Beiträge von Lucius Decimus Maximian

    Das Dröhnen war nun beinahe gänzlich verklungen. Es war fern, ferner noch als alles, das Maximian jemals in weiter Ferne gehört hatte. Stattdessen war es nun unangenehm ruhig. Es war, als wäre nun nichts mehr.
    Schwarz. Es passte zu der unendlichen Leere, dass kein Geräusch mehr ging. Es passte auch zu der Kälte, die sich immer weiter ins Unterbewusstsein fraß und jeden Rest von Wärme verschlang. Erschreckend, wie sich mit einem Mal alles zusammenfügte und ein Ganzes ergab. Kälte, Schwärze, Stille und die Ohnmacht des Geistes und des Willens. Alles erstickt im Gegenstandslosen, verloren im Nichts und stumm im totenstillen Raum.


    Doch Julias Augen blieben. Sie hielt ihn fest und schüttelte leicht den Kopf. Sie war so nah, doch auch sie war schon beinahe gänzlich verschlungen. Es durfte nicht sein! Er wollte das Glänzen in ihren Augen sehen, nicht die Kälte. Ihre Stimme wollte er hören und sie sollte sich nicht anhören wie ein Lied der Finsternis.
    Eisiger Wille erwuchs. Er versuchte die Dunkelheit niederzukämpfen, indem er sich an Julias Augen festhielt. Da, das Dröhnen erklang wieder! Es war leise, aber es war wieder da. Auch die Kälte wich, während Julias Augen wieder Farbe annahmen, ihre Nase aus dem dunklen Meer auftauchte und er plötzlich wieder Luft atmen konnte.
    Ihr Hand kam näher! Er wusste, er durfte jetzt nicht aufgeben und ließ seinen Willen weiter wachsen. Er spürte, wie wieder Licht um ihn wurde, wie die eisige Kälte, die ihn schon beinahe mit festem Griff gehalten hatte, nur noch mehr einem tauben Kribbeln glich.


    Das Geräusch des Pochen seines Herzens war wieder angewachsen. Es war ein ohrenbetäubendes Geräusch, doch es war um so vieles angenehmer als die allgegenwärtige Stille, die ihn eben noch umgeben hatte.


    Und dann, als das Schwarz vor den Augen leicht gelblich verfärbt war, war es fast so, als hätte er eine Berührung wahrgenommen. Julia? Ihre Augen waren verschwunden, aber er fühlte sie in ihrem Herzen. Sie war bei ihm, nicht mehr nur ein Bild. Es erfüllte ihn mit so viel Wärme, dass der letzte Rest der Ohnmacht verschwand.


    Das Bewusstsein rbach wieder durch und Maximian schlug die Augen auf. Doch im gleichen Moment war es, als würde eine Lawine des Schmerzes über ihm hereinbrechen. Er keuchte einmal leise und fühlte, wie es ihn wieder weg zog von diesem Ort, der Schmerz bedeutete. Aber er wollte nicht! Er fühlte etwas warmes an seinem Kopf, er versuchte ihn in diese Richtung zu drehen, kam nicht weit. Aber er sah einen Kopf, sah Haare, hörte ein Schluchzen und auch die Hand, die sich auf die andere Wange gelegt hatte.

