Beiträge von Herius Claudius Menecrates

    Vesuvianus schlenderte über das Forum Tarracos. In letzter Zeit dachte er immer häufiger an seine Legion. Der Quaestorposten - ursprünglich als Herausforderung gedacht - erwies sich als wenig beanspruchend und so begann Claudius sich nach den ersten genossen Urlaubswochen, denn anders konnte er seinen Aufenthalt hier nicht bezeichnen, zu langweilen. Es hatte keine konkrete Aufgabe zugewiesen bekommen, offenbar benötigte Spanien auch nicht so viele Verwaltungskräfte. Die Erfassung der wenigen Ereignisse für seinen Bericht war eine Arbeit von nicht einmal einer halben Stunde pro Tag und so verbrachte der Quaestor die restlichen 23,5 Stunden in Müßiggang. Er vermisste seine Kameraden, aber vielmehr noch die hohen Anforderungen, die in der Legion an seine Leistungsbereitschaft gestellt wurden.

    Vesuvianus grinste.


    "Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf: So alt siehst du nicht aus, als dass die Vergesslichkeit Einzug bei dir gehalten hätte. Ich führe es einmal auf die erhebliche Arbeitsbelastung zurück, die du sicherlich als Proconsul hast. Oder stockt eventuell der Informationsfluss? Wie lebt es sich denn überhaupt so fern vom Nabel der Welt? Fühlst du dich eher befreit von der Hektik in Roms Straßen oder fühlst du dich ausgeschlossen? Leider ist mir unbekannt, ob du gebürtiger Spanier bist. Das würde womöglich meine Frage beantworten."

    Vesuvianus hatte sich abwartend hingestellt und auf die Beendigung des Gesprächs gewartet, ein Nachfolgender hatte sich in rücksichtsloser und zugleich respektloser Manier vorgedrängt, er selbst hatte sich der unhöflichen Umgangsart angepasst, da er diesen Landstrich und sein Volk nicht kannte, und nun wurde er auch noch mit einer pampigen Antwort belegt? Die Abneigung des Quaestors gegen diese Provinz war besiegelt.


    Er ignorierte den angebotenen Platz und antwortete mit unbeweglicher Miene: "Dann werde ich mich um einen privaten Postzusteller bemühen, denn ich sehe keinerlei Vorteil für mich in dieser Einrichtung." Von der unmögliche Umgangsweise dieser Menschen miteinander einmal ganz abgesehen. "Danke für die Auskunft. Vale."


    Claudius drehte sich auf dem Absatz um und verließ das Officium.

    Tststs, Vesuvianus schüttelte den Kopf. Von Reihenfolge und hinten anstellen hielt hier offenbar niemand etwas, ebenso wenig von Entgegenkommen. Deswegen entschloss er sich, einfach draufloszureden. In Hispania schien das die Regel zu sein. Einen Gruß brachte man einander offenbar auch nicht entgegen, also sparte er sich ebenfalls die Höflichkeiten.


    "Ich möchte die Modalitäten der Briefversendung wissen. Muss ich als Quaestor das Porto eines Geschäftsbriefes selbst bezahlen oder wer trägt diese Angelegenheit?"

    "Ja, bis zu seiner Abberufung nach Germania. Bei der Kommandoübergabe wurde ich zum Centurio ernannt."


    Vesuvianus war überrascht, weil offenbar die Kunde vom neuen Kommandeur nicht bis nach Hispania gedrungen war. Immerhin war er ja nicht irgendein wenn auch verdienter Römer, sondern der Thronfolger.


    "Seit Mitte Oktober letzten Jahres kommandiert der Caesar die Prima."
    Dass dies nicht kritiklos gesehen wurde, verschwieg Claudius lieber. Vermutlich würde jeder Nachfolger an Macer gemessen werden und nur ein Ausnahmeoffizier konnte diesem schwierigen Vergleich standhalten.


    "Mich würde interessieren, ob ein Mann wie du schon alles im Leben erreicht oder immer noch erstrebenswerte Ziele hat."

    Ein zweites Schreiben suchte den entsprechenden Adressenten.



    An: Marcus Matinius Gratianus
    Casa Matinia, Taracco.


