Beiträge von Tiberia Livia

    Noch immer ganz mit ihrer Entdeckung beschäftigt fixiert Livia nun das, was vom Essen noch übrig geblieben ist. Ein weiterer Schluck Wein aus ihrem Becher wird seiner Bestimmung zugeführt, bevor sie ihren Gemahl mit großen Augen ansieht. Immerhin hat er ganze zwei Portionen gegessen und die Worte des Artikels stehen ihr plötzlich deutlicher in Erinnerung als je zuvor. Hinzu kommt die Hitze des Weins und der Verlegenheit, die sich in ihr stärker auszubreiten beginnt, und die sie eindeutig der Wirkung des Gerichts zuschreibt. Livia spürt ein merkwürdiges Kribbeln und weiß nicht so recht, wie sie damit umgehen soll.


    "Hast du nicht auch die Rezepte gelesen? Pollux, der Gallier, hatte einen Leserbrief bekommen..."

    Mit einem leicht erstaunten Lächeln beobachtet Livia die Irrwege des Architekten und nickt ihm bei seinem endgültigen Abgang freundlich zu.


    "Vale."


    In aufrechter Haltung, die Hände vor sich zusammengelegt steht sie noch einige Augenblicke länger im Atrium und blickt dem Griechen nachdenklich nach. Allein ein leichtes Lächeln umspielt ihre Mundwinkel, als sie sich schließlich von ihren Gedanken losreißt und sich zurück auf ihr Zimmer begibt.

    Livia hat einen anstrengeden Tagesbeginn hinter sich. Zwar ist der Haushalt der Casa Vinicia nicht direkt an den Feierlichkeiten zu Hungaricus Verabschiedung beteiligt, doch ist die Aufregung bei den Sklaven dennoch groß. Mit vereinten Kräften werden die Herrin und die beiden Herren der Casa auf das große Ereignis vorbereitet. Lucianus hat das Haus als erster verlassen und als zweite ist Livia an der Reihe. Hungaricus hat sich zu ihrer ausnahmsweisen Erleichterung für seine Rüstung entschieden, so dass sie sich um sein Ankleiden keine großen Sorgen mehr machen muss. Bereits am Vortag ist alles vorbereitet und auf Hochglanz gebracht worden. So kann sie sich am heutigen Tag ganz auf ihre eigene Vorbereitung konzentrieren. Nach einem intensiven Aufenthalt im Bad wird Livia von zwei Sklavinnen in eine neue Tunika gekleidet. Es ist teurer, hochwertiger Stoff, dessen Saum von schmalen, goldenen Stickereien eingefasst ist und von ebenso kostbaren Fibeln zusammengehalten wird. Dazu trägt sie eine dunkle, weinrote Stola, deren Farbton sich in ihren Granat-Ohrringen wiederspiegelt. Das Haar wird zu feinen Zöpfen geflochten und in einer kunstvollen Frisur hochgesteckt. Zu den Ohrringen passende Haarnadeln mit Granaten werden eingearbeitet und fixieren so die aufwendige Arbeit. Zum Schluss tut die Schminksklavin ihre Arbeit und vollendet das Werk durch ein dezentes Make-Up. Livia atmet erleichtert auf, als die ganze Tortur endlich ein Ende hat. Sie ist gerade mit allem fertig, als auch schon die angekündigte Eskorte der Prätorianer vor der Tür steht. Livia sieht noch kurz nach ihrem Gemahl, dessen Vorbereitungen ebenfalls nach Plan zu laufen scheinen, und folgt den Soldaten dann nach draußen. Sie nimmt in ihrer Sänfte Platz und wird flankiert von dieser ungewohnten Leibgarde durch Rom geleitet.


    An einem etwas ruhigeren Ort wird die Sänfte auf dem Marsfeld, in der Nähe der Ehrentribüne, abgesetzt, damit Livia die restlichen Meter zu ihrem Platz zu Fuß bestreitet. Einige der Ehrengäste sind dort bereits eingetroffen, so dass sie dem ein oder anderen Bekannten grüßend zunickt. Die Prätorianer führen sie zu ihrem Platz, wo sie sich schließlich erleichtert niederlässt. Livia ahnt, dass sie hier noch geraume Zeit wird ausharren müssen, bis der Fokus der Veranstaltung sich überhaupt hierher verlagert. So übt sie sich in Geduld und einem gelassenen Lächeln, während sie den weiteren Verlauf der Feierlichkeiten abwartet.

