"Ich liebe Codices. Doch ich hoffe, der Stoff ist nicht so trocken." Margarita schmunzelte und fing schließlich an, leise zu kichern. In ihrem Kopf enstand ein Bild von zwei nacketen Körpern inmitten von zerwühlten Pergamenten. Ein wenig erschrocken über sich selbst nahm sie den Becher Wein und trank ihn leer.
"Wir sollten besser gleich gehen. Am Abend lernt es sich am besten." Sie blickte Hungaricus an und musste sie sich beherrschen, nicht wieder zu kichern.
Beiträge von Octavia Margarita
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Sie nickte. "Ich werde dafür Sorge tragen. Vale." Margarita drehte sich um und verließ das Officium genauso schlau wie vorher. Es würde sicher vereinzelte Proteste gegen die Anweisung geben, doch die meisten Cubicularii hielten es sowieso wie Margarita und verließen den Palast selten, selbst wenn sie die Möglichkeit dazu hatten.
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Sie blickte auf die Liste und las jeden der Namen ganz genau. Aber sie hatte nichteinmal mit einer der Gentes je näher zu tun gehabt. Was nicht wirklich verwunderlich war, mit wem hatte sie schon näher zu tun gehabt. Ihr fielen nur zwei Gentes ein, aber keine der beiden wurde auf der Liste erwähnt.
"Nein, es tut mir leid." Sie schüttelte den Kopf, sich noch immer wundern, worauf er hinaus wollte. -
Margarita fiel ein Stein vom Herzen. Sie war in Gedanken noch halb beim Wohl des Kaisers, als Balbus schon das nächste Thema ansprach. Erst glaubte sie deshalb, dass sie den Sinn seiner Frage nicht ganz verstand, doch auch, als sie sich wieder ganz auf das hier und jetzt konzentrierte, wusste sie nicht, worauf dies abzielen sollte. Sie überlegte und knetete dabei geistesabwesend mit der Hand ihre Unterlippe. Dann blickte sie zu dem Praetorianer.
"Ich muss ehrlich gestehen, dass ich gar nicht genau weiß, wer alles in dieser Redaktion ist. Ich weiß nur, dass nach dem Ausscheiden von Didius Falco nun Tiberia Livia die Führung übernommen hat. Ich habe sie einmal kurz auf dem Markt getroffen. Wir haben über Öllampen gesprochen, die Vorzüge von metallenen Lampen und wie man gebrauchte Ware erkennen kann. Aber näher kenne ich sie nicht." -
Erstaunt hörte ihm Margarita zu. Ausgangssperre für die gesamte Dienerschaft. Es musste etwas Furchtbares vorgefallen sein. Margarita spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte. Hatte etwa der Öllampensammler doch noch sein Ziel erreicht? War dem Kaiser etwas passiert? Aber hätte sich das nicht bereits herumgesprochen? Und warum sollte dann jeder, der aus dem Palast geht einen Praetorianer als Begleitung mitnehmen? Nein, es musste etwas anderes sein. War am Ende der gesamte Hofstaat in Gefahr?
"Ich werde es weitergeben. Aber, erlaube mir bitte eine Frage. Dem Augustus geht es doch gut, oder? Ist er in Gefahr?" fragte sie Balbus besorgt. -
Zuerst glaubte sie schon, er würde wahrlich annehmen, dass sie sich für die Juristerei interessierte. Doch seine Reaktion ließ darauf schließen, dass er sehr wohl wusste, für was sie sich tatsächlich begeistert hatte.
"Ich halte es für keine gute Idee, in den Palast zu gehen. Jeder kennt dich dort. Und jeder zweite mich ebenfalls." Sie dachte einen Augenblick an die Casa Octavia. Doch sie war zu lange nicht dort gewesen, wusste nichteinmal, welcher Octavier wo im Reich verstreut war, geschweige denn wer momentan alles in Rom weilte. Nein, die Casa Octavia schied ebenfalls aus. -
Margarita öffnete die Tür und betrat das Officium.
"Salve! Ich soll mich hier melden." Sie reichte ihm den Zettel.
