Beiträge von Herius Claudius Menecrates

    Er wirkte entspannt, als er Purgitius zuhörte. Zuweilen nickte er. Die Motivation stellte er bei Lurco nie in Frage, aber an der Beherrschung der jeweiligen Lage und einem korrekten Auftreten mussten sie noch arbeiten.


    "Passend zum Optio ab actis wirst du zukünftig deinen Dienst in meinen Vorzimmern leisten - sowohl hier als auch in der Praefectura Urbis. Das dient für mich der besseren Kontrolle. Cornicularius Octavius Frugi ist dir übergeordnet. Seinen Anweisungen ist Folge zu leisten." Zur Sicherheit betonte der Praefectus diese Tatsache, weil Purgitius am meisten bei der Befehlskette patzte. "Teil der Disziplinarmaßnahmen wird zum einen Streifendienst sein. Haupteinsatzort: Subura." Die Zurückbeorderung auf die Straße - zumal in verkommenen Vierteln - nach einer gehobenen Tätigkeit in der Verwaltung war äußerst unbeliebt. Es gab aber auch andere Gründe für diese Diensteinteilung.


    "Nach wie vor gilt es, die Aufträge zur Grundstückssuche und die Bestückung der Tische im Ermittlungszimmer abzuarbeiten. Tiro Annaeus Vindex ist ausgefallen. Du müsstest dich um Ersatz kümmern. Auch an anderen Ermittlungen wirst du teilhaben. Je höher der Posten umso höher die Verantwortung, aber gleichfalls auch das Arbeitsaufkommen." Er zuckte mit den Schultern.

    Nachdem der Arbeitsinhalt feststand, galt es noch zweierlei zu klären. "Ich erwarte einen wöchentlichen Rapport und die Erklärung gegenüber deinem Tribun erledigst du selbst." Menecrates erwähnte dies explizit, weil Purgitius vor Tagen ihm den Auftrag dafür zuteilen wollte.


    Die Rückgabe der Waffen hingegen, würde er selbst erledigen. Daher erhob er sich, ging in sein Officium und nahm sich ein wenig Zeit, um zu überprüfen, ob Purgitius wieder einmal ohne ausdrücklichen Befehl zum Wegtreten diensteifrig aufspringen und losstürzen würde, um seine Motivation zur Wiedergutmachung zu zeigen. Zutrauen würde er es ihm.

    Momente später kehrte Menecrates zurück. Er legte die Waffen auf den Tisch und schob sie Richtung Purgitius.

    "Halb bekleidet läuft mir hier niemand herum, wenn er nicht gerade im Carcer sitzt."


    Sein Blick richtete sich auf Frugi.

    "Cornicularius Octavius, dein Kommando! Ich halte es für angebracht, dass Purgitius als erste Disziplinarmaßnahme einmalig die Latrinen reinigt." Er hätte aus dem Raum gehen können, blieb aber stehen, um zu erkunden, ob sein Plan zur Übung bei der Befehlsannahme funktionierte.

    Sie hatten einen schönen Abschluss gefunden. Menecrates wunderte sich zwar, was Faustus um diese späte Stunde noch erledigen wollte und warum er scheinbar überstürzt das Weite suchte, aber er sah zufrieden aus und der Clauder fühlte sich ebenfalls gut.

    "Schlafen gehen habe ich vor", antwortete Menecrates lachend. Ein langer Arbeitstag lag hinter ihm und der Abend war bis vor kurzem wenig erquicklich. Jetzt würde er gut schlafen können. "Bis morgen, Faustus! Treib es nicht zu lange und nicht zu arg." Ein ausschweifendes Leben hatte Menecrates zwar noch nie bei seinem Sekretär beobachtete, aber nach Bettruhe sah Faustus nicht aus und in der Villa bot sich kaum Zerstreuung. Wahrscheinlich ging er aus.

    IN NOMINE IMPERII ROMANI

    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ERNENNE ICH

    MANIUS PURGITIUS LURCO


    MIT WIRKUNG VOM

    ANTE DIEM IV NON IUN DCCCLXXI A.U.C.

    (2.6.2021/118 n.Chr.)


    ZUM

    OPTIO AB ACTIS



    Herius Claudius Menecrates

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    Die Maßnahme basierte zwar auf einem vorgefassten Entschluss, aber in Stein gemeißelt war dieser nicht. Je nachdem, wie Purgitius reagierte, gab es Spielraum. Ein letzter Blick, dann gab Menecrates das Kommando: "Movemini!" Mit ihm veränderte er sich. Die Versteinerung seiner Gesichtszüge wich, sein Blick wurde weicher und fast konnte man meinen, ein winziges Schmunzeln im rechten Mundwinkel zu sehen, als er Octavius anblickte, der dastand, als wäre die Lektion an seine Adresse gegangen.

    "Setzt euch." Mehr Aufforderung als Befehl - zumindest der Stimmlage nach.


    Er nahm auf Frugis Bürostuhl Platz, sodass dieser sich eine andere Sitzgelegenheit suchen musste, wartete bis beide Offiziere saßen und warf auf beide einen musternden Blick, um zuletzt bei Purgitius zu verweilen.