    Candidatus für den Ordo Equester


    Dies ist eine Mitteilung des Quaestor Principis, welcher Sie zu einem möglichen Kandidaten für den Ordo Equester in Erwägung zieht. Um jedoch alle Zweifel zu beseitigen und auch den Senatoren die Entscheidung zu vereinfachen bitte ich Sie diese Mitteilung ausgefüllt an den jeweiligen Quaestor ihrer Provinz zurück zu entsenden.


    Name:


    Ordo: (Civis, Decurio, Equester oder Senatorius)


    Bisher erreichte Auszeichnungen und bestandene Kurse: (Militärische, sowie auch zivile Auszeichnungen)


    Chronologisch aufgelisteter Lebenslauf inklusive den dazugehörigen Datumsangaben:


    gez.
    amtierender Quaestor Pincipis
    http://www.imperiumromanum.net…/signet/cursushonorum.gif

    Claudius hinterlegte das Schreiben bei dem für den Adressenten bekanntem Wohnsitz. Nach Sichtung der Meldelisten war der Matinier sogar wieder auf dem Weg nach Hispania, was eine Weiterleitung nach Rom unnötig machte.


    An: Marcus Matinius Metellus
    Casa Matinia, Taracco. Bisheriger Aufenthalt: Rom.


    Candidatus für den Ordo Equester


    Dies ist eine Mitteilung des Quaestor Principis, welcher Sie zu einem möglichen Kandidaten für den Ordo Equester in Erwägung zieht. Um jedoch alle Zweifel zu beseitigen und auch den Senatoren die Entscheidung zu vereinfachen bitte ich Sie diese Mitteilung ausgefüllt an den jeweiligen Quaestor ihrer Provinz zurück zu entsenden.


    Name:


    Ordo: (Civis, Decurio, Equester oder Senatorius)


    Bisher erreichte Auszeichnungen und bestandene Kurse: (Militärische, sowie auch zivile Auszeichnungen)


    Chronologisch aufgelisteter Lebenslauf inklusive den dazugehörigen Datumsangaben:


    gez.
    amtierender Quaestor Pincipis
    http://www.imperiumromanum.net…/signet/cursushonorum.gif

    Nachdem der Quaestor am Vortage ausgiebig gebadet, gespeist und im Anschluss daran eine Nacht auf derart weichem Lager verbracht hatte, dass es ihm schwer fiel, am nächsten Morgen aufzustehen, nahm er entgegen seiner Gewohnheiten nur ein knappes Frühstück ein. Schließlich wollte er in der Zeit seiner Quaestur nicht träge und zudem fett werden.


    Bevor er sich auf den Weg machte, Land und Leute kennen zu lernen, setzte er zunächst drei Schreiben auf, die an ausgewählte Bürger dieser Provinz gerichtet waren. Zwei davon lebten sogar in diesem Haus und so drückte Vesuvianus die beiden Briefe einem Verwalter mit der Matinier mit der Bitte in die Hand, er möge sie den Adressenten aushändigen.


    Anschließend verließ er die Casa und machte sich aus die Suche nach dem Landsitz der Iulier.

    Um Land und Leute kennen zu lernen, verteilte Vesuvianus ausnahmsweise selbst die Geschäftspost. Schließlich handelte es sich um möglicherweise in naher Zukunft geehrte Bürger des Reiches.


    An: Marcus Iulius Lepidus
    Casa Iulia, Taracco


    Candidatus für den Ordo Equester


    Dies ist eine Mitteilung des Quaestor Principis, welcher Sie zu einem möglichen Kandidaten für den Ordo Equester in Erwägung zieht. Um jedoch alle Zweifel zu beseitigen und auch den Senatoren die Entscheidung zu vereinfachen bitte ich Sie diese Mitteilung ausgefüllt an den jeweiligen Quaestor ihrer Provinz zurück zu entsenden.


    Name:


    Ordo: (Civis, Decurio, Equester oder Senatorius)


    Bisher erreichte Auszeichnungen und bestandene Kurse: (Militärische, sowie auch zivile Auszeichnungen)


    Chronologisch aufgelisteter Lebenslauf inklusive den dazugehörigen Datumsangaben:


    gez.
    amtierender Quaestor Pincipis
    http://www.imperiumromanum.net…/signet/cursushonorum.gif

    "Bei den Göttern, ist das Reich klein. Ich reise nach Hispania, um hier den Mann zu treffen, der mit meinem ehemaligen Legaten die Quaestur absolviert hat. Nicht zu fassen!"