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Auf dem Weg von einem Ende des Palastes zum anderen lief Margarita an den Zimmern der Cubicularii vorbei und bemerkte, dass an beinahe jeder Tür ein Zettel hing. Auch an der zu ihrem eigenen Zimmer. Sie trat neugierig näher, nahm den Zettel von der Tür und las ihn.
"Merkwürdig." murmelte sie, beschloss jedoch die Sache sofort zu erledigen. Sicher ging es nur um eine Routineangelegenheit, Änderungen in den Sicherheitsvorschriften oder ähnliches. -
Mit dem Zettel von ihrer Tür in der Hand trat Margarita an das Officium heran und klopfte.
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Ein wenig verlegen blickte Margarita auf den Tisch vor sich. Der Wein zeigte auch bei ihr Wirkung, sie war es nicht gewohnt ihn unverdünnt zu trinken. Dennoch war sie sich nicht sicher, ob die Hitze, die durch ihren Körper wallte, nur vom Alkohol kam. Sie war sich ebenfalls nicht sicher, wie sie auf Hungaricus Komplimente reagieren sollte. Doch es schien ihm Freude zu bereiten und er schien es durchaus ernst zu meinen.
Sie blickte zu ihm auf und entgegnete selbstsicher: "Das Geld hast du ja bereits gegeben, indem du es in den Wein investiert hast. Dann können wir ja direkt mit der Übungsstunde beginnen." -
"Mattiacus? Nein, das wusste ich nicht. Nun, dann kann ich mir das Geld für die Privatstunden wohl sparen." Es klang herausfordernd und nur ein leichtes rötliches Schimmern machte sich auf Margaritas Backen breit. Es hätte ebensogut vom Wein kommen können.
Sie beugte sich ein wenig näher zu ihm herüber. "Auf die Götter würde ich in den Gerichten jedoch nicht hoffen. Wahrscheinlich bereiten ihnen diese Possenspiele sogar Vergnügen, wenn sie diese nicht sogar lenken. Wenn die Götter denn überhaupt existieren." Die letzten Worte verschwanden schon fast in Margaritas Weinbecher, den sie zum Trinken ansetzte und erst wieder nach einem langen Zug absetzte. -
Margarita lachte fröhlich auf. "Oh nein. Du magst Praefectus Praetorio sein, aber unser Kaiser, der Imperator Augustus steht immer noch über dir. Und auch er und seine Familie verdienen ein Maß an Privatleben, meinst du nicht?" Und damit war das Thema vom Tisch und das Problem wieder das Gleiche, wie zuvor. Politik schied ebenso als Thema aus wie das Palastleben, denn soweit Margarita wusste, war Hungaricus bei der Veneta. Und sie selbst interessierte sich nicht für ihre Factio.
Nicht, dass ihr das Schweigen sonderlich unangenehm gewesen wäre, doch Margarita trank bald einen Schluck um es zu überdecken. Sie blickte wieder Hungaricus an und fühlte ein wohliges Gefühl in sich aufsteigen. Bei ihrer ersten Begegnung im Gerichtssaal hatte sie diese Ruhe schon eimal gespürt, sie war förmlich von ihm auf sie übergesprungen. Und doch erzeugte sein Anblick heute mehr als nur Ruhe in ihr.
"Was machen die Gerichte Roms? Vor einiger Zeit war ja mal recht viel los, aber ich habe das Gefühl, die Prozessdichte ist wieder zurückgegangen. Und dabei habe ich schon mit dem Gedanken gespielt, Juristin zu werden. Ich hörte der Lehrer des Cursus Juris soll ein begnadeter Jurist und ausgezeichneter Lehrmeister sein." Sie lächelte ihn an. -
Nun hattes es Hungaricus doch noch geschafft, ein Lachen aus Margarita hervorzulocken. "Oh, du würdest dich wahrscheinlich wundern, was ich nicht alles aus dem Palat weiß. Sicher auch einiges, von dem du nichteinmal etwas ahnst." Sie lächelte ihn verschwörerisch an. "Aber auch ich darf dir nicht davon erzählen, sonst müsste mich jemand anderer töten."
