Beiträge von Octavia Margarita

    Margarita zog noch immer grinsend die Tür wieder zu, doch diese schwang nach innen zurück. Bei näherer Betrachtung stellten sie fest, dass das Schloss noch in der Wand steckte. Margarita schaute sich um, nahm einen kleinen Ast und hielt ihn an die Türschwelle. Dann zog sie die Tür langsam zu, so dass der Ast schließlich unter der Tür steckte und sie daran hinderte, dass sie wieder aufging. Margarita blickte kritisch auf das Ergebnis. "Es wird kaum einer Überprüfung stand halten, aber ich schätze, wir stehen sowieso unter Beobachtung. Der Gärtner wird es schon richten."
    Sie stand auf und ging ein paar Schritte zum nächsten Raum. Dieser war glücklicherweise nur mit einem Riegel verschlossen und ließ sich leicht öffnen. Vorsichtig betrat Margarita den Raum und nahm erleichtert zur Kentniss, dass er mehr oder weniger staubfrei war.

    Könnten Blicke töten, so wäre Falco augenblicklich tot umgefallen. ;)
    So jedoch musste er nur kurz einen äußerst bösen Blick aushalten, dann wurde Margarita selbst von seinem Lachen angesteckt. Sie konnte nicht umhin zuzugeben, dass die Situation nicht einer gewissen Komik entbehrte. Lachend wischte sie sich einen Staubflecken von der Nase. "Wir sollten die Tür wieder fest verschließen."
    Sie trat aus dem Raum heraus und schüttelte ihre Tunika, so dass die letzten Staubreste in den Garten flogen.

    Wortlos und beeindruckt hatte Margarita die Türöffnung verfolgt. Sie schüttelte kurz den Kopf um ihre Augen von dem geborstenen Schloss zu lösen, als sie hinter sich ein Geräusch vernahm. Bliztartig drehte sie sich um und starrte angestrengt durch den Garten auf der Suche nach einem versteckten Liebespaar. Doch da war nichts. Sie drehte sich wieder um und folgte Falco in den Raum.
    Einige Sekunden blieb sie regungslos in der Mitte der Kammer stehen, während sich ihre Augen an das fahle Licht gewöhnten. Dann trat Margarita an ein Regal an der Wand und schaute über die dort gelagerten Dinge. Es handelte sich um einige Stöcke und Tontöpfe, auf denen sich bereits eine Staubschicht angelagert hatte. 'Hier sollte mal ein Cubicularius vorbei.' dachte sich Margarita und pustete das Regalbrett in ihrer Kopfhöhe an, um das Ausmaß der Verschmutzung zu prüfen.
    Sie sollte es noch im selben Augenblick bereuen. Eine gewaltige Staublawine rollte gegen die Regalwand und da es dort nicht weiter ging, wieder zurück und auf Margarita zu. Noch ehe sie ausweichen konnte, verschwand ihr Kopf zwischen den Staubpartikeln.
    Hustend und fluchtend wedelte Margarita mit ihrer Hand den Staub aus ihrem Blickfeld und drehte sich um. "Die reinste Gefahrenzone! Und das mitten im Palast! Ich glaube nicht, dass hier in den letzen Monaten jemand gewesen ist, es müsste schon Geist sein, der keine Spuren hinterlässt." Sich mit der einen Hand den Staub aus den Haaren schüttelnd deutet sie mit der anderen auf den Boden, wo Falco und sie deutliche Fußabdrücke in der dortigen Dreckschicht hinterlassen haben.

    Nachdenklich schaute Margarita ihn an. Das Personal konnte von Glück reden, dass Margarita nicht die Aufsicht über den Garten inne hatte. Sie würde etwaigen Liebespaaren schon zeigen, was es bedeutete sich während der Arbeitszeit zwischen dem Grünzeug zu verstecken.
    Sie ließ die Zweige wieder los, so dass der Busch zurück in seine natürliche Form fand. Mit einem Nicken deutete sie Falco an, dass sie weiter zu den Lagerräumen konnten.
    Der erste Raum brachte jedoch schon eine unangenehme Überraschung. Er war verschlossen. "Jetzt bräuchten wir die Brennnessel vielleicht doch noch?"

