Beiträge von Herius Claudius Menecrates

    Als Menecrates auf die Antwort wartete, lag sein Blick auf Cerretanus, daher entging ihm nicht, dass der Optio ermüdete. Verwunderlich war das nicht, da eine lange Reise hinter ihm lag. Aus Rücksicht, und da sie ohnehin so gut wie am Ende waren, sparte sich Menecrates heute die Erörterung etwaiger unkonventioneller Auftritte des Furiers während der Ausübung seines Dienstes - mit Ausnahme eines Details, was ihn besonders interessierte und wo er gern selbst einige Stunden Zeit zur Verfügung hätte, um darüber nachzudenken.


    Die Angaben zur Schenkung, die der Optio aus dem Gedächtnis kramen musste, stimmten mit denen auf der Urkunde überein. "Gut, haben wir auch das. Ich gehe davon aus, eine Abschrift der Schenkungsurkunde von dir zu erhalten." Er wiederholte das Ansinnen, da Cerretanus nicht darauf eingegangen war.


    "So, letzte Frage des heutigen Tages, danach kannst du dich zur Ruhe legen. Ich hätte gern eine Erklärung von dir, wie es zu dem Fausthieb gegen den Lupanarbetreiber kam. Also, was war dein Beweggrund für diese impulsive Handlung."

    Offensichtlich benötigte Purgitius keine Bedenkzeit, was seine Entschlossenheit zeigte, trotzdem fragte Menecrates sicherheitshalber nach, um auszuschließen, dass einer der Befragten nur aus Pflichtgefühl und im Zugzwang zusagte.

    "Es wäre gänzlich in Ordnung, wenn du eine Nacht lang über dem Angebot schläfst und mir morgen einen Entschluss mitteilst." Natürlich wäre es denkbar, dass der Cornicularius längst Überlegungen angestellt hatte, ohne von der sich bietenden Gelegenheit zu wissen. Wie dem auch sein, er sollte sich frei entscheiden können.


    "Wenn es bei deinem Entschluss bleibt, wartet auf dich der verstärkte Einsatz bei der Ausbildung, beim täglichen Training und auf Streifen. Zuvor habe ich aber noch einen speziellen Auftrag für dich, der in den Aufgabenbereich eines Ermittlers und Cornicularius fällt. Es handelt sich dabei um die Befragung einer inhaftierten Person in unserem Carcer. Sie ist erwiesenermaßen Christ und wenn du dich noch an die Audienz bei unserem Kaiser erinnerst, sind wir auf der Suche nach Beweisen, ob der Fischanhänger der Vestalinnenmörderin ein sicheres Erkennungsmerkmal christlicher Gesinnung darstellt, oder ob es sich um einen bloßen Schmuckanhänger handelte. Ziel der Befragung ist es also herauszufinden, wie sich Christen untereinander erkennen, und wie so ein Fischsymbol der Christen im Einzelnen aussehen müsste, um es von einem Schmuckstück zu unterscheiden. Hast du diesbezüglich Fragen?"

    Ganz bestimmt kamen Fragen, denn Menecrates hatte nicht den Namen der zu befragenden Person genannt, aber er wollte keinen ellenlangen Monolog halten.

    Eine Tabula lag vor Menecrates auf dem Tisch. Auf ihr standen drei Stichpunkte, die noch genügend Platz für weitere Notizen ließen. Als Lurco eintrat, erwiderte er dessen Gruß und wies auf einen Stuhl ihm gegenüber.


    "Cornicularius Purgitius, es lohnt sich heute, Platz zu nehmen. Wir haben viel zu besprechen." Er wartete, bis Lurco saß, dann schnitt er den ersten Punkt auf seiner Liste an.

    "Die Aufstockung für unsere Einheit ist inzwischen formell bestätigt. Wir bekommen eine Kohorte dazu, was zum einen weitere Anstrengungen bedeutet, Rekruten anzuwerben, ebenso den einen oder anderen Offizier, aber einen Teil der Offiziere müssen wir selbst heranziehen, weil gute Offiziere nicht von den Bäumen fallen und ich außerdem bei den in unserer Einheit aufgestiegenen Offizieren eine erhöhte Identifikation mit den Cohortes Urbanae erwarte." Er merkte, dass der Satz über die Maßen lang wurde, daher beendete er ihn und legte eine Pause ein.

