Das, was seine Mutter ihm da erzählte, ließ Maximians Gesicht erstarren. Sein Ziehvater, den Maximian immer geliebt hatte, hatte sich Maximians wegen von seiner Frau scheiden lassen. Dabei hatte sie ihm Kinder geschenkt, mit ihm Nacht für Nacht das Bett geteilt und ihn aufrichtig umsorgt. Offensichtlich hatte sie ihm sogar die Erziehung ihres ältesten Sohnes anvertraut, bis zu jenem Tage, an dem für Maximian ein neues Leben fand, oich das seiner Mutter sein Ende. Sofort fühlte der gutherzige junge Mann sich für das Aus der Ehe seiner Mutter verantwortlich; die Gefühle der Schuld fingen langsam an zu blühen und wucherten sogleich in jede kleinste Faser Maximians Körper.
Seine gute Mutter, wegen ihm entehrt. Immernoch starrte Max seine Mutter fassungslos und geradezu erbleicht an. Die Nachricht war tatsächlich ein Schock, der nur allmählich wieder von seinen Muskeln abfiel. Dann endlich fand er die Sprache wieder.
"Mutter, ich... wusste nicht... Es... Es tut mir so leid."
Severa strahlte nun nicht mehr. Sie blickte ihn ernst an, doch Maximian hatte dieses Gesicht schon zu häufig gesehen, um zu wissen, dass es hinter der Fassade in seiner Mutter anders vorging, als es die Gesichtszüge vorzugeben wagten.
Wollte er sie trösten oder sich - langsam sank er in die Arme seiner Mutter und legte den Kopf an ihre Schulter, wobei er die Augen schloss. Er hatte sich das Wiedersehen anders vorgestellt: Er ein erwachsener Mann, in Rüstung vielleicht, mit Meridius an seiner Seite. In Valentia hinein, die alten, bekannten Gesichter wiedersehen, sie anlächeln. Vor einem Haus anhalten, absteigen, die Mutter sehen. Den langjährigen Vater, die Geschwister. Sie alle in die Arme schließen, nur glückliche Gesichter sehen. Ein kleines Fest, Freude, die alte Familie, in der er 16 Jahre seines Lebens verbracht hatte.
Stattdessen war diese Familie zerbrochen. Stattdessen hegte sein Ziehvater jetzt Groll und Zorn gegen seine Frau und Maximians Mutter. Stattdessen würde er, Maximian, geboren in Valentia, nicht länger willkommen sein bei Damian.
Wortlos löste er sich wieder von seiner Mutter und sah sie traurig an.
"Ich hatte nicht geahnt, dass er überhaupt Verdacht schöpfen würde. Aber das... Mutter, du musst mir glauben: Ich wäre nicht fortgegangen, ich hätte nicht auf dich gehört, wenn ich gewusst hätte, dass er sich scheiden lassen und dich entehren würde."
Betreten senkte Maximian sein Haupt und fixierte den Boden vor seinen Füßen, als durchgesickert war, was er gesagt aber noch nicht verstanden hatte. Er war der Auslöser für das Unglück seiner Mutter gewesen, indem er einfach nach Tarraco aufgebrochen war. Damian war kein Einfaltspinsel. Maximian war gerade 16 Jahre alt geworden. Damit war er bei weitem zu jung, um zu den Legionen zu gehen oder sonst irgendwo eine Arbeit aufzunehmen.