen nehmen. Innerlich jedoch schmunzelte er weit über beide Ohren.
    Es geisterte Maximian durch den Kopf, dass er Nyla natürlich nicht gehen lassen konnte. Eigentlich hätte er sie sofort in die Unterkunft zurückbefördern und seinem Vater Bescheid geben sollen. Ein Fluchtversuch eines Sklaven war nicht gerne gesehen und häufig Anlass für harte Strafen. Wahrscheinlich war sie sich dessen nicht einmal bewusst.
    Und genau da lag der springende Punkt: Er wollte weder, dass Nyla entwischte, noch dass sie gestraft wurde.


    Zu diesen Gedanken viel ein zerknirschter Gesichtsausdruck gar nicht einmal so schwer. Doch wie sollte er es ihr nun verklickern, auf welch wackeligen Grund sie sich da begab?


    "Das war mein voller Ernst. So, da wären wir."


    Sie waren vor der angesteuerten Tür angekommen und hielten an. Maximian sah sein Gegenüber an und zog die Schultern ein Stückchen hoch, um sie dann mit zusammengezogenen Brauen und leicht verschobenem Unterkiefer stark nachdenklich anzusehen.


    "Ich hatte schon gedacht, du wärest eine unserer neuen Sklaven und würdest flüchten wollen. Ich bin beruhigt, dass dem nicht so ist. Wirklich beruhigt. Sicherlich weißt du von den schweren Strafen, die auf Sklavenflucht stehen. Dabei hat man es hier gut wie anderswo nur selten..."


    Er schüttelte leicht den Kopf, während er mit Nachdruck sprach. Und es war inzwischen ehrlich gemeint, auch der Schimmer der Sorge in seinen dunklen Augen.
    Ganz nebenbei lehnte er sich gegen die Tür und hoffte mehr als nur nebenbei, dass die junge Sklavin sich ihre Tat noch einmal überlegen und ihm gestehen würde, dass sie tatsächlich im Besitz eines Decimus war.

    Sie war ihm ins Garn gegangen. Am liebsten hätte Maximian triumphierend gegrinst, doch er konnte sich noch einmal beherrschen und spielte sein Spiel weiter.


    "Wenn es weiter nichts ist...", meinte er und wandte sich mit einer Geste, die Nyla bedeutete, sie solle ihm folgen, um. Er schritt auf eine Tür zu und sah dabei zu der Sklavin - völlig ernst und unverfänglich.


    "Es freut mich, deine Bekanntschaft gemacht zu haben. Schade nur, dass sie von so kurzer Dauer war."


    Er zuckte mit den Schultern und schritt so langsam weiter, dass sie die Tür noch eine ganze Weile lang nicht erreichen würden.

    Hatte er es sich doch gedacht! Noch überrascht über die Ehrlichkeit der Sklavin, kam unweigerlich wieder das Grinsen auf Maximians Gesicht zurück. Nun war er sich sicher, dass diese Sklavin - Nyla, wie sie sich ihm vorgestellt hatte - gewitzt und kess war.
    Zeit für ein Spiel. Er unterdrückte das Grinsen und sah sie grübelnd an.


    "Den Ausgang? Soso. Und ich dachte schon du würdest versuchen die Casa ungesehen zu verlassen. Soll ich ihn dir zeigen, den Ausgang?"

    Diese Sklavin war schon eine Marke. Maximian wusste bislang nicht, wie er sie einschätzen sollte und beobachtete sie genau. Wie sie sich die Strähne aus dem Gesicht strich, wie sie sich mit flinken Augen umsah. Nur das Zittern entging seinen Augen.


    Er schmunzelte und nickte leicht.


    "Wahrscheinlich wäre es sogar angebracht, wenn du meinen Namen wüsstest, weshalb du auch fragen darfst. Ich bin Decimus Maximian, der Sohn des Hausherren."


    Er machte eine Pause und sah die Sklavin dann neugierig an.