    "Wir können uns bei den Miles umsehen, wer sich für eine Unteroffizierslaufbahn eignet. Bei den Centurionen plane ich, Unteroffiziere aus der Verwaltung abzuziehen, weil die Verwaltung eher eine Verschlankung verkraften kann. Ich werde jedem Einzelnen das Angebot machen und unter denjenigen, die zusagen, meine Auswahl treffen. Fangen wir gleich damit an: Wie sieht es zum Beispiel bei dir aus? Hast du Interesse an einer Centuriolaufbahn?"

    Der Architekt erläuterte vor dem Setzen der ersten Ziegel die neue Bauweise.

    "Wir beginnen mit den Außenmauern. Die tragenden Wände werden in Schichten errichtet und zwar folgendermaßen: Ganz außen kommen die Backsteine. Diese Ziegel werden in der Methode Opus Quadratum gesetzt, also immer schön versetzt aufeinander. Ich will, dass ein ordentliches Fugenmuster entsteht, denn die Wand wird nicht verputzt. In einem Abstand von einem Cubitus wird eine zweite Backsteinmauer errichtet, bei der es mir weniger genau auf ein korrektes Fugenbild ankommt. Beide Mauern sind Stützmauern, die anschließend mit Tuff, Steinen, Kies und Mörtel aufgefüllt werden. Das Material verbindet sich und bildet einen Gebäudekörper, der selbst monumentalen Bauwerken wie Theatern und Äquadukten Konkurrenz macht."

    Er lief mehrere Schritte und setzte eine Markierung.

    "Hier werden in der inneren Backsteinmauer bei jeder zweiten Reihe Steine ins Innere des Raumes gesetzt. In diese Verzahnung setzen wir die erste Innenwand. Da diese Wand ebenfalls tragend ist, muss eine doppelreihige Steinmauer errichtet werden, bei der die Steine im Wechsel sowohl in der Tiefe als auch in der Breite versetzt stehen müssen." Da die Arbeiter nicht zum ersten Mal mauerten, wusste sie, was der Architekt forderte. Der wiederum markierte anschließend weitere Stellen zum Zeichen, dass dort weitere Innenwände geplant sind, die von der Außenwand aus abgingen.

    Während die Arbeiter - um sich nicht gegenseitig zu behindern - an verschiedenen Stellen gleichzeitig anfingen, kontrollierte der Architekt die Ausrichtung der Hilfslatten für die Schnüre, damit die Wände gerade verliefen - gleich von welcher Ecke aus das Mauern begonnen wurde. Für das korrekte Hochziehen der Wände benutzten die Arbeiter ein Senklot.

    Menecrates nickte, womit er seine Zufriedenheit ausdrückte. Jede Einheit bekam zunächst eine Kohorte, was die Träume des Praefectus Praetorio zerplatzen ließ, dass seine Einheit mehr als die anderen bekam. Der Befriedung Roms, insbesondere der Subura, würden nach Menecrates' Auffassung mehr Gardesoldaten auch kaum weiterhelfen, dann schon eher weitere Urbaner.

    Über die Verteilung hinaus besaß der Praefectus Urbi nun auch konkrete Zahlen, um die Anwerbung von Soldaten und Offizieren, sowie die Rekrutenwerbung voranzutreiben.


    Die nachfolgende Ankündigung, die notwendigen Mehrausgaben durch Steuereinnahmen auszugleichen, überraschte Menecrates wenig. Für ihn als Praefectus mussten private Angelegenheiten hinter staatlichen zurückstehen, auch wenn gerade seine Familie von den beabsichtigten Steuererhöhungen besonders betroffen sein würde. Die Claudia gehörte zu den wohlhabendsten Familien im Reich und demzufolge fiel erheblich mehr Erbschaftssteuer an als bei anderen Gentes.

    "In Bezug auf die Finanzierungsbeispiele habe ich auch noch Fragen. Was genau ist mit Besitzwechsel gemeint und ab welchem Wert würden Steuern in welcher Höhe anfallen?