    "Dein Arrest hatte zwei Gründe", begann er und seine Tonlage passte eher zu einem Gespräch als zu einer Vorgesetztenansage. "Zum einen wollte ich, dass du - vielleicht zum ersten Mal in deinem Leben - dir Zeit zum Reflektieren nimmst und ich hoffe, diese Zeit hast du auch entsprechend genutzt. Es klingt zumindest danach." Nach einem Atemzug Stille sprach er weiter. "Zum anderen habe ich mir die Zeit genommen, eine Entscheidung aus reiflicher Überlegung heraus zu treffen und nicht spontan. Vor Tagen hätte ich anders entschieden." Wie, blieb offen.

    "Ich honoriere an erster Stelle deine Ehrlichkeit. Für mich die einzig mögliche Basis, mit der ich arbeiten möchte. An zweiter Stelle honoriere ich deine fleißige Ermittlungsarbeit. Desweiteren berücksichtige ich vergangene Entscheidungen, das Kriegsrecht betreffend." Hier wurden seine Zügen für den Moment wieder bitter und er wirkte abwesend. Im Gespräch mit Faustus reifte der Entschluss, ohne dass die Problematik mit Purgitius dabei zur Sprache kam.


    Er riss sich gewaltsam los und wirkte wieder konzentriert. "Aus diesen Gründen habe ich beschlossen, nach außen ein Zeichen zu setzen: Kein Soldat Roms wird bei mir in Ausübung seines Dienstes einen Einbruch in seiner Berufslaufbahn erfahren, sofern er zum Schutz Roms und seiner Bürger agiert. Das heißt, dein Dienstrang ist zwar ab sofort Optio, aber formell - für deine Vita - wirst du als Optio ab actis, also als einer meiner persönlichen Principales geführt, was einem höheren Dienstrang als deinem bisherigen entspricht."

    Er musterte Purgitius, dann fügte er an: "Aber freu dich nicht zu früh; die Stelle beinhaltet auch Disziplinarmaßnahmen."

    "Cornicularius Purgitius Lurco, auf der Grundlage des eben Aufgeführten degradiere ich dich hiermit zum Optio."

    Damit Purgitius die Tragweite verarbeiten konnte, legte Menecrates sicherheitshalber eine Pause ein. Fertig mit seiner Ansprache war er noch lange nicht. Er blickte ernst, fast streng und er hoffe inständig, dass Purgitius den Moment nutzte, um Lehren zu ziehen und sein Handeln zukünftig überlegter auszurichten.
    "Als hochrangiger Offizier, zu dem du vor nicht langer Zeit direkt vom Miles aus befördert worden bist, musst du Vorbild sein! Wenn sich unser Nachwuchs deine Handlungsweise und Disziplinlosigkeit abschaut, enden die Cohorten im Chaos! Das zieht ein Chaos in Rom nach sich - vielleicht verzögert, aber unausweichlich."


    Menecrates' Blick fixierte Lurco. Er schwieg mehrere Momente, um dem Gesagten möglichst viel Gelegenheit für eine Wirkung zu geben, dann fuhr er fort. "Ausbilden wirst du daher nicht!" Er bemühte sich um eine strenge und nicht lesbare Fassade, was ihm gut gelang, weil ihn die an den Tag gelegte Disziplinlosigkeit äußerst ärgerte.

    Menecrates verstand den Wink und nickte. Er gestattete sich einen flüchtigen Rückblick auf die eigenen Spiele, die nicht in seine Bewertung einflossen, was er erklärend nachreichte. "Die eigenen Spiele verfolge ich nicht nur als Zuschauer, sondern mit dem besonders kritischen Auge des Organisators. Da geht das Vergnügen zum Teil verloren. Dort, wo ich ausschließlich Zuschauer bin, lassen sich Vergleiche besser ziehen." Möglicherweise ließ sich Menecrates auch nicht leicht beeindrucken oder nur von Speziellem. Sein Urteil war subjektiv, keine Frage.

    In welchem Maße Menecrates als Person speziell wirkte, war ihm wenig bewusst. Könnte er Minors Gedanken lesen, hätte er viel Spaß und Grund zum Lachen. Er lachte gern, aber viel zu selten.


    Anders als gewissenhaft hatte Menecrates den jungen Flavius nie erlebt, daher hegte er bei dessen Selbsteinschätzung keinerlei Zweifel. Als die Rede auf eine Überarbeitung der Lex Mercatus kam, horchte er auf. Blitzartig stellte er Verknüpfungen her und war im Bilde. Er verbot sich jedoch die Gedanken weiter zu verfolgen, weil sie privater Natur waren.

    "Das ist interessant zu wissen", verkündete er, wobei er die Worte gemächlich setzte, so als ob er nebenbei nachdachte. Es blieb offen, ob der Kommentar der Überarbeitung galt oder vielmehr der beteiligten Person. Deutlich aufgeräumter fuhr er fort.