    Der Mantel der Schwärze hatte sich um Maximians Geist gelegt. Immer nich konnte er nur das Pochen seines Herzens hören, aber er nahm es als solches nicht wahr. Es war ein Dröhnen, das zwar verebbte und wieder anstieg, doch es war allgegenwärtig. Um ihn herum, in seinem Kopf, einfach überall. Dann mischten sich Bilder in das Schwarz, das er zu sehen glaubte, aber das nicht wirklich da war. Er sah seine Mutter, wie sie ihm zulächelte. Ein warmes Lächeln, das für einen Moment lang die Schwärze vertrieb. Ohnmächtig musste der junge Decimus dann miterleben, wie das Bild seiner Mutter von der Schwärze zerfressen wurde. Ihr Gesicht verschwamm, wurde verzerrt bis ins Unkenntliche, bis es gänzlich verschwunden war. Kälte und Angst machten sich in ihm breit. Das Dröhnen hielt an. Hatte es sich verlangsamt? Es war da, es war leiser... Julia! Engelsgleich sah er sie. Ihr von dunklen Haaren umringtes Gesicht, auf denen kleine Kristalle glitzerten. Sie weinte und streckte eine Hand nach ihm aus. Er wollte sie ergreifen, doch er kam nicht heran. Er war gefangen, wie festgenagelt. Verzweiflung kam zu seinen Empfindungen hinzu, während das Dröhnen im Kopf immer leiser wurde. Es klang so weit entfernt, doch Julias Bild blieb. Sie weinte und von jeder Träne, die sie vergoss, ging ein blendendes Licht aus.


    Schweißperlen lagen auf seiner Stirn. Noch vom wilden Ritt oder neu gebildet? Die Augen waren geschlossen, der Mund stand leicht offen. Auf der rechten Wange klaffte eine Schramme, wo er von einem herunterhängenden Ast gestreift worden war.
    Sein Torso war leicht angekippt, weil er auf einem dünnen Ast gelandet war. Ein Arm lag auf seinem Bauch, der andere war seltsam abgespreizt. Die Beine lagen regungslos, nur der Brustkorb hob und senkte sich noch langsam.


    Von den Dingen, die in ihm vorgingen, legte nichts Zeugnis ab.

    Auch Maximian war inzwischen wohl alle Farbe aus dem Gesicht geweht worden. Alfidia keuchte angestrenkt und schien sich immer noch weiterhin in ihre Panik reinzusteigern.
    Mit den Oberschenkeln presste Max sich an Nigidius, der so gleichmäßig neben Alfidia herlief, dass Maximian die Zügel der Stute bald schon zu fassen bekam. Gedanken wie "Die Innenseiten deiner Oberschenkel werden schön durchscheuert sein" blitzten in seinem Kopf auf, verschwanden dann sogleich wieder, als wären sie nie da gewesen.


    Seine Finger berührten also das Leder, das in Alfidias Maul endete. Vorsichtig griffen sie danach, da ausgerechnet musste Nigidius einen kleinen Sprung machen. Maximians Arm wurde hochgeschleudert, stieß an die Backenknochen der Stute, die ihren Kopf hochriss und sehr aprubt das Tempo drosselte. Maximian hatte Mühe, sich auf Nigidius zu halten, weil er durch den kurzen Sprung aus dem Sattel gehoben worden war. Wieder schossen ihm vereinzelte Gedanken durch den Kopf. Gerade war er unendlich nervös, denn wusste er, ob Valeria noch auf Alfidias Rücken saß, nachdem er der Stute seinen Arm gegen den Kopf gehauen hatte?


    Maximian, der immer noch schief auf Nigidius saß, richtete den Kopf nach vorn. Seine Augen waren groß, sein Atem ging heftig und auch ihm standen kleine Schweißperlen auf der Stirn. Nigidius jagte dahin und schien von Alfidia nun seinerseits erschreckt.


    Was Maximian so schnell nicht begreifen konnte, war, dass Nigidius geradewegs auf den Wald zugallopierte. Der Weg endete hier plötzlich und verwandelte sich wieder in jenen Wald, durch den Valeria und er vorhin gehetzt waren.
    Verzweifelt versuchte der junge Mann sich noch wieder aufzurichten, doch da musste Nigidius schon einen weiteren Sprung anstellen, um nicht über einen gestürtzen Baumstamm zu fallen, was Maximian endgültig aus dem Sattel hob.
    Er versuchte etwas zu greifen -sei es Mähne, Zügel oder Sattelknauf-, bekam aber nichts außer beängstigender Luft. Er merkte, wie sein rechtes Bein den Steigbügel verlor. Dann war es, als hätte ihm etwas den Kopf gestreift, er spürte einen dumpfen aufprall und mit einem Mal war alles ruhig. Nur das Pochen seines Herzens war noch da, sonst nichts. Und alles wurde dunkel.