Sie hob ihren Becher und stieß damit an den Seinen. "Salute." Sie blickte ihm in die Augen und vergaß dabei ganz den Wein. Seine Augen leuchteten und sie blickten Margarita so durchdringend an, dass sie das Gefühl hatte, dass es in Hungaricus Blick in diesem Moment nichts anderes mehr geben konnte als sie selbst. Hungaricus war um einiges älter als sie, und doch, oder vielleicht deshalb, fühlte sie deutlich die Anziehungskraft, die von ihm ausging.
Margarita schluckte und spürte auf einmal, wie heiß es in dem Raum war. Es musste vom Feuer kommen, denn den Wein hatte sie noch nichteinmal gekostet. Sie trank einen Schluck ohne ihn dabei aus den Augen zu lassen und stellte den Becher vor sich ab. -
Margarita nahm Platz schaute sich neugierig in dem Raum um. Er war gemütlich und geschmackvoll eingerichtet. Außer Hungaricus und ihr saßen nur zwei weitere Personen um einen Tisch, zwei Männer, die sich mit gedämpften Stimmen angeregt unterhielten. Ab und zu flogen ein paar Wortfetzen herüber, es ging um Thermen, die besten Privatlehrer Roms und die Themen der letzten Acta Diurna.
Sie war ein wenig erstaunt, dass Hungaricus sie danach fragte, wie sie ihren Tag verbracht hatte. Andererseits konnten sie ja nun nicht nur schweigend hier herumsitzen, da war es nur höflich von ihm zu fragen.
"Der Tag verlief recht ereignislos. Wie die meisten freien Tage, die ich habe. Ich war bisher ganz zufrieden im Palast. Ich meine, ich bin es noch. Meistens bleibe ich daher dort, auch wenn ich frei haben, und ziehe mich mit ein paar Schriftrollen zurück in mein Cubiculum. Die kaiserliche Bibliothek bietet genug Lesestoff für ein ganzes Leben."
Der Händler brachte zwei Gläser Wein. Margarita legte ihre Hände um das Glas, hielt es fest, drehte es ein wenig hin und her. Sie beobachtete die schimmernde Flüssigkeit. "Ja, in letzter Zeit war es tatsächlich aufregend im Palast. Diese Geschichte mit den Öllampen. Dann der Einbruch in das Officium des Legatus Augusti Curs Publicus." Nirgends war man mehr sicher.
Lächelnd blickte Margarita auf. "Das hat dir sicher auch einiges an Arbeit gebracht. Aber wahrscheinlich darfst du nicht darüber reden, nicht wahr?" Sie kannte das Problem von Marcellus. Unbewusst fing sie an, Hungaricus zu mustern und ihn mit Marcellus zu vergleichen. Er war ein wenig älter, aber mit den gleichen Vorzügen der Natur ausgestattet. -
Es gefällt Margarita, wie er sie so beiläufig mit einem Kompliment belegte. So etwas hörte man viel zu selten im Palast und von Commodus - wenn sie so darüber nachdachte, klangen alle Komplimente, die je aus seinem Mund gekommen waren nur noch wie eine Farce.
"Ein Becher Wein wäre nicht schlecht." Sie war sich nicht sicher, wie viel sie ihm erzählen würde, doch ein wenig Ablenkung würde ihr sicher gut tun. Und sie müsste ihm ja nichts von der geplanten Vermählung erzählen. Sie würde ein wenig über den Palast plaudern, nichts, was er nicht wüsste. -
Erschrocken drehte sich Margarita um, entspannte sich aber sogleich, als sie ihr Gegenüber erkannte. "Salve Praefectus Praetorio. Ja, Octavia Margarita. Ich habe heute meinen freien Tag und wollte nur noch ein wenig durch die Stadt spazieren." Sie lächelte schüchtern. "Ich komme ja sonst nicht so oft aus dem Palast. Und ob es hier in den Straßen viel gefährlicher ist, als dort, das wage ich zu bezweifeln."