    Livia verdreht nur stumm die Augen und wendet sich dann leicht kopfschüttelnd wieder ihrer Mahlzeit zu. Ob er tatsächlich erwartet hat, mit einer Senatorin als Gemahlin ein schüchternes Duckmäuschen zu bekommen, das all seine Entscheidungen ohne zu Überlegen und ohne Widerworte akzeptiert? Sie entscheidet sich um des schönen Abends Willen dagegen, sich auf diese Auseinandersetzung einzulassen. Der Herr hat so beschlossen, dann wird der Herr es so auch machen. Das äußerst zarte Lammfleisch ist an der Reihe, will ihr in dieser angespannten Stimmung aber nicht mehr so recht schmecken. Einigermaßen lustlos isst sie einige Bissen und spült diese immer wieder mit reichlich Wein herunter. Je mehr sie letzterem zuspricht, desto mehr steigt ihr dieser auch schon zu Kopf. Doch sich innerlich noch immer über ihren Sturkopf von einem Mann aufregend, vergisst sie ganz das Maß einzuhalten. Stumm verzehrt Livia den Rest ihrer Portion mit reichlich Wein. Erst als sie geendet hat, schiebt sie den Teller wieder beiseite, nimmt ihren Becher zur Hand und sieht erst jetzt wieder zu Hungaricus hinüber. Die unterdrückte Wut hat sie inzwischen einigermaßen erfolgreich vertreiben können und ihr Tonfall ist beherrscht, als sie ein möglichst unverfängliches Thema anzuschneiden versucht.


    "Hast du..." Genau in diesem Moment fällt Livia ein, wo und in welchem Zusammenhang sie schon einmal von diesem Rezept gehört hat. Der Streit von eben ist plötzlich vergessen. Sie klappt ihren Mund verblüfft wieder zu und sieht erstaunt auf das noch übrige Essen. Anschließend wandert ihr Blick zu Hungaricus und ein wenig Besorgnis mischt sich in ihre Miene. "...die letzte Ausgabe der Acta Diurna gelesen?" vollendet sie ihren Satz nun völlig anders, als sie ihn ursprünglich geplant hat. Jetzt, wo sie sich an die Worte des Kochs im Artikel erinnert, bildet sie sich ein auch die zugehörige Wirkung zu spüren. Die Hitze steigt Livia, begleitet von leichter Röte, in die Wangen und sie mag der ganzen Angelegenheit nicht wirklich trauen. Verwirrt trinkt sie noch einen weiteren Schluck Wein.

    Livia hat gerade erst die Hälfte von ihrem Teller leer gegessen, als sie ob seiner Worte urplötzlich davon ablässt und irritiert zu ihm aufsieht. Mehrere Sekunden ist sie sprachlos, schluckt dann den Bissen herunter, welchen sie gerade im Mund hat und sieht ihn dann immernoch verständnislos an.


    "Wie bitte? Die Mitgift wird nicht angerührt?" Sie zieht die Augenbrauen leicht genervt zusammen. "Wir haben das doch schon vor langer Zeit genau besprochen. Meine Mitgift sollte in genau diesem Landgut angelegt werden, um eine sinnvolle Verwendung für das Geld zu haben. Weshalb hast du es dir denn nun wieder anders überlegt? Was sollen wir denn sonst mit dem vielen Geld machen? Es nutzlos herumliegen lassen?"


    Ein leichter Vorwurf ist angesichts des Erstaunens deutlich aus ihrem Tonfall herauszuhören. Hungaricus noch einige Sekunden vollkommen überrascht anstarrend, wendet sie sich anschließend wieder ihrem Wein zu, trinkt den Becher leer und lässt sich sogleich nachschenken. Dann isst sie weiter von ihrem Fenchel, der ihr ausnehmend gut schmeckt, trotz noch anhaltender Irritation durch die Worte ihres Gemahls.