    In Bezug auf die Erbschaftssteuer wüsste ich außerdem gern, ob Freibeträge vorgesehen sind. Das dürfte vor allem diejenigen interessieren, die überschaubare Werte zu vererben haben, womit die Hauptlast auf den wohlhabenden Familien ruht. Ich halte das für sozial gerecht und es dürfte keine Unruhen provozieren."

    Diese Überzeugung würde er auch vor seinen erbberechtigten Kindern vertreten müssen, aber hier ging es um Rom.

    "Gut, hätten wir auch das geklärt." Wieder stimmte die Angaben des Optio mit der des Türsklaven der Casa Furia überein. Ausschlaggebend für die Beurteilung durch den Praefectus Urbi waren einzig die Aussagen von Furius Cerretanus als römischer Bürger und Optio. Die nicht unter Folter gewonnenen Angaben des Türsklaven dienten einzig dem Abgleich, denn in Ermangelung einer gegenseitigen Absprache konnte davon ausgegangen werden, dass bei Übereinstimmung der Schilderungen beiderseits die Wahrheit ausgesagt wurde.

    "Bliebe noch die Schenkung zu besprechen. Bei der Besichtigung der Casa Furia wurde eine Schenkungsurkunde gesichtet, die aber vor Ort geblieben ist. Ich würde das Dokument oder eine Abschrift gern zu den Akten legen, daher die Bitte in deinem eigenen Interesse, mir das Dokument zukommen zu lassen. Es befreit dich automatisch von jeder Verantwortung für den Statioband."

    Menecrates wartete die Zustimmung ab, denn anderes als das konnte er sich nicht vorstellen. Wer würde schon freiwillig auf Entlastungsnachweise verzichten?


    "Eine Frage zur Schenkung habe ich noch: Wie kommt es, dass du die Sklavin ganz ohne Gegenleistung abgegeben hast."

    Nachdem Menectrates vor Monaten persönlich der Göttin Fortuna geopfert hatte und im Anschluss daran die anwesenden Priester mittels Tieropfern eine Bauplatzreinigung vorgenommen hatten, stand einem Wiederaufbau nichts mehr im Weg. Alte, noch verwendbare Steine lagen übereinander gestapelt, während durch den abgetragenen Schutt die Baufläche frei und friedlich lag. Einzig aufgeschüttete Haufen von Kies, Sand und Kalk setzten Akzente.

    Bei Tagesanbruch trafen die Bauarbeiter ein. Es erfolgte die Einteilung in die verschiedenen Gewerke, bevor Steine herbeigeschafft, Mörtel mit Wasser angemischt und gemauert wurde. Trotz der Jahreszeit herrschten milde Temperaturen, sodass die Verarbeitung von Mörtel möglich war. Fundamente mussten sie nicht mehr legen, denn sie konnten die alten verwenden. Der die Aufsicht führende Architekt gab die jeweilige Mauerstärke vor, sodass tragende Wände nicht zu schwach angelegt wurden, damit das Objekt sowohl den Brandvorschriften entsprach als auch viele Jahrzehnte unbeschadet sämtliche Witterungsunbilden überdauerte.

    Ich schliesse mich den allgemeinen Wünschen hier an, allerdings ohne Feuerwerk. Ich mag kein Feuerwerk.

    Feuerwerk für mich auch nur als animierter Smiley. Unseren Fellnasen und Federtieren im Haus, im Stall oder der freien Wildbahn zu Liebe wünschte ich, es gäbe keinerlei Feuerwerk. Ich lasse seit Jahren meine Tiere an Silvester nicht allein. Meine Tochter erlebt den Jahreswechsel im Stall. :D

    Nachdem die Vorschlagsliste für die Signa bei den Stabsoffizieren die Runde gemacht hatte, zog der Praefectus Urbi eine Schlussbilanz. Das Ergebnis teile er per Aushang der Einheit mit.