    Maximian spornte an, was das Zeug hielt und Nigidius streckte sich in einen rasanten Galopp. Kopf und Rücken des Pferdes ergaben beinahe eine Linie und auch Maximian drängte sich so tief es ging an die wirbelnde Mähne herunter. Er musste Valeria einholen! Wieder sah sie sich zu ihm um und er konnte erkennen, wie sie sich verzweifelt am Sattel der Stute festkrallte, die so schnell lief, wie Maximian sie noch nie zuvor hatte laufen sehen.


    Es war, als würden endlose Minuten vergehen. Nigidius flog geradezu, doch auch Alfidia sparte mit dem Tempo nicht. Doch irgendwann war Maximian so nahe heran, dass er etwas hätte rufen können. Bei dieser Geschwindigkeit und des Zustandes der Stute wollte er das jedoch nicht wagen. Weiterhin die Fersen in den Bauch seines Pferdes stoßend, holte der junge Decimus auf Valeria auf. Bald schon trennte sie nur noch eine Pferdelänge, dann hätte er fast die Hand nach Alfidia ausstrecken können. Ein wahrlich halsbrecherisches Manöver.


    Was tun? Maximian ritt im wilden Galopp auf der Höhe Valerias und überlegte, wie er die Stute zum Halten rbingen konnte, ohne dabei großartig Valerias oder sein Leben zu gefährden. Vieles gab es da nicht oder zumindest wollten ihm jettzt, in dieser gefährlichen Situation, keine einfallen.
    Er ritt ein Stückchen vor, sodass er auf der Höhe des Kopfes des ausbrechenden Pferdes anlangte. Er war so sehr damit beschäftigt, die hin und her flatternden Zügel ins Auge zu fassen, dass er sich ganz und gar auf Nigidius verlassen musste. Maximian lehnte sich leicht zu Alfidia und wäre so zweifelsohne sofort aus dem Sattel gehoben, sollte eins der Pferde plötzlich zur Seite hin ausbrechen wollen. Schließlich ließ eine Hand Nigidius Zügel bzw den Sattelknauf los und streckte sich langsam nach Alfidias Kopf aus.


    Maximians Herz pochte wie wild. Der Wind zog an seiner Tunika und jeder Muskel in seinem Körper war aufs Bersten angespannt. Wenn jetzt etwas schief ginge, wenn irgendwo ein Hindernis auftauchte oder sich Alfidia noch einmal erschrak...

    Er sah ihr offenherziges Lächeln und ließ die letzten Stunden noch einmal passieren. Sie war ein gutes Wesen, inzwischen nicht nur Verwandte, sondern auch gute Freundin. Sie hatte es verdient, dass er ihr etwas erzählte. Wieder suchte er nach einem passenden Einstieg und gerade hatte er einen gefunden, als die Pferde verrückt spielten. Er sah etwas im Augenwinkel, das sich über den Boden schlängelte, und dann, wie Alfidia erschreckt und mit weit aufgerissenen Augen stieg. Nigidius hatte einen Satz gemacht, tänzelte nervös und schnaufte wie verrückt, doch Maximian konnte ihn mit eisigem Griff im Zaum halten. Valeria hingegen hielt sich überrascht und angstvoll an der Stude, die auf einmal anzog, als wäre der Teufel selbst hinter ihr her. Und auf ihr drauf Valeria, die irgendetwas rief. Maximian gab seinem Hengst die Sporen und folgte Alfidia, die teufelswild vorwärts lief.


