"Essen und Laufen verträgt sich schlecht", entschied Menecrates, winkte einen Sklaven, trug ihm eine Bestellung für die Küche auf und wandte sich wieder an Faustus. "Wir machen es genauso, wie du es brauchst. Bin ich froh, dass du wieder daheim bist!" Er lächelte und wirkte glücklich. Sein Zuhause stellte gleichzeitig Faustus' Zuhause dar, was Menecrates heraushörte und ihn sehr freute. Das Lachen verschwand nur kurzfristig, als der Freund auf Menecrates' feuchte Kleidung hinwies. Der Claudier blickte an sich herab und erkannte den desolaten Zustand seiner äußeren Aufmachung. Wie mochten seine Haare liegen? Er strich über das Haupt, während er aufblickte und lachte.
"Zum Glück bin ich Zuhause und mich sieht sonst niemand außer dir. Ein Praefectus Urbi, der aussieht wie ein Straßenjunge, vermittelt am Ende die Botschaft, Rom stehe vor dem Untergang." Er schüttelte den Kopf über sich selbst, hörte aber Faustus weiter zu. Er wusste vorab, dass er gerügt werden würde und insgeheim gab er Faustus Recht. Eine Ausrede fiel ihm aber noch ein: "Ich habe kein Privatleben, weil ich kaum Familie habe, also arbeite ich." Er zuckte die Schulter, aber im nächsten Moment fiel ihm ein, dass zumindest eine neue Bewohnerin kürzlich in die Villa eingezogen war - zu allem Überfluss auch noch in Faustus' altes Zimmer. Er würde die Mahlzeit nutzen müssen, um sich eine annehmbare Lösung für das Dilemma einfallen zu lassen.
"Die Vögel und ich", wiederholte er versonnen. Ein zufriedenes Lächeln zeigte sich in seinem Gesicht. "Aber sie müssen frei sein und nicht gefangen."
Sein Arm wies Richtung Atrium und dort angekommen steuerte er auf die Sitzecke zu. Allerdings setzte er sich nicht, sondern hob die Arme an, damit er von Sklaven trocken getupft werden konnte. Während er sich abstützte, um beim Sandalenwechsel nicht das Gleichgewicht zu verlieren, wurde er gekämmt. "Setz dich doch, Faustus. Getränke kommen gleich."
Zum Abschluss wurde um Menecrates ein langes Laken gewickelt, das ihn warm hielt, und womit er sich wieder trocken fühlte. Zum Hinsetzen taugte es nicht, weil es die Beweglichkeit einschränkte.
"Sieh her, was tu ich nicht alles für dich." Er lachte. Um nichts in der Welt wäre er jetzt auf sein Zimmer gegangen, um sich baden und neu einkleiden zu lassen. Er nahm steif Platz und hörte den Erzählungen zu, während ein Sklave mit zwei Amphoren herantrat.
"Saft oder Wasser, Faustus?"
Ausgerechnet Land, Menschen und Klima gefielen dem Freund in Germania, was Menecrates wunderte. Als er in in dieser Provinz weilte, empfand er das Land dunkel, das Klima unwirtlich und viele Menschen seltsam. Gelangweilt hatte er sich hingegen nie, was bei einem Legatus auch nicht verwunderte. Einsamkeit, von der Faustus sprach, kannte der Claudier trotzdem gut. Sie erwischte ihn jeweils, wenn Familie und Aufgaben fehlten. Plötzlich horchte er auf.
"Du hast geerbt? Ein schlimmer Verlust?" Er konnte es nicht ausschließen, obwohl Faustus nie von Verwandtschaft sprach. Gleichzeitig musste Menecrates nur zuhören, denn Faustus redete weiter. Der Name des Erblassers kam ihm bekannt vor, was aber auch am Gensnamen liegen mochte, oder doch nicht? Er grübelte, dann fiel ihm eine andere Erklärung ein.
"Hatten wir nicht in der Praesina einen weiteren Helvetier? Erinnerst du dich?" Dass sie einen Namensvetter von Fausus hatten, dessen täuschte sich Menecrates nicht, aber er erinnerte sich nicht mehr an den vollen Namen.
Ein Tablett duftender Pastetchen wurde hereingetragen und Menecrates gab durch einen Wink zu verstehen, dass die Speise zuerst Faustus angeboten werden sollte. Süße und Würze stiegen zusammen mit Teigduft als kleine Wolken Richtung Faustus' Nase, denn der Sklave reichte das Tablett nah heran.
"Das ist ja spannend, Faustus. Worin besteht denn dein Erbe? Geld? Ein Haus? Betriebe? Bewegliches Gut? Sklaven?"