    Im Ergebnis der Befragung wurden folgende Signa für die zukünftigen Standorte der Cohortes Urbanae ausgewählt und zugeteilt:


    Standort Statio I Urbana - Turmfalke

    Standort Castra Urbana - Stier

    Standort Castra Equitum - Abbild der Securitas


    Der Standort Doppelstation erhält für die Soldaten der Cohortes Urbanae eine Miniatur des Turris Mamilia. Die Männer der Vigiles wählen zusätzlich ein eigenes Signum.


    Der heutigen Sitzung sah Menecrates mit besonderer Erwartung entgegen, sollte sie doch den Weg für seine weiteren Schritte bei der Befriedung Roms und insbesondere der Subura ebnen. Er erhoffte sich die offizielle Freigabe der in Aussicht gestellten Aufstockung der stadtrömischen Einheiten samt der dafür notwendigen Bauvorhaben zur Aufnahme dieser neuen Soldaten.

    Nichtsdestotrotz hörte er auch bei den Nachrichten aus den Provinzen zu, denn während der privaten Unterhaltung mit Lepidus hatte er festgestellt, nicht gänzlich auf dem Laufenden zu sein.

    Beim Thema Getreideernte horchte er das erste Mal auf. Allein das Wort 'ausgleichen' glättete seine Sorgenfalten, weswegen er weiter entspannt zuhörte.

    Seine ungeteilte Aufmerksamkeit gehörte dem Teil der Berichterstattung, der sich mit der Lage in Rom befasste. Er achtete sowohl auf den Inhalt als auch auf die Formulierungen, um zu erkennen, ob etwas zur Debatte stand, oder dem Senat als Faktum vorgestellt wurde, an dem es nichts mehr zu rütteln gab. Nach seinem Dafürhalten stand nichts mehr zur Debatte, sondern bedurfte nur noch der formalen Zustimmung des Senats. Flüchtig kam in Menecrates der Gedanke auf, ob der Kaiser zukünftig unabhängiger vom Senat regieren würde. Es würde ihn entschlossener wirken lassen, denn noch vor Jahren, als die erste Station gebaut werden sollte, konnte sich weder der Senat noch der Kaiser zu einem klaren Bekenntnis durchringen, jeder schob die Verantwortung auf den anderen - eine suboptimale Situation für den Praefectus Urbi.

    Dieses Mal sah es deutlich besser aus. Eine Nachfrage hatte er trotzdem, wobei er mit einer Auskunft zum Stand der Ermittlungen in Bezug auf den Vestalinnenmord beginnen wollte.


    "Vielen Dank für den breit angelegten Bericht, Princeps. Ich möchte ergänzen, dass wir unmittelbar vor einer groß angelegten Ermittlungsaktion stehen, die uns sicherlich Klarheit in Bezug auf den Täter in der Mordsache Virgo Vestalis Maxima bzw. eine mögliche Gruppierung bringen wird."

    Sim-Off:

    Ich wünschte, ich könnte zwei IDs anschieben, dann könnte es losgehen.



    "In Bezug auf die Aufstockung der Stammeinheiten habe ich eine Nachfrage: In welcher Größenordnung wird pro Einheit aufgestockt?"

    Der Miles, auf dessen Gesicht Menecrates Blick lag, nahm Haltung an. Vortreten brauchte er nicht, denn es wurde nicht verlangt.

    "Die Wache prüft bei jeder Person, ob ein berechtigter Zutritt auf das zu schützende Gelände vorliegt oder nicht. Dazu werden die Personalien erfragt und später ins Wachbuch eingetragen. Mitgeführte Dokumente werden auf Gültigkeit kontrolliert. Unberechtigte Personen werden abgewiesen. Gäste werden entweder zur Zielperson geleitet oder müssen am Wachtor abgeholt werden. Angehörige der Einheit dürfen passieren." Den Zweck der Prozedur sollte er nicht benennen, aber vermutlich wusste jeder auch ohne Aufzählung, dass es um die Abwehr von Spionage und Sabotage sowie das Fernhalten von Unbefugten ging.

    Der zweite Teil der Frage erschien dem Miles schwieriger zu beantworten, weil die Auflistung kein Ende kannte, würde er damit beginnen. Er sparte sich daher mögliche Beispiele und antwortete allgemein. "Alles, was keiner soldatischen Ordnung entspricht, gehört nicht zur Abwicklung am Wachtor."