    "Ich kenne zwar den Stand der Bearbeitung nicht, kann mir aber kaum vorstellen, dass nicht wenigstens eine derart entwickelte Arbeitsvorlage in den Senat kommt, über die sich diskutieren ließe." Inhaltliche Nachfragen zu stellen, unterließ er. Er verabscheute Neugier und anders würde er solcherlei Nachfragen selbst nicht werten, daher wechselte er zum nächsten Thema und kam auf das Angebot zu sprechen.


    "Mein Tag hält scheinbar weniger Stunden bereit als für mein Amt notwendig wäre. Ich bin daher noch nicht dazu gekommen, mich mit dem Curator Viarum an einen Tisch zu setzen. Für ein anstehendes größeres Bauprojekt wäre es zwingend nötig, den Zustand der Via Salaria zu begutachten und - sofern nötig - rechtzeitig Reparaturarbeiten in Auftrag zu geben. Ich wollte mich eigentlich selbst noch davon überzeugen oder überzeugen lassen, dass die nördliche Zufahrtstraße in absehbarer Zeit frei von Baustellenbehinderungen ist. Wenn du mir diese Angelegenheit abnehmen könntest, wäre mir sehr geholfen."


    Die Instandhaltung von Tempeln galt in Menecrates' Augen als ein nie endendes Projekt. Irgendein Tempel schwächelte immer. "Es hat sich bislang noch nichts getan am Tempel der Flavii und Claudii", erwiderte er nachdenklich. Jeden anderen Aedil hätte Menecrates zumindest mit dem Einholen von Erkundungen beauftragen können, aber er scheute in diesem Fall davor zurück, weil böse Zungen Eigennutz sehen konnten. Ein Magistrat arbeitete für Rom und nicht für seine eigene Familie. Trotzdem konnten sie hier die Gelegenheit nutzen, um das Thema der geplanten Tempelweihung anzureißen.

    Purgitius schwieg. Ein seltener Umstand beim Cornicularius und während dieser Ansprache besonders wichtig. Es machte den Anschein, als nahm er auf, was die Chance auf eine korrekte Verarbeitung des Gehörten erhöhte. Hier ging es um viel, wenn nicht sogar um alles.


    "Du hast gleichzeitig im Rahmen der Ermittlungsarbeiten den Befehl verweigert, mehrfach eigenmächtig gehandelt und die Vorschriften nach Gutdünken ausgelegt. Auch wenn es für die eine oder andere Situation nachvollziehbare Gründe gab, lässt dein Verhalten ein erhebliches Maß an Disziplinlosigkeit erkennen, was ich nicht dulden kann und werde." Obwohl der Claudier beim Reden des Öfteren die Angewohnheit hatte, ab und zu den Blickkontakt zu unterbrechen, um die Gedanken zu sammeln, hielt er dieses Mal den Blick aufrecht.

    "Insbesondere die ...", er suchte nach Worten, um Octavius Frugi nicht die Last eines Mitwissers aufzubürden, "... Art und Weise der Behandlung aufgefundener Krähen erfolgte ohne entsprechenden Befehl oder anders ausgedrückt: ohne Rückversicherung deinerseits. Das Wort 'richten' leitet sich von 'Richter' ab. Die Verantwortung dafür muss ein Vorgesetzter tragen."

    Ob Purgitius verstand, indem er über die Wortableitung nachdachte, wollte Menecrates zu einem späteren Zeitpunkt erfragen. Er atmete einmal durch und straffte sich eine Nuance mehr als er ohnehin aufrecht dastand.

    Als Menecrates bemerkte, wie Faustus beim Thema Waffen und Respekt zurückruderte und wunderte er sich nun seinerseits. Er hatte die Worte zuvor ernst genommen und weil er anders als Faustus dachte, entsprechend argumentiert. Vielleicht zu streng, das räumte er ein. Er rieb sich den Nacken und versuchte sich in einem Grinsen. "Mir ist lieber, wenn du sagst, was du denkst, als wenn du mich mit Samthandschuhen anfasst. Ich bin nicht zerbrechlich und kann mich deiner 'Aaangriffe' erwehren." Das Wort Angriffe sprach er gedehnt und mit rollenden Augen bei gleichzeitigem Schmunzeln aus, um zu verdeutlichen, dass er die Unterhaltung als Gedankenaustausch sah und nicht als Wortgefecht.

    Gleichzeitig wurde ihm klar, dass er auf das nachfolgende Thema Morrigan/Verus doch ein wenig kampfeslustig angesprungen war. Er lag in seiner Vermutung richtig, denn prompt holte der Freund das Thema Morrigan noch einmal hervor.

    "Ja, Naivität trotz hohen Alters macht mich manchmal aus", bestätigte er Faustus, der allerdings etwas anderes meinte. Menecrates lachte, er wirkte befreit, wurde aber wieder ernst, als Faustus auf Tiberius zu sprechen kam.


