Ad Appius Decimus Massa
Nauarchus
Classis Augusta Alexandrina
Alexandria
Aegyptus
Von
Cnaeus Decimus Casca
Casa Decima Mercator
Roma
Salve, mein großer Bruder!
Oh! Wie ich mich freue von dir zu hören! Du hast recht. Zu lange haben wir uns nicht mehr geschrieben und ich für meinen Teil habe nicht einmal die nachvollziehbare Entschuldigung, dass mich mein Dienst davon abgehalten hätte! Dennoch, lieber Bruder, kann ich dir mitteilen, dass ich auf meinem Lebensweg, der sich nun immer mehr und mehr vor mir entfaltet, sehr eifrig und strebsam gewesen bin. Und auf Iuppiters Stein werde ich dir schwören, dass mich selbst die Furien nicht mehr davon abhalten können zu Ruhm Ehr' der Decima beizutragen, um ihnen dabei zu helfen unseren Namen geradezu in Stein zu meißlen! So wie es Faustus bei seiner feurigen und leidenschaftlichen Rede getan hat, als er vor ganz Rom – das hättest du sehen müssen - wieder zum Praefectus Praetorio ernannt worden ist. Vom Kaiser höchst selbst. Wie ein wegweisendes Mahnmal hat er ausgesehen (also Faustus, aber der Kaiser auch) und ich kann dir sagen, dass nicht nur seine Verlobte Quintilia Valentina voll Stolz einem jeden einzelnen Wort gelauscht hat! Was für eine Rede! Welch eine Wortgewalt! Auch Onkel Livianus, der zeitgleich von seinem Amt zurückgetreten ist, hat sehr gut ausgesehen!
Schon bald werde ich meinen Weg im Cultus Deorum beschreiten, bei welchem ich schon jetzt die Ehre besitze als Schüler des großen Pontifex Flavius teilzuhaben. Auch in einem Kultverein habe ich mich beworben. Stell dir das vor! Ferner werden du und ich uns auch nicht mehr sorgen müssen, dass ich irgendwem auf der Tasche liege. Meine Betriebe laufen hervorragend und jüngst ist es mir gelungen, meine Tonstrina mitsamt meinen beiden dort ansässigen Sklaven (du weißt schon, die Haarigen!) auf Vordermann zu bringen. Ja, meine Bilanzen sind eine reine Freude, wann immer ich sie vor mir sehe, auch wenn mich die Renovierung nun doch eine hübsche Stange Geld gekostet hat. Meine neue Sklavin Nelia kennst du noch nicht, doch ich kann dir berichten, dass sie schön ist, wie die Nymphe Erato und mir stets als feinsinniges, musengleiches Wesen zur Seite steht. Wenn du sie nur sehen könntest! Oder sprechen hören! Ich kann dir versprechen, du würdest Alexandrias Sklavenmarkt mit allen seinen bronze-häutigen Schönheiten vergessen und auf der Stelle heim kehren!
Du siehst also, auch wenn es mir nicht vergönnt ist an fernen Gestaden auf die Piratenjagd zu gehen, so ist mein Leben doch angefüllt mit Aktivität! Ich kann dir sagen, du wirst mich kaum wiedererkennen, sollte dich deine Wege in näherer Zukunft zurück nach Rom führen. Rom ist übrigens noch immer die vollgepfropfte Metropole als die du sie kennst. Viel darüber berichten brauche ich dir also nicht und ich wünschte mir, ich könnte nach deinem Schreiben nun Alexandria mit eigenen Augen sehen. Wie du schreibst muss es ja wirklich recht exotisch sein und bestimmt auch viel wärmer als Rom dieser Tage. Doch sag, Massa, warum hast du um deine Entlassung aus der Classis gebeten? Du würdest mich in tiefem Erstaunen sehen, würdest du mir nun gegenüber stehen. Ist dir sie Seefahrt zuwider geworden? Oder gar die Piraten? Doch welche Gründe auch immer es geben mag: Vielleicht treiben dich ja deine Wege zurück nach Rom und zurück zur Familie und gerade das würde bestimmt nicht nur mich sehr freuen. Oh, die Familie! Mutter hat mir geschrieben, dass es ihr ausgezeichnet geht. Du weißt ja, sie ist sehr krank gewesen, doch nun ist sie wieder oben auf und bester Dinge.
Natürlich werde ich Faustus von dir grüßen, so wie auch jeden anderen, der dich kennt und mir über den Weg läuft, sofern du damit einverstanden bist. Er wird diesen Gruß sehr zu schätzen wissen, denn er trug sich bereits mit der Sorge, ob du von einer Seeschlange verschlungen worden bist, da du dich nicht bei ihm gemeldet hast. Er wird sich sehr über die Nachricht von dir freuen! Es ist schön, dass deine Tage neben deinen Berichten und der allgemeinen Verwaltung auch mit anderen wunderbaren Dingen angereichert sind. Lass uns bei der nächsten Cena einen Becher Wein erheben und im Geiste auf das Gelingen sämtlicher Pläne anstoßen, auch wenn ich dem Wein seit dem letzten Saturnalienfest erst einmal abgeschworen habe. Dabei hast du wirklich etwas verpasst! Ich weiß zwar nicht mehr genau, wer den Rätselwettbewerb gewonnen und zum Rex Bibendi erhoben worden ist, doch ich weiß noch sehr genau, dass es wirklich eine rauschende Feierlichkeit gewesen ist. Doch nun will ich nicht mehr damit fortfahren, bei dir ein etwaiges Heimweh zu schüren, sondern mit den besten Grüßen an dich verbleiben!
Mögen die Götter dich hüten und ihr Wohlwollen über dir ergießen!
Dein
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P.S. Es ist mir zwar peinlich, diese Zeilen anzufügen, doch wenn du noch Geld übrig hast und sagen wir einmal etwas davon entbehren könntest, dann wäre ich dir überaus dankbar. Wie gesagt, es läuft alles ganz fantastisch und du musst dich auch nicht sorgen.