    Der Präfekt nickte und sein Blick wanderte zu anderen Soldaten, bevor er laut vernehmlich ergänzte. "Der soldatischen Ordnung entspricht es beispielsweise nicht, Privatgespäche am Tor zu führen, Witze zu reißen oder Pförtner zu spielen statt Wache zu zelebrieren." Er schritt Richtung Mitte des Exerzierplatzes, baute sich dort noch einmal auf und fügte brüllend an: "WIR halten die Wache bei der Castra Praetoria. WIR schützen über unsere Männer hinaus auch Prätorianer, denen wir keinen Grund geben,uns Nachlässigkeit vorzuwerfen.

    Einst stellte unsere Einheit die Rekrutierungsbasis für die Garde dar. Heute können wir uns bestenfalls einreden, dass von uns nicht rekrutiert wird, weil wir selbst aufstocken müssen. Ich erwarte Disziplin! Ich erwarte soldatische Ordnung! Ich erwarte Ernsthaftigkeit im Dienst! Andernfalls hagelt es zukünftig Degradierungen, oder auch Versetzungen in abgelegene Provinzen!"


    Er hielt den Blick für Momente, dann wandte er sich Richtung Podest, erklomm die Stufen und nahm seinen Platz zwischen Tribun Pegasus und Cornicularius Frugi ein. Ein Nicken wies den Tribun an, den Abmarsch der Truppe einzuleiten.

    "MILITES STATE! ABITE!"

    Um einen geordneten Abmarsch zu gewährleisten, übernahmen die Centuriones das Kommando, gaben den Gleichschritt, den Losmarsch und den Richtungsschwenk vor.


    Der Präfekt erwiderte den Gruß des Tribun Pegasus, der daraufhin das Podest verließ, und verblieb mit seinem Cornicularius an Ort und Stelle. Sein Blick prüfte die Marschformationen.

    "Hmm", erwiderte Menecrates, als er hörte, dass relevante Unterlagen in der Casa Furia belassen wurden. Er hob die Brauen, um sein Erstaunen auszudrücken. "Wir sind nicht zu einem Plausch in die Casa gegangen, sondern weil ein Mitglied der Familie und gleichzeitig unserer Einheit nicht frei jeglichen Verdachts war. Alles, was diesen Verdacht erhärtet oder entkräftet, gehört in die Ermittlungsakte - Eigentum hin oder her. Deine Aussage wiegt lange nicht so viel wie das Dokument selbst. Aussagen können sehr leicht durch Gegenaussagen ausgehebelt werden."

    Niemand wusste, ob Optio Furius Feinde besaß, die entlastende Beweise vernichten könnten, und sei es nur deswegen, um sich selbst aus dem Visier der Ermittler zu bringen. "Im schlimmsten aller Fälle beseitigt jemand das entlastende Dokument und die Verantwortung des Optio für die Sklavin verlängert sich bis zum Statiobrand." Menecrates' Gesichtsausdruck suggerierte die Frage: 'Und was dann?' Zwar glaubte er nicht, dass der skizzierte Fall eintrat, aber er wollte Octavius davon abhalten, zukünftig zuu vorsichtig vorzugehen.


    Auch zu der Aussage über die Zugehörigkeit der Sklavin Eireann zur Krähenbande reagierte Menecrates mit einem "Hmm." Es gab Verdachtsmomenten, aber keinerlei Beweise: manches sprach dafür, anderes dagegen. Sie fischten im Trüben. Letztendlich spielte aber die Verwicklung der Sklavin nur eine untergeordnete Rolle, denn es blieb bei der Krähenbande als Täter für beide Brände - völlig egal, ob mit oder ohne Eireann.


    "Mehr Licht wird wohl nicht in diesen Fall zu bringen sein", resümierte Menecrates. "Ich finde, wir haben das Wesentliche aufgedeckt, müssen Erkenntnisse ziehen und daraus lernen. Zu verurteilen gibt es zumindest bei der Krähenbande niemand mehr, sie sind bereits alle gerichtet."

