Beiträge von Lucius Decimus Maximian

    Während Julia dem Pferd ihre Schenkel an die Seiten presste, schmunzelte Maximian in sich hinein. So wie es sich anhörte, war Julia eine aufbrausende aber größtenteils ruhige Frau, die nicht gerne nach der Pfeife anderer Leute tanzte. Und er sah sich als teilweise sehr temperamentvollen Jungspanier, dessen Blut in den Venen kochte und häufig dafür sorgte, dass er sich selber überschätzte oder die Situation. Ob zwei solche zusammenpassten?
    Bestimmt, schloss er. Wenn sie einmal unhebeherrscht werden sollte, würde er mit seinem Temperament dagegenhalten und wenn er zu draufgängerisch gelaunt war, würde sie ihn mit ihrer Ruhe und Nachdenklichkeit schon wieder auf den den Boden der Tatsachen holen. Sie könnten also gemeinsam streiten und gemeinsam schlichten. Und gemeinsam lieben, wie die letzten Stunden bezeugten.
    Das war doch eine gute Vorraussetzung, lobte Maximian das Schicksal, das sie zusammengeführt hatte.
    Einen Kommentar konnte er sich jedoch nicht verkneifen. Er trug ihn neckisch grinsend vor.


    "Komm schon, irgendwas muss dir an den Spaniern doch aufgefallen sein. Sind wir... Raubeinige Zeitgenossen? Besonders gute Beschützer? Hoffnungslose Romantiker? Hmmm... idiotische Holzkopf-Ausleiher?"


    Er grinste weiterhin und wurschtelte seine Arme um Julias Bauch, damit sie verstand, dass er nur witzelte.


    Dann jedoch schwieg er, denn Julia trieb ihr Pferd kräftig an, was wiederum dazu führte, das Rom mit den vielen Fackeln immer besser in der Dunkelheit auszumachen war. Es war schon späte in der Nacht und der junge Decimus hoffte, dass man um Sorge um ihn nicht verrückt geworden war. Er hatte vor, sich heimlich einzuschleichen und Hungaricus morgen zu beichten, was zu beichten war. Jetzt schlief er hoffentlich tief und fest, hatte Maximian und seine Leihgabe hoffentlich komplett vergesse, vielleicht verghnügte er sich ja mit einer hübschen Frau.


    Und schließlich kamen sie vor den Toren an. Aneinandergedrückt, in den Umhang gehüllt, schweigsam, ein wenig trübsinnig.

    Erst nickte Maximian, dann schüttelte er leicht den Kopf.


    "Das stimmt, zu erzählen habe ich eine ganze Menge. Und gefallen hat es mir natürlich auch, Großonkel. So sehr, dass ich gerne wieder einmal zu Besuch in die Stadt kommen würde. Nein, um ein Schiff habe ich mich noch nicht gekümmert. Ich wollte Verus fragen, das zu erledigen."


    Und dann zeigte er sich aufrichtig erfreut.


    "Oh, in Tarraco wird man sich über deinen Besuch freuen. Sicherlich hat sich dort auch schon wieder vieles verändert."

    Maximian machte ein erfreutes Gesicht, als Mercator die Casa erwähnte.


    "Vielleicht reicht die Zeit ja, dass ich sie mir noch ansehen kann, ehe ich abreise. Sowieso sollte ich mich noch verabschieden."


    Ein paar zusammengelegte Tuniken lagen auf einem Schemel, die Max hochnahm und festhielt, ohne sie wegzupacken.


    "Wie du siehst, komme ich eigentlich ganz gut zurecht. Ich habe nur das Gefühl, dass ich nicht mehr alles verstaut bekomme. Könnte daran liegen, dass die Luft in Rom dicker ist als auf dem Land."


    Er grinste und zwinkerte mit einem Auge.


    "Wirst du wieder einmal nach Tarraco kommen? Ach, bevor ich es vergesse: Wenn du etwas für Lucilla oder Martinus oder Mattiacus hast, dann nehme ich es gerne mit."

    Als es klopfte, war Maximian gerade dabei ein Souvenir, das er sich eben angesehen hatte, wieder in ein Stück Stoff zu wickeln und bereits in seinem Gepäck zu verstauen. Es hatte ihn einen großen Teil seines Taschengeldes gekostet, weshalb er sich schon besonders darauf freute es daheim in Tarraco zu verschenken.


    Er ließ das halb verstaute und eingewickelte Souvenier liegen und ging zur Tür, die er öffnete.


    "Großonkel! Komm rein', wenn du dich nicht an dem Chaos störst."


    Maximan trat einen Schritt zur Seite und sah sich um, ließ somit Mercator einen Blick ins Rauminnere (das nicht sehr unordentlich war) und kratzte sich dann entschuldigend im Nacken.


    "Ich packe gerade Sachen ein, die ich bis zu meiner Abreise nicht mehr gebrauchen werde. Wie geht es dir, Großonkel?"

    Maximian sah im ersten Moment überrascht drein, hatte er das Volk der Germanen doch völlig vergessen gehabt, als er sich mit Julia angefreundet hatte. Wohl wahr, man erzählte grausige Geschichten über das Volk, dem Julia angehörte. Insgesamt waren die germanischen Menschen immer vom schlechten Ruf verfolgt, doch als er Julia kennengelernt hatte, hatte es ihm gar nichts ausgemacht, dass sie Germanin war. Die Überraschte Miene legte sich wieder und der Verstand arbeitete weiter. Er hatte immer gehört, wie unzivilisiert diese Barbaren in den Krieg zogen, wie sie brüllend ihre Keulen schwangen und kein bisschen was von Disziplin verstanden.
    Aber nun kannte er Julia und sie war wahrlich keine Barbarin. Vielleicht waren die Germanen ja anders, weil sie Männer waren, aber Julia hatte einen Teil der "Gerüchte" über das germanische Volk in alle Winde verstreut. So schob der junge Mann kurz die Unterlippe vor und knickte kurz den Kopf zur Seite.


    "Eigentlich gibst du dich schon beinahe wie eine Römerin. Mir wurde immer erzählt, dass die Germanen wilde Kraturen wären, aber nein... Ich sehe nicht, dass das zutreffen könnte. Oder kenne ich dich dazu einfach noch nicht gut genug?"


    Er hatte letzteres im Scherz gesagt und kicherte deshalb leise, während er den Kopf wieder auf Julias Schulter bettete. Dann wurde der Blick wieder ernster, aber der Kopf blieb liegen. Mit verträumten Blicken sah auch Max in den Sternenhimmel und erzählte dabei.


    "Recht hast du. Man erzählt sich viele Geschichten über die Germanen, wie man sie auch über die Britanier und wahrscheinlich auch die Hispanier erzählt, irgendwo in einer anderen Welt. Was die Germanen betrifft, hast du mich aber von Anfang an überzeugt, dass sie nicht so sein können, wie man sie schimpft."


    Er machte eine Pause und sah eine Weile lang schweigsam in den Himmel, der von Luna und ihren vielen Kindern oder Sklaven beherrscht wurde.


    "Es ist seltsam, oder? Wir alle leben unter dem selben Himmel, haben alle zwei Hände und zwei Beine und doch sind die Menschen so unterschiedlich und sich selbst so fremd. Als würde es Grenzen geben, unsichtbare. In unseren Köpfen, nicht jedoch auf dem Land, bis auf die Posten und Wälle."


    Er schnaufte leise. Dann legte er den Kopf leicht schräg, um Julia ansehen zu können. Sein Blick war prüfend, aber entspannt und seine Gesichtszüge trugen nichts weiter als ein mildes Lächeln.


    "Was denkt man denn in Germanien über die Spanier?"


    Und während sie sich unterhielten, kamen sie Rom immer näher. Bald schon verließen sie den Wald, ritten über Felder, bis man Roms Tore beinahe schon am Horizont erkennen konnte und das Gefühl hatte, sie mit ausgestreckten Armen bereits berühren zu können.

    Als Julia ihren Kopf in den Nacken fallen ließ und er sich auf seine Schulter legte, musste Maximian schlucken. Er konnte Julias vom Mond beschienenes Gesicht sehen - es glich dem Gesicht der Aphrodite, so schön war ihr Profil. Oder war es gleich der Helena? Maximian war es egal. Julia war wunderschön und er versuchte sich einzuprägen, wie sie aussah, wenn sie sich an ihn lehnte. Nie wieder wollte er es vergessen, ihr wunderschönes Gesicht.


    Dann breitete sie ihre Arme aus und bat Maximian es ihr gleichzutun. Zögerlich kam er ihrer Bitte nach, als er gesehen hatte, dass Skadi die schlurfenden Zügel nicht ausnutzte und berühte dann ihre Hände, die sich an seine legten.


    Es war ein atemberaubendes Gefühl, das er erlebte. Er hielt mit nichts weiter als seinen Oberschenkeln auf dem Rücken des Pferdes, das genüsslich weitertrottete und sich anscheinend bewusst war, was für halsbrecherische Sachen seine Besitzerin und der zweite Reiter da vollbrachten. Maximian fragte es sich, ob es die Gutmutigkeit des Tieres war, dass es wie vorher weiterlaufen ließ, oder Dummheit. Aber letzteres musste man bei Skadi ausschließen, hatte sie doch auf den Pfiff Julias gehört.


    Es kitzelte in Maximians Bauch, während der Wind die ausgestreckten Arme umspielte, als wären es Grashalme oder Äste eines jungen Baumes. Die Erfahrung des vollsten Vertrauens war berauschend. Fasziniert lächelnd legte Maximian wieder den Kopf an Julias, sodass Wange und Wange sich berührten. Mit geschlossenen Augen und immer noch ausgestreckten Armen versuchte er sich vorzustellen, wie es wäre, mit Nigidius in Germanien zu reiten, Seite an Seite mit Julia und Skadi. Er war fest entschlossen, dass er es eines Tages machen würde. Noch hatte er keine Pflichten, noch konnte er reisen und er war sich sicher, dass Martinus bzw. Meridius ihn gehen lassen würden, wenn er wollte.


    "Ja, es muss wunderschön sein. Eines Tages werde ich neben dir und Skadi herreiten und wir werden uns nicht in Italia befinden, sondern in Germania. Und wir werden mehr als nur einen Nachmittag haben, um uns richtig kennenzulernen... Und all das wird geschehen, bevor ich die Toga tragen darf."


    Maximian öffnete die Augen wieder und zog seine Hände wieder zu sich, wobei er Julias nicht losließ. Er lächelte, während er den Mantel wieder um sie herum bettete.


    "Du sollst dich nicht erkälten. Außerdem fühle ich mich so dcoh ein wenig wohler."


    Er kicherte leise und strich mit den Lippen abermals kurz über Julias Wange. Die Traurigkeit war wie weggewischt, denn die Vorstellung, dass sie sich schon bald wiedersehen würden, wischte Kummer und Sorgen weg und ließ die Sonne wieder in sein Herz scheinen.

    Maximian nickte und brachte ein zuversichtliches Schmunzeln auf, dann ließ er Julia die Sachen zusammensuchen. Er half ihr dabei, reichte ihr hin und wieder etwas und nahm ihr dann den Mantel ab, den sie ihm reichte. Dann saß sie auch schon auf dem Rücken ihrer Stute. Maximian stand noch neben dem Pferd und warf noch einen letzten Blick, als wolle er prüfen, ob noch etwas liegengeblieben war, auf den Flecken Erde, der der Ewigkeit angehörte und auf dem Sie gelegen hatten.


    Er zog ein bisschen Luft ein, wandte den Blick ab und ergriff Julias Hand. Mit ihrer Hilfe schwang er sich hinter ihr auf Skadi. Wieder hatte er ihren Rücken vor sich, doch dieses mal rutschte er ohne zu zögern an sie heran. Doch auch wenn er schon nicht mehr weiterrutschen konnte, war es so, als würde er ihr nicht nahe genug sein können.
    Schließlich ließ er sich noch den Mantel über den Rücken fallen und führte ihn dann um seine und Julias Schultern, damit sie auch geschützt war. Mit den Zipfeln zwischen Daumen und den restlichen Fingern, legte er seine Hand auf ihren Bauch, sodass ihre Arme ungehindert die Zügel halten konnten, dann seuftze er, während die Daumen auf Julias Bauch kleine Kreise beschrieben.


    "Lass' sie laufen."


    Seine Stimme hatte gedämpft geklungen, jetzt jedoch legte er seinen Kopf auf ihre Schulter und schloss die Augen, während er die Nase an ihren Hals drückte.


    "Aber nicht zu schnell. Sie ist müde, wir sind es auch und... so bleibt uns noch ein wenig mehr Zeit."


    Wie ein Windhauch berührten seine Lippen die Stelle ihres Halses, an denen sie lagen, dann richtete sich der Kopf wieder auf. Würde Julia loßreiten, während sein Kopf auf ihrer Schulter ruhte, würden seine Kiefer andauernd aufeinanderschlagen, was Maximian verhindern musste.

    Maximian hatte ein bitteres Schmunzeln auf dem Gesicht, als Julia ihm sagte, dass sie dem Schicksal dankbar sein müsste. Aber was hatte sie noch gesagt? Dass sie ihr Leben in den Sand gesetzt hatte? Geistich machte der junge Mann sich eine Notiz, mit ihr irgendwann einmal darüber zu sprechen, denn jetzt konnte er nicht über etwas anderes nachdenken, als diesen Augenblick und jenen, der sie trennen würde.


    Das Schmunzeln war verschwunden, während er bemerkte, wie sich immer mehr Tränenflüssigkeit in Julias Augen ansammelte. Stattdessen hatte sich, nachdem Julia geendet und ihren Kopf an seine Brust gelegt hatte, abermals enorme Hilflosigkeit auf dem jungen Gesicht des Decimus abgezeichnet. Er legte sein Kinn auf ihren Kopf und seine Hand dazu.


    "Ich werde wieder für dich da sein. Wenn etwas ist, wenn dich etwas bedrückt oder dein herz schwerer und schwerer wird, dann weißt du, wo du mich finden kannst. Du bist jederzeit willkommen, Julia. Immer."


    Dann war es einen Moment lang still. Maximian brachte kein weiteres Wort mehr heraus, während Julia sich an ihn drückte. Es gab so vieles zu sagen, wohl wahr, aber nichts davon konnte sich am Kloß vorbeizwängen, der sich in seinem Hals gebildet hatte. Und dann hörte er Julias zarte Stimme. Die Worte, die sie sagte, konnte er erst einmal nicht richtig verstehen, obwohl sie an sein Ohr drangen. Vielmehr vernahm er, dass sie leicht erstickt wirkte. Weinte sie etwa? Und dann, erst nachdem er sich diese Frage mit ja beantwortet hatte, weil sich auf seiner Brust etwas sehr warm anfühlte, verstand er, was Julia ihm da gerade gesagt hatte. Kaum merklich fing er an über ihre Haare zu streichen und sie leicht zu wippen, während er mit den Lippen leise und beruhigende Zischgeräusche machte. Die Dunkelheit verschwamm plötzlich und er musste heftig blinzeln, denn auch ihm waren Tränen in die Augen geschossen.
    Eine einsame Träne floss ihm über die Wange und fiel auf Julias Kopf, alle anderen Tränen konnte er niederkämpfen.


    "Ich liebe dich auch."


    Seine Worte waren mit ganz leicht zittriger Stimme gesprochen, doch das störte ihn nicht. Er drückte Julia nur weiterhin an sich, weil es das einzige war, dass er sich für diesen Moment wünschen konnte. Julia nahe sein, mehr wollte er nicht.


    Zwei Menschen unter dem Nachthimmel, der allmählich in den Besitz des Mondes überging. Zwei Lebewesen, klein und unbedeutend vor der Endlosigkeit der Dunkelheit und der Weite von Raum und Zeit. Und doch lebten Julia und Maximian in diesen Sekunden in ihrer eigenen Welt. Sie hatten es geschafft der Endlosigkeit zu strotzen, sich ein Stück der Ewigkeit zu sichern, in ihren Herzen und in ihren Seelen. Welcher Tanz konnte schöner sein, wenn nicht dieser, den sie nun mit ihren Tränen ausführten, während sie vom Wind umschmeichelt und von den hellen Strahlen des Mondes bedeckt wurden?

    Während Julia seinen Kuss erwiderte, hatte Maximian seine Hand auf ihre Taille gelegt. Der Kuss war so schön, dass er eigentlich gedacht hatte, sie nicht wieder loslassen zu können, doch auf einmal saß sie vor ihm, in die Decke der Dunkelheit gehüllt. Er sah nur ihre Augen, die ein seltsamer Schimmer umgab und bemerkte jetzt erst, dass er ihre Hand festgehalten hatte, als sie sie wegziehen wollte. Sein Daumen fuhr über Julias zarten Handrücken und gedankenverloren betrachtete Maximian die Decke unter ihnen.
    Er hatte einen Unterton in Julias Worten gesucht und auch gefunden. Schließlich, als sie abbrach, hatte er die Bestätigung erhalten, dass es ihr ebenfalls schwer fiel. Er seufzte leise und blickte Julia niedergeschlagen an.


    "Noch ist es ja nicht so weit."


    Ein kläglicher Versuch Julia zu trösten. Ein noch kläglicherer für ihn. Aber sie hatte Recht, so weh es auch tat. Wie und wann und wo würden sie sich wiedersehen? Fragen über Fragen, die ihn mehr und mehr betrübten.
    Seine Mutter fiel ihm ein. Zum Abschied, als er allein nach Tarraco auszog am Tage nach seinem letzten Geburtstag, muss es für sie ähnlich schwer gewesen sein, wie jetzt für Iulia und Maximian. Er hatte die Trauer über den "Verlust" ihres Sohnes in den Augen lesen können, aber sie war stark gewesen und ihm versprochen, dass sie sich wiedersehen würden. Und außerdem, hatte sie gesagt, würde er sie immerzu in ihrem Herzen tragen, sich an sie erinnern können und dann sei es, als wäre sie wieder bei ihm. Oder er bei ihr.
    Und doch vermisste er seine Mutter und wusste, dass es mit Iulia nicht anders wäre und bestimmt noch schlimmer. Dennoch aber fasste er den Entschluss stark zu sein, damit Iulia vielleicht von seiner Stärke profitieren konnte und konnte sich sogar dazu überwinden, ein Lächeln zu zeigen. Dann fiel sein Blick auf das Essen, das nahezu unangerührt geblieben war. Er lachte leise auf.


    "Nun haben wir gar nichts zu uns genommen. Hm. Hast du noch Appetit? Ich habe... keinen mehr."


    Abermals musste er ein Seufzen unterdrücken und hatte wohl das Leiserwerden am Ende seiner Worte ebenfalls nicht mehr aufhalten können.
    Es war auch schwer, sehr schwer sich von einem Abend der Liebe zu trennen, wenn man wusste, er würde wahrscheinlich nicht mehr so schnell wiederholt werden können.
    Den geknickten Kopf wieder anhebend, rappelte Maximian sich schließlich auf, wobei er Julias Hand nicht losließ. Er griff sogar noch nach der zweiten und zog sie dann auf, legte je eine ihrer Hände an seine Schlüsselbeine und legte seine Hände an ihre Hüften. Ihre Köpfe waren sich ganz nahe und er konnte das Wasser in Julias Augen erkennen. Auch lächelte sie nicht mehr, genau wie er.
    Wie schön sie doch aussah... Abermals seufzte er.


    "Sei nicht bedrückt, schöne Julia. Ich weiß genau, dass wir uns wiedersehen werden. Denn wenn nicht, wird mein Herz daran zugrunde gehen. Ich..."


    Maximian brach kurz ab, senkte seinen Blick und suchte nach Worten. Worte, die das beschreiben konnten, was in seinem Kopf alles vor sich ging.
    Immer nur hörte er: Ich liebe dich.


    "Ich bin noch einen oder zwei Tage in Rom. Besuche mich. Wir könnten gemeinsam Souveniers kaufen und gemeinsam Rom verlassen. Erst dann müssen sich unsere Wege auf längere Zeit scheiden und erst dann wäre die Zeit für den Abschied gekommen. So können wir uns noch einmal sehen und müssen deshalb jetzt nicht betrübt sein."


    Er hatte sich ein optimistisches Lächeln aufs Gesicht geredet und fuhr seiner Liebe mit gespreizten Fingern durch die Haare. Doch sein Inneres konnte nicht lächeln. Zwanghaft erhielt er das Lächeln auf sich, hatte kurzzeitig wohl einen leicht verweifelten Ausdruck angenommen.

    Sim-Off:

    Macht nichts. :) Ich schreib in 3 Wochen Abi und werde deshalb auch weniger online sein können bis dahin. Nur so zur Vorwarnung.


    Helios und sein Wagen hatten ihre Fahrt vollendet; Luna würde ihre schon bald beginnen. Der Himmel färbte sich langsam in ihren Farben und die Luft kühlte herunter, während Zirpen und Vogelstimmen langsam verebbten, wie der Tag es ihnen vormachte.


    Maximian hatte das Schauspiel des Lebens beobachtet, während er Julias Arm unter seiner Hand gestreichelt und seine Lippen auf ihr Haar gedrückt hatte. Nachdenklich hatte er in die Kronen der Bäume gesehen, genießerisch hatte er die Augen verschlossen und sich auf seinen Tastsinn konzentriert oder auf seine Nase. Geräusche drangen von fern an sein Ohr, ein Rauschen, der Gesang eines Vogels, das lahmende Zirpen einer Grille. Julias Wärme, Julias rhytmische Atmung, Julias Gegenwart.


    Er hatte nichts erwidert. Zu perfekt war der Moment, um ihn noch mit Worten zu beflecken. Er wollte nur noch ein paar Minuten lang stillstehen, während alles andere weiterlief, verlief, ablief.


    Irgendwann, nach Minuten oder Jahrhunderten, formten seine Lippen auf ihren Haaren einen Kuss. So gerne er sich dagegen sträuben würde, würde man ihn vermissen. Maximian kannte seine Verwandten und die Art, wie sie ihn hüteten und konnte sich daher ziemlich genau vorstellen, wie man reagieren würde, wenn er nicht ungefähr zum besprochenen Zeitpunkt erscheinen würde. Und Julia musste schließlich ja auch irgendwann einmal wieder zurückkehren; wohin auch immer, Maximian hatte nicht verstanden, wo genau sie momentan lebte. Sicher war, dass man auch sie vermisste oder bald vermissen würde.


    Nicht zuletzt Maximian würde sie schon bald vermissen. Zu bald. Den Impuls unterdrückend, der ihn danach gedrängt hatte allmählich vom Boden loszukommen und ein Stückchen weiter zu reiten, legte er sich nun auf die Seite, um Julia anzusehen, die ihren Kopf auf seinem Oberarm gebettet hatte.
    Die eine Hand stützte den Kopf, während die andere wieder Julias Gesichtskonturen entlangfuhr: Die Wangen, die Nase, die Lippen. Verfolgt wurde sein Finger nur von seinen Augen, die versuchten jede Einzelheit in sich aufzunehmen, verträumt und doch aufmerksam und voller Wärme.


    "Es ist schon so spät und der Weg noch so weit...", brummte er, jedoch in Flüsterlautstärke, als hätte er nur im Traum gesprochen oder wolle diesen nicht zerstören. Kaum später war sein Gesicht ihrem plötzlich ganz nahe, sodass er nur noch seine Augen und ihre mit seinen Lippen verschließen musste.

    Sim-Off:

    Kommt nicht mehr vor. ^^ Jeder andere wäre jetzt von seiner Freundin/Frau verlassen worden. :D


    Die Worte der alten Dame stimmten Maximian nachdenklich. Fühlte er sich, als wäre er schon einmal wiedergeboren worden? Hm, nein, er fühlte sich jung und konnte sich an kein Vorleben erinnern - was ja nichts heißen musste.


    "Mir erzählte mal ein Greis in unserem Dorf, kurz nachdem seine Frau verstorben war und kurz bevor er selbst verstarb, seine Theorie über unsere Seelen und weshalb sie sich manchmal schon länger zu kennen scheinen. Hmmm... Er meinte, dass Seelen geboren werden in einer rein weißen Atmosphäre. Sie sind diesen Moment lang vollkommen und von Glück und Liebe erfüllt. Doch sie fallen sogleich herab und landen dort, wo ein Kind gerade geboren wird. Aber nahezu immer stellt sich heraus, dass eine neugeborene Seele für ein neugeborenes Menschenkind zu groß ist. Und während anderswo, vielleicht nebenan oder in einem weit entfernten Land, ein weiteres Kind geboren wird, werden die neugeborenen Seelen zerrissen und kehren in das ihnen anvertraute Neugeborene ein. Sie weinen das erste Mal, so wie ein Menschenkind nach der Niederkunft das erste Mal weint. Von da an sind die Seelen nur noch ein Halbes und verlieren verdoppelt schnell an Vollkommenheit, Glück und Liebe. Ihr Wunsch, den anderen Teil ihrer selbst zu finden, wächst jedoch von Tag zu Tag und irgendwann, wenn der Mensch schon längst laufen gelernt hat, da ist der Wunsch nach der Einheit der Seele so stark, dass er... manchmal bewirkt, dass zwei Menschen zueinanderfinden und es ist, als würden sie sich seit Ewigkeiten kennen. Vollkommenheit, Glück und Liebe kehren allmählich zurück, bis zu jenem bestimmten Tage, an dem sie durch nichts mehr getrennt sind und sich in ihrer rein weißen Atmosphäre wieder verbinden können."


    Maximians Herz pochte ruhig in seiner Brust, während seine Augen verträumt wegen einer so verzaubernden Idee in Julias Augen gründelten. Kannten sie sich aus einem vorigen Leben oder hatten ihre Seelen die Wiedervereinigung auf Erden geschafft - das spielte keine Rolle. Beide Ideen waren wundervoll und verliehen diesem Abend einen überwältigenden und übernatürlichen Glanz.


    Über Viola wollte er nicht weiter sprechen. Sie gehörte jetzt und hier nicht hin. Vielleicht hatte er sie geliebt, vielleicht nicht. Die Zeit um das herauszufinden hatte einfach nicht gereicht und sich darüber im Nachhinein den Kopf zu zerbrechen, war auch keine Lösung.
    Er würde schon eines Tages über sie hinweg sein. Es war nur... jetzt... war alles gerade 2 Wochen alt. Ein wenig mehr vielleicht, aber nicht weniger. Er redete sich ein, dass es normal war, so lange zu trauern. Würde man denn nicht so lange um seinen besten Freund trauern?


    Und dann erzählte die Frau, die in seinen Armen lag doch davon, dass sie einmal geglaubt hatte in seinen Vater verliebt gewesen zu sein. Maximian sah wirklich überrascht drein, sehr sogar. Es schien, als sei auch das, die Begegnung zwischen Meridius und Julia, Teil dieses einzigen großen Zufalls. Er musste schmunzeln, wobei ihm aber ein anderer Gedanke durch den Kopf zog:
    Hätte es nicht bedeuten können, dass... Julia nach einem Teil von Meridius suchte, das sie in ihm, Maximian, wiederfand? Oder andersherum? Es würde erklären, dass sie sich so schnell hingezogen zu Max gefühlt hatte. Das Vermissen einer alten Liebe, wieder aufkommende Gefühle, die verloren geglaubte Hoffnung. Der Gedanke schien kleine Widerhaken zu entwickeln, während Maximian ihn genauer betrachtete und ihn schließlich verdrängte. Nein, er glaubte nicht, dass Julia einen Meridius in Maximian suchte. Nach all dem, was sie ihm gesagt hatte, erschien es ihm äußerst töricht, soetwas auch nur zu denken.


    "Seltsam ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck."


    Ein Schmunzeln schlich sich zurück auf Max' Gesicht, als Julia sich näher an ihn drückte. Nein, das hier war echt. Seine Gefühle waren eindeutig und er glaubte auch, dass Julias das waren. Alles andere hätte nicht zu ihr gepasst.


    "Ich frage mich, was er sagen würde, wenn er uns so sehen könnte..."


    Gute Frage. Berechtigte Frage. Maximian kannte seinen Vater nicht. Würde er es ihm übel nehmen, dass er ihm Julia sozusagen weggenommen hatte? Maximian wusste nicht, ob Meridius eifersüchtig war oder ob ihm überhaupt noch etwas an Julia lag und wie er seinem Sohn gegenüberstehen würde, wenn er Julia liebte, obwohl er sie noch liebte.


    Mit einer Hand strich er Julia über den Arm, dann kippte er seinen Kopf leicht zu Seite. Sein Kinn legte sich an ihren Kopf, seine Lippen auf ihre dunklen Haare. So konnte er die Sonne sehen, die inzwischen beinahe gänzlich verschwunden war.
    Und mit der Erkenntnis, dass es schon spät war, dass die Sonne ihren alltäglichen Spaziergang über den Himmel beendet hatte, kam auch die zurück, dass sie nicht mehr lange hier herumliegen konnten. Hungaricus wartete sicher auf Maximians Rückkehr, der Schwarze war sich selbst überlassen... und der Weg war noch weit.
    Ein Seufzen entrang sich Maximian, während er daran dachte.


    Und wie würde es dann weitergehen?

    "Du glaubst an ein Leben vor diesem?"


    Maximian hatte sich über soetwas noch nicht viele Gedanken gemacht. Er verehrte nur die Ahnen, wie es jeder Römer tun sollte.


    Sein Gesichtsausdruck war milde, als er Julias warme Hand auf seiner Wange spürte. Gar schien es, als würde er sich noch ein bisschen mehr an diese Berührung lehnen wollen, denn sie spendete unendliche Wärme. Von ihr ging dieses angenehme Kribbeln aus, das durch den Körper strömte, immerzu, seitdem er mit Julia auf ihr Pferd gestiegen war.


    Und dann die Frage, ob er schon einmal jemanden geliebt hatte. Er blinzelte, nahm das Gefühl von Julias Hand auf seiner ganz bewusst wahr und sah Viola vor seinem inneren Auge. Sie war eine besondere junge Frau gewesen, die ihn zum Lachen bringen und ein Stückchen Heimat herzaubern konnte, als er damals in Tarraco angekommen war. Sie war etwas besonderes für ihn gewesen, aber geliebt? Nein, wenn man von den starken Gefühlen, die er für Julia nun spürte, ausging, dann nicht. Und davor? Es hatte ein paar Schwärmereien in seinem Heimatdorf gegeben, aber auch hierbei keine solch gewichtigen Gefühle und Gedanken. Aber Viola ging ihm nicht aus dem Kopf.
    Als er den Blick wieder auf Julia richtete, stand in seinen Augen Aufrichtigkeit und ein kaum wahrnehmbarer Funken Trauer.


    "Ich erzählte dir doch von... dem Tod einer mir nahestehenden Person. Sie... Sie hieß Viola. Wir lernten uns kennen an dem Tag, als ich allein nach Tarraco kam, um meinen Vater zu suchen. Und sie half mir, in der neuen Welt zurechtzufinden. Ich dachte, ich liebte sie."


    Maximian musste eine Pause machen. Er schluckte leicht, dann strich er Julia erneut einmal über die Wange. Kaum, dass die Hand ihre Liebkosung vollendet hatte, blieb sie stehen und gleichzeitig trat wieder ein Schmunzeln auf sein Gesicht, während er leise seufzte.


    "Aber heute habe ich erkannt, dass ich sie nicht geliebt haben kann, weil ich nicht solch überwältigende Gefühle hatte. Nein, vor dir... habe ich so... noch keine geliebt."


    Sim-Off:

    Herrje! *löl* Tut mir leid. ^^

    Romantischer konnte so ein Tag wohl kaum enden. Die Sonne schob sich hinter den Horizont, der sich abendlich verfärbt hatte und zwei junge Liebende lagen auf einer Wiese, wie eine junge, zerbrechliche Knospe einer strahlenden Blume, die am nächsten Tage erblühen würde.


    "von dir, auf den ich mein ganzes Leben lang gewartet hatte."


    Julias Worte klangen noch mehrmals in Maximians Ohren nach. Hatte sie das wirklich gesagt? Oder hatte er sich nur eingebildet, dass sich ihr Mund geöffnet und diese Worte geformt hatte, die er beinahe schon gehofft hatte zu hören? So intensiv wie er ihr Gesicht mit seinen Blicken förmlich auseinandernahm und wieder zusammenfügte, hätte das durchaus möglich sein können.
    Aber es war wirklich. Julia redete noch weiter, während er die letzten Gedanken vollendete. Er musste ob der Worte schlucken.


    "Gleiches ist mir gerade durch den Kopf gegangen. Wir kennen uns gerade ein paar Stunden lang und doch... ist es, als hätten wir nicht den ersten Nachmittag miteinander verbracht."


    Maximian schmunzelte, als er die letzten Stunden noch einmal Resumé passieren ließ. Dann winkelte er seinen Kopf ein bissl weiter an. An diesem Abend ging für ihn die Liebe auf, ein völlig neues Gefühl. War es das, was Julia meinte?


    "Du hast solch eine Liebe noch nicht gespürt, hm?"


    Zum ersten Male hatte Maximian nun gegenüber Julia das Wort Liebe genannt. Als er es aussprach, blinzelte er kur vorher. Es war ein Wort voll so vieler Bedeutung - das sollte man nicht leichtfertig gebrauchen. Aber er musste nicht lange abwägen. Es war nicht einmal eine Entscheidung, die er fällen musste.


    Er liebte sie. So komisch es klingen mochte, obwohl er Julia heute das erste Mal begegnet war, er liebte sie. Ein Kribbeln im Bauch, ein Stechen und Flattern im Herz zugleich.

    Maximian schmunzelte, während Julia aussprach, was auch er fühlte. Dass es an ihrer Seite in dieser Welt, die sie gerade erschlossen, nur gemeinsam so schön sein konnte und nur mit ihr. Maximian hatte sich mit dem weiblichen geschlecht schon länger beschäftigt, aber noch nie hatte er vergleichbares gefühlt. Es stimmte also, dass irgendwann eine Frau kommen würde, die alles verändern würde. Nun ja, das hatten ihm seine jüngeren Schwestern immer erzählt, wenn er sie wieder einmal aufgezogen hatte. Und in diesem Falle war es immer ein Mann in schimminder Rüstung gewesen, der kommen sollte.
    Da war es doch nicht so abwegig, dass eine Frau mit schimmernden Haaren für einen Mann genauso erscheinen konnte.


    Aber er sagte nichts darauf, dachte sich seinen Teil. In seinem Hinterkopf hatte sich festgesetzt, dass er in Tarraco lebte und sich gerade "in" Rom verliebte. Sie würden sich trennen müssen, sobald er heimkehrte.
    Er senkte daher nur kurz den Kopf, wobei das glückselige Lächeln kurz verschwand. Aber er wollte den Gedanken nicht weiterführen, nicht jetzt.


    Dann aber nannte Julia ihn eine Überraschung, die alles über den Haufen wirft. Grinsend hob er den Kopf, sah die neben sich liegende Frau schelmisch an.


    "Im Grunde genommen hast du mich über den Haufen geworfen."


    Dann sah er seiner Hand zu, wie sie über Julias Wange strich. Sie berührte ein paar Haare, ließ diese zwischen den Fingern hindurchrutschen.


    Er war wirklich wie verzaubert von Julias Schönheit. Er wollte sie berühren, ihre warme Haut, ihre weichen Haare und doch ging sein Verlangen in diesem Moment nicht über das Halten, Streicheln und Küssen hinaus - dabei war er von Kopf bis Fuß nur auf Julia eingestellt. Dass das überhaupt möglich war, dass Mann und Frau nicht nur körperliches Verlangen erleben konnten, hatte er nicht gewusst.


    Eine Strähne von Julias Haaren hatte sich um seine Finger gewickelt. Er strich über sie, spürte ihre Weiche. Dann sah er wieder ihr goldenes Haar, ihre dunklen Augen und die sinnlichen Lippen.


    "Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du wunderschön bist? Als ich vorhin eine Frau im Grase sitzend sah, war das das erste, das ich dachte."


    Einen Moment sah er sie ernst an, dann trat der Schelm zurück in seine Augen. Er verschob den Unterkiefer ein bisschen. Mit einem Finger fuhr er ihren Wangenknochen ab hinunter zum Kinn und dort in die kleine Grube direkt unter den Lippen.


    "Der zweite war, dass ich mein Pferd irgendwie loswerden muss, damit ich diese Frau besser kennenlernen kann."


    Er konnte das verräterische Grinsen nur sehr schwer zurückhalten. Natürlich war das mit dem Pferd erfunden, auch wenn er dem Holzkopf inzwischen sehr dankbar war, dass er seine Chance genutzt und Maximian und Julie somit viel Zeit gegeben hatte. Max rechnete sogar damit, dass das Pferd mit seiner Flucht genau das beabsichtigt hatte; man sprach doch davon, dass alle sämtlichen Tiere ein Gespür für Gefühle und desweiteren hatten.

    Die Sonne, ein blutroter Ball aus Feuer, hatte sich auf den Horizont gelegt. Sie küsste ihn, er küsste sie einige Augenblicke lang, ehe er sie zu sich zog. Glühend folgts sie ihm, zog dabei am anderen Himmels das dunkle Band der Nacht mit sich hoch. Doch noch war es warm, noch war es hell und noch schimmerte alles, dass sich von den Strahlen der Sonne umschmeicheln ließ.
    So auch Julias dunkle Haare, die in eben diesen goldigen Schimmer gekleidet waren und wirkten, als würden sie aus einem dünnen Film von Gold benetzt. Ihr Lippen ähnelten der untergehenden Sonne - in ihrer Farbe, in ihrer Wärme. Ob die Sonne wohl auch so weich war, wie Julias Lippen? In Julias Augen schien sich schon der Sternenhimmel wiederzuspiegeln, so funkelnd lebendig wirkten sie. Ihr Lächeln war die wie die Luft, die alles umspielte: Sanft, liebevoll, warm.
    Maximian hätte sich in diesem Moment für immer verlieren, sich mit jeder Faser seines Körpers in dieses Bild einfügen wollen, nie wieder die Augen schließen müssen, ohne die Gewissheit, dass Julia noch da sein würde, wenn er sie wieder öffnete. Die Realtität lag wie ein ferner Haven im Nebel des abkühlendes Meeres verborgen, schemenhaft, ungenau. Unwirklich und vor allem fern.


    Maximian war ruhig und doch aufgeregt. Es fühlte sich an wie ein Traum, sah aus wie ein Regenbogen am blauen Weltendach. Nie zuvor hatte er die Welt so gesehen, wie er sie jetzt sah. Mit ihrem Gold, ihrem zarten Rot, dem blassen und doch kräftigem Blau.


    Seine Züge waren immer noch von einem verträumten Lächeln umspielt, während seine Augen nicht vom erfüllenden Spiel mit Julias Augen lassen konnten. Er wusste, was sie meinte. Für ihn war das Küssen nichts Neues, doch noch nie hatte die Welt um ihn herum stillgestanden, wie sie es jetzt tat. Er schluckte, blinzelte dann ein bissl mehr lächelnd.


    "Das ist es... seltsam. Und doch ist es so leicht, so einfach. Es bedarf nicht einmal Worte. Nur Blicke, Berührungen, Mut."


    Er machte eine kurze Pause. Ihm ging so vieles durch den Kopf, aber alles erschien eine liebliche Melodie zu ergeben. Es war ein Gefühlschaos, ein Chaos von Realität und einer anderen, schöneren Sphäre, und doch war die Sicht nie klarer gewesen. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen und doch reihten sich Wörter von allein in eine Kette, ergaben einen Sinn. Es wirkte, als würde man nach einer langen Reise heimkehren.


    "Ganz so, als würde die Seele nach Hause kommen. Ein schmeichelnder Gedanke, nicht wahr? Ja, ein Gedanke, ein Gefühl. Nichts, das annähernd etwas irdischem gleichen könnte."


    Ein Seufzen entrang sich Maximians Seele - ja, sie atmete auf, hatte er das Gefühl. Tief in ihm drinnen spürte er, dass es richtig war. Nichts konnte schiefgehen, nicht jetzt, nicht später. Nicht, wenn Julia bei ihm war.
    Und das nach so wenigen Stunden nur... Wie würde die Ewigkeit sich dann anfühlen?
    Wieder senkte Max den Kopf, um den Händen zuzusehen, die nicht mehr voneinander lassen konnten. Lautlos lachte er einmal, wie er sie so betrachtete - heute morgen waren sie noch Fremde, am Abend waren sie Verliebte - überwältigt von der Kraft, die ihre Blüten gerade aufgehen ließ.

    Nachdem Maximian seine eigentlich doch ziemlich harmlose Frage gestellt hatte, konnte er beobachten, wie Julia in Verlegenheit geriet. Ein weiteres Mal, seinetwegen. Er musste schon zugeben, dass ihm das ordentlich schmeichelte und es ihm zuletzt nicht weniger gefiel, wie sie ihren Blick senkte ihm gegenüber. Er hatte jedoch mit einer Antwort gerechnet - eine in Worte gefasste Antwort auf seine harmlose Frage. Nie hätte er gedacht, dass...


    Julia krabbelte auf ihn zu. Seine Augen hatten sich wieder fest mit den ihren verankert und doch konnte er ihren Gesichtsausdruck erkennen. Wollte sie ihn nun fressen? Maximian musste schmunzeln, als ihm dieser Gedanken kam, obwohl er natürlich hoffte, das etwas anderes kommen würde. Und es kam etwas anderes.


    Direkt vor ihm hielt Julia an. Noch einen Moment lang sah sie ihn liebevoll an, mit ihren leicht geröteten Wangen und den dunklen Augen, in denen sich Entschlossenheit und noch etwas anderes - Zuneigung, gar die ersten Anzeichen einer frisch entfachten Liebe? - wiederspiegelte, dann schloss sie die Augen... und als nächstes berührten ihre warmen Lippe seine Wange. Es war nur ein kurzer Moment, vielleicht ein paar Sekunden lang, doch für Maximian war er lang. Sehr lang. Es war die Antwort, die er gesucht hatte. Nun war er sicher, dass Julia ähnliches fühlte wie er, dass er sie mit seinen Gefühlen nicht mehr würde bedrängen können. Gefühle, die gerade einmal ein paar Stunden alt waren; so warm wie der Atem, den er auf seiner Haut spürte. Eine neue Liebe ward geboren.


    Als sie sich zurücklehnte und ihn mit funkelnden Sternen in den Augen ansah, wurde sein Kopf ein Stückchen mit ihr gezogen. Nur ein kleines Stück, aber ausreichend, damit sie nicht sehr weit voneinander entfernt waren. Eine dunkle Haarsträhne hatte sich in Julias Gesicht verirrt, die er mit einer Hand nun langsam zur Seite strich. Dabei berührte er ihre Wangen, die warm und weich waren - endlich durfte er es. Seine Augen folgten seiner Bewegung und längst war es um ihn geschehen. Wie von allein beugte er sich ein Stückchen vor, verminderte den Abstand zwischen ihren Nasenspitzen und sah Julia mit einem kaum erkennbaren Schmunzeln an. Er schluckte, sein Herz polterte daher wie ein alter Karren auf einer sandigen Straße. Eine Hand fand zu Julias Kinn, wo sie sich in einer zärtlichen Berührung ablegte, dann trafen seine Lippen auf ihre.


    Dieser erste richtige Kuss schien eine Ewigkeit anzudauern, dabei löste Maximian sich schon bald wieder von Julias Lippen. Er wollte nichts überstürzen und doch wollte er ihr zeigen, dass er sie gerne berührte und sein Herzschlag Sprünge veranstaltete, wenn sie sich so nahe waren. Er wollte nicht riskieren, dass sie sich bedrängt fühlte und doch konnte er kaum gegen seine Gefühle ankämpfen, die ihn zu ihr zogen. Schließlich setzte er noch ein kleines Küsschen hinterher, dann lehnte er sich wieder zurück, wobei er seinen Blick senkte. Ihre Hand geriet so unter seine Augen und ein wenig zittrig legte er seine auf sie. Er betrachtete die zärtlichen Liebkosungen eine Weile, dann hob er wieder liebevoll schmunzelnd den Kopf.


    Damit war nun also vieles gesagt, obwohl keiner ein Wort verloren hatte. Sie verstanden sich ohne diese Art von Sprache, hatten ihre eigene, die Sprache der Blicke, der Berührungen, gerade erfunden. Und sie wurde nur vom Zwitschern der Vögel untermalt, gleich vom Rascheln der Blätter im Winde.
    Verrückt, wie die Liebe zuschlug...

    Maximian musste immer wieder leise kichern, während Julia die edle Dame vorgab und er sich versuchte wie einedler Herr zu benehmen. Es misslang ihm, einfach weil er viel zu vergnügt war und sein gespielter Ernst deshalb nicht sehr überzeugend war.
    Noch einmal spielte er seine Rolle, als er sich wie Julia ein bissl Käse nahm und ihn auf ein Stückchen Brot pappte.


    "Das ist wohl wahr. In Maximididadonien sind Deckchen und auch Ziegenkäse rar. Aber ich bin nicht abgeneigt von dieser Art des Speisens..."


    Dann biss Max herzhaft von seinem Stückchen Brot ab und kaute munter. Er zeigte sich beeindruckt von dem Geschmack, schmunzelte dann mit vollen Backen und mutierte wieder zu Maximian dem Bauern. Langsam kaute er herunter, als er auch schon Julias Blicke bemerkte. Waren diese Blicke jetzt nur wegen ihm, oder hatte er irgendwo neben dem Mund Käse kleben? Unauffällig prüfte der junge Decima das nach und erkannte, dass die Blicke Julias also wirklich nur ihm galten und nicht einem Fleck irgendwo im Gesicht oder so.


    Also hatten seine Gefühle ihn nicht getäuscht und Julia war ihm gegenüber nicht abgeneigt. Mit dieser Erkenntnis sank das Brot in seinen Händen langsam zur Decke herab.
    Auch Maximian hatte noch ein Schmunzeln auf dem Gesicht, während seine Blicke denen von Julia wieder begegneten. Die Situation war wohl schon hoffnungslos an ihre Herzen verloren, denn sonst hätten sie sich wohl doch noch eher mit dem Brot und dem Ziegenkäse beschäftigen können. Maximian jedenfalls fand das Essen nun nur noch zweitrangig.


    Sie hatten den Tanz mit ihren Augen wieder aufgenommen. Es war diese Kraft, die sie fesselte. Die Luft, die wirkte, als würde man sie zusammendrücken. Maximian hatte das so noch nie empfunden. Nicht bei Viola und nicht bei irgendeinem anderen Mädchen.


    Und sie lächelte immerzu, was Maximian ansteckte. Wenn sie lächelte, fühlte er sich sogar glücklich. Er senkte kurz den Kopf, um sich zu sammeln, dann sah er sie fragend an.


    "Was ist?

    Sim-Off:

    Nee, ist das entzückend! *seufzt schwärmerisch* :)


    Als Julia sich in seine Arme gleiten ließ, glich es der Bewegung eines Schmetterlings. Wieder hatten sich ihre Blicke fest miteinander verbunden, als würden sie von einer unsichtbaren Macht immer wieder zusammengeführt und nicht mehr losgelassen. Maximian lächelte leicht, konnte auch das nicht mehr unterlassen, seit geraumer Weile. Wieder so eine Kraft, die nicht zu sehen war, wohl aber sichtbar wurde. Dann war sie ihm ganz nahe, direkt vor sich. Er hielt sie noch eine ganze Weile, war auch nicht imstande sie loszulassen (wenn er es gekonnt hätte, wäre immer noch die Frage gewesen, ob er es überhaupt gewollt hätte), doch schließlich löste sie sich von ihm und er ließ sie gehen.


    Anscheinend rannen auch ihr Fragen wie fließendes Wasser durch den Kopf. Und er konnte aus irgendeinem Grunde bestimmten, was für Fragen das waren, denn er stellte sie sich auch.
    Dann wandte sie ihren Kopf ab und Max senkte seinen mit einem vielleicht verlegenen, vielleicht zu verliebtem Lächeln? Es war schwer zu sagen, jedenfalls war er verwirrt, wie schnell sich die Dinge geändert hatten. Er kannte Julia ja kaum mehr als ein paar Stunden und doch schien es nun, als habe er sie schon immer gekannt.


    Immer noch schmunzelnd strich Maximian Julias Stute über den Hals. Sie schnaufte, aber schien sich nicht sonderlich verausgabt zu haben. Was für ein tolles Tier sie doch war. Julia konnte sie einfach so gehen lassen - sie würde auf Kommando zurückkommen.
    Da vernahm er, was Julia alles dabei hatte und beobachtete ihre Anstalten, besagte Speisen aus der Satteltasche hervorzukramen. Immer noch musste er schmunzeln und als ein Stück Leder ihr immer wieder den Weg in die Tasche versperrte, streckte er seinen Arm und hielt das Stücl Leder hoch. Kurz berührten sich ihre Hände und es war, als würde allein durch diese zufällige Berührung ein Blitz alles zum Stillstand bringen. Max lächelte sie an, dann räusperte er sich und Julia fing sogleich damit an, umständlich aus der Tasche hervorzukramen, was sie brauchte.


    Kaum war sie fertig, trottete Skadi ein paar Schritte und begann sich am Gras zu nähren, das auch hier saftig herumstand. Als er sich wieder Julia zuwenden wollte, hatte sie bereits ein Deckchen ausgebreitet und sah ihn kess an. Hmmm... Dieses Bild wäre ein Gemälde wert gewesen. Sie hatte ein wunderschönes Gesicht. Ebene Züge, dunkle Augen und leicht gerötete Wangen.
    Unweigerlich streckte der junge Decimus sich, nahm Haltung ein und machte schließlich ein zufriedenes Weltherrengesicht, mit dem er an das Deckchen trat, sich aber doch erst Julia zuwandte.


    "Ich willige ein. Aber gestatte mir, dass ich der Dame den Vortritt gebe, so wie es bei uns im fernen Maximidonien Sitte ist."


    Auch Maximian grinste nun schelmisch, versuchte aber doch wieder ernster dreinzuschauen und hielt der Dame eine Hand hin, um ihr das Hinsetzen zu erleichtern. Als Julia sich so gesetzt hatte, ging er halb um die Decke herum und setzte sich dazu. Dann besah er sich die Speisen und nickte.


    "Man berichtete mir bereits, deine Speisen seien die besten. Was sagtest du? Ziegenkäse? Mhh, welch eine Spezialität. Daheim in Maximadonien bekommen wir soetwas nur äußerst selten auf den Tisch... ähm, auf das Deckchen."


    Nun kicherte Maximian leise und senkte dabei den Kopf ein bisschen. Er hatte sich schon lange nicht mehr so amüsiert. Kein Rom hatte ihm so viel Spaß bereitet, wie diese wenigen Stunden mit Julia. Und natürlich hatte es auch zu keiner Zeit solche Gefühle geweckt... Er wünschte sich, die Zeit würde nie enden. Nie.

    Er hatte nicht ganz mitbekommen, dass Julia ihre Stute hatte langsamer werden lassen. Seine Augen hatten zwar gesehen und seine Waden auch gemerkt, dass sie sich weniger und weniger fest an den Bauch der Stute drücken mussten, doch ehe das Pferd nicht richtig zum Stehen kam, war Maximian weitergallopiert.
    Und als es endlich stehenblieb, war es, als würde er aus einem Traum erwachen. Er blinzelte verdutzt und musste sich erst einmal wieder orientieren. Da drehte sich auch schon Julia zu ihm herum und fragte ihn, ob man nicht pausieren sollte.


    Maximian nickte nur. Er sah wahrscheinlich ziemlich verträumt aus und machte, obwohl er ihr zugestimmt hatte, keine Anstalten sich vom Rücken des Pferdes zu bewegen. Ihre Augen hatten sich miteinander verhakt, er kam einfach nicht los. Erst, als er wieder blinzeln musste, wurde ihm die Situation klar. Er setzte ein Grinsen auf und zog seine Hände zu sich, wobei er aber über ihre Hüften strich und den Blick nicht von ihren Augen nahm. Dann blieben die Hände noch dort ruhen, ein oder zwei Augenblicke lang, ehe er sich gänzlich losreißen konnte.


    Julia musste ja von ihm denken, dachte er und schwang behände ein Bein herüber, sodass er zur Seite des Pferdes herunterrutschen konnte. Dabei hatte er doch das Geühl gehabt, dass auch sie ihren eher schweigsamen Ritt genossen hatte. Vielleicht dachte sie also gar nicht mal das, was Maximian eventuell gedacht haben könnte. Vielleicht dachte sie ja anders. So wie er.


    Am Boden angelangt zupfte er sich seine Tunika zurecht und sah dann hinauf zu Julia, die immer noch auf dem Pferd saß. Er bekam gar nicht mit, dass er sich sehr nah an den Bauch des Pferdes stellte und Julia signalisierte, sie könne sich runterlassen - er würde sie auffangen. Maximian funktionierte einfach, ohne groß nachzudenken.


    "Du hast etwas Essbares dabei? Oh, das würde jetzt wirklich nicht schaden. Meinen Proviant hat der Holzkopf bei sich. Dabei bezweifle ich, dass ihm Ziegenkäse und Oliven schmecken werden."


    Während Max immer noch wartete, dass Julia seine Absteighilfe annahm, setzte er zum Abschluss seiner Worte ein schräges Grinsen auf. Komisch, den Schwarzen hatte er völlig vergessen gehabt. Und auch das Ziel des Weges war niederen Ranges...

    Auch Max gefiel es - natürlich. Auf seinem Gesicht hatte sich ein Dauerschmunzeln festgekrallt, während seine Hände auf Julias Bauch und sein Kinn beinahe auf ihrer Schulter ruhten. Der Wind war angenehm lau und mit ihm wehte er ihren Duft immerwährend in sein Gesicht. Und Skadi gallopierte ruhig und rhytmisch, ganz als würde sie gar keine Last auf ihrem Rücken tragen.
    Maximian fühlte sich geradezu betäubt davon, ganz so, als würden sie abgehoben sein und irgendwie zwischen den Wolken daherreiten. Er brauchte sich auch gar nicht groß festhalten - die Waden taten den größten Teil der Arbeit. So ruhten seine Hände ganz entspannt auf Julias Bauch, auf dem der Stoff bei jedem Sprung des Pferdes hin- und wieder zurückrutschte. Maximians Hände damit auch. Zufall oder Absicht?


    "Das ist es."


    'Und es könnte nicht schöner sein, mit jemand anderem hier als dir', dachte Max sich und musste wieder einmal schmunzeln. Wie schnell die Dinge doch kommen konnten, und wie schnell man einen Menschen fand, der einem sehr schnell viel bedeuten konnte.


    Irgendwie wollte und konnte er dann auch nichts mehr weiter sagen. Es ärgerte ihn einen Moment, aber ihm fiel auch gar nichts ein. Er wollte einfach nur weiterreiten und sich Julia nahe fühlen.
    Was natürlich auch daran hätte liegen können, dass Max sich doch ziemlich festhalten musste oder weil die Zuluft so sehr an ihm zerrte, dass er sich zu sehr konzentrieren musste. Alles dumme Ausreden, die Julia nun wirklich nicht glauben würde.