    In sich hineingrinsend geht Margarita los. Wenn es sich ersteinmal unter den Bediensteten herumsprechen würde, dass Helvetius Falco ihr heute bei der Suche nach den Öllampen half, dann würde ihr das zukünftig sicher etwas mehr Respekt bringen, vor allem bei den Bediensteten, die nicht sowieso unter ihrer Führung standen.
    Durch einen Gang und eine Seitentür verließen sie den Bereich der Officien und kamen direkt in den Garten.

    Auf der Suche nach den Öllampen samt ihres Inhaltes betraten Falco und Margarita das Gartenareal des Palastes. Die Sträucher und kleinen Bäume hatten ihre Blüten bereits gegen Fürchte ausgetauscht, die Blumen blühten jedoch auch im Sommer fleißig vor sich hin und verbreiteten ihre Düfte. Doch Margarita hatte heute keine Augen und keinen Sinn für Natur und Düfte, es sei denn den Duft nach Lampenöl. Noch befanden sie sich jedoch im reinen Gartenbereich und die Lampen würden kaum zwischen den Pflanzen vesteckt sein. Oder etwa doch?
    "Mhm." Sie trat an eines der Beete und schob ein Gewächs zur Seite, so dass sie die Erde sehen konnte. "Nein, wohl kaum." Sie blickte Falco an um zu sehen, ob er ebenfalls dieser Meinung war.

    "Da tust du ihm aber unrecht." Margarita schmunzelte. "Von Blüten und Knospen kann er seine Augen auch kaum abwenden."
    Der Gärtner mochte im Umgang mit Pflanzen ja ein begnadeter Mann sein, doch Margarita war er unsympatisch. Sie hatte genau ein einziges Mal versucht, ihm ein paar Blumen für die Vasen im Palast abzuschwatzen, danach war sie wieder dazu übergegangen, die Pflanzen auf dem Markt kaufen zu lassen. Normalerweise würde sie sich hüten, all zu tief in sein Reich einzudringen, doch mit Falco an ihrer Seite sollte es keine Probleme geben.
    "Wenn wir Glück haben, registriert er uns ebenfalls nicht."

    Bei seinen Worten über Iuno und Maximus musste Margarita unwillkürlich lachen. Danke, Victor. Und danke für den Besuch, ich habe mich sehr gefreut. Mögen die Götter auch dich begleiten, vor allem, wenn du wieder nach Germania zurückgehst."
    Sie begleitete ihn noch zur Tür. "Vale, Victor. Und grüße Maximus trotz allem von mir, falls du ihn sehen solltest." Sie schaute ihm noch nach, bis er um die nächste Ecke gebogen war und schloss dann die Tür.

    "Eine Zeugenaussage zu einer Sache, bei der du nicht anwesend warst?" fragte sie verwundert nach. Sie hoffte nur, dass er nicht in irgendwelche Illegalitäten verwickelt war, ging dann jedoch auf seine Frage ein. "Meistens ist es recht ruhig im Palast. Die kaiserliche Familie lebt zurückgezogen, selbst die Cubicularii bekommen sie nur selten zu Gesicht. Aber es ist dennoch eine gute Arbeit. Ich trage meinen Teil dazu bei, dass hier alles reibungslos läuft und ich bin stolz darauf, so nahe an unserem Imperator dienen zu dürfen."

    "Danke, das ist lieb von dir." Warum hatte Victor nur die Aufgaben als Pater Familias an Maximus weitergegeben. Unter seiner Hand wäre so etwas sicher nicht passiert. "Aber du kannst momentan nichts tun. Genauso wenig wie ich. Ich werde abwarten, was mein Bruder sagt. Vielleicht ist noch gar nichts beschlossen, und Commodus hat mich angelogen. Ich traue ihm das durchaus zu." Es würde dennoch nichts daran ändern, dass er sie nicht in Ruhe lassen würde.
    Margarita betrachtete ihren Cousin. Er schien sich nicht ganz wohl zu fühlen, daher beschloss sie, das Thema dabei zu belassen. "Aber sag, was führt dich nach Rom?"