    Als Maximian den Wald sah, wurden seine Augen groß. Er nahm die Zügel kürzer auf und spornte Nigidius an. Ein Wald war eine uneinschätzbare Gefahr bei solch einem Tempo. Wieder rief Valeria etwas und als Nigidius, der größer als Alfidia war, in den Wald eintauchte, musste er erkennen, dass er nicht so schnell vorankam, wie Alfidia.
    Er schickte ein Bitten gen Himmel und lenkte Nigidius so schnell wie möglich zwischen den Baumstämmen und tiefhängenden Ästen hindurch, die sich alle nur so gen Boden zu recken schienen. Vor ihm wurde Valeria immer kleiner.


    Doch was war das? Ein Stückchen weiter vor ihm lichtete sich der Walt ein wenig. Maximians Augen erhellten sich ein wenig, während er Nigidius zielstrebig daraufhinlenkte. Dort angekommen erkannte er sowas wie einen Weg. Er dankte alles und jedem, das ihm diesen Weg beschert hatte, und drückte dem schwarzen Energiebündel unter sich kräftig in die Flanken. Bald schon wurde Valeria größer, doch immer noch war er nicht nah an ihr dran, sodass er ihr etwas zurufen oder gar irgendetwas unternehmen können. Dazu rannte die haselnussbraune Stute viel zu ziellos mal mehr nach rechts oder links in den Wald hinein.

    Er hatte noch weiter gegrübelt, als er Valerias Frage hörte. Sie schien ihm unbedingt helfen zu wollen, weshalb Maximus nun mit dem Gedanken spielte, ihr alles zu erzählen. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte er einen Anfang zu finden, doch je mehr er ihn zu finden hoffte, desto weniger wollte er mehr als nötig verraten.
    In sich hineinseufzend stemmte er einen Arm in die Seite und ließ Nigidius in einen ruhigeren Schritt verfallen.


    "Ich dachte nur gerade an Rom und andere Länder dieser Welt. Sie sind so weit entfernt von hier... Hast du denn kein Heimweh?"


    Er wandte den Kopf zu ihr. Wie er ausgerechnet auf diese Frage gekommen war, wusste er nicht.

    Zuerst war Maximian den Blicken seines jungen Paedagogen gefolgt. Dann nickte er, schüttelte dann aber leicht grinsend den Kopf.


    "Er gefällt mir auch, aber dennoch ist er nicht meiner."


    Dann sah er ihn interessiert an. Er würde einem Test unterzogen werden? Er behielt sich die Frage übrig und hörte sich die Geschichte des Mannes an. Er kam aus Syria. Maximian hatte noch nicht viel davon gehört, merkte sich auch diese Frage deshalb.


    "Nun, ich bin erst seit einigen Monaten bei meinem Vater. Davor lebte ich in Valentia, bei meiner Mutter und ihrem Ehemann, dessen Sohn ich nicht war. Wohl habe ich Unterricht bekommen, doch der begrenzte sich auf Grundwissen, würde ich sagen. In meiner freien Zeit habe ich den Jüngeren des Dorfes Reiten beigebracht oder hier und da bei einem Hausbau mitgeholfen."


    Er hob die Schultern an und legte den Kopf leicht schräg, während er wieder mit interessiertem Blick zu Morpheus zurückkehrte.


    "Und du willst mich einem Test unterziehen? Dann hoffe ich mal, dass ich bestehe und kein allzu aussichtsloser Fall bin..."


    Grinsend wartete er auf die Reaktion des Sklaven ihm gegenüber.

    Maximian und Morpheus traten ein. Der junge Decimus setzte sich an einen Schreibtisch und deutete Morpheus an, dass er sich ebenfalls setzen sollte. Dann sah er ihn neugierig und auffordernd an.

    "Was behälst du nun besser für dich?", fragte Maximian neugierig, aber auch grinsend. Und mit überkreuzten Armen vor der Brust.


    "Nun gut, vielleicht sollte ich dich nicht dazu zwingen, es mir zu sagen. Wer weiß, was ich danach mit dir anstellen müsste."


    Er lächelte Nyla noch einmal zu, dann ging ein Ruck durch seinen Körper. Sein Kopf war nun zu Morpheus gewandt, der auf ihn wartete.