    Und schon erstickt er den letzten verzweifelten Funken Hoffnung Livias, dass sie die Reise hätte allein antreten können. Äußerlich bleibt sie dem gegenüber jedoch unberührt und nickt nur verstehend.


    "Dann werde ich mich um die Vorbereitungen der Reise kümmern. Gibt dein Terminplan dazu irgendetwas vor? Dass wir erst nach deiner Verabschiedung fahren, versteht sich von selbst und die Termine des Senates kenne ich natürlich auch."


    Sie wartet geduldig, bis Ursus das Essen serviert hat, ihre eigene Portion neugierig besehend. Noch immer ist Livia sich ganz sicher, von diesem Gericht irgendwo schon einmal gehört zu haben. Doch noch immer will es ihr einfach nicht einfallen. So schweigt sie und probiert einen kleinen Bissen, selbigen mit einem anerkennenden Nicken zögerlich kommentierend. Dann trinkt sie wieder etwas von dem neuen Wein, an dessen Geschmack sie sich inzwischen einigermaßen gewöhnt hat. Erst jetzt beantwortet sie die vielen Fragen ihres Gemahls.


    "Die Angelegenheit kostet uns nur meine Mitgift. Sei unbesorgt, Marcus, du wirst dafür nicht weiter auf deine Geldreserven zurückgreifen müssen. Es sollen sechs Villen erbaut werden, auf der Halbinsel von Misenum. Darüber hinaus ist das Land bis heute unbebaut. Von jedem der Grundstücke aus gibt es selbstverständlich freien Blick auf das Meer. Genaue Zahlen sind mir nicht bekannt, doch der Architekt versicherte mir, dass die Entfernung zu den jeweiligen Nachbarn ausreichend ist, um Ruhe und völlige Ungestörtheit zu gewährleisten. Für gelegentliche Besuche und vielleicht auch einen Gang in die Stadt Misenum selbst sollen die Wege dennoch nicht zu lang sein. Anbauten oder Nebengebäude sind bislang nicht in den Plänen enthalten. Auf meine Nachfrage hin versicherte er mir jedoch, dass diese Möglichkeiten problemlos zur Verfügung stünden. Da wir noch zu den ersten gehören, die von diesem Angebot Gebrauch machen, werden wir uns unser Grundstück sogar noch frei aussuchen können. In Bezug auf mögliche Nachbarn scheint Senator Helvetius Geminus ebenfalls Interesse an einem Grundstück gezeigt zu haben. Ein Vertreter der Stadtverwaltung sprach mir gegenüber sogar von der Augusta, betonte aber dass dies bislang äußerst unbestätigt sei. Es steht die Idee im Raum, die Räumlichkeiten entsprechend der Metamorphosen Ovids zu gestalten. Mir persönlich sagt dieser Gedanke sehr zu. Was hältst du davon? Im Übrigen bin ich mit dem Architekten so verblieben, als dass wir alles weitere dann in Misenum vor Ort besprechen werden."


    Livia feuchtet ihre trockene Kehle mit einem großen Schluck verdünnten Weines wieder an und widmet sich dann ihrem Essen, um ihren Hunger zu stillen und Hungaricus die Gelegenheit zu einer Antwort zu geben.

    Seine gewohnte Wortkargheit überzeugt Livia wieder von der nicht außergewöhnlichen Natur des heutigen Abends und sie wendet ihre Aufmerksamkeit wieder dem Wein zu, von dem sie nun nachdenklich einen Schluck trinkt. Insgeheim versucht sie dessen Geschmack zu analysieren und den Grund für die offensichtliche Veränderung ausfindig zu machen. Auch schweifen ihre Gedanken immer wieder zu dem von Ursus genannten Gericht, dessen Namen sie ganz sicher irgendwo schon einmal gehört zu haben glaubt. So sieht sie noch immer nachdenklich in ihren Weinbecher, als seine Frage in ihr Bewusstsein vordringt.


    "Hmm... Angenehm... Ich kann nicht klagen."


