Wieder durchläuft ein kalter Schauer der Angst Livias Körper, als er sich an ihrem Gürtel zu schaffen macht. Sie spürt wie das Unvermeidliche immer näher rückt. Ihre Angst gesteht sie sich selbst inzwischen ein, doch sie weiß nicht, wie sie damit umgehen soll. So beißt sie vorerst nur fest die Zähne zusammen und verfolgt Hungaricus' Tun mit besorgten Blicken. Insgeheim spürt Livia, wie ihre sonst so gut funktionierende Fassade immer mehr zu bröckeln beginnt, doch sie sieht sich außer Stande etwas dagegen zu tun. Als der Knoten geöffnet ist, will ein Teil von Livias Anspannung schon von ihr abfallen. Doch für sie überraschenderweise zieht Hungaricus sich plötzlich aus und steht nackt vor ihr. So schnell hat Livia damit nicht gerechnet und sie zieht erschrocken die Luft ein. In ihrer Verblüffung mustert sie seinen Körper eingehend, ohne das Gesehene wirklich verarbeiten zu können. Er erscheint ihr mit seiner überlegenen Körpergröße, den breiten Schultern und den muskulösen Armen plötzlich noch größer, stärker und übermächtiger als zuvor. Deutlich sieht Livia ihm an und es wird ihr nur allzu bewusst, dass er ihr an Stärke weit überlegen ist. Sie kommt sich ungewohnt klein und schwach vor, ein leichtes Zittern geht durch ihren Körper als er an ihrer Tunika zupft. Es erscheint Livia weit außerhalb des Möglichen, dass nun auch sie sich vor seinen Augen entkleiden soll. Mit den Armen umklammert sie schützend ihren Oberkörper, weicht einen Schritt zurück und sieht ihn mit großen Augen an, als verlange er Unmögliches von ihr.
Doch dann erwacht Livias innere Stimme der Vernunft wieder zum Leben und sie versucht sich wieder zusammenzureißen. So schlimm kann das Ganze schließlich nicht sein, wenn die anderen Frauen es auch durchstehen. Manchen scheint es immerhin sogar Spaß zu machen. Sie atmet tief ein, um wieder Mut zu fassen. Dann versucht sie sich vorzustellen, es sei nicht anders als an einem ganz normalen Tag in den Thermen, als wäre sie im Apodyterium und kleidete sich für ein anschließendes entspannendes Bad aus. So greift sie zum Saum ihrer Tunika, schließt ihre Augen und zieht sich schließlich unter dem Aufbringen von viel Überwindungskraft und Selbstbeherrschung aus. Den Stoff lässt Livia wie gewohnt achtlos zu Boden fallen. Noch immer mit geschlossenen Augen beginnt sie außerdem die Haarnadeln und vittae aus ihrer Frisur zu lösen und legt sie seitlich ab. Mit geübtem Handgriff streicht sie ein paar Mal durchs Haar, so dass es ihr wieder lang und glatt über die Schultern fällt. Erst jetzt wagt Livia wieder die Augen zu öffnen und Hungaricus anzusehen. Die Angst kriecht wieder in ihr Herz zurück und macht sich in einem Zittern am ganzen Körper bemerkbar. Unwillkürlich schlingt sie die Arme um ihren Oberkörper, als würde sie frieren. Mit großer Willensanstrengung unterdrückt Livia das Zittern und sieht Hungaricus wieder stumm und fragend an. Sie ahnt, dass sie sich nun auf das Bett begeben sollte, doch ihr Körper scheint wie gelähmt.