    "Und du bist eine Sklavin, die sich in unserem Atrium verlaufen hat und nicht sehr originelle Antworten gibt. Deine Name ist gleich wie...? "

    Ein "Das sagtest du bereits...", unterdrückte Maximian und nickte deshalb nur, wobei er kurz mit der Unterlippe spielte. Dann breitete er ein wenig die Arme aus und sah sich um.
    Der Gedanke, der ihm dabei durch den Kopf schoss, war: Eigentlich war das eine lustige Situation. Er hatte eine neue Sklavin dabei ertappt, wie sie wahrscheinlich flüchten oder etwas stehlen oder zertrümmern wollte und eben diese widerholte sich, wenn er sie etwas fragte. Allmählich, ohne dass er sich dagegen wehren konnte, erschien ein amüsiertes Grinsen auf seinem Gesicht.


    "Na schön.


    Es war ihm ohnehin viel zu langweilig heute. Den ganzen Morgen lang hatte er schon Kekse in sich hineingefuttert, doch Spannung hatte das nicht gebracht. Höchstens Spannung im Magen, denn der war allmählich voll und Maximian hatte sich ans Testen gemacht, wie viele Kekse er wohl noch essen könnte.
    Mit seinem Grinsen deutete er auf den Boden unter sich.


    "Du befindest dich gerade im Atrium - einem Ort, der dem Eingang folgt und in dem man sich aufhält, wenn man Gäste bekommt."


    Klasse! Applaus! Maximian grinste weiterhin, sah sein Gegenüber dann skeptisch an und legte den Kopf wieder leicht schräg. Warum tat er das?

    Sie schaute sich um, wiederholte Maximian in Gedanken und runzelte dabei die Stirn. Warum sah sie sich hier um? Sklaven gehörten in ihre Unterkunft; es sei denn, sie halfen gerade irgendeinem der Familie. Und wenn sie neu war, warum zeigte dann keiner der anderen Sklaven, wo es hier was zu finden gab? Noch weiter gedacht: Warum hatte sie sich so erschrocken, als er sie angesprochen hatte.


    Mit Runzeln auf der Stirn musterte Maximian die junge Frau. Sie schien vieles durchgemacht zu haben, trug dennoch aber gute Kleidung. Gewaschen war sie auch.


    "Ah ja. Kann ich dir dann vielleicht behilflich sein? Falls du den Weg in die Unterkünfte der Sklaven dieses Hauses suchst: Dort entlang."


    Jetzt sah er sie gar zweifelnd an. So wie er die Situation bewertete, suchte sie eher den Ausgang als die Unterkunft.

    Da die junge Frau so erschrocken reagierte, hob Maximian beschwichtigend die Hände. Er musterte sie eingehend und überlegte, ob er sie wohl bei einem Versuch zu entwischen ertappt hatte oder ob sie einfach Menschenscheu war. Manche Sklaven war das ja. Wenn man bedachte, was vor allem die Sklavinnen teilweise durchmachen mussten, war es auch nicht weiter verwunderlich, wie sie reagierten. Maximian mochte dieses Thema nicht besonders.
    Er ließ die Hände langsam wieder sinken und legte den Kopf leicht schräg.


    "Was machst du hier?"

    Maximian vertrieb sich seine Zeit gerade zufällig im Atrium. Er hatte eine Hand voll Kekse bei sich, knabberte die und hatte eigentlich vorgehabt, dass Atrium nur zu passieren, um vielleicht irgendwo irgendjemandem zu begegnen, als ihm eine Gestalt auffiel. Sie stand inmitten des Raumes und schien orientierungslos. Er hörte auf zu kauen und trat mit fragender Miene näher.


    "Salve."


    Da erkannte er, dass er vor einer Frau stand. Den Kleidern nach zu urteilen einer Sklavin. Eine Sklavin seines Hauses?

    Maximian nickte nur stumm und wandte sich zum Gehen. Doch als er gerade ein paar Schritte gegangen war, wandte er sich noch einmal zu seinem Vater um. Ein kleines Lächeln stand auf seinen Zügen.