    Sie reißt sich von ihren Überlegungen los und blickt zu Hungaricus auf, den Ansatz eines Lächelns sehen lassend. Durchaus bemerkt Livia, dass er müde und abgespannt aussieht. Doch da dies keinen Unterschied zu jedem anderen Abend darstellt, lässt sie sich nicht dadurch irritieren. Die Tatsache, dass er sich die notwendige Entspannung wie gewöhnlich bei jemand anderem holen würde, ist ihr nur allzu bewusst und hält ihr Mitleid in Grenzen.


    "Von besonderen Ereignissen weiß ich dir nichts zu berichten. Allerdings schreiten die Vorbereitungen bezüglich unseres geplanten Landgutes bei Misenum voran. Ich hatte ein aufschlussreiches erstes Gespräch mit dem Architekten. Wir sollten uns in Bälde einen Termin für die Reise überlegen, um dort das Weitere zu besprechen. Wirst du mich überhaupt begleiten, oder überlässt du mir vollkommen freie Hand in allen Entscheidungen?"


    Ein leichtes Schmunzeln umspielt ihre Mundwinkel, da sie letzteres nicht wirklich glaubt. Erneut hebt Livia den Weinbecher an ihre Lippen und trinkt einen neugierigen Schluck von dem mysteriösen Wein.

    Livias Augenbrauen wölben sich leicht, als sie den Namen des Gerichts vernimmt. Die Kombination kommt ihr bekannt vor, doch sie kann sich noch nicht so recht entsinnen, woher. Sie kann sich nicht erinnern, es selbst schon einmal gegessen zu haben. Doch es klingt nach einer guten Kombination, so dass sie langsam nickt.


    "Das klingt sehr gut. Danke, Ursus."


    Sie nimmt den Wein entgegen und trinkt einen kleinen Schluck. Ein verwunderter Blick in den Becher folgt, da er heute anders zu schmecken scheint als sonst. Gerade will Livia den Sklaven fragen, da betritt auch Hungaricus schon den Raum und sie verkneift es sich. Falls sie sich irrt, will sie nicht schon wieder als Stümperin vor ihm dastehen und überlässt ihm diese Entdeckung daher lieber selber. Sein Kompliment nimmt Livia mit einem erfreuten, leichten Lächeln entgegen.


    "Ja, tatsächlich. Ich danke dir. Wie war dein Tag?"

    Der Scriba nimmt die Tafel wieder entgegen, wirft einen kurzen Blick darauf und steckt sie dann wieder weg. Er ist einigermaßen erleichtert, dass der Senator tatsächlich schon eigene Träger mitgebracht hat. Anderenfalls hätte er sich wohl selbst etwas überlegen müssen, wie die Sänfte zu ihm nach Hause zu schaffen sei. So lächelt er besonders freundlich, als er sich von Macer verabschiedet.


    "Wunderbar. Sehr gerne, ich werde es allen Beteiligten ausrichten. Ich wünsche dir, wohl im Namen der ganzen Redaktion, viel Freude mit deinem Gewinn und hoffe, dass du Verwendung dafür findest."

    Livia nickt nachdenklich. Die Worte des Architekten leuchten ihr ein. Sie nimmt sich vor, das Thema bei ihrem Gemahl baldmöglichst anzusprechen. Auch die Reise nach Misenum gilt es vorzubereiten und sie ahnt, dass bis dahin auch ihrerseits noch einiges zu überlegen und bedenken sein wird. Mit den sich ergebenden Fragen wird man vor Ort sicher geraume Zeit verbringen können.


    "Im Gegenteil, ich danke dir für deine Zeit. Deine Antworten haben mir nun schon ein großes Stück weitergeholfen und ich fühle mich endlich in der Lage auch konkretere Pläne mit meinem Mann zu besprechen. Ich denke, das weitere können wir anschließend in Misenum erörtern."


    Auch sie erhebt sich, um sich mit einem höflichen Lächeln von ihm zu verabschieden.


    "Ich wünsche dir eine gute Weiterreise und bei deiner Arbeit gutes Gelingen."