    Alles in allem zeigte sich Menecrates zufrieden. Die Befragung des ehemaligen Optio der Cohortes Urbanae konnte kommen, es fehlte nur noch Furius.

    "Die Hinweise waren hilfreich", sagte er abschließend zu Frugi. "Fertige noch den Bericht und archiviere ihn." Er nickte, was wie das Ende der Unterredung wirkte, sollte Octavius kein Anliegen mehr vorbringen.

    Mehrmaliges Nicken seitens Menecrates verriet, dass sich auch diese Aussage mit den bisherigen Ermittlungen deckte. Sie kamen voran und bisher gab es keine Stolpersteine, was den Präfekt freute, denn dem lag nur in Fällen von wirklichen Vergehen daran, diese zu verurteilen. Bisher sah es für den Optio und seine ehemalige Einheit so aus, als kämen sie sauber aus der Angelegenheit heraus.

    "Kyriakos steht heute nicht zur Debatte, aber wenn du etwas über den Mann sagen willst, kannst du das tun.

    Falls nicht, fahren wir fort. Bist du auf die Erpressung eingegangen?

    Wichtig zu wissen wäre auch, ob du zum Zeitpunkt des Lupanarbrandes immer noch keinen Zugriff auf diese Sklavin hattest."

    Der Miles Canutius verstummte, aber Menecrates fand nicht sofort Worte, denn er sortierte noch das soeben Gehörte. Verschiedene Szenarien schienen sich bei der an sich richtigen Aussage zu vermischen, oder Menecrates zählte wieder einmal Erbsen. Er schien dazu zu neigen. Würde er das Pingelige aufgeben, verlöre er seinen Ruf. Manchmal allerdings musste er über sich selbst schmunzeln, aber zum Kopfschütteln über sich selbst reichte die Einsicht nicht.

    "Das Schlagen mit Stöcken, Miles, reicht bei einem Wachvergehen nicht. Vielleicht meinst du aber erschlagen - ob nun mit Stöcken oder Steinen. Zum Berühren eines Todeskandidaten mittels Stock gibt es noch ein weiteres Szenario."


    Der Präfekt trat zwei Schritte zurück, weil er weithin gehört werden, aber gleichzeitig das Trommelfell des vor ihm stehen Miles schonen wollte.

    "Unter einem Wachvergehen verstehen wir einen Fehler, der andere Soldaten - im schlimmsten Fall die gesamte Einheit - in Gefahr bringt. Nickt jemand während seiner Wache ein, ist er des Todes, denn die Verhängung des Urteils durch den Kaiser ist

    nur noch eine Formsache. Jedem, der hofft, ein milderes Urteil zu erhalten, wie es dies unter manchem Kaiser bereits gegeben hat, sei gesagt, dass ich bei Wachvergehen für die Durchsetzung rigoroser Strafen bin. Die Wache ist nicht nur das Aushängeschild einer Einheit, sie ist auch deren Lebensversicherung, und ich werde nicht dulden, dass lascher Wachdienst Soldatenleben gefährdet."


    Er ließ die Worte wirken, bevor er nicht minder laut fortfuhr.

    "Wir hoffen auf eine Zukunft ohne Aufstände und Bürgerkriege, aber nur für den Fall der Fälle sei heute gesagt, Feigheit oder Meuterei wird ebenfalls mit dem Tode bestraft. Bei der Auswahl des Todeskandidaten kann sich dann niemand sicher sein, denn es wird exemplarisch ausgewählt." Er wandte sich in normaler Lautstärke an Pinus. "An dieser Stelle deutet der Offizier willkürlich auf irgendjemand aus der Einheit, den er mittels Stock berührt. Er trifft so die Auswahl. Die Strafe selbst, na, du kennst sie."

    Sein Blick glitt über die Männer dieser Centurie, dann ging er weiter und hielt bei der nächsten an.

    "Was gehört zur Abwicklung am Wachtor und was nicht?"

    "Das deckt sich mit meinen Informationen", erwiderte Menecrates, der durchaus erleichtert war, dass dieser Fall nicht neue Blüten trieb. Außerdem verbesserte die Tatsache, dass die Sklavin mittlerweile von verschiedenen Personen als widerspenstig beschrieben wurde