    "Du gibst anderes, aber nicht minder Nützliches", widersprach Menecrates, als sich der Freund kleiner machte als er war. "Was auch immer du noch umsetzen willst, meine Unterstützung hast du. Das weißt du hoffentlich und ebenso hoffe ich, du nimmst meine Unterstützung an." Er sann nach, wie groß seine Hoffnung war, einen weiteren Weggefährten wie Tiberius zu finden. "Das wissen nur die Götter, Faustus." Er zuckte die Schultern, trat auf den Freund zu und fasste ihn an beiden Schultern.

    "Ich habe dich! Das ist jede Menge wert. Und weißt du was? Ich weiß jetzt sogar, wie ich bei meinem Problemfall entscheiden werde. Dank dir." Sie wussten beide, dass Faustus keinen Rat gegeben hatte, ja nicht einmal Inhaltliches wusste, und doch brachte alleine der Gang, durch den Faustus ihn gedanklich schickte, die nötige Erkenntnis, um eine Entscheidung zu treffen.


    Er löste die Hände von den Schultern und fügte an: "Danke, dass du mich aus den trüben Erinnerungen gerissen hast!" Er sprach leise, meinte das Gesagte aber sehr ernst.

    Ob von Faustus so beabsichtigt oder nicht, der Claudier fühlte beide Füße wieder am Boden, als er zu hören bekam, dass sich sein Sekretär selbst wunderte, wieso er Menecrates gegenüber Respekt entgegenbrachte.

    "Das hat gesessen!", resümierte Menecrates, erhob sich vom Stuhl und tippte mit dem Zeigefinger über die Entfernung hin auf seinen Sekretär. "Das dürfte kein anderer wagen zu sagen." Groll schwang nicht in seiner Stimme mit. Sie waren seit langem Freunde und durften sich alles sagen. Die bitteren Erinnerungen an die Vergangenheit rückten durch die Klatsche in den Hintergrund und Menecrates beschäftigte sich mit dem Gehörten. "Ohne uns stünden Aufstände auf der Tagesordnung, Verbrechen würden nicht aufgeklärt und fremde Einwanderer hätten Rom längst annektiert. Um das zu verhindern, benötigt es Waffen. Mit dem Griffel allein lässt sich eine Stadt wie Rom nicht verwalten." Vermutlich wusste Faustus das.


    Ohne den Freund zu unterbrechen, hörte sich Menecrates anschließend dessen Standpunkt zu Sklaven an. Er wiegte den Kopf.

    "Vermutlich jeder handelt unter Einfluss seiner Erfahrungen. Du bringst das Beispiel Tiberius Verus und Morrigan? Gut, nehmen wir das." Es klang wie eine Kampfansage, aber zunächst holte Menecrates weiter aus. "Ich hatte überwiegend gute Sklaven. Es gab Ausnahmen, wie dieser Anaxander, aber die Mehrzahl war verlässlich. Davon profitierte nicht zuletzt Morrigan. Als sie sich in Gewahrsam der Garde befand, habe ich übertrieben viel riskiert und aufgefahren, um sie aus den prätorianischen Klauen zu holen. Ich gebe zu, ich habe in dieser Zeit Verachtung gegenüber Tiberius Verus und Mitgefühl für Morrigan empfunden." Menecrates' Erziehung bestand nicht darin, sentimentale Gefühle bei Sklaven zu entwickeln, insofern outete sich der Patrizier als Abtrünniger vom Standesdenken.


    "Die Quittung dafür habe ich erhalten: Die Sklavin hat mich verraten." Wenn er sich ärgerte, dann höchstens über sich selbst, weil er eine Art von Vertrauen aufgebaut hatte. "Sie ist tot und das ist gut. Das Kapitel ist geschlossen und ich habe meine Lehren daraus gezogen." Einen annähernden Umgang mit Sklaven, wie ihn Faustus betrieb und anriet, würde es in Menecrates' Haushalt nach diesem Fall nicht mehr geben.


    "Tiberius Verus … meine Abneigung konnte anfangs kaum größer sein. Wir legten dann zwangsweise eine gemeinsame Wegstrecke zurück, auf der meine Vorurteile nach und nach schmolzen. In entscheidenden Momenten zeigt sich immer, wer Freund und wer Feind ist, und Tiberius Verus bestand jede Probe. Jede!“ Während er eine Pause erzeugte, lag sein Blick unverwandt auf Faustus' Gesicht. "Am Ende standen wir Seite an Seite, teilten gleiche Ansichten und verfolgten passgenaue Ziele. Es hätte für mich keinen besseren Militärfreund geben können." In die letzten Worte mischte sich wieder Trauer.


    "Entscheidend, Faustus, ist nicht die Anfangssituation, wie eindeutig sie auch auf uns wirken mag. Entscheidend ist, wie sich eine Person entwickelt, wie sie handelt und wofür sie am Ende steht." Er wirkte ernst, aber auch gefasst. "Deine Sklavin Morrigan steht für Verrat und zwar an mir, und Tiberius Verus steht für Treue, aber er wurde verraten, von anderen."


    Die Worte schwebten im Raum und es dauerte eine Weile, bis sich Menecartes an Faustus' Schlusssatz erinnerte. Sein rechter Mundwinkel zeigte andeutungsweise ein Lächeln. "Ich weiß, dass du mir helfen willst", erwiderte er leise. "Abgelenkt hast du mich bereits. Das ist im Augenblick wohl die größte aller Hilfen."