    "Schön, dass du nun hier bist. Vater."


    Dass Meridius schon wieder nach Rom aufbrechen würde, hatte er nun mal galant unterschlagen. Maximian meinte ja auch eher, dass er froh war, dass sein Vater unversehrt aus dem Krieg zurückgekommen war.


    Er verweilte noch kurz, senkte dann den Kopf und verließ die Casa.

    Nachdem Meridius ihn hatte gehen lassen, war Maximian den anderen mit Abstand und wenig Feierstimmung gefolgt. Zum Marktplatz, hatten sie gesagt, also trugen ihn nun schwere Schritte dorthin, wo die Familie versammelt war. Von Weitem erkannte er schon den Pulk, der durch den Gensnamen Decimaverbunden war, wodurch ihm das Durchforsten der Feiernden den Göttern sei Dank erspart blieb.
    Schließlich stand er bei ihnen, jedoch nicht wirklich unter ihnen, zwang sich aber wieder ein fröhlicheres Gesicht aufzusetzen. Seine Großcousins und alle anderen Soldaten hatten es sich verdient, nicht in schlechtgelaunte Visagen irgendeines Jünglings zu blicken.


    Und so konnte er sich schließlich ein Herz fassen und zu Valeria treten, die ein wenig verloren abseits stand. Klar, sie kannte diese Menschen, die plötzlich ihre Familie waren, ja auch gar nicht. Er warf ihr ein schiefes Lächeln zu. Dann musterte er die anderen, von denen Lucilla mal wieder im Mittelpunkt stand. Kein Wunder, dachte Maximian sich und nickte hier und da jemandem zu.


    "Und? Amüsierst du dich?"

    Maximian nickte und lief mit Nigidius im Schlepptau los. Bubo sprang aufgedreht umher, rannte Kreise um Valeria und Maximian und lief dann voraus, als ein älterer Mann mit einem Tuch und einem Gerät, das er abzutrocknen schien, aus dem aus roten Ziegelsteinen gebauten Haus trat, das von Pappeln umringt war und wahrlich gemütlich wirkte.
    Maximians Lächeln wurde breiter, als der Alte die Hand über die Augen legte.


    "Bubo, wer ist gekommen? Das ist doch nicht... Mummia, komm raus und sieh, wer uns einen Besuch abstattet!"


    Der alte Mann wartete nicht erst darauf, dass seine Frau neugierig guckend aus dem Haus gelaufen kam, sondern tätschelte Bubo, der ihm um die Beine gesprungen war, auf den Kopf und lief erfreut lächelnd und die Arme ausbreitend auf Maximian zu.


    "Maximian, was für eine Freude! Wir dachten schon, du hättest uns vergessen...!"


    Der Alte, er hatte in gebrochenem Latein geredet, schloss Maximian in seine Arme, als wäre er sein nach langer Zeit zurückkehrender Sohn. Aber Maximian entgegenete die Umarmung und war auch gleich danach dran, von Mummia geherzt zu werden.


    "Wie gut du aussiehst, Junge. Ach, freue ich mich, dass du wieder einmal zu uns gekommen bist. Und deine hübsche Frau hast du mitgebracht... Was für ein hübsches Kind. Ein wunderschönes Paar gebt ihr ab, aber ich hatte ja gewusst, dass Maximian Geschmack hat. Ist er nicht ein toller Bursche? Ach, hätte ich noch eine freie Tochter, würde ich dich wohl häufiger zu Gesicht bekommen. Aber die Götter scheinen es nicht vorgesehen zu haben."


    Maximian sah überrascht zu Valeria. Seine Frau? Ein Grinsen trat auf sein Gesicht, als er wieder zu Mummia sah, die anscheinend nicht mehr aufhören wollte zu reden. Maximian legte der Frau die Hände auf die Arme und sah sie treuherzig und amüsiert an.


    "Aber Mummia, das ist gar nicht meine Frau. Das ist Valeria, auch eine Decima. Aber hübsch ist sie, da widerspreche ich dir nicht."


    Die etwas rundliche Frau sah Maximian mit großen Augen und heruntergeklapptem Unterkiefer an - ein Gesicht, das bahre Münze wert war. Maximian würde es wohl eine Weile lang vor den Augen haben. Ihr Mann rollte mit den Augen und legte ihr einen Arm auf die Schulter.


    "Weib, du redest zu viel... Stört euch nicht an ihr. Immer redet sie und später weiß sie nicht einmal mehr, was sie gesagt hat. Salve, Valeria. Als Verwandte unserers Maximians bist du natürlich bei uns willkommen. Meine Frau Mummia kennst du ja schon und ich bin Aurelius."


    Aurelius schüttelte noch einmal über seine Frau den Kopf, die inzwischen schon wieder entschuldigend lächelte und auf Valeria zuschritt, um sie richtig, so wie Spanier es pflegten, offenherzig zu begrüßen. Maximian fand die Situation urkomisch und zwinkerte Valeria grinsend zu.

    Wieder sah Maximian nur die Staubwolke, die Valerias Pferd hinterließ. Abermals musste er grinsen und amüsiert den Kopf schütteln. Unermüdlich, dieses Mädchen. Gar noch schlimmer als er. Er klopfte seinem Nigidius den Hals.


    "Na gut, dann eben noch einmal, mein Guter."


    Ein Schnalzen erklang, Nigidius bäumte sich ein wenig auf und verfiel dann aus dem Stand gleich in einen weiträumigen Galopp, mit dem er hinter der Stute und Valeria herjagde, die beide schon ein ganzes Stückchen Vorsprung errungen hatte.
    Irgendwann hatte Maximian aber wieder aufgeschlossen und sah seine Gegnerin herausfordernd beim Vorbeifliegen an.


    "Na, was ist? Schneller!"


    Damit pesten die beiden Decimas über den sandigen Boden eine kleinen, unbedefestigten Straße, die zu Aurelius Hof führte. Immer größer wurde das Haus, schließlich konnte man zahlreiche Sklaven auf den Feldern arbeiten und aufgucken sehen, als sie in schwindelerregendem Tempo an ihnen vorüberzogen.
    Da irgendwann drosselte Maximian seinen schwarzen Blitz, damit der arme Bauer oder seine Frau nicht gleich beim Anblick der beiden Reiter zu Eis erstarrten. Und Valeria, die mit Alfidia ein Stückchen hinter ihm geritten war, grinste Maximian an.


    "Nicht schlecht. Auf dem Rückweg wirst du mich sicher schlagen."


    In gemütlichem Schritt trotteten die Reittiere das letzte Stückchen Feldweg, bis sie ein Tor passierten. Maximian hielt Nigidius an, schwang sich von seinem Rücken und kaum hatte er Fuß auf den Boden gesetzt, kam ein wuscheliger, kläffender Vierbeiner herbeigefegt, umwinselte schwanzwedelnd seine Beine und sprang auch an ihm hoch. Maximian lächelte fröhlich und tätschelte dem aufgeregten Fellknäuel über den Kopf.


    "Bubo, guter Hund. Ja, ist ja gut, Bubo."


    Dann warf Maximian seiner Begleiterin ein Lächeln zu und ging näher zu ihr.


    "Führ Alfidia am Zügel, wir binden sie dann dort hinten fest. Wolllen wir nachsehen, ob jemand Zuhause ist?"

    "Gut, dann lass' uns gehen."


    Maximian stand auf und wartete auf seine Mutter. Dann fiel ihm noch etwas ein.


    "Oh, Mutter. Ob du noch einen Moment warten könntest? Martinus wollte mich vorhin sprechen und ich habe ihm gesagt, dass ich schnell vorbeikommen würde. Es dauert auch nicht lange."


    Er wartete die Reaktion ab und entschwand dann aus dem Zimmer mit dem Versprechen, dass er sogleich zurück sein würde...

    Maximian tat gar nicht erst empört, sonder lachte mit Valeria und schüttelte den Kopf.


    "Da mag etwas dran sein. Aber nun sag nicht, dass Frauen besser sind als Männer. Genauso wisst ihr nämlich, wie ihr mit euren Reizen umgehen müsst, um ganze Horden von Männern gehörig zu machen."


    Den vielsagenden Blick Valerias war ihm diesmal aufgefallen. Obwohl er es eher der Situation zuordnete und weniger sich selbst. Darauf waren seine Antennen ja auch gar nicht ausgerichtet. ^^


    Er lachte und ließ Nigidius wieder in den Galopp fallen. Valeria tat es ihm gleich und ritt mit ihm auf gleicher Höhe dem Bauern entgegen, der, nachdem sie aus einem Waldstück hinausgeritten waren, schon in Sichtweite geriet. Sogleich zügelte Max seinen vierbeinigen Freund und deutete in die Richtung, an der ein kleiner, dunkler Punkt inmitten weitläufiger Felöder sichtbar wurde.


    "Siehst du da vorn? Das ist Aurelius. Naja, vielmehr sein Haus."

    Schade. Wie die Antwort ihn interessiert hätte...


    Sie war kess. Maximian schmunzelte und merkte, dass er sich wirklich viel leichter fühlte, jetzt da er sich jemandem anvertraut hatte. Maximian stief Nigidius sanft seine Fersen in den Bauch, wodurch sich das Pferd schneller bewegte und bald wieder mit Valeria aufschloss. Als er bei ihr angekommen war, grinste er immer noch.


    "Da liegt also ein Unterschied zwischen Männern und Frauen. Ihr lehrt euren Töchtern, dass man sich von Männern lieber fernhält uns später müssen die Töchter allein herausfinden, dass es anders auch geht. Männer lehren ihre Söhne soetwas erst gar nicht."


    Nun war sein Grinsen aber wirklich von schelmischer Natur, egal wie man es betrachtete.

    Auch Maximian sah sie an. Und als die Worte durchsickerten, erschien auch auf Maximians Gesichtszägen ein mildes und gespielt skeptisches Lächeln. Wenn man es großzügig betrachtete, dann glich es ansatzweise dem schelmischen Gesichtsausdruck, den Maximian häufig auf Lager hatte.


    "So? Was lässt dich nur an den Lehren deiner Mutter zweifeln?"


    Erstmals fing Maximian an über Valeria nachzudenken. Sie war eine seltsame junge Frau. Seltsam nicht im Negativen, sondern irgendwie... erfrischend und freundschaftlich. Also im Positiven.


    Derweil trabten ihre Pferde auf sandigem Untergrund auf Feldwegen und durch kleine Waldstücke. Die Sonne kletterte und kletterte am Himmelszelt empor und brachte immer mehr Wärme für Hispania, während der Himmel strahlend blau und war und die Felder sich in sanftem Wind wiegten.

    Die Hand seines Vaters auf der Schulter und die Worte beruhigten Maximian ein wenig. Das Kopfnicken, mit dem er seinem Vater antwortete, war dennoch nur zur Hälfte ehrlich.


    "Ja, dort wirst du sie finden."


    Kurz grübelte Maximian und ehe sein Vater noch etwas erwidern konnte, sagte er plötzlich von Wut - gegen wen nur? Damian? Seine Mutter? - ergriffen:


    "Sie hat es nicht verdient so unehrenhaft dazustehen."

    Maximians Gesicht wurde schlagartig trüber. Er schüttelte den Kopf.


    "Ja, sie ist hier und es geht ihr recht gut, auch wenn sie das alles sehr mitnimmt."


    Was sollte er sagen? Musste Meridius noch irgendetwas wissen? Er seufzte. Eigentlich durfte sein Vater sich den Rest denken können...