    Claudius schüttelte den Kopf.


    "Macer, er besitzt meine Hochachtung, denn er ist nach meiner Ansicht der beste Legat, den unser Reich besitzt. Ja, ich habe unter seinem Kommando gedient. Bis zur Ernennung zum Centurio war es sein Maßstab, der mich geprägt hat und obwohl ich nicht zu Sentimentalitäten neige, bedaure ich seine Versetzung noch heute.
    Er muss damals noch jung gewesen sein. Welchen Dienstrang hatte er zu dieser Zeit?"


    Der Quaestor griff nach diesem Mischprodukt aus Fett und Pflanzenextrakten, das die Reinigungswirkung unterstützte.

    "Der Quaestor Urbanus entspricht wohl in Teilen meinem Amt, aber ich fühle mich keineswegs gefordert. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich als Ausbilder in der Legion unter Dauerstress gestanden habe und nun diese Quaestur als blanke Erholung empfinde."


    Claudius zuckte mit der Schulter. Möglich wäre das durchaus. Den Reiseverkehr zu überwachen und die entsprechenden Leute einzuweisen, forderte ihn jedenfalls nicht im Geringsten.


    "Du hast gerade den Legat Germaniens erwähnt. Meinst du Sedulus? Oder sprichst du gar vom jetzigen Legaten dessen Quaesturzeit ich nicht in Erinnerung habe, der mir selbst aber höchst bekannt ist."


    Fragend blickte Vesuvianus seinen Gastgeber an. Die Angelegenheit mit der Post würde er sogleich am Folgetag austesten.

    Vesuvianus lachte laut auf.


    "Das ist keine Beleidigung! Es ist üblich, Posca in den Legionen vorzufinden und schmecken tut das Zeug wahrlich nicht besonders, aber man gewöhnt sich dran. Heute trinke ich unverdünnt, aber entsprechend weniger."


    Noch immer belustigt schrubbte sich Claudius die Beine ab.


    "Sicher kommt irgendwann der Ruhestand, aber davon bin ich noch entfernt, hoffe ich jedenfalls. Der Quaestorposten kommt mir grade wie Urlaub vor, in dem ich meine Kräfte sammeln kann."


    Claudius grinste, als er dem Proconsul ansah.


    "Ich werde mir dann wohl die Provinz anschauen, denn ich muss an Ende meiner Amtszeit einen Bericht über Hispania abliefern. Eines jedoch interessiert mich noch. Sicher muss ich das Postwesen innerhalb dieser Zeit in Anspruch nehmen. In der Legion schicken wir einfach einen Legionär als Boten los. Das kostet dann auch nix. Wie läuft das aber in den Ämtern? Muss ich Porto zahlen und wenn ja, wo?"

    "Der Falerner wäre wohl das Beste für den heutigen Tag und wie du den Wein trinkst, weiß ich ja nicht, aber normalerweise trinke ich Posca, sauer und verdünnt, aus dem Feldbecher."


    Der Quaestor grinste, denn er war sich sicher, dass der Proconsul diese Weinsorte bestimmt nicht bevorzugte. Interessiert lauschte alsdann Vesuvianus, der sich den Politikeralltag doch etwas anders vorgestellt hatte. Es klang nach einem angenehmeren Gelderwerb als zunächst angenommen.


    "Ein gutes Essen, ein komfortableres Bett und etwas mehr Kontakt zur Familie würde auch ich gut finden, aber das Soldatenleben schließt es eben aus, da kann man nichts machen."


    Überrascht zeigte sich Claudius jedoch, als der Proconsul erwähnte, er wolle seine Karriere verfolgen. Immerhin lagen einige Seemeilen zwischen ihnen und die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich späterhin noch einmal begegneten, war eher gering.


    "Ich bin flexibel, was den Tagesablauf betrifft. Solange es was zu tun gibt, kann es mir egal sein, wenn nicht alles derart straff wie in der Legion durchorganisiert ist. Das ist ja gerade das Interassante an diesem Quaestorenamt, dass ich einmal Einblick in andere Gebiete und Tätigkeiten erhalte. Ich kann mich beweisen und Erfahrungen sammeln, das ist immer gut für einen Mann. Gibt es derzeit konkrete Aufgaben, die anliegen, oder eher einen alltäglichen Ablauf."