    "Natürlich." Man sah die Ulpier schließlich so schon selten genug, sie schienen es also nicht gerade darauf anzulegen, viel Kontakt zum Palastpersonal zu haben.
    Sie folgte Falcos Wegbeschreibung auf der Karte. "Am besten fangen wir hinter dem Garten an. Dort ist am wenigsten los und auffällige Aktivitäten würden am ehesten übersehen werden."

    Beindruckt folgte Margarita Falco durch den Palast, in das Officium und wieder hinaus. Sie bedauerte es als Frau geboren worden zu sein, Praetorianer wäre ein Beruf ganz nach ihrem Geschmack.
    Sie beugte sich über den Plan und deutete auf ein kleines Rechteck zwischen Peristylium und Hippodromus. "Hier sind wir." Als sie sich den Plan so besah, wurde Margarita bewusst, dass es ziemlich viele Räume gab, in denen sie noch nie gewesen war. "Ich schätze im Wohntrakt gibt es die meisten Zimmer und Kammern, die selten genutzt werden. Allerdings wäre das schon ziemlich dreist, wenn jemand dort die Lampen aufbewahren würde. Andererseits, wenn es wirklich um einen Anschlag geht, dann wird dieser wohl auf die kaiserliche Familie abzielen, daher würde es Sinn machen, ein Feuer in der Nähe der Privaträume ausbrechen zu lassen." Sie schaute Falco fragend an.

    Margarita versuchte sich ihre Freude nicht allzusehr anmerken zu lassen, doch das Leuchen in ihren Augen konnte sie sicher nicht verbergen. "Natürlich."
    Sie überlegte, ob sie irgendetwas brauchen würde, doch ihr fiel nichts ein. Mit Falco an ihrer Seite konnte ihr nichts passieren und Öllampen für die dunkleren Räume standen schließlich genug im Palast herum.
    "Von mir aus können wir direkt loslegen." Gespannte Erwartung machte sich in ihr breit.

    'Simplex' schoss es Margarita sofort durch den Kopf. Aber nein, der wäre schon für das gesamte Verbrechen zu dumm. Oder etwa nicht? Vielleicht wartete er schon all die Jahre nur auf diesen Moment. Sie beschloss, ihn ganz besonders im Auge zu behalten.
    "Das wäre eine Möglichkeit. Vielleicht wurde der Zeitpunkt sogar ganz bewusst gewählt. Es muss angefangen haben, kurz bevor ich zum Praepositus ernannt worden bin. Möglicherweise hatte der Drahtzieher geglaubt, dass mir das Verschwinden nicht auffallen würde, weil ich keine Vergleichswerte kenne." Aber da hatte er sich gewaltig getäuscht.
    "Du kennst nicht zufällig diese ganzen unbekannten Räume und könntest dich einmal umschauen?" Ob Falco sie wohl mitnehmen würde? Sie wäre zu gerne dabei, wenn man den Täter inmitten seiner Öllampenvorräte sitzend überraschen würde.

    Es war ein ungeheuerlicher Plan, aber schon wieder so ungeheuerlich, dass er denkbar erschien. "Bei den Göttern, das wäre eine Möglichkeit. Aber wohin bringt er die ganzen Lampen? Ich zweifle nicht, dass es hier Räume gibt, von den ich nichts weiß, aber woher weiß er davon?" Die Vorstellung, dass sie einem gewaltigen Verbrechen auf der Spur sein könnten, beflügelte Margaritas Verstand geradezu.
    "Und warum riskiert er, entdeckt zu werden, dadurch, dass er die Gefäße nicht zurückbringt, wenn es ihm nur auf den Inhalt ankommt? Wäre es nicht unauffälliger, die Lampen zu leeren und wieder irgendwo abzustellen. Es würde sicher nicht auffallen, wenn ein paar Lampen die Nacht hindurch nicht brennen würden, weil sie leer sind."