    Dass Lurco gerne redete, wusste Menecrates bereits. Das Gehörte kam aber gut an und er quittierte es mit einem Nicken.


    "Cornicularius Purgitius Lurco, state!" Der Preafectus Urbi nutzte die Länge eines Atemzuges dafür, eine weitgehend unberührte Mimik zu bewahren. Sympathie galt als schlechter Berater, wenn es um korrekte Entscheidungen ging, also unterdrückte er jedwede Emotion.

    "Du hast im Rahmen der Brandanschläge auf unsere Statio und diverse Geschäfte in der Subura ausgezeichnete Ermittlungsarbeit geleistet. Dafür bist du mit einer Phalera ausgezeichnet worden." Er legte eine kurze Pause ein, bevor er anfügte: "Diese Auszeichnung hast du zurecht erhalten", da er die Stimme nicht senkte, wurde klar, dass es für den Satz eine Fortsetzung
    gab, "sie wird dir auch nicht aberkannt." Wieder senkte sich die Stimme nicht vollständig, was es absehbar machte, dass es nach der Einleitung weniger positiv weiterging, denn für ausgezeichnete Leistungen wurde niemand in den Arrest geschickt.

    Nach Lurcos Eintreffen, das Menecrates durch die angelehnte Tür zum Vorzimmer hörte, legte er den Griffel zur Seite. Er ließ sich wenige Atemzüge Zeit, in denen er sich das Verhalten des Cornicularius noch einmal im Schnelldurchlauf vor Augen führte, dann schob er den Stuhl zurück und stand auf. Sein Entschluss stand fest und mit diesem schritt er zur Tür, öffnete sie und trat in den angrenzenden Raum.

    Er blickte zunächst zu seinem Cornicularius. Octavius und er hatten sich heute schon mehrfach gesehen und es bedurfte nicht jedes Mal eines erneuten Grußes, wenn sie sich begegneten. Anschließend blickte er zu Purgitius, der - das hoffte er zumindest - seit seinem Arrest die Baracke nicht verlassen hatte. Er musterte dessen Haltung und Gesichtsausdruck und zog Rückschlüsse daraus. Es entstand eine Pause, bewusst von ihm geschaffen. Sie diente der Einleitung dessen, was er beabsichtigte zu verkünden.

    Auf der Basis von Mutmaßungen ging alles. Menecrates setzte sich aufrechter hin, weil ihn eine gewisse Neugier erfasste, was Faustus vermutete und was er daraufhin empfahl. Lag er richtig oder daneben? Alleine diese Fragestellung riss Menecrates aus dem eigenen Gedankensumpf.

    Faustus' erste Vermutung galt Varia. Sie spielte keine Rolle und Menecrates erinnerte sich nicht einmal an ihren Namen, aber Faustus meinte die Situation während und besonders nach dieser Zeit. Damit traf der Freund natürlich ins Schwarze und Menecrates schluckte.

    "Du bist da", setzte er mit holpriger Stimme dagegen, was auch zum Teil stimmte. Faustus stand jahrelang an Menecrates' Seite, aber ausschließlich im privaten und Verwaltungsbereich. Betrachtete der Claudier hingegen seine militärischen Weggefährten, gähnten große Lücken. Es gab in der Tat niemand, mit dem er sich über heikle Dinge austauschen konnte. Er war allein. Faustus' Worte nagelten das Problem an die Wand.

    "Es gab für mich viele Verluste auf militärischem Sektor, aber zwei sind gravierend. Damals in Germanien verlor ich den einzigen Freund. Er hieß Terentius Primus. Hier in Rom verlor ich den einzigen Vertrauten. Du kennst ihn, Tiberius Verus." Es bedurfte jahrelangen Vertrauens, bis jemand Neues in solch große Fußstapfen treten konnte. "Ich kann nicht loslassen, Faustus. Die Vergangenheit holt mich immer wieder ein."


    Faustus sprach weiter und lenkte Menecrates ab. Was er zum Umgang mit dem Sklavenaufstand sagte, klang interessant, daher fragte der Claudier nach.

    "Was war es, was du anders gesehen hast?" Er lehnte sich zurück. Ihm kam keine Idee, auf was Faustus hinauswollte.


    In der Bewertung der Situation mit Purgitius Lurco konnte Faustus nicht helfen. Das musste er auch nicht. Menecrates' Probleme lagen wo anders.

    Sein Kopf ruckte hoch, als es klopfte. Niemand sollte ihn so sehen, weil er immer den Starken mimte. Als Faustus hereintrat, wich die soeben aufgebaute Spannung aus ihm und er sank wieder zusammen. Sein Blick zeigte Qual, auch Hilflosigkeit, Trauer und Schmerz.

    "Komm rein, Faustus", erwiderte er matt. Jeden anderen hätte er des Raumes verwiesen, Faustus nicht. Sein Sekretär und Freund war der Einzige im Reich, dem Menecrates blind vertraute und dem er nichts vormachen musste. Bei ihm konnte er sein und sich zeigen, wie er wirklich war, denn manche nach außen demonstrierte Stärke war Fassade und nicht mehr.