    Claudius blickte kurz auf, als ein weiterer Mann die Thermen betrat. Aud seine Frage hin, überlegte er kurz, schüttelte aber dann den Kopf.


    "Mir fällt nicht ein, woher ich dich kennen sollte. Mein Name ist Herius Claudius Vesuvianus. Ich komme aus Italia."

    Das Warmwasserbecken stand in der Benutzung bei Soldaten nun nicht an erster Stelle, aber warum nicht einmal diese Reihenfolge, dachte Claudius bei sich, nickte kurz, entkleidete sich und bestieg das Becken.


    "Etwas zur Stärkung wäre in der Tat nicht verkehrt. Zwar bin ich es gewöhnt, unregelmäßig zu essen, aber von gar nichts lebt es sich in der Regel schlecht."


    Claudius grinste und folgte im Nachhinein den Worten seines Gastgebers. Erneut nickte er.


    "Ich habe als Centurio bei der LEGIO I gedient und muss sagen, das Soldatenleben ist genau mein Ding. Ich möchte keineswegs mit einem Politiker tauschen, der sich beständig um die Bedürfnisse anderer Leute kümmern muss und dabei der allgemeinen Kritik solcher Leute ausgeliefert ist, die ja doch niemand zufrieden stellen kann. In der Legion habe ich meinen Auftrag, es existiert eine klare Rangordnung, präzise Aufträge, alles ist strukturiert und es herrscht im Allgemeinen eine große Kameradschaft unter den Soldaten. Ein angenehmes Betätigungsfeld, wie ich finde."


    Claudius nahm sich einen Körperschaber und begann, Rücken und Arme zu bearbeiten.


    "Wie im Einzelnen sieht denn dein Tagesablauf aus?", fragte der Quaestor nun seinerseits interessiert.

    Der Spruch gefiel Vesuvianus und so folgte er dem Hausherrn mit einem Grinsen im Gesicht. Dennoch war ihm klar, dass die Umstellung zurück hart werden würde, aber wer wusste schon im Voraus zu sagen, wann es den Göttern beliebte, ihn zu sich zu holen und am Ende würde er vielleicht wirklich niemals das luxeriöse Leben genossen haben.

    "Nun, diesem Vorschlag, Essen und Baden zu verbinden, komme ich gerne nach, hat man als Soldat doch nicht einmal im Ansatz solche Möglichkeiten. Da nützt es auch wenig, wenn man aus gutem Hause stammt."


    Vesuvianus lachte kurz auf.


    "Hoffentlich gewöhne ich mich nicht allzu sehr an dieses Leben. Es könnte mir bei der Wiedereingliederung in die Legion Probleme bescheren."

    Der Quaestor trat durch die Tür und sah sich um. Die Räumlichkeiten waren großzügig angelegt. Bald darauf lenkte aber eine Frage seine Aufmerksamkeit von der Umgebung ab. Er wandte sich dem Proconsul zu.


    "Ein Bad wäre eine gute Idee. Ich bin nach meiner Ankunft sofort in die Regia gegangen und nun würde ich gern den Reisestaub von mir spülen. Mit einem hungrigen Bauch ruht es sich nicht gut, daher ziehe ich das Speisen der Besichtigung meines Zimmers vor. Ich wäre aber erfreut, würde mein Gepäck bereits dorthin gebracht werden."

    "Gehen wir."


    Vesuvianus nickte. Während er im Begriff war, sich zur Tür zu wenden, durchdachte er noch einmal seine Vorhaben. Hoffentlich würde er noch etwas von diesem Landstrich sehen und nicht nur zwischen Regia und Unterkunft hin und her pendeln. Auch waren ihm noch immer seine Aufgaben unklar, aber vermutlich lief das Leben in Hispania geruhsamer als in Italia ab. Vielleicht lag es auch daran, weil er sich nicht mehr in einer militärischen Einheit sondern in einer Verwaltungsinstitution befand.


    Momentan fühlte sich der Centurio außer Dienst als wäre er in den Erholungsurlaub gereist. Wohl den Soldaten, die er nach seiner Rückkehr zur Legion unter seine Fittiche nehmen würde. Schon jetzt hatten sich etliche Energien angesammelt, die nach Entfaltung verlangten.