Sie blickte ihn forschend an. Was machte er eigentlich zu dieser Uhrzeit in den Straßen von Rom? Sollte er nicht in der Castra Praetoria sein? Oder im Palast? Oder zumindest zuhause in seiner Casa? Margarita fröstelte. "Und was treibt dich zu dieser Zeit noch durch die Stadt?" -
Gedankenversunken schlenderte Margarita an ihrem freien Tag durch die abendlichen Straßen Roms. Ziellos, ohne eine Ahnung, was sie tun sollte. Durch ihren Kopf zogen Gedanken an Commodus und ihren Bruder Maximus. Noch immer wusste sie nicht, ob es wirklich eine gute Idee war, dem Heiratshandel zuzustimmen. Auch nach Maximus Brief war sie noch ein wenig sauer darüber, dass er sie verkauft hatte. Ohne sie überhaupt nur zu fragen.
Die Geschehnisse im Palast trugen das Übrige zu ihren Gedanken bei. In Rom war man nicht sicher, und nun nichteinmal mehr im Palast. Überall lauerte das Böse nur darauf zuzuschlagen. Attentäter, Diebe, Verbrecher. Margarita warf einen unauffälligen Blick hinter sich, zum Glück war niemand in der Nähe. Nicht weit von hier war sie dem Sklaven Sica begegnet. Ein Schauer kroch ihr bei dem Gedanken daran über den Rücken und ihre Nackenhaare stellen sich auf.
Sie beschleunigte ihren Schritt, warf einen Blick nach vorne und wurde sich ihrer Umgebung gewahr. Vor ihr lag der Tiber, eine Brücke überspannte seine blau-braunen Fluten. Margarita ging bis zur Mitte der Brücke und schaute auf das Wasser hinab. Ruhig und unschuldig floss es vor sich hin. Es hieß, das kalte Wasser würde den Körper so schnell umspülen, dass der Geist sofort in eine tiefe Ohnmacht fiel. Das Leben würde aus dem Körper weichen, ohne dass man es spürte. Nachdenklich betrachtete Margarita das Spiel der Wellen unter sich. -
"Neiiiin!" Margarita hörte sich selbst schreien, doch sie war unfähig sich zu rühren. Die Zeit schien sich zu dehnen und sie beobachtete wie die Öllampe langsam zu Boden fiel. Neben ihr spannte sich Falcos Körper, doch er würde die Lampe nicht rechtzeitig erreichen, bevor sie auf den Boden auftreffen, in tausend Stücke zerspringen und ihre Flamme das Öl am Boden entzünden würde. Margaria spannte ebenfalls alle Muskeln an, in Erwartung des gewaltigen Feuers, das sich jeden Moment im ganzen Raum verbreiten würde. Mit geweiteten Augen verfolgte sie, wie die Tonlampe auf dem Boden aufschlug.
Nichts Besonderes geschah. Die Lampe kam auf, hob sich nochmals wenige Millimeter vom Boden ab und kam dann auf einer Seite zum Liegen, doch sie zersprang nicht. Die Flamme brannte friedlich weiter. Margarita starrte erst auf die Lampe, dann auf den Sklaven, der ebenfalls wie hypnotisiert auf die intakte Lampe schaute.
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"Was war das?" Margarita lauschte. "Es kam von dort drüben." Sie liefen zu einer der Vorratskammern und Falco öffnete die Tür.
Margarita betrat hinter Falco den Raum und schaute irrtiert zu ihren Füßen hinab. Überall über den Boden lief Öl. Sie blickte wieder auf und den Küchensklaven an. Sie kannte ihn nicht, doch das war kein Wunder, sie kannte so viele Sklaven nicht, die hier tagein, tagaus durch den Palast wuselten. -
Auf ein Nicken Falcos hin ließen sie die Küche links liegen und widmeten sich direkt den angrenzenden Lagerräumen. Margarita hatte sich noch nie um diese gekümmert und war erstaunt, wie viele Lebensmittel im Palast gelagert wurden. Gemeinsam mit dem Praetorianer durchsuchte Margarita Regale und Kisten. Doch außer etwas verschimmeltem Käse fand sich nichts, was bedenklich gewesen wäre.
"Vielleicht sollten wir die Suche für heute beenden." Sie standen wieder auf dem Gang und Margarita wirkte niedergeschlagen. Es würde nochmal ein paar Tage dauern, bis sie den gesamten Palast durchsucht hätten. Und dabei war es nichteinmal sicher, dass sie auf der richtigen Spur waren.