    "Mich haben Erinnerungen eingeholt und ich stehe vor einer schwerwiegenden Entscheidung. Es ist ein Dilemma, Faustus. Meinen Stabsoffizieren gegenüber kann ich mich nicht öffnen und mit dir darf ich militärische Belange nicht erörtern." Menecrates dämmerte in diesem Moment, dass weniger die Entscheidung ihn belastete, sondern vielmehr die Gesamtsituation. Vielleicht genügte der Austausch mit einem wirklich aufrichtigen Menschen. Vielleicht kam er auf andere Gedanken, vielleicht wusste Faustus irgendeinen Rat.

    "Ist es falsch, in der Vergangenheit herumzustochern?" Er blickte ratlos und realisierte nicht, dass Faustus gar nicht wissen konnte, was ihn beschäftigte. "Oder findet man sein Heil, indem man einen Abschluss herbeiführt? Von allein kommt er nicht, so viel steht fest."

    Seit er seinen fähigsten Ermittler unter Arrest gestellt hatte, zog sich Menecrates jeden Abend in diesen Raum zurück. Es handelte sich um einen geschichtsträchtigen Raum. Zur Zeit der Kriegswirren zogen sich sein Enkel und die aus Germanien entsandten claudischen Sklaven zur Beratung zurück, wie der claudische Besitz und vor allem unersetzliche Dokumente sichergestellt werden konnten, denn der Hausherr, Menecrates, hatte sich mit seiner Legio Secunda dem Kriegszug gegen den Usurpator Salinator angeschlossen.

    In diesen Wänden tagte auch die Ermittlungskommission nach dem Sklavenaufstand wieder und wieder.


    Vor allem aber hatte er sich hier mit Tiberius Verus getroffen, um geheime Gespräche zu führen. Das Band zwischen beiden Männern - einer Consul, der andere Gardeoffizier - wurde Tag um Tag stärker. Freundschaft entstand und das Vertrauen wuchs. Am Ende nahm Menecrates den verdienten Gardeoffizier als Klient auf, um ihn zu fördern, zu schützen und zu stützen, denn er spürte, dass der für ihn wichtige Mann strauchelte und wollte nicht, dass er letztendlich stürzte. Menecrates kannte das Fallseil: Es handelte sich um das angewendete Kriegsrecht - willkürlich ausgelegt vom damals wie heute amtierenden Praefectus Praetorio Caius Heius Vibulanus. Doch nicht nur ein Fallseil kam zur Anwendung. Ein Fallbeil aus Intrigen und Repressalien fiel und es kostete den Kopf des verdienten Mannes.

    Der Verlust schmerzte Menecrates noch heute und dieser Tage riss die Wunde nochmals auf. Wieder gab es einen jungen Offizier, wieder war er über die Maßen engagiert und wieder stand die Anwendung des Kriegsrechts bei der Bewertung von Handlungen zur Debatte. Anders als damals hatte hier Menecrates die Fäden in der Hand, aber er war innerlich zerrissen. Je nachdem wie er das Kriegrecht auslegte, einer der beiden Männer verlor. Wendete er das Kriegsrecht analog wie der Preafectus Praetorio damals bei Tiberius an, verlor der aufstrebende Offizier Purgitius. Folgte Menecrates nicht dem Beispiel des Praefectus Praetorio, schrie das Unrecht - verübt an Tiberius - unerträglich laut.


    Menecrates seufzte tief, ließ sich auf einen Stuhl fallen, stützte den Arm auf den Tisch und legte die Stirn in die Hand.

    Es freute Menecrates, dass sich der junge Flavius am Trinkspruch beteiligte, was inhaltlich sicherlich keine Hürde darstellte, aber aufgrund des gereichten Quellwassers nicht selbstverständlich war. Gleichzeitig kannte Menecrates seinen Gesprächspartner nicht anders als ausgesprochen höflich im Auftreten, sodass er sich im Nachhinein doch keine Zurückhaltung hätte vorstellen können, ob die Erfrischung nun mundete oder nicht. Der Claudier schätzte Quellwasser, denn es schlug nicht auf den Magen, stieg nicht in den Kopf und verdarb auch nicht den Atem. Er wusste, er stand in der Stadt weitgehend allein mit dieser Haltung.

    Den angefügten Rat hieß Menecrates richtig, wenngleich er kaum wusste, wie er umzusetzen wäre. Das Ungemach traf ihn von außen und wenn es in der Tat schleichend käme, wie von Flavius formuliert, konnte es erst spät bemerkt werden.

    "Im Militär stehen Wachen an den Toren und prüfen jeden und alles, was Eintritt verlangt. Vielleicht sollte ich meine Wachen verstärken." Er schmunzelte. Im Grunde war er guter Dinge, denn obwohl die Arbeit um ein Vielfaches reichlicher ausfiel als zuvor gedacht und es auch bereits unschöne Überraschungen gab, wurde er bislang persönlich nicht behelligt. Da lag der Schlüssel, damit Kräfte nicht verschlissen.