    Margarita folgte Falcos Gedankengängen und war froh, dass sie ihm vertraut hatte. "Ein Indiz für die Echtheit der Palastlampen wäre der Händler. Unsere Lampen werden fast alle von 'Illumino Öllampen' gekauft und tragen den Stempel dieses Handels. Natürlich ist das kein Beweis, da wir kein Exklusivrecht haben und ich bezweifle, dass die Käufer etwas darauf geben würden. Aber zumindest für uns könnte dies nützlich sein, falls wir irgendwo doch noch auf ein großes Öllampenlager treffen sollten." Die Vorstellung eines gewaltigen Diebesnetzes von Palast-Öllampen-Räubern nahm in ihren Gedanken Gestalt an.
    "Wenn sich der Dieb sicher fühlt, meinst du nicht, dass es dann jemand sein muss, der tagein, tagaus im Palast ein- und ausgeht?" Es war eine furchtbare Vorstellung. Ein subversives Element mitten in den Heiligtümern des Imperators. Womöglich handelte es sich sogar um einen Cubicularius und Margarita arbeitete jeden Tag mit ihm. Es fröstelte sie am ganzen Leib bei diesem Gedanken, denn die Sicherheit, in der sie sich innerhalb des Palastes wähnte, wäre damit auf einen Schlag dahin.

    "Ja, es ist sein Recht, jemanden für mich auszusuchen. Aber er hatte kein Recht, diesen Handel schon abzuschließen. Immerhin kann ich noch ein Veto einlegen, und was macht er dann?" Sie schüttelte den Kopf. "Wenn es nur nicht Commodus wäre. Anfangs dachte ich, er ist ganz nett. Und meistens ist er das auch. Aber, er ist unberechenbar. Wenn etwas nicht nach seinem patrizischen Willen geht, dann rastet er vollkommen aus. Du hättest ihn erleben sollen, als ich ihm sagte, dass ich ihn nicht heiraten werde. Er... er führte sich auf wie Kerberos persönlich. Und das in einer Taverne mitten in Rom." Ein Schauer fuhr ihr bei der Erinnerung daran über den Rücken. Sie war sich noch immer nicht sicher, ob es wirklich eine gute Idee sein würde, seinem Drängen nachzugeben.

    Sie schaute ihn entschuldigend an. "Verzeih. Ich wollte dich nicht angreifen. Es ist nur... es macht mich so wütend. Jedesmal, wenn ich auch nur an Maximus denke, dann..." Hass war das Wort, das Margarita dann immer einfiel, doch sie wollte es nicht aussprechen. Sie zwang sich zu einem neutralen, gefühlslosen Tonfall. "Er hat mich verkauft." Es fiel ihr selbst auf, wie seltsam dies klang, also fügte sie hinzu: "Er hat mich seinem Kumpanen Aurelius Commodus zur Frau versprochen. Und von diesem dafür eine Menge Geld bekommen. Ohne mich überhaupt nur zu fragen, als hätte ich keinerlei Rechte. Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist. Ich habe ihm einen Brief geschickt, aber noch keine Antwort von ihm erhalten." Sie seufzte.

    Er wusste es. Worauf sonst könnte diese Frage abzielen. Viel lieber hätte Margarita mit ihm über Germanien gesprochen. Über die frische Luft. Oder darüber, was er hier in Rom machte. Doch seine Frage ließ ihr keinen Raum irgendwie auszuweichen, wenn sie überhaupt darüber reden wollte.
    "Irgendjemand trifft es wohl eher." sagte sie, nicht ohne einen gereizten Unterton in ihrer Stimme. Dann jedoch dachte sie sich, dass er selbst als Mitwissender nicht unbedingt mit Maximus Meinung übereinstimmen musste und sie fuhr in einem etwas besänftigteren Tonfall fort. "Hast du mit Maximus darüber gesprochen?"

    Lächelnd stand Margarita auf, als sie ihren Cousin erkannte. Das letzte Mal hatte sie ihn auf der Beerdigung ihres Onkels gesehen, doch seitdem hatte er sich nicht viel verändert. (=))
    "Victor, natürlich. Komm herein." Sie wies auf den zweiten Stuhl im Raum. "Wie geht es dir? Welche Neuigkeiten gibt es aus Germanien?" Ihr Buder kam ihr in den Sinn. Ob er Victor von seinen Plänen sie betreffend erzählt hatte? Unmerklich versteifte sie sich ein wenig.