    "Können wir?"


    Gemeinsam gingen die beiden jungen Männer dann ins alte Tablinum .

    Maximian nickte Gallus und dann Morpheus zu.


    "Ich komme. Einen Raum? Nun... hat mein Vater dir nicht gesagt, wo du mich unterrichten sollst? Im alten Tablinum vielleicht?"


    Dann wandte er sich an Nyla, die ihn gefragt hatte, was er wohl gerne essen würde. Er legte die Stirn beim Grübeln kraus und meinte dann:


    "Ein Birnenauflauf würde mir schmecken."

    Maximian erhielt seine Maskerade aufwärts und sah die junge Sklavin weiterhin skeptisch und vor allem herausfordernd an.


    "Eine gute Idee. Denn dann könnte ich mich davon überzeugen, ob du tatsächlich kochen kannst, wie du es sagtest. Nicht, dass mein Vater heikmkehrt und am Ende gar nicht satt wird."


    Wieder zuckten die Mundwinkel, als würden sie nur mit großer Anstrengung das momentane Gesicht wahren können.

    Gestern? Was war denn Gestern gewesen? So sehr es Maximian freute, dass sie mal wieder gelacht hatte und das offensichtlich nicht einmal für möglich gehaolten hatte, die Art, wie sie sich auf die Lippen biss und den Kopf senkte, ließ ihn erahnen, dass irgendetwas vorgefallen sein musste. Dass das nun ein erneuter Ausbruchsversuch gewesen sein könnte, kam ihm allerdings nicht mal in den Sinn. Er musterte sie einen Moment lang, entschied dann, dass man ihre Fröhlichkeit, die da eben noch ganz gewiss vorgeherrscht hatte, nicht stören sollte und wippte einmal kurz auf den Sohlen seiner Sandalen. Sein Magen knurrte dazu.


    "Du sagtest, du kannst kochen?"


    Er wartete, bis sie den Kopf anhob und hatte bis dahin ein herausfordenden Gesichtsausdruck aufgelegt.

    Maximian lächelte der Frau, die an seiner Seite herritt, zufrieden zu. Anscheinend hatte er genau das Richtige getan, indem er Valeria zu Mummia und Aurelius geführt hatte. Als er das erste mal dort durch Zufall Rast gemacht hatte, nun bald schon vor fast einem Jahr, war er gerade nach Tarraco umgezogen und Heimweh verspürt. Eigentlich hatte er mit Nigidius nach Valentia reiten wollen, doch der schwarze Hengst hatte anscheinend etwas dagegen. Er lenkte Maximian irgendwo anders hin, wo dann auf einmal der Hof von Aurelius in Sicht kam. Und kaum war er bei ihnen gewesen, war sein Heimweh immer weniger geworden, bis er schließlich wieder zurück nach Tarraco aufbrach.


    "Ja, beide sind etwas besonderes. Kommt man zu ihnen mit irgendwelchen Sorgen, dann geht man ohne diese. Und mit einer Portion Käse!"


    Maximian grinste, während er dem Leib Käse seine Hand auflegte. Dann sah er sich fragend um und mit skeptischem Blick zu Valeria. Immer noch nicht genug?


    "Dir ist noch nicht nach Umkehren? Hm, dann schlag was vor. Das Land ist weit und meine Kenntnis auch nicht ohne Grenzen."


    Er zwinkerte und überflog das vor ihm liegende Stückchen Welt mit seinen dunklen Augen. Der Tag war herrlich, die Sonne strahlte immer noch und in Valerias Gesellschaft fühlte er sich ebenfalls Wohl. Endlich mal jemand, mit dem er so richtig ausreiten konnte (von Julia mal abgesehen, denn mit ihr hatte er es ja schon getan).
    Und da wanderten seine Gedanken auch wieder zu ihr, während er die Landschaft musterte. Was sie wohl gerade tat? Ob sie ihn noch vermisste? Wenn er doch nur wieder zu ihr könnte...

    Er konnte nur beistimmend lachen. Allerdings. Also entweder sie würden in den kommenden Minuten verschrumpeln wie eine überreife Kartoffel oder sie würden auf ewig mit angehobenen Mundwinkeln herumlaufen müssen. So oder so, beide Vorstellungen reichten aus, um ausgelassen zu lachen.


    Dann beobachetete er den Lockenschopf vor sich, wie sie sich die Hand auf den Kopf legte und ihm frech grinsend ihre geringe Größe präsentierte. Wohl war, er war schon um einiges größer als sie. Er schmunzelte.


    "Nun ja, du hast offensichtlich nicht genug gegessen. Eine Feige hier, eine Olive da... das treibt einen in die Höhe.", ließ er fachmännisch verlauten und hielt die Hand auf verschiedene Höhen vor sich.

    Maximian bemerkte wohl den kurzzeitig auftauchenden Schatten auf ihrem Gesicht und fand es keineswegs verwunderlich, dass sie ihre Situation kurzzeitig wieder übermannte. Aber da sie sich nicht mitreißen wollte, so schien es ihm, weil sie gleich darauf wieder grinste, antwortete er nur:


    "Das ist wahr. Und doch sind Pferde nicht vor Bremsen sicher oder Mäuse vor Katzen."


    Er schmunzelte und fragte sich, ob sie die Nachricht hinter seinen Worten verstanden hatte.
    Und weiter ging's mit dem Grínsen. Es schien allmählich festzuwachen.


    "Oh ja."


    Da fiel ihm ein Spruch ein, den ihm seine Mutter immer aufgetischt hatte, wenn Maximian beim Essen einmal mäkelig gewesen war. Diesmal versuchte er möglichst unschuldig dreinzuschauen und nur noch aus seinen Augen blitzte es schelmisch.


    "Und wachsen muss ich auch noch. Was sollen die Legionäre mit mir denn anfangen, wenn ich nur aus Haut und Knochen bestehe?"


    Zur Untermalung seiner Argumente schnaltze er einmal leise mit der Zunge und schüttelte dann leicht den Kopf. Diesmal konnte er das Grinsen, das sich wieder durchzukämpfen versuchte, auch noch hinter leicht zuckenden Mundwinkeln verbergen.


    Die junge Sklavin hatte Humor. Maximian grinste, versuchte dann aber gar empört zu wirken.


    "Niemand sagt, dass ích nichts tu. Ich reite zum Beispiel häufig auf meinem Pferd aus und helfe meinem Cousin beim Bauen."


    Jaja. Er nickte wichtig, musste dann aber schon wieder grinsen.

    Maximian schmunzelte, sah er die neue Sklavin doch das erste Mal richtig lachen (das sah man überhaupt bei Sklaven nur selten) und zeigte ihr dann seine schlanke Linie, indem er sich quer stellte und an sich hinab sah.


    "Naja, wenn ich nicht überarbeitet aussehe, dann sollte die Gefahr wohl noch eine Weile lang eher gering bleiben, meinst du nicht?"


    Er zwinkerte, als Gallus und Morpheus ins Atrium traten und ihn anscheinend wegen seines Unterrichts holen wollten. Meridius hatte Maximian etwas diesbezüglich gesagt, er hatte es aber schon wieder vergessen gehabt. Nun stand er also seinem Paedagogen gegenüber und musterte ihn.


    "Danke, Gallus."


    Der junge Sklave, der vor ihm stand, schien kaum älter als Maximian selbst zu sein. Und er sollte ihm etwas beibringen? Eigentlich hatte er sich Lehrer immer grauer und... älter vorgestellt.
    Grad sah er noch ein wenig verdutzt drein, dann nickte er dem Sklaven freundlich zu.


    "Der bin ich. Und du bist der Paedagoge, den mein Vater beauftragte mich zu unterrichten? Wie heißt du?"