    "Spiele auszurichten, gehören ja zum Arbeitsvolumen eines Aedil. In dieser Hinsicht hast du dir auch das größt mögliche Maß auferlegt. Ich kann mich kaum erinnern, je solche voluminösen Spiele erlebt zu haben." Als Schmeichelei dienten die Worte nicht, ihnen lag purer Ernst zugrunde. Demzufolge zeigte Menecrates' Gesicht auch die nötige Ernsthaftigkeit. "Die Spiele kann ich bestens bewerten, deine anderen Arbeitsschwerpunkte nicht. Gab es Probleme? Häuften sich Vorkommnisse? Siehst du Bereiche, in denen wir handeln müssen?"

    Er stellte den Becher ab und musste sich keine Sorgen machen, dass roter Wein den Bart einfärbte. Diesen Vorteil besaß das Quellwasser außerdem und selbst der winzigste Verbleib von Tröpfchen führte nicht zu dauerhaft unangenehmen Gerüchen, die Speise- und Trinkreste ansonsten gern in Bärten produzieren, wenn sie am Haar verdarben, weil man sie nicht rechtzeitig auswaschen konnte. Die neuzeitliche Bartmode brachte einiges mehr an Aufwand bei der Pflege mit sich.

    Es sollte nicht irgendein Tag sein, an dem der Praefectus Urbi die Überreste der ersten Station begutachtete. Er suchte sich dafür einen besonderen Tag aus und der heutige schien ihm dafür bestens geeignet. ANTE DIEM VIII KAL IUN DCCCLXXI A.U.C. (25.5.2021/118 n.Chr.) galt als Festtag zu Ehren der Fortuna. Abgesehen davon, dass Menecrates der wieder aufzubauenden Statio eine lange Lebensdauer wünschte, sollte dieser erhoffte Erfolg in Kombination mit dem Glück gehen. Für beides stand die Göttin, die Menecrates auch privat verehrte. Er wählte sie als Schutzgöttin für die Statio - unabhängig davon, dass es noch eine offizielle Weihe für den Bauplatz geben würde, die ihn zum zweiten Mal reinigen sollte.

    Menecrates Begleitung setzte sich zusammen aus Angehörigen der Cohortes Urbanae, städtischen Mitarbeitern und Personal aus dem Cultus Deorum. Bevor die Erörterungen rund um das Wiederaufbauvorhaben begannen, plante der Praefectus Urbi eine kleine Opfergabe als Geste der Einladung an die erwünschte Göttin. Opferdiener platzierten mitten in der Ruine einen Foculus, legten Kohle hinein und entzündeten sie. Als sich Glut einstellte, winkte Menecrates einen Gehilfen herbei, der frisch gebackenen Opferkuchen, Kekse und loses Getreide trug. In Begleitung dessen - die Toga leicht angehoben - stieg er über Steine und umging größere Trümmerteile, bis er nahe am Foculus stand. Sein Blick richtete sich auf die Flammen und vermied die Kontrolle seiner Kleidung und Schuhe, die ungeeignet für derlei Kletterpartie waren. Er ließ sich die Hände reinigen, bedeckte das Haupt und begann die kurze, aber von einem intensiven Wunsch begleitete Ansprache.


    "Mater Fortuna, durch das Opfern der Kekse und des Getreides bete ich ein gutes Gebet, damit du dieser Station und all seinen Männern in der Zukunft günstig gestimmt bist. Sei geehrte durch diesen Kuchen." In Abständen ließ Menecrates die Opfergaben in den Foculus rutschen und die Flammen griffen gierig danach. Es knackte zuweilen, Rauch stieg auf und ein neuer Geruch erfüllte die Ruine.


    "Ich möchte ein Reliefs der Göttin an der Fassade der Station", entschied er spontan. "Das bezahle ich aus eigener Tasche, weil der Kaiser erwähnte, dass er für alles Grundlegende Mittel bereithält, aber nicht darüber hinaus. Desweiteren möchte ich einen Altar, an dem alle gläubigen Urbaniciani Tag für Tag um Schutz und Beistand bitten können. Wir bekommen dieses Loch in den Griff." Mit Loch meinte er sie Subura und sein Ton wurde gegen Ende kämpferisch. Getragen von dieser Emotion verlief die Rückkehr aus der Ruine zügiger als der Hinweg. Auf dem Pflaster angekommen, wandte er sich wieder um und betrachtete nochmals Trümmerberge und den abziehenden Rauch der langsam verglimmende Kohlereste im Foculus.

    Menecrates' Gesicht zeigte ein Lächeln, als er einige Schritte auf Flavius zukam. Dieses Entgegenkommen ließ er sich nicht nehmen. Ihn verband eine ganz besondere Beziehung mit dem jungen Mann, die in keinster Weise mit einer anderen vergleichbar war. "Ich grüße dich ebenfalls, Flavius, und die Freude ist ganz auf meiner Seite!"

    Während seine Hand Richtung Tisch und Sitzgelegenheiten wies, sprach er weiter. "Das ist richtig. Die Gelegenheiten zum Austausch ergeben sich nicht oft, weil unsere Ämter nicht in gleichem Maße eng verstrickt sind wie damals. Hinzu kommt", er nahm Platz und wartete, bis Flavius saß, bevor er fortfuhr, "mein Plan, vor allem in die Zukunft zu sehen, ging wenig auf bisher. Ich habe erhebliche Altlasten aufzuarbeiten, was mich Zeit kostet. Zeit, die für andere wichtige Dinge fehlt."

    Für Flavius' Begleiter standen ausreichend Sitzmöglichkeiten zur Verfügung. Der Praefectus ging davon aus, dass sich die Herren selbstständig setzten, ebenso sein Cornicularius. Er orderte die Erfrischung. Eine Schale mit fingerfreundlichen Früchten und Keksen stand ebenfalls bereit.

    "Das übliche Quellwasser", erklärte er schmunzelnd. Wer ihn kannte, wusste dass er keinen Wein mehr trank. Der Miles wartete mit dem Krug in der Hand, wer sich von den Herren an frischem Quellwasser versuchen würde.


    Indessen sprach Menecrates weiter. "Bevor wir dienstlich beginnen, möchte ich etwas Privates erwähnen. Sicherlich hatte es sich herumgetragen, dass ich lange und auch recht schwer erkrank war. Irgendwann klangen die Krankheitszeichen ab, aber die mentale Niedergeschlagenheit blieb, sodass ich mein Amt nicht fortführen konnte. Der Tag, an dem wir uns auf Serapios Hochzeit flüchtig über eine Neuauflage unserer Zusammenarbeit unterhalten haben und das Bedauern äußerten, dass eben jene Zusammenarbeit wegen meiner Amtsniederlegung unmöglich war, brachte bei mir die Wende. So gesehen bin ich dir zu besonderem Dank verpflichtet. Decimus Serapio war es dann, der den zweiten Anstoß gab und du siehst, was Worte und Gesten bewirken können - im positiven wie zuweilen auch im negativen Sinne." Er hob seinen Becher und sofern jemand der Anwesenden auf Achtsamkeit anstoßen wollen würde, hätte er dazu Gelegenheit. "Mögen die schlechten Tage hinter uns liegen und wir in positivem Sinne einen achtsamen Umgang miteinander pflegen."

    Das Gute an der Sachlage: Purgitius zeigte Lernwille. Fast schien es Menecrates, als hätte der diensteifrige Jungoffizier in seiner Ausbildung das Einfachste an Unterweisung nicht erhalten. In nur einem einzigen Gespräch musste Menecrates mehrfach nachjustieren. Zuerst die eigenmächtige Entscheidung, Befehle anzunehmen oder nicht und soeben der eigene Entschluss, einer Ermittlungsarbeit nachzugehen. Dazwischen kam noch das Wegtreten ohne Erlaubnis, das Menecrates noch nicht einmal thematisiert hatte. Als ersten Erfolg wertete er die Nachfrage seitens Purgitius', ob er auch die Gens Furia aufsuchen dürfe.

    "Das ist sogar ein guter Gedanke", stimmte Menecrates zu. "Ich gehe auch von Kooperation aus, sofern es innerhalb der Familie keine Mitwisser gibt. Andernfalls kennst du ja die Vorgehensweise."


    Gerade glaubte er noch, Purgitius hatte die korrekten Abläufe verstanden, erhielt Menecrates den Durchsuchungsbeschluss zurück. Er blickte erst verständnislos auf das Dokument, dann in Purgitius' Antlitz. Als Ausdruck seiner Irritation hob er die Brauen. Was er anschließend zu hören bekam, konnte er kaum verarbeiten. Er stand wie vom Donner gerührt und hörte sich die Erklärung bis zu Ende an. Die Krone setzte dem Ganzen die anschließende Empfehlung auf, nach der Menecrates die weitere Ermittlung von ganz bestimmten Milites vornehmen lassen sollte. War der Claudier hier der Befehlsempfänger oder was dachte sich der Cornicularius?


    Menecrates starrte auf die Waffen und bemühte sich, die Enttäuschung unter Kontrolle zu halten.

    "Du entscheidest hier gar nichts", presste er hervor, drehte sich zum Fenster und blickte hinaus. "Du stehst ab sofort unter Arrest. Das heißt, du gehst in die Baracke und verlässt sie nicht. Abite!"


    Er wartete, bis Purgitius das Zimmer verlassen hatte, dann atmete er tief durch und fiel in sich zusammen. Er mochte den jungen Purgitius. Er erinnerte ihn an Tiberius Verus, den er ebenfalls in sein Herz geschlossen, der sich aufgeopfert und am Ende doch verloren hatte. Wieder atmete er durch. Das Atmen zeugte von Belastung, es wirkte in keiner Weise befreiend. Die Kiefer zusammengepresst, den Blick starr, so verließ er Minuten später den Raum und hoffte, ihm blieben Begegnungen erspart.