    Frisch gebadet und sorgfältig hergerichtet betritt Livia das Triclinium. Erfreut erblickt sie ihren Lieblingssklaven Ursus und lächelt diesem freundlich zu. Nach einer äußerst angenehmen Zeit im Bad der Casa ist sie ausnehmend guter Laune und freut sich auf das bevorstehende Abendmahl. Sie trägt eine neue, äußerst kostbare Tunika aus besonders leichtem, hellem Stoff. Diese ist zweimal locker gebunden und schmiegt sich weich um ihren Körper. Auf eine Stola oder Palla hat sie angesichts der hohen Temperaturen verzichtet, da sie für den heutigen Abend ohnehin keine Gäste mehr erwarten. Stattdessen trägt sie zwei schlichte Armreifen um ihre Oberarme und ein schmales Kettchen um das rechte Handgelenk. Passende Ohrringe mit funkelnden Smaragden komplettieren das Bild und spiegeln sich in den zugehörigen Haarnadeln ihrer Frisur wieder. Zielstrebig geht Livia auf ihren Platz zu, zieht die Sandalen geschickt aus und legt sich elegant auf der Kline nieder. Mit wenigen Handgriffen ist der Sitz der Tunika der Liegeposition angepasst und erwartungsvoll blickt Livia zu Ursus auf.


    "Was wirst du uns heute abend denn für Köstlichkeiten servieren?"

    Auch Livia setzt sich, ihr Gegenüber freundlich anblickend. Aus der produktiven Zusammenarbeit mit ihrem ehemaligen Scriba hat sie sich eine durchaus positive Meinung von ihm gebildet.


    "Es freut mich sehr, dass es dir so gut ergeht. Das klingt wahrlich nach einer Menge Arbeit, die du dir momentan zumutest. Ich hoffe, dass du trotzdem noch die ein oder andere freie Minute findest und auch ausreichend Zeit für deine Familie erübrigen kannst. Für meinen Teil empfinde ich es als äußerst angenehm, dass der Stress für mich jetzt wieder nachlässt. Die Arbeit in der Acta Diurna und dazu das Führen dieses Haushaltes nehmen allein schon viel Zeit in Anspruch."


    Die Amphore hat sie selbstverständlich bereits erblickt und auch schon eigene Vermutungen angestellt. Die Tatsache, dass es sich um ein eigenes Erzeugnis und somit ein durchaus persönliches Geschenk handelt, lässt erneut ein leichtes Lächeln auf ihrem Gesicht erscheinen. Sie beugt sich etwas vor und nimmt das Gefäß vorsichtig entgegen, es interessiert betrachtend und dann sachte neben sich auf dem Tisch abstellend.


    "Oh, ich danke dir. Ich bin schon sehr gespannt, ob der Wein auch das hält was du versprichst. Wobei ich allerdings zugeben muss, dass mein Gemahl der eigentliche Weinkenner in unserem Haus ist. Seine Bestrebungen mir dies ebenfalls beizubringen, befinden sich noch immer in ihren Anfängen."


    Sie lächelt leicht und nickt ihm dankend zu. In diesem Moment tritt wieder einer der Haussklaven hinzu und stellt ein Tablett mit Bechern, sowie zwei Karaffen auf den Tisch. In einer von ihnen befindet sich Wein, in der anderen Wasser.


    "Sollen wir dein Geschenk gleich kosten, oder möchtest du lieber den favorisierten Wein meines Gemahls probieren? Es handelt sich um einen Illyrer. Ich bin mir sicher, dass er dir schmecken wird."


    Fragend sieht Livia ihren ehemaligen Scriba an.

    Livia hat ein Bad genommen und wird gerade von ihrer Leibsklavin frisiert, als die Nachricht von dem Besucher sie erreicht. Die Sklavin eilt sich und wenige Minuten später betritt die Patrizierin das Atrium mit einem freundlichen Lächeln. Sie trägt eine helle Tunika und darüber eine dunkelgrüne Stola, deren Ränder mit schlichten, goldenen Borten abgesetzt sind. Livia geht auf Balbus zu und begrüßt ihn höflich.


    "Salve. Was führt dich zu mir?"

    Der Scriba schaut ein wenig besorgt, als der Senator seinen Gewinn nun plötzlich doch so genau in Augenschein nimmt. Er hofft inständig, dass Macer keinen Grund zur Beanstandung findet und versucht seinerseits einen fachmännischen Blick aufzusetzen und unauffällig eigene Beobachtungen anzustellen. Er selbst ist jedoch ebensowenig ein Experte auf dem Gebiet des Sänftenbaus, so dass er weder gute noch schlechte Eigenschaften finden kann. Entsprechend erleichtert atmet er auf, als der Senator sich zufrieden zeigt. Der Scriba lächelt und nickt eifrig.


    "Es freut mich, dass sie dir gefällt. Die Auctrix und die Auctrix PPA haben die Sänfte höchstpersönlich ausgesucht," verfällt er plötzlich in einen Plauderton. "Einen ganzen Tag haben sie bei den verschiedensten Sänftenhändlern zugebraucht, bis sie endlich auf einen kleinen Handwerker auf dem Aventin gestoßen sind. Dort haben sie wohl stundenlang mit dem Sänftenbauer verhandelt und besprochen, wie er die Sänfte zu bauen hat."


    Die Tatsache, dass die Auctrix PPA den Preis noch um die Hälfte heruntergehandelt hat, verschweigt er dem Gewinner lieber.


    "Anschließend waren sie bis in den Abend noch auf den Märkten unterwegs und haben sich bei den verschiedensten Stoffhändlern nach der aktuellen Ware erkundigt."


    Was der Scriba nicht weiß ist, dass die Auctrix von dem ausgewählten Muster nicht so ganz überzeugt gewesen ist. Die Aucrix PPA jedoch hat sich mit ihrem unvergleichlichen Gespür für Mode und der diesbezüglichen Hartnäckigkeit und Überzeugungskunst souverän durchgesetzt. So antwortet er direkt auf die nächste Frage des Senators.


    "Natürlich. Wenn du deine Träger dabei hast, dann kannst du sie sofort mitnehmen."


    Er kramt eine frische Wachstafel hervor, kritzelt eilig ein paar Worte darauf und reicht sie Macer.


    "Wenn du den Empfang hier bitte noch bestätigen könntest, dann wäre damit auch alles erledigt."

    Wie relativ häufig in letzter Zeit sitzt Livia gerade nachdenklich bei einem Becher Wein in ihrem Cubiculum, als der Ianitor ihr von dem Besucher berichtet. Sich rasch aus ihren Gedanken reißend überprüft sie ihr Aussehen kurz in einem kleinen Bronzespiegel, lässt von ihrer Sklavin noch die ein oder andere Haarsträhne ihrer Hochsteckfrisur zurechtzupfen und begibt sich dann ruhigen Schrittes in das Atrium. Dem Sklaven hat sie Wein und Wasser zu holen befohlen. Sie selbst trägt eine gewohnt schlichte Tunika, in einem gedeckten Weiß, und dazu eine Stola von dunklem, sattem Grün. Sie ist farblich passend, aber dezent geschminkt. Mit einem freundlichen Lächeln begrüßt Livia ihren ehemaligen Scriba.


    "Salve, Artorius. Es freut mich, dich wieder zu sehen. Bitte, setz dich. Wie ist es dir ergangen?"


    Einladend deutet sie auf einen von drei Korbstühlen, die an der Seite des Atriums um einen kleinen Tisch aufgebaut sind.

    Hiermit nehme ich Iulia Helena als Subauctrix neu in die Redaktion der Acta Diurna auf. Sie hat bereits in der jüngeren Vergangenheit die Ausgaben der Acta Diurna mit ihren Artikeln bereichert und wird sich künftig schwerpunktmäßig der Gesellschaft Roms, sowie verschiedenen aktuellen Ereignissen widmen.


    Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit und die daraus entstehenden Artikel.


    Die Auctrix.

    Wortlos sieht Livia ihrem Mann nach und starrt auch als er längst verschwunden ist, noch eine ganze Weile regungslos auf die verschlossene Tür. Das Gespräch ist für sie vollkommen anders als erwartet verlaufen. Sie hat einige Seiten an Hungaricus entdeckt, die ihr völlig neu sind, und die sie erst einmal verarbeiten muss. Dennoch wandern ihre Gedanken auch immer wieder zu der ihr nun definitiv bevorstehenden Nacht. Insgeheim gibt sie sich selbst gegenüber inzwischen zu, dass sie eine nicht zu ignorierende Angst verspürt. Nach außen hin will sie diese jedoch so gut es geht verbergen, auch wenn ihr das wahrlich nicht immer gelingt. Sie fasst den Entschluss, dass sie sich am betreffenden Abend großzügig des Weines bedienen wird, um sich schlicht und ergreifend Mut anzutrinken. Vielleicht würde der Schmerz dadurch auch weniger ins Gewicht fallen. So greift sie auch jetzt wieder seufzend zu ihrem Becher und trinkt einen großen Schluck. Nachdenklich bleibt Livia auf diese Weise noch noch lange sitzen. Einen Großteil des Weines führt sie sich bis spät am Abend noch zu Gemüte, bis sie sich schließlich in sich gekehrt und deutlich angeschlagen ins Bett begibt und in einen unruhigen Schlaf fällt.

    Livia atmet einmal tief durch. Wieder ist es an ihrem Mann, sie zu überraschen. Perplex sieht sie ihn an. Nie wäre sie auf die Idee gekommen, dass er diesen Abstand allein aus Rücksicht auf sie selbst eingehalten hätte. Nie hätte sie gedacht, dass er überhaupt in irgendeiner Hinsicht so auf ihre Gefühle, Wünsche und Vorlieben achten würde. Einen Moment lang ist sie sprachlos und sieht ihn nur an. Sie weiß überhaupt nicht, was sie darauf erwidern soll. Ratlos hebt sie ein weiteres mal den Becher an ihre Lippen und trinkt einen nachdenklichen Schluck Wein. Scheinbar weiß er tatsächlich von diesen Schmerzen und offenbar will er wirklich nicht, dass sie allzu sehr darunter leiden muss. Plötzlich beginnt sie ihn ein klein wenig zu mögen und dieses Gefühl irritiert sie noch zusätzlich.


    "Oh..." beginnt Livia nicht sonderlich eloquent und mit entsprechend überraschtem Gesichtsausdruck. "Wirklich? Das ist... überraschend." Sie blinzelt kurz, um ihre Verlegenheit loszuwerden. "Ich werde mich bemühen... Gibt es denn auch etwas, das ich dazu tun kann? Ich meine... Hast du etwas an mir auszusetzen? Kann ich nicht irgendwie helfen? War es wirklich nur das? Nur, weil du dachtest, es sei mir so lieber?"

    Heiß und kalt durchläuft es Livia, als sie diese Worte vernimmt. Ihre Gedanken rasen noch immer um das von ihr Gesagte und um das, was sie möglicherweise noch hätte sagen sollen. Zwar hat er ihr nun überraschend in gewisser Weise zugestimmt, doch die Art und Weise wie er das sagt, lässt sie das kalte Grauen bekommen. Ein Teil von ihr hofft noch verzweifelt, dass sie seine Antwort irgendwie falsch interpretiert hat. Vorsichtig sieht sie wieder zu Hungaricus auf, atmet einmal tief durch und versucht sich wieder besser unter Kontrolle zu bekommen.


    "Was ist in Ordnung?"


    Sie hat noch so viele weitere Fragen. Wann? Wo? Wie? Wie oft? Wie lange? Wird es wieder so weh tun? Doch sie wagt es nicht, auch nur eine davon auszusprechen. Ein ungutes Gefühl macht sich in Livias Magen breit. Allein die Möglichkeit eines jetzt und hier jagt ihr unvermittelt Angst ein. Natürlich hat sie von vornherein gewusst, auf was diese Angelegenheit hinauslaufen würde, doch mit einer so schnellen Wendung und noch dazu dieser unmittelbaren Konfrontation mit ihren Ängsten hat sie nicht gerechnet.