Beiträge von Iulia Venusia

    Ad
    Manius Claudius Maecenas
    Villa rustca Claudiana
    Eleusis, Achaea


    Liebster Mani,


    du fragst dich sicher, ob dein liebes Schwesterlein wohlbehalten in Rom angekommen ist. Ich kann dich beruhigen, sie ist es!


    ALLERDINGS muss ich mal ein ernstes Wörtchen mit dir reden! Wie konntest du mir nur diesen schrecklichen Menschen auf den Hals hetzen?! Maevius Tullinus raubt mir noch den letzten Nerv. Ständig nörgelt er an mir herum und einen Ehemann hat er auch noch nicht für mich gefunden!
    Stell dir vor, wir waren kürzlich auf dem Sklavenmarkt! Bei dieser Gelegenheit habe ich mich mit frischem Personal eigedeckt. Der Maevius musste unbedingt einen Paedagogus für mich aussuchen. Als ob ich gänzlich unbelesen wäre! Aber das war ja noch gar nicht das Schlimmste! Maevis Tullinus hat diesen armen Kerl entmannen lassen. Dabei hat man ihm irgendetwas abgeschnitten. Ich weiß aber nicht, was. Auf jeden Fall muss es sehr schmerzhaft gewesen sein.


    Kannst du den Maevius nicht unter einem Vorwand zurück beordern? Schreib ihm einfach, seine Olivenhaine seien in Flammen aufgegangen oder seine Frau sei gestorben. Schreib ihm irgendwas! Nur damit er mich endlich zufrieden lässt! Damit hättest du wieder etwa gut bei mit, lieber Mani!


    Apropos etwas gut haben, wie geht´s denn Sempronia? Sie hat sich über meine Abreise sicher gefreut. Oder? Nun hat sie dich ja ganz für sich allein.
    Also ich weiß ja nicht, du bist doch so ein flotter Kerl und entscheidest dich für das unansehnlichste Mädchen der Stadt! Versprich mir, dass du sie zu Hause lässt, wenn du mich demnächst besuchen kommst! Ja?!


    Übrigens Brüderchen, unser Verwandter, der Senator Menecrates, ist ein ganz netter Mann. Ich durfte ihn gleich am Abend unserer Ankunft kennenlernen. Und stell dir vor, in einigen Tagen werde ich ihn auf eine Hochzeit in die Villa Flavia Felix begleiten. Eine gewisse Flavia Domitilla heiratet einen gewissen Tiberius Lepidus. Ich kenne die beiden zwar nicht, doch möchte ich dieses Ereignis als Gelegenheit nutzen, meine Fühler zur feinen Gesellschaft in Rom auszustrecken. Der Maevius meinte natürlich gleich, ich könne mich bei dieser Gelegenheit schon einmal damit vertraut machen, was mir bald bevor stünde. Aus seinem Mund klang das so, als wäre die Ehe etwas Schreckliches. Naja, wenn er den Bräutigam aussucht, dann vielleicht schon.


    Vielleicht treffe ich ja auf dieser Hochzeit auch deinen Freund Flavius Scato. Wie ich dich kenne, hast du ihm bestimmt gleich einen Brief geschrieben, dass ich nach Rom komme. Stimmt´s? Hoffentlich hast du ihm nicht geschrieben, dass ich ihn angeblich früher immer umschwärmt hätte. Das stimmt nämlich nicht!! Wenn er bei uns war, habt ihr mich nämlich immer geärgert. So, jetzt weißt du´s wieder!


    Ich werde dir bald wieder schreiben, um dich auf dem Laufenden zu halten! Bitte grüße Mutter ganz herzlich von mir! Ach ja und denke an den Brief für den Maevius!


    Mögen die Unsterblichen immer bei dir sein!


    Vale bene,
    Dein Pinchen


    Zitat

    Original von Lucius Celeripes
    Hallo!
    Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass ich seit mittlerweile über 7 RL-Jahren dauerhaft in der germanischen Provinz gemeldet bin und dass ich dazu auch beim Cursus Publicus von Germania Superior arbeite. Das kommt jetzt zwar reichlich spät, aber aufgrund dieser Tatsachen sollte doch bitte auch mein Wohnort künftig lieber Mogontiacum heißen.


    Ähnliches gilt für mich. Ich bin in Italia angestellt, auch wenn ich für die "restlichen Provinzen des Imperiums" zuständig bin. Und obwohl ich also mal hier und mal dort wohne, würde ich meinen (Haupt-)Wohnort doch gerne nach Rom verlegen. (Da freut sich dann auch mein dortiger Kollege und Liebhaber Postumius Rufus!)
    Dankeschön.

    Ach, diese palatinische Beamtenschaft (und gerade der Teil davon, der dort nur temporär als Schritt der senatorischen Laufbahn steckte) war schon teils echt witzig! Da gab es Situationen, in denen die ihre angeblich ach so wichtige Post an irgendwelche Statthalter am Cursus Publicus vorbei direkt den Praetorianern in die Hände drückten. Und auf der anderen Seite dann wurde der Cursus Publicus nun beauftragt einen Brief über die Imperiumsgrenzen hinaus zu befördern - dorthin, wo nicht in regelmäßigen Abständen Pferdewechselstationen standen; dorthin, wo man sich als einfacher Tabellarius nicht mehr ganz so sicher sein konnte, dass man auch wirklich lebend wieder vom Austragen der Post zurückkehrte; dorthin, wo der Cursus Publicus eigentlich absolut nicht zuständig war! Möchtegernsenatorische Flachzangen!


    Nach langer Reise mit dem Schiff ins cappadocische Trapezus wurde das diplomatische Schreiben aus Rom auf dem Landweg bis zum Legionsstandort Satala transportiert und dort einem peregrinen Tabellarius mit armenischem Migrationshintergrund (hier in der Provinz Cappadocia gab es einige davon) übergeben. Dieser führte anschließend (ja, bei all diesem Aufwand verging sehr viel mehr Zeit als sonst bei den Briefbeförderungen üblich) den Zustellungsauftrag aus und reiste über Carana und Atragira bis nach Artaxata, wo ein Beamter des armenischen Königs die Nachricht auch entgegennahm:


    Ad
    Rex
    Parthamaspates
    Artaxata - Armenia


    An den ehrenwerten König von römischen Gnaden, Parthamaspates


    Wir grüßen unseren treuen Verbündeten mit großer Achtung. Der Kaiser des römischen Reiches blickt mit großem Interesse auf die östliche Region seines Reiches und möchte dir versichern, dass er das freundschaftliche und kooperative Verhältnis zu Armenien wahren möchte. Zu diesem Zwecke würde er gern erfahren, wie es derzeit um dein Königreich bestellt ist. Vor allem sorgt man sich in Rom um die Sicherheit Armeniens vor den Parthern. Diesbezüglich würden wir uns über einen aktuellen Statusbereicht freuen. Wie steht es derzeit an der armenischen Grenze? Wie verhält sich das Partherreich? Gab es in der vergangenen Zeit Spannungen?


    Darüber hinaus ist uns vor allem auch deine eigene gesicherte Position als vertrauter Roms wichtig. Wie steht es derzeit um deinen Rückhalt auf dem Thron? Wie viel Einfluss haben ausländische Mächte innerhalb deines Reiches, hier natürlich im speziellen wieder das Partherreich? Sei dir in jedem Fall sicher, dass sich Rom deiner Sorgen annehmen wird, sollte es dergleichen geben. Einen getreuen Klienten wird Kaiser Cornelius Palma nicht im Stich lassen.


    Wir hoffen, dass eine zeitnahe Antwort erfolgt.



    Vale bene,


    Lucius Tiberius Lepidus
    ~~Quaestor Principis - Administratio Imperatoris~~




    Der Rückweg allerdings verlief weniger leicht: Weil der Fluss Araxes nach starken Niederschlägen in den Bergen über die Ufer getreten war, musste der Tabellarius einen kleinen Umweg über die armenische Stadt Caenepolis machen. Sein Reituntersatz, den zu wechseln hier im nichtrömischen Land der Armenier ja nicht so einfach war, überlebte daraufhin den weiteren Kraftakt nicht und brach einige Meilen vor Carana erschöpft zusammen. Er war auf der Stelle tot. Der restliche Weg des Postboten bis über die rettende Grenze war dann ebenfalls alles andere als ein Honigschlecken: Banditen lagerten hier und dort und raubten ihn nicht nur einmal aus, nachdem sich irgendwie herumsprach, dass er aus dem römischen Imperium kam und ohne seinen schnellen Reituntersatz eine leichte Beute abgab.... Doch letztlich kam der Tabellarius irgendwie mit seinem Leben davon. Klar war jedoch: In der cappadocischen Hauptstadt Caesarea würde der Praefectus Vehiculorum der Provinz noch einen bitterbösen Beschwerdebrief nach Rom schreiben. Dieser verantwortungslose Auftrag vom Palatin sollte noch ein Nachspiel haben!


    Consular
    Marcus Vinicius Hungaricus

    Sala Colonia
    Provincia Mauretania



    A. AGERIUS M VINICIO HUNGARICO S.D.


    Salve Senator, hiermit informiere ich Dich im Namen des Imperator Caesar Appius Cornelius Palma Augustus, dass Deine unrechtmäßige Verbannung durch den Usurpator Vescularius Salinator aufgehoben wurde. Damit erhältst Du sämtliche Rechte als Bürger und Consular zurück und bist zur Rückkehr nach Rom berechtigt.


    Im Auftrag der Kaiserlichen Kanzlei


    Aulus Agerius
    ~~Primicerius a libellis der Admistratio Imperatoris~~




    M. Vinicius Hungaricus
    Casa Vinicia
    Sala Colonia | Mauretania


    T. Duccius Vala patrono suo s.d.


    Mein Patron,


    verzeih, dass ich dir nicht schon früher geschrieben habe um dich an den Geschehnissen teilhaben zu lassen, die mich in den letzten Jahren durch das ganze Reich geführt haben.
    Da ich jedoch hoffe, dich bald wieder von Angesicht zu Angesicht sprechen zu können, und dass du von gewissen Entwicklungen im Reich weißt, lass mich kurzum zu meinem eigentlichen Anliegen kommen: Rom ist frei!
    Wir, sprich die Anhä haben bei Vicetia die Truppen des Vesculariers mit Mars' Hilfe geschlagen, sind nach Rom vorgerückt und vor zwei Tagen schließlich in die Stadt einmarschiert. Die Cohortes Urbanae, also das, was von ihnen noch in Rom stationiert war, haben ihre Waffen niedergelegt, die letzten verzweifelten Reste von bewaffneten Fanatikern sind weggefegt worden und der Vescularier steckt nun im Palatium wie ein eingepferchtes Tier. Es handelt sich nurnoch um eine Frage von kurzer Zeit, bis wir den Palast stürmen und das fette Ding vom Thron stürzen und den Cornelier auf den Platz heben, der ihm zusteht.


    Leider muss ich zu unserer Schande eingestehen, dass wir zu spät gekommen sind um deinen Bruder zu retten. Schon Wochen vor unserem Eintreffen hat der Bastard ihn hat hinrichten lassen, alles was wir tun konnten war die Villa und die Grabstätte deiner Familie während der Unruhen in Rom schützen zu lassen. Mein Mitgefühl ist dir sicher.


    Da sich das Regime des Vescularius dem Ende nähert, dürfte deine Verbannung damit ebenso hinfällig sein. Wann kehrst du zurück? Gerade in den Zeiten des Umbruchs sind Männer deines Formats nötig, um Rom die alte Stabilität zu verleihen. Bitte lass von dir hören, so dass wir deine Rückkehr gebührend vorbereiten können.


    An
    Decima Lucilla
    Casa Roscia
    Narbo Martius
    Gallia Narbonensis



    Liebe Tante Lucilla,


    bitte, reicht es Dir denn nicht, dass wir in Gestalt Deines Bruders bereits einen siegreichen Triumphator und überlebensgroßen Stier in der Familie haben? Auch wenn es nur scherzhaft gemeint war, ich muss Dir ehrlich sagen, dass ich in der Hinsicht mit wenig Humor gesegnet bin. Seitdem ich denken kann stehe ich im Schatten all dieser Giganten an deren Größe ich sowieso nie heranreichen kann. Ich tue doch schon mein bestes.


    Und was hat es mit den Haien, Abgeschlachteten und Lemuren auf sich? Du könntest Pythia werden, Tante. Ich verstehe jedenfalls kein Wort, aber ich weiß, dass mein Geliebter ein edler Mann ist, eine noble Seele, und ich erlaube es nicht dass Du solche nebulösen, gemeinen Dinge über ihn sagst! Ich leide unter der Trennung, die Du so begrüßt, und ich ersehne den Tag an dem ich ihn wiedersehe.
    Ausserdem möchte ich Dir hiermit mitteilen, dass ich nach reiflicher Überlegung beschlossen habe, mein Leben unverheiratet zu verbringen. Ich würde eine etwaige Ehefrau ja doch nur unglücklich machen. Bitte respektiere diesen Entschluss.


    Aber was Seiana angeht, müssen wir etwas unternehmen. Ich konnte diesen miesen Aelier ja von Anfang an nicht ausstehen und bin froh dass sie ihn los ist, aber nun braucht sie wirklich bald einen neuen Kandidaten. Ich denke dabei an meinen Kommandanten, den Legionspräfekten Octavius Dragonum, er ist Klient von Livianus, nett, vermögend, gutaussehend und ledig. Bist Du damit einverstanden, dass ich mit ihm diesbezüglich in Verhandlung trete? Der Statthalter Terentius Cyprianus wäre auch interessant, findest Du nicht? Oder weißt Du jemanden, der noch besser geeignet ist?


    Alexandria ist wirklich eine Traumstadt. Neulich bin ich endlich dazu gekommen, mal eine richtige Besichtigungstour zu unternehmen, ich war sogar oben auf dem Pharos, ein ganz furioses Erlebnis. Leider sind manche der Einheimischen, vor allem die niederen Schichten, sehr feindselig uns gegenüber eingestellt. Sie scheinen nicht zu begreifen, dass wir es sind, die Ordnung und Sicherheit in ihrer Stadt gewährleisten, und sie werden schnell renitent. Aber das ist nur eine lästige Nebensache in dieser Stadt der Wunder. Ich bin sicher, Du wärst hellauf begeistert. Vielleicht kannst Du es ja wirklich einmal einrichten, Cossus und mich zu besuchen.
    In nächster Zeit bin ich allerdings nicht in Nikopolis. Die Legion rückt aus, um die Handelswege im Süden zu sichern. Es gab dort einige grausame Überfälle, angeblich von monströsen kopflosen Wüstenbarbaren verübt. Ich bin gespannt ob sich dieses Gerücht bestätigt. Übrigens musst du Dich in keinster Weise sorgen, denn als Stabsoffizier stehe ich natürlich weit hinter der Schlachtreihe. Aber ich fürchte, auch wenn es uns gelingt diese Räuber in Grund und Boden zu stampfen – für einen Triumphzug wird das wohl nicht reichen.


    Vale bene!


    Dein
    Faustus




    Decima Lucilla, Casa Roscia, Narbo Martius
    Gallia Narbonensis



    Verehrte Domina,


    über Deinen Neffen kann ich Dir viel Gutes berichten. Jedoch auch manches, das weniger erfreulich ist.
    Er leistet seinen Dienst mit Eifer und Fleiß. Zur Zeit ermittelt er in dem noch immer ungeklärten Mord an der Prytanin Iunia Urgulania. Ausserdem kümmert er sich um die Patrouillen in Alexandria und mit um die Vorbereitung des Feldzuges. Die Legion wird nämlich bald nach Syene ausrücken, und dann in die Wüste. Sie soll dort wohl die Handelswege sichern.
    Einmal wurde die Patrouille, die Serapio gerade durch Alexandria führte, angegriffen. Da hat er sich wacker geschlagen. Wenn ich auf dem Markt in Alexandria die Lebensmittel einkaufe, was nicht oft vorkommt, denn in Nikopolis gibt es auch ganz ordentliche Geschäfte, und der Weg ist bei der Hitze doch etwas beschwerlich für meine alten Knochen, dann höre ich bisweilen, wie über ihn getratscht wird. Da fällt dann der Name "der Löwe von Alexandria".
    In seiner Freizeit widmet Serapio sich seinem Streitwagen, seinen Pferden, oder seiner Korrespondenz, und manchmal fährt er in die Stadt um dort seine kleine keltische Freundin zu treffen. Die beiden scheinen sich ehrlich zugetan und auch als Scriba ist das Mädchen ihr Gehalt wert.
    Serapio isst regelmässig was ich für ihn koche. Er befindet sich bei guter Gesundheit.
    Soweit, so gut.


    Jedoch, er hat es noch immer nicht gelernt mit Geld umzugehen. Anstatt auf meinen Rat zu hören, und seinen Sold zu sparen, um ihn später klug investieren zu können, gibt er ihn mit vollen Händen aus. So hat er erst vor kurzem zwei neue Sklaven erworben, der eine ein Paedagogus mit dem er zur Übung Griechisch spricht, und der durchaus eine Bereicherung für diese Hausgemeinschaft ist – der andere ein arbeitsscheuer junger Schönling, den Serapio beinahe jede Nacht mit in sein Cubiculum nimmt. Zudem hat er das Mosaik im Triclinium, welches Paris mit Juno, Minerva und Venus darstellte, unter dem Vorwand es wäre beschädigt (dabei war es noch sehr hübsch, nur an einer Ecke etwas angeschlagen) sehr kostspielig austauschen lassen. Nun sieht man dort Apollon und Hyazinthus.


    Darüber hinaus verheimlicht er mir etwas. Vor kurzem kam ein Brief, der ihn offensichtlich mit großer Euphorie erfüllte, er wollte mir aber auf meine freundliche Anteilnahe hin nichts über den Inhalt verraten, und später verschloß er ihn in einer schweren Truhe. Die hat er in seinem Cubiculum stehen, und den Schlüssel gibt er nicht aus der Hand.
    Aber ich bleibe dran, Domina, Du kannst auf mich zählen. Auf die Wüstenexkursion freilich kann ich ihn nicht begleiten, doch ich stehe auf gutem Fuß mit seinem Burschen. Der ist mit ein paar Leckereien leicht zu bestechen und wird mir nach der Rückkehr sicherlich alles berichten, so dass ich es getreulich an Dich weiterleiten kann.
    Den Segen der Götter erflehe ich für Dich, meine allergnädigste Herrin!


    Deine treue Dienerin
    Pontia


    Decima Lucilla
    Casa Decima
    Tarraco, Hispania


    Meine treueste Klientin!


    Viel Zeit ist vergangen seit deinem letzten Brief, doch viel zu berichten habe ich dir nicht. In der Tat hat es im Winter geschneit und stellenweise war der Rhenus dort, wo er gemächlich seinen Weg sucht, tatsächlich zugefroren. Dennoch klingt der hispanische Winter viel einladender. Wer weiß, vielleicht verbringe ich ihn tatsächlich dort dieses Jahr. Hier in Germania zieht nun auch der Frühling ein, was ich für äußerst angenehm befinde.


    In Mogontiacum selbst ist das Leben durchaus ruhig. Viel ruhiger als ich es mir vorgestellt hatte. Und dort, wo das Leben ruhig ist, ist die Bürokratie nicht weit, aber dir brauche ich das ja nicht erzählen. Meiner Frau geht es prächtig, einzig die im Vergleich zu Rom geringeren Möglichkeiten zur Unterhaltung und Zerstreuung missfällt ihr. Ich brauche dir wohl auch nicht erklären, daß sie kurz nach ihrer Ankunft hier bereits das gesamte Mobiliar ausgetauscht und die Domus neu eingerichtet hat. Meine Tochter wächst und gedeiht und bringt bereits ihre Lehrer zur Verzweiflung mit ihrer Neugier.


    Ich hoffe, du amüsierst dich trotzdem gut in Tarraco, trotz aller Widrigkeiten und kommst mich und meine Familie auch einmal besuchen.


    Grüße an deine Familie.


    M. Vinicius Hungaricus


    ANTE DIEM V KAL MAI DCCCLX A.U.C. (27.4.2010/107 n.Chr.)


    _________________________________________________________


    Marcus Vinicius Hungaricus - Legatus Augusti pro Praetore - Provincia Germania

    Decima Lucilla
    Casa Roscia
    Narbo Martius
    Gallia Narbonensis


    Liebe Tante Lucilla,


    ich danke dir sehr für deinen Brief und dein Geschenk, und vor allem dafür, dass du mir bei der Suche nach einer Pronuba behilflich sein wolltest. Tante Venusia konnte ich hier in Rom bereits kennen lernen, aber so gerne ich sie gefragt hätte, es gibt nun doch keinen Anlass mehr hierfür. Die Verlobung zwischen dem Aelier und mir ist aufgelöst. Verzeih mir bitte, dass ich dich zuerst gefragt habe und nun alles rückgängig gemacht wird, aber es ist recht kurzfristig vor dem geplanten Hochzeitstermin geschehen, dass Aelius Archias und ich uns darauf geeinigt haben, die Feierlichkeiten abzusagen und keinen Ehebund einzugehen. Nun, ich werde wieder nach einem geeigneten Ehemann Ausschau halten – und wer weiß, vielleicht ist es dir ja dann möglich, der Hochzeit beizuwohnen!


    Ich kann mir offen gestanden nicht vorstellen, wie es sein mag, ein aufgewecktes, neugieriges Kind zu haben. Vielleicht ist das etwas, was ich bald lernen werde, da ich in der Schola anfange zu lehren – ich habe von deinem Mann erst heute die Zusage erhalten –, aber dort werde ich mit Erwachsenen zu tun haben, und ich könnte mir vorstellen, dass Kinder noch einmal ein anderes Kaliber sind. In jedem Fall klingt dein Caius danach, als ob er eines Tages Großes erreichen könnte! Aber ich denke du hast Recht damit, ihn vorerst noch fernzuhalten von Rom und den Tücken, die hier lauern.


    Im Übrigen ist in Rom derzeit einiges los. Onkel Livianus kandidiert als Consul, ich weiß nicht, ob du schon davon gehört hast – ich bin sehr gespannt, ob er Erfolg haben wird. Ein weiterer Kandidat ist Lucius Flavius Furianus, ich denke, er hat recht gute Aussichten darauf, gewählt zu werden; allerdings hat er sich mit einem anderen Kandidaten abgesprochen… Nun, wir werden sehen, wie die Entscheidung ausfällt.
    Mein Patron und Ädil Aurelius Corvinus veranstaltet Spiele anlässlich der Megalesia, es ist schade, dass du diese nicht miterlebst – ich weiß noch, wie dein Mann damals in seiner Amtszeit Spiele veranstaltet hat, das waren meine ersten in Rom. Die Wagenrennen werde ich mir in jedem Fall ansehen, nur bei den Gladiatorenspielen bin ich mir etwas unschlüssig. Allerdings gehört sich als gute Klientin, dass ich dort ebenfalls erscheine, also denke ich, ich werde dir wohl von beidem berichten können.


    Senator Aurelius Ursus hat erst kürzlich geheiratet, eine Tiberia – Septima, ich weiß nicht, ob der Name dir etwas sagt. Auf der Feier am Tag nach der eigentlichen Zeremonie gab es einen kleinen Skandal, wie ich leider gestehen muss. Leider, weil mein ehemaliger Verlobter involviert war – bevor du aus anderer Quelle ohnehin davon erfährst, ist es besser, denke ich, wenn ich es dir erzähle. Er hat einem anderen Gast eine Nachspeise über die Kleidung geschüttet – wie es danach aufgenommen wurde von den übrigen Gästen, kann ich dir leider nicht erzählen, da wir beide im Anschluss daran gegangen sind. Darüber hinaus werden zwei Mitglieder der Germanica heiraten; Senator Germanicus Sedulus ehelicht eine Iunia, und Germanica Calvena wird einen Quintilier heiraten. Ich weiß nicht, wie die Verbindungen der Paare untereinander sind, aber sie werden die Zeremonien gemeinsam durchführen. Offen gestanden weiß ich nicht so recht, was ich davon halten soll, die Riten stelle ich mir hierbei etwas schwierig vor. Aber ich werde mit Livianus zu den Feierlichkeiten gehen, dann werde ich ja selbst erleben, wie die Feier vonstatten geht. Ich denke, du wirst sicher nichts dagegen haben, wenn ich das Kleid, das du mir geschickt hast, zu diesem Anlass trage – auch wenn aus meiner Hochzeit nun doch nichts geworden ist, wofür es eigentlich als Geschenk gedacht war.


    Ich hoffe, dein Leben in Gallia bleibt so spannend, wie du es erzählst – wie aufregend Handelsstädte sein können, habe ich in Alexandria erlebt, und das ist noch einmal ein ganz eigenes Gefühl.


    Liebe Grüße,


    [Blockierte Grafik: http://img77.imageshack.us/img77/1586/seianaunterschrift2aj2.png]

    Germanica Lucilla
    Cluvia Jocasta und Roscius Blosius
    Narbo Martius
    Gallia



    Liebe Lucilla,


    Ich danke Dir für Deine wunderbaren Glückwünsche und deine aufmunternden und auch beruhigenden Zeilen. Es ist jetzt nur noch zwei Tage und ich bin furchtbar aufgeregt und habe ständig das Gefühl irgendetwas Wichtiges vergessen zu haben.
    Es ist meine erste Ehe und ich schließe sie aus Liebe. Ich bin unglaublich glücklich.


    Deine Grüße und Glückwünsche werde ich natürlich ausrichten und auch die Geschenke weiter reichen. Vielen Dank. Die Gürtel sind wirklich bezaubernd und ich vertraue Deinem Geschmack und Deiner Erfahrung was zur neuen Mode in Rom wird. Wir werden wohl die Ersten sein die sie tragen.


    Avarus geht es soweit ganz gut. Er hat einen fähigen Scriba an seiner Seite, der ihm die Arbeit abnimmt. Auch wenn ich es wohl nicht laut aussprechen würde, er ist eben nicht mehr der Jüngste. Aber noch eine ganze Spur jünger wie Laevina. Seit einigen Monaten wohnt diese entfernte Großtante auch in Rom. Sie ist etwas anstrengend aber man kann durchaus mit ihr umgehen.
    Auch wenn Avarus es nicht wirklich zu gibt, ich glaube er vermisst Dich und würde Dich gern wieder sehen. Ich würde mich jedenfalls sehr freuen, Dich kennen zu lernen. Bis dahin werden wir wohl uns noch öfter schreiben.
    Den nächsten Brief kannst Du mir dann direkt in die Casa Quintilia senden.


    Viele Grüße, auch von der Familie!
    Germanica Calvena


    Decima Lucilla,
    Casa Roscia
    Narbo Martius
    Gallia


    Meine liebe Lucilla!



    Lange Zeit musstest du auf meine Antwort warten und es tut mir sehr leid. Bei den Decima gibt es viel zu tun und irgendwie werde ich viel darin involviert.


    Mir geht es gut. Vielen Dank der Nachfrage. Wie du vielleicht aus den obigen Zeilen lesen konntest, weile ich derzeit in Roma. Wenn ich ehrlich bin schon einige Zeit. Unsere Kinder haben mich begleitet und Primus musste allein in Misenum zurückbleiben. Aber du hast recht. Misenum ist sogar noch ruhiger als Mogontiacum. Da ist wirklich mehr los. Alelrdings muss ich auch sgaen, dass Roma ziemlich trubelig ist und mir das auch nicht so wirklich gefällt. Ich glaube, dass ich da von Germania und Alexandria zu verwöhnt bin. Es können mir beide Städte nicht wirklich recht machen. Ich versuche neben meinen Bemühungen um eure Gens Kontakte in Roma zu knüpfen und alte aufzufrischen und zu pflegen. Es ist wirklich schwer als unbekantte Person Zugang zu den Geselllschaften der Stadt zu finden. Egal was du in den Provinzen Gutes getan hast, zählt hier nicht viel. Sie bekommen es ja nicht einmal mit. Manchmal wird man sogar komisch angeschaut wenn man erzählt, was man alles in der Provinz getan oder erreicht hat. Es ist schon ein Besonderes Klima hier. Aber von mir genug.


    Wie geht es dir und deinem Kind. Ich hoffe, dass es euch gut geht. Wie ich erfahren habe, hast du Hispania verlassen und bist weitergereist. Ich hoffe inständig, dass ich die richtige Adresse ausfindig machen konnte. Dich hat es aber auch in eine ruhige Gegend verschlagen. Wie gefällt es dir denn in Gallia?


    Hach Serapio. Ich habe nach deinem Brief versucht ihn zum heiraten zu animieren. Doch dafür scheint er gar keinen Sinn zu haben. Stoisch suchte er nach Ausreden und Gründen warum er nicht heiraten muss oder kann. Dennoch habe ich mal geschaut wer als Frau in Frage käme. Bisher habe ich noch keine gefunden. Ich glaube, dass ich wohl zu hohe Ansprüche an unsere zukünftige Nichte habe. Bei einem Familienessen hat er uns dann eine junge Frau vorgestellt. Ich meine, dass sie Keltin oder Germanin. Sie heißt Celeste und sie soll das Herz unseres Neffen erobert haben. Was ich davon halten soll, weiß ich wiederum nicht. Auf jeden Fall ist sie mit ihm nach Alexandria gegangen. Ich würde sie gern etwas näher beobachten, aber ich kann Italia und Primus nicht schon wieder verlassen. Hast du vielleicht die Möglichkeit? Ich weiß, dass es eine große Bitte ist, aber ich mache mir Gedanken um ihn. Er ist so komisch in dieser Beziehung. Es würde mich ja sehr freuen, wenn er wirklich eine Frau sein Herz geschenkt hat. Aber eine Peregrina ist doch auch nicht das Wahre bei seinem Stand, oder was meinst du?
    Es gibt viele Helden in den Weiten des Imperiums und doch sind die größten die Frauen, die Haus und Heim erhalten und bewachen während die Männer in der Ferne hausen und kämpfen um als Helden zurückzukehren. Es bleibt also wiederum an den Frauen hängen aus der Familie etwas zu machen. Ich werde deine Vorhaben soweit unterstützen wie ich kann und es vermag. Darauf kannst du dich verlassen. Versprochen!


    Das soll es vorerst von mir gewesen sein. Schreibe mir doch bitte deine Gedanken und Vorschläge dazu. Ich bin damit im Moment ein wenig überfordert. Wo wir gerade dabei sind. Kennst du vielleicht einen guten Mann für Valeria? Sie bat mich um Hilfe und ich befürchte, dass es auch hier nicht wirklich einfach werden könnte. Sie ist zurückgekehrt und möchte nun endlich wie alle Decima Frauen eine eigene Familie begründen.


    Meine liebe Lucilla, ich wünsche dir alles Gute und mögen die Götter immer schützend über dich wachen.


    Deine


    Venusia






    Oh liebste Lucilla,


    Tagtäglich stürze ich mich auf Ovid, lese Dir vor wo Du nicht da bist…



    Keine Zeit passt so sehr wie der Frühling zu Venus: Im Frühling
    Strahlt das Land, und vom Eis ist es im Frühling befreit!
    Jetzt hebt das Gras seine Spitzen durchs gebrochene Erdreich,
    Jetzt schwillt der Rebe der trieb unter dem Baste hervor!
    Venus ist schön, also ist sie der Jahreszeit würdig;
    Hier auch ist sie mit Mars, wie sie’s gewohnt ist, liiert.
    Übers Meer, dem sie einst entstieg, lässt im Lenz die gewölbten
    Schiffe sie fahrn und nicht mehr fürchten das Drohen des Sturms.


    1.April


    Latiums Mütter und Töchter, wie’s Brauch ist, ehrt ihr die Göttin, Ihr auch, die ihr nicht tragt Bänder und langes Gewand!
    Nehmt ihr vom marmorweißen Hals ihre goldenen Bänder,
    Nehmt von der Göttin den Schmuck: Ganz soll gebadet sie sein!
    Trocknet den Hals ihr und legt ihr herum ihre goldenen Bänder!
    Gebt andere Blumen ihr jetzt: Frisch muss die Rose sein!
    Badet auch ihr unter grüner Myrte! Sie selber befiehlt’s euch!
    Einen bestimmten Grund gibt es dafür – also hört:


    Nackt noch, wollte am Ufer die triefenden Haare sie trocknen:
    Satyrn, das schamlose Volk, sahen die Göttin dabei!
    Sie aber hat es gemerkt und den Körper verdeckt mit der Myrte.
    Das gab ihr Schutz, und sie will, dass ihr das ebenfalls tut!
    Jetzt vernehmt auch, warum der Fortuna Virilis ihr Weihrauch
    Spendet, dort, wo es stets feucht ist, weil Wasser verdampft:
    Unbekleidet ist jede Frau an dem Ort hier, so das er
    Nackte Körper und dort auch jeden Makel erblickt.
    Den vor dem Mann zu verstecken ermöglicht Fortuna Virilis,
    Tut es auch, wenn man’s erfleht und etwas Weihrauch ihr streut.
    Laßt euch gestoßenen Mohn in weißer Milch schmecken; klarer
    Honig komme hinzu, den aus der Wabe man presst.
    Venus nahm diesen Trank, als zum lüsternen Bräutigam man sie
    Führte: In diesem Moment wurde zur Ehefrau sie.
    Stimmt mit euren Gebeten sie gnädig, denn wo sie verweilt, dort
    Bleiben Schönheit und Ruf, bleiben Sitten gewahrt.
    Einst in der Vorväter Zeit, kam in Rom die Keuschheit ins Wanken.
    Da habt in Kumä ihr, Ahnen, die Greisin befragt.
    Einen Tempel für Venus befiehlt sie zu bauen; das tut man:
    Weil nun die ihren Sinn änderte, heißt sie danach.
    Schau auf die Äneaden gnädig stets, Allerschönste!
    Nimm unter deinen Schutz, Göttin, die Frauen des Stamms!


    …und doch bleibt die Knospe zu.


    Viel Zeit ist vergangen, einige Jahreszeiten haben Rom durchzogen. Es gibt soviel zu berichten, das es mir schwer fiel einen Anfang zu finden. Schon hat man im Haus gemunkelt ich würde die Feuerung im Winter auf Papyrus Blätter umstellen wollen. Doch auch Du gabst mir Anlass dazu die Stirn in Sorge zu tragen. Wenn ich heute auf die Monate zurück blicke, dann kommt es mir so vor als sei die Zeit stehen geblieben. Trotz dieser Einschätzung hat sich Rom in dieser Zeit gewandelt und ich frage mich immer wieder ob mein Platz nicht doch eher irgendwo da draußen ist, denn hier in diesem Zentrum von Habgier, Machtsucht, Intriganz und Neid.


    Dein letzter Brief erschütterte mich. Du hast es vorgezogen Cossus seinen Vater für weitere Jahre zu entziehen. Wie soll er sich an mich gewöhnen, wenn er als gebildeter junger Mann zurückkehrt. Hat in seiner Kindheit seinen Vater nie gesehen, wird die Lehren der Ahnen und Neuzeit ohne seinen Vater begreifen lernen und womöglich auch Fortunas Gelüsten im fernen Aegyten erliegen. Wie soll aus unserem Sohn ein stattlicher Politiker werden, wenn er Rom in jungen Jahren nie zu Gesicht bekommt? Das frage ich mich abseits der Überlegung, ob es nicht angebracht gewesen wäre, das du als seine Mutter mir als seinen Vater diese Idee unterbreitest bevor der Junge das Schiff besteigt.


    Noch dazu musste er im Winter reisen. Die gefährliche See hat seine feinsinnige Seele bedroht. Der Götter Anstrengung muss gigantisch gewesen sein, um Cossus zu beschützen und wohlbehalten im fernen Aegyptus an Land zu setzen. Wie steht es um ihn hat er Dir Kunde geschickt, Dir wo er seinen Vater nur aus den Erzählungen kennt?


    Wie geht es Dir, jetzt da Du Narbo Martius Deiner Heimat Tarraco vorziehst?


    Doch ich stelle nur Fragen, Dinge deren Antworten mir so sehnlichst fehlen.


    Unsere Familie ist derweilen stattlich gewachsen. Das Haus wird von allerlei Kindern bevölkert, so kamen die Brüder Paullus Germanicus Aculeo und Marcus Germanicus Pius, letzterer nun ein Spielkamerad für Sedulus Tochter Sabina vor einigen Monaten ins Haus nach Rom. Die Brüder sind Söhne des Quintus Germanicus Impavida. Außerdem wohnt nun noch eine entfernte Verwandte Germanica Laevina, eine schrullige alte Dame bei uns. Sowie die Tochter des Octavius Germanicus Callidus, Germanica Calvena, welche wohl eher durch ein Versehen zur Welt kam, aber von dem Sohn des Traianus rechtmäßig anerkannt wurde. Du siehst ich muss mich nicht allein fühlen. Doch fühlt sich mein Laken jenseits meiner eigenen Knochen kalt und leer an. Wie lange hält das ein Mann aus?


    Zu den Fontinalien hat Calvena ein wunderbares Fest in unserem Haus ausgerichtet. Du kannst Dir sicherlich vorstellen wie voll das Haus war. Nicht wenige Bekanntschaften sind daraus neu entstanden und auch für uns war es ein wertvoller Abend. Du kennst doch sicherlich noch Vinicius Lucianus , er hatte seine reizende Schwägerin Vinicia Petronilla mit dabei, wir haben uns politisch noch enger verbündet. Aber wie erst später zu erfahren war, gab es auch andere Bündnisse an diesem Abend. Eher familierer Natur. Du stimmst mir vielleicht zu, das eine Heirat des Sedulus nach dem Tod seiner Frau Paulina noch einige Monate hätte aufgeschoben werden müssen. Doch soweit ich informiert bin plant er mit seiner Nichte zusammen eine Doppelhochzeit. Er will dabei die geradeso dem Kindesalter entstiegene Iunia Serrana ehelichen. Eine politisch völlig unbedeutende Gens. Aber auf meinen Rat hört Sedulus schon lange nicht mehr. Du siehst mein Einfluss schwindet und ich bin es langsam leid diesem Verfall weiter zuzusehen.


    Im Sommer möchte ich Mogontiacum besuchen. Ich hoffe, Du wirst mich empfangen, wenn ich einen Abstecher zu Dir mache. Unsere Reisegruppe wird einige Familienmitglieder umfassen. Auch die kleine Sabina darf mitkommen. Sie wird sich ein Pferd aussuchen dürfen, was sie mit nach Rom nimmt. Bei all dem Trubel wird es sicherlich nicht leicht zu entschwinden, aber meine Sehnsucht nach Dir lässt solch einen Plan nicht scheitern.


    Ich kann mir nur wünschen, das es Dir gut geht. Ich werde zu Fortuna beten, das dies so bleibt und ich hoffe zutiefst, das Du in Deinen Gedanken genauso oft bei mir bist, wie ich in meinen Träumereien auf deinem Schoß liege.


    Gehab Dich wohl meine Liebste, meine Schönste, in ewiger Liebe Dein


    Medicus



    Rom, KAL APR DCCCLX A.U.C. (1.4.2010/107 n.Chr.)

    Decima Lucilla
    Casa Roscia
    Narbo Martius
    Gallia Narbonensis



    Liebe Tante Lucilla!


    Ich weiß, es ist eine halbe Ewigkeit her, dass wir beide das letzte Mal Kontakt hatten – ich habe von Faustus immer gehört, wie es dir geht, aber irgendwie hat immer die Zeit gefehlt, selbst die Feder in die Hand zu nehmen und zu schreiben. Was macht dein Sohn Caius? Faustus hat mir erzählt, dass er in Ägypten ist? Und wie ist das Leben in Gallien? Vom Leben in Rom brauche ich dir, glaube ich, kaum etwas erzählen – du kennst es sicher immer noch weit besser als ich. Allerdings muss ich gestehen, dass ich mich in den vergangenen Wochen seit meiner Rückkehr aus Alexandria recht gut eingelebt habe. Es stehen offenbar mehrere Hochzeiten an, das gesellschaftliche Leben, so könnte man es wohl sagen, brummt derzeit… Und auch bei mir steht da viel an, weil die Hochzeit von Caius (dem Aelier, meinem Verlobten – kennst du ihn eigentlich?) und mir nun auch bald stattfinden wird. Und damit komme ich auch schon zu dem Grund meines Schreibens: ich weiß nicht, ob es deine Zeit zulässt, zur Hochzeit nach Rom zu kommen – eingeladen bist du selbstverständlich herzlich! Und für den Fall, dass du kommen kannst, wollte ich dich fragen, ob du meine Pronuba sein würdest. Es würde mich wirklich sehr freuen, wenn eine Frau, die mich noch aus meiner Kindheit kennt, das übernehmen würde.


    Liebe Grüße,


    Deine
    [Blockierte Grafik: http://img77.imageshack.us/img77/1586/seianaunterschrift2aj2.png]


    P.S.: Die Hochzeit ist übrigens geplant für den ANTE DIEM IV NON APR DCCCLX A.U.C. (2.4.2010/107 n.Chr.) geplant.



    Ad
    Decima Lucilla
    Casa Roscia
    Narbo Martius
    Gallia Narbonensis


    Salve Decima Lucilla,


    sicherlich wunderst Du Dich über diesen ungewöhnlichen Brief aus Rom. Als erstes sollte ich mich erst einmal vorstellen, ich bin Calvena, eine Nichte von Deinem Ehemann und Sedulus, Tochter von Germanicus Callidus.
    Viele Dinge haben sich in Rom ereignet. An den Iden des Aprilis werde ich Heiraten und es wäre mir eine große Freude, wenn Du an diesem Ereignis teilnehmen würdest. Es gibt noch mehr zu feiern. Auch Sedulus will erneut heiraten. Du hast sicherlich erfahren, dass Germanica Paulina leider verstorben ist.


    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/einladung.jpg]


    Vale und viele Grüße aus Rom
    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/papyrus3.png]


    An
    Decima Lucilla
    Casa Roscia
    Narbo Martius
    Gallia Narbonensis



    Salve Lucilla,


    ich hoffe es geht Dir gut. Zuerst einmal muss ich mich entschuldigen. Mir ist klar, dass ich mich Dir gegenüber im Ton vergriffen habe. Das tut mir sehr leid. Ich hoffe du verzeihst mir. Ich war ziemlich aufgebracht, weil Du derart niedrige Motive bei mir vermutet hast. Außerdem habe ich nicht nachgedacht, bevor ich den Brief losgeschickt habe. Mittlerweile bin ich nicht mehr wütend, aber noch immer erschüttert, dass Du so von mir denkst.
    Ich weiß ja, dass Du das Soldatentum nicht sonderlich schätzt, aber meiner Meinung nach, gibt Dir das nicht das Recht, so abfällig über meine Leistungen zu urteilen. Was ist denn eine "richtige Karriere"?! Ich finde nicht, dass Du das Recht hast, mich einen Träumer zu nennen, nur weil ich nicht Senator werden will. Politik besteht zur Hälfte aus Geschwafel, zur Hälfte aus Intrigen, und am Ende entscheidet dann doch der Kaiser, beziehungsweise seine Vertreter. Das ist nichts für mich. Du weißt sehr wohl, dass ich die Träumereien, die ich tatsächlich früher gehegt habe, aufgegeben habe, um der Familientradition zu folgen, aber mir scheint dass, egal was ich tue, ich es der Familie doch sowieso niemals recht machen kann.


    Übrigens bin ich versetzt worden. Der neue Praefectus Legionis der XXII. will mich als ritterlichen Tribun in seinem Stab, und ich werde mich schon in Kürze nach Ägypten einschiffen. Ich würde ja anbieten, mich dort ein wenig um Deinen Sohn zu kümmern, aber wenn er schon so verschreckt von mir ist, dann will ich ihn natürlich nicht noch mehr verstören.


    Was die alte Geschichte mit den Kleidern angeht – ich kann sie einfach nicht mehr hören. Du musst Dir keine Vorwürfe machen. Wer ich bin und wen ich liebe, das liegt tief in meinem Wesen, ja ich möchte sagen meiner Seele, es ist weit mehr als ein "Gemütszustand", und es liegt auch ganz gewiss nicht an solchen kleinen Begebenheiten, wie Du sie schilderst.
    Versuchst Du eigentlich, mir jenen Senator madig zu machen? Was hast Du gegen ihn und seine Familie? Die sind doch unheimlich vornehm und angesehen. Ich weiß absolut nicht, worauf Du anspielst, und ich würde Dich bitten, mir die Fakten mitzuteilen, auf denen Dein Urteil beruht.


    Verzeih bitte die Kürze meines Schreibens, doch meine Versetzung kam überraschend, und ich habe vor der Abreise noch alle Hände voll zu tun. Ich werde aus Ägypten von mir hören lassen.


    Vale,
    Faustus

    Centurio Faustus Decimus Serapio
    Cohortes Urbanae, Rom


    Mein lieber Faustus!


    Da hast du dir etwas geleistet, das will ich dir gleich sagen! Das halbe Atrium muss ich neu streichen lassen, nachdem nach der Lektüre deines Briefes die Nachmittagssüßspeise an den Wänden gelandet ist (ich frage mich ernsthaft, was dieses klebrige Zeug, das sich regelrecht in den Putz gefressen hat, in meinem Bauch so alles anstellt ... aber es ist wohl besser, nicht darüber nachzudenken). Die Kaiser Ulpius-Büste hat mein hispanisches Temperament auch nicht überlebt. Aber um die ist es nicht schade, ich habe jetzt endlich eine von Kaiser Valerianus gekauft. Sieht ja ganz schön fesch aus unser (nicht mehr ganz so) neuer Imperator. Hast du ihn mal gesehen? Sieht er wirklich so gut aus oder macht das nur der Stein? (Stein ist ja bekanntlich geduldig, oder wie auch immer das Sprichwort heißt.) Einige Möbelstücke hat es auch erwischt, aber das schlimmste ist, dass ich mich zu einer ausschweifenden Schimpftirade hinreißen lassen habe, von der Caius mindestens die Hälfte mitbekommen hat. Wie soll ich das nur seinem Vater erklären, woher der Junge diese Kraftausdrücke hat? Na, vermutlich schiebe ich es einfach auf seine hispanischen Wurzeln. Wir saugen diese Ausdrücke ja schon mit der Muttermilch auf (dass Caius Amme eine Mauretanierin ist, weiß Medicus eh nicht mehr). Zu Besuch kommen brauchst du auf jeden Fall nicht in nächster Zeit, Caius ist schon verstört, wenn er nur noch deinen Namen hört. Aber er ist jetzt eh in Ägypten.


    Im Nachhinein gesehen hast du wohl recht. Abgesehen davon, dass ich die Art und Weise nicht hätte dulden können, wie konnte ich nur auf die irrsinnige Idee kommen, du würdest etwas Sinnvolles aus deinem Leben machen und endlich aus dem Militär austreten wollen? Wie konnte ich nur glauben, dass dein Sturschädel sich dazu durch gerungen hätte, sich um eine richtige Karriere zu bemühen? Wie, bei allen Furien, kam mir nur in den Sinn, du könntest etwas aus dem Antrieb heraus tun, deinem Leben eine ordentliche Richtung zu geben, statt deinen Träumereien nachzuhängen? (Wie lange bist du jetzt eigentlich schon Centurio?)


    Manchmal habe ich mir schon überlegt, dass es vielleicht nicht gut war, dich in Kleider zu stecken. Aber Bona Dea, ich war ein junges Mädchen und du das einzige Kleinkind, das das hat mit sich machen und sich überall hin hat herumschleppen lassen! Hätte ich jemals auch nur geahnt, dass sich das auch auf deinen Gemütszustand auswirkt, ich hätte alle Kleider verbrannt und dir eine Senatorentoga umgewickelt! Aber nun ist es wohl zu spät für Reue, und ich muss mir eingestehen, dass ich in dieser Hinsicht völlig versagt habe.


    Im Übrigen beweist deine Einschätzung 'dieses Senators' doch nur, dass du auch nicht mehr als die Mädchen deines Alters im Kopf hast. Was weißt du schon über ihn, außer dass er gut aussieht (und nicht einmal das kann ich bestätigen)? Was glaubst du denn, dass du für ihn warst? Du kannst froh sein, wenn du für ihn auch nur eine Orgienbekanntschaft warst, eine amüsante Anekdote, und er dich nicht noch für seine eigenen Zwecke einspannt! Denn er ist genau so ein falscher Hund wie alle aus seiner Familie, die den Dreck und die Leichen unter ihren Füßen mit schönen Zungen purpur pinseln! Er ist keinen Deut besser als sein dreckiger Bruder (bei allen dunklen Göttern und der schwarzen Rächerin - verflucht sei er noch in seinem Tode, dass er jeden Augenblick aufs neue qualvoll ersaufen soll!), nur dass er nicht so viel Schneid hat, es offen zuzugeben!



    Lucilla



    PS. Ich brauche niemanden auszusenden, um über das Leben in Rom in all seinen Details informiert zu sein. Meine Quellen sind zahlreich und vielfältig, und du würdest dich wundern, wer mir alles Nachrichten zukommen lässt.

    PPS. Was du deinem Vater verheimlichst, ist nicht meine Angelegenheit. Solange du mein Klient bist, liegt es nicht in meinem Interesse, dass irgendwer davon weiß.


    PPPS. Briefe kannst du mir in die Casa Roscia nach Narbo Martius, Gallia Narbonensis senden. Ich reise in wenigen Tagen ab, um dem Anblick meines ruinierten Atriums zu entkommen.

    Medicus Germanicus Avarus,
    Casa Germanica, Rom


    Mein liebster Medicus,


    schon wieder gibt es einen Grund, dir zu schreiben. Caius hat Tarraco verlassen und ich werde das in den nächsten Tagen auch tun.


    Unser Sohn ist jetzt in dem Alter, in dem ein Hauslehrer nicht mehr ausreicht. Ständig wollte er irgend etwas von mir wissen oder erklärt bekommen. Über die einfachen Dinge der Welt ist er aber leider schon hinaus, so dass ich mich langsam nicht mehr imstande fühlte, seinem Wissensdurst gerecht zu werden. Ich denke, es ist auch in deinem Sinn, dass Caius eine gute Erziehung und Bildung bekommt, die er hier in Hispania nicht bekommen kann. Beim Nachdenken darüber ist mir aufgefallen, dass alle meine Verwandten, die hier in Tarraco groß geworden sind, am Ende beim Militär gelandet sind. Nur aus Mattiacus, der beizeiten zum Studieren geschickt wurde, ist etwas richtiges geworden. Du siehst also, wir müssen den Jungen nur zur richtigen Zeit in die richtige Richtung drängen.


    Deswegen habe ich ihn nach Alexandria geschickt. Seine Amme Polynesia und sein Hauslehrer Ephistolos sind bei ihm, außerdem natürlich noch ein halber Sklavenstaat. Es wird ihm also an nichts mangeln. Ich bin sicher, wenn er uns bald besuchen kommt, dann wird er keine Fragen mehr stellen, sondern nur noch irgendwelche Weisheiten von sich geben. Natürlich habe ich überlegt, mit ihm zu reisen, du weißt ja, wie gerne ich einmal nach Ägypten reisen würde, aber es ist einfach an der Zeit, ihn von seine Mutter abzunabeln (oder umgekehrt). Es wäre ihm vermutlich nur peinlich, wenn ihn seine Mama aus der Bibliothek abholt.


    Ich habe in der Acta gelesen, dass dein Cousin nicht mehr Praefectus in Alexandria ist. Wurde er versetzt? Werden er und Aelia in Ägypten bleiben? Ich hatte gehofft, Aelia könnte vielleicht ab und zu ein Auge auf unseren Sohn werfen.


    Mir selbst würde hier in Tarraco wohl bald die Decke auf den Kopf fallen. Deswegen habe ich beschlossen, die Einladung meiner Freundin Jocasta anzunehmen und sie in Narbo Martius zu besuchen. Sie ist erst kürzlich mit ihrem Mann dort hingezogen, weil der zum Regionarius der Region befördert wurde. Naja, um ehrlich zu sein war es keine Einladung, sondern eher ein Hilferuf. Du kennst doch Jocasta, dieses stille Ding, das den Mund vor Fremden nicht auf bekommt. In einer neuen Stadt ist sie völlig verloren.
    Ich freue mich schon sehr auf Gallia, besonders jetzt im kommenden Frühling, denn es ist schließlich noch immer das Modeparadies. Und gerade über Narbo Martius werden die Knaller der Saison in alle Himmelsrichtungen verschifft, ständig finden für die Händler irgendwo Modeschauen statt, um ihnen bei der Entscheidung zu helfen, mit welchen Waren sie ihre Schiffe beladen sollen. Hach, das wird herrlich!


    Du bist natürlich weiterhin angehalten, mich zu besuchen, wenn es deine Ämter mal zulassen. Roscius (Jocastas Ehemann) ist wie alle Welt ganz versessen darauf, sich mit Senatoren zu umgeben, vermutlich würde er dir den purpurnen Teppich ausrollen. Briefe kannst du natürlich auch an die Casa Roscia schicken.


    Grüße wie immer die Familie von mir!


    In Liebe,
    deine Lucilla


    Praefectus Castrorum
    Publius Iunius Brutus

    Castra Legionis I Traianae Piae Fidelis
    Mantua
    Provincia Italia



    G. POMPEIUS IMPERIOSUS PRIMICERIUS AB EPISTULIS
    PRAEFECTO P. IUNIO BRUTO S.D.


    Salve Praefectus, ich schreibe dir im Auftrag des Procurator ab Epistulis Lucius Iunius Silanus.
    Am PRIDIE ID IAN DCCCLX A.U.C. (12.1.2010/107 n.Chr.) erreichte uns ein Brief aus Germanien, der in uns Zweifel bezüglich des Verbleibs eines der Offiziere der Legio I regte. Wie du wahrscheinlich weißt soll der Tribun Artorius Reatinus nach Germanien versetzt werden um dort den Posten des Kommandanten der Ala II Numidia zu übernehmen, allerdings scheint er bisher nicht dort eingetroffen zu sein. Daher bitte ich dich hiermit mir zu berichten wann und ob der Tribun bereits das Lager der Legio I verlassen hat!


    Im Auftrag des Procurator ab Epistulis


    Gaius Pompeius Imperiosus
    ~~Primicerius ab Epistulis der Admistratio Imperatoris~~


    [Blockierte Grafik: http://pages.imperiumromanum.net/wiki/images/5/5d/Siegel_Administratio_Impera.gif]


    Medicus Germanicus Avarus,
    Casa Germanica,
    Roma


    Mein liebster Medicus!


    Wie geht es dir und meinem geliebten Rom? Ich vermisse euch beide so sehr, obwohl das Leben in Hispania so wundervoll ist, wie sonst wohl nirgends (wenn ich es mir lange genug einrede, dann glaube ich es). Caius und mir geht es blendend, vor allem dein Sohn erobert die Stadt, als hätte er schon im Sinn ein kleiner Triumphator zu werden. Nirgendwo kann ich mit ihm hingehen, ohne dass er nicht alle paar Schritte die Aufmerksamkeit auf sich zieht, die Herzen der alten Marktfrauen erblühen lässt, oder unsere Bekannten mit seiner Intelligenz beeindruckt oder seiner unermüdlichen Neugier zum Wahnsinn bringt. Die Intelligenz hat er zweifellos von dir geerbt, die Neugier natürlich von mir. Alles in allem hat er ein sehr ausgeglichenes Wesen, auch wenn ich ab und zu das untrügliche, hispanische Temperament an ihm entdecke. Wenn er dann aber versucht, mich mit Worten zu bezirzen, oder etwas angestellt und sich eine Ausrede zurecht gelegt hat, dann denke ich mir immer, er redet schon genau wie sein Vater! Ach Medicus, ich vermisse dich! Ich glaube übrigens, dass der Cursus Publicus in Hispania mal wieder dringendst einer Prüfung durch den LACP unterzogen werden müsste! Na gut, vermutlich glaubst du mir das eh nicht, da du genau weißt, wie reibungslos hier alles läuft, aber wäre es nicht ein guter Grund, um uns mal zu besuchen? Falls der Kaiser es dir nicht erlaubt, dann sag mir nur Bescheid, dann fange ich an ein paar Gerüchte zu streuen, so dass die Notwendigkeit glaubwürdiger wird.


    Apropos Gerüchte, hört ihr eigentlich von Proconsul Sextius Magius Lateranus ab und zu etwas in Rom? Der ist vielleicht eine Pfeife, das sage ich dir, völlig unfähig eine Provinz zu verwalten! Wie auch, wo er doch kaum in Tarraco ist! Angeblich treibt er Steuern ein, doch wenn das so wäre, wären die Kassen wohl kaum leer - man sieht schon die ersten Anzeichen an den öffentlichen Gebäuden! Außerdem ist seine Frau eine furchtbare Schnepfe, eine Iunia aus der patrizischen Familie, eingebildet bis zum Umfallen. Wenn er sie namentlich vorstellt, dann fügt sie jedes mal näselnd an: "aus der Familie des Lucius Iunius Brutus, des ersten Consuls der Republik." Du weißt ja wie ich bin, als sie das mir gegenüber zum ersten Mal erwähnte, konterte ich mit: "Darauf hat der Caesaren-Mörder Marcus Iunius Brutus auch großen Wert gelegt." Hehe, da hättest du ihr verkniffenes Gesicht sehen sollen - wie ein runzliger Apfel!


    Und auf ihren Mann bildet sie sich etwas ein, furchtbar. Dann schwärmt sie von Hispania, und wie toll es ist, dass ihr Mann sie mit in die Provinz genommen hat. "Provinz" klingt dabei aus ihrem Mund ganz wie "Hinterwelt" oder "primitives Barbarenland" - so ein aufgeblasenes Weib habe ich in ganz Rom noch nicht erlebt. Ich habe ihr nur entgegnet, dass wenn ihr Mann es irgendwann noch einmal wirklich weit bringt, er vielleicht vom Imperator zum LACP erhoben wird, dann braucht sie nicht in Hispania sitzen, sondern er könnte ihr die ganze Welt zeigen, so wie mein Mann es mit mir gemacht hat. Hach, es war so herrlich, wie sie vor Neid erblasste! Den letzten Schlag konnte ich mir dann auch nicht mehr verkneifen


    In das erste Blatt eingeschlagen:


    und musste noch erwähnen, dass das aber leider für sie nicht mehr möglich ist, denn bis mein Mann sich zur Ruhe setzt und das Amt frei wird, da wird sie schon drei mal über das Alter hinaus sein, in dem man Länder bereisen kann. Von Käseweiß ist ihre Farbe darauf zu Erdbeerrot gewechselt. Sie ist wirklich eine selten dämliche Person, das kannst du mir glauben.


    Aber sie passt gut zu Sextius. Ich verstehe wirklich nicht, wie der Imperator so einem unfähigen Menschen eine Provinz anvertrauen kann, der ist doch völlig überfordert mit einer Provinz! Hach, dazu muss ich dir noch eine herrliche Anekdote erzählen.
    Zum Ende des letzten Jahres sollte in Palma auf Kromiussa, das ist eine der Baleares-Inseln, eine Statue zu Ehren des Proconsuls errichtet werden und wurde bei Accoleianus Timosthenes, dem berühmtesten Bildhauer der ganzen Provinz, in Tarraco in Auftrag gegeben. Etwa zur gleichen Zeit bestellte Domitia Galatea dort ein Abbild ihres verstorbenen Mannes Pacidius Caldus. Vielleicht sagt dir der Name noch etwas, er war Senator, ist aber schon einige Zeit tot. Galatea ist eigentlich eine recht nette, alte Dame, aber ein bisschen wunderlich. Ihr ganzes Haus hat sie vollgestellt mit Büsten und Statuen ihres Mannes.
    Auf jeden Fall wurde Ende des Jahres auf Palma mit großem Pomp und Fest die Statue des Proconsuls auf dem örtlichen Forum aufgestellt - in Abwesenheit Sextius natürlich, der angeblich wieder einmal irgendwo in der Provinz unterwegs war. Kurz darauf wurde Galatea eine Statue geliefert, allerdings nicht die, auf die sie wartete, sondern ein Abbild des Proconsuls. Die alte Dame war sehr geschmeichelt und bedankte sich in einem Brief überschwänglich bei Sextius für diese Ehre. Der Proconsul hatte ihr allerdings gar keine Statue schicken lassen und ließ daraufhin bei Timosthenes nachforschen. Du wirst dir sicher schon denken können, worauf das hinaus läuft - die Proconsul-Statue in Galateas Garten war eigentlich für Kromiussa bestimmt, und dort stand auf dem Forum ein Abbild von Pacidius Cladus, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre! Aber wen wundert es, vermutlich hat Sextius noch nie auch nur einen Fuß auf eine der Balearen-Inseln gesetzt, die zu seiner Provinz gehören! Offen spricht natürlich niemand darüber, den einen ist es zu peinlich, die anderen fürchten Druck aus Tarraco und damit Rom.
    Ach, ich sage dir, Hungaricus war da wirklich ein ganz anderes Kaliber von Proconsul, seinen Namen kannst du noch im letzten Winkel Hispanias erwähnen und alle Frauen verfallen in ein Seufzen! Von dem hätte keiner eine falsche Statue aufgestellt! So einen Mann bräuchten wir hier wieder in Hispania!


    Mehr gibt es wohl nicht zu berichten. Tarraco ist leider nicht Rom.


    Fühle dich umarmt und geküsst, und grüße mir mein liebes Rom und alle unsere Verwandten!


    In Liebe,
    Deine Lucilla


    P.S. Caius lässt dir auch Grüße ausrichten. Zu einem Küsschen für seinen Vater konnte ich ihn nicht überreden, er befürchtet einen schlechten Ruf bei seinen kleinen Freunden. Hach, er ist so herzig!


    Duccia Venusia,
    Casa Decima,
    Roma


    Meine liebe Venusia!


    Ich hoffe sehr, es geht dir gut, auch wenn ich das beinahe nicht glauben kann. Ist es wirklich wahr, dass Magnus dich nach Misenum verschleppt hat?! Das ist ja ungeheuerlich! Magna Mater, ich kann dich wirklich nur bedauern! Ausgerechnet Misenum, dieses Altenheim und Sanatorium des römischen Imperium! Und nicht einmal nach Baiae, wo der Bär tanzt, wirst du dich flüchten können, denn die Leute dort sind doch wirklich sehr hochnäsig. Frauen wie du und ich, aus Germania oder Hispania, haben da wirklich keine Chance, Teil der Gesellschaft zu werden. Ach, Venusia, wie konnte er dir das nur antun!
    (Ich hoffe, der Brief erreicht dich überhaupt, aber ich habe größtes Vertrauen in Mattiacus, dass er ihn notfalls weiterleitet)


    Ausgerechnet auch noch jetzt, wo ich dich doch so dringend in Rom bräuchte. Es geht um unseren Neffen Serapio, der ja auch mein Klient ist. Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist, aber man könnte glauben, seit ich aus Rom weg bin muss er seine Pubertät nachholen! Der Junge bräuchte dringend jemanden, der ein Auge auf ihn wirft, und es wäre mir wirklich wohler, wenn du als seine Tante das wärst. Natürlich könnte ich auch einen meiner Cousins darum bitten, aber in die habe ich in so einer Angelegenheit einfach kein Vertrauen. Sie können vielleicht heldenhafte Schlachten schlagen, hochtrabende Politik betreiben, große Reden halten und das Imperium retten, aber als Aufsichtspersonen taugen sie einfach nicht.


    Außerdem ist es wirklich an der Zeit, dass Faustus endlich an eine Heirat denkt. Ich fürchte nur, der Junge ist einfach zu schüchtern, um selbst Initiative zu ergreifen. Na und von seinen Verwandten kümmert sich doch wieder keiner darum, ich erwähnte ja bereits die heldenhaften Qualitäten der Decimus-Männer. Ich habe sie wirklich alle unglaublich gerne, aber allein gesellschaftlich lebensfähig ist doch keiner von ihnen. Na, du wirst das ja von Magnus kennen - ich bin wirklich froh, dass er eine Frau wie dich gefunden hat! Aber zurück zu Serapio. Ich möchte dich bitten, wenn du wieder in Rom bist, dich einmal umzusehen und -hören, welche Frauen für ihn in Frage kämen, und mir ihre Namen zu schreiben. Ich habe natürlich noch viele Kontakte in Rom, aber in so einer heiklen Angelegenheit vertraue ich lieber auf eine kompetente Frau wie dich!


    Ich hoffe sehr auf deine tatkräftige Unterstützung und wünsche dir alles Gute und dass es vielleicht in Misenum doch gar nicht so schlimm ist, wie ich es mir vorstelle. Falls du aber mal einen Grund brauchst, aus Italia zu flüchten, dann komme mich unbedingt in Tarraco besuchen - für die Provinz ist hier genügend los.


    Viele Grüße auch an die Familie, auf dass die gute Göttin euch stets mit Überfluss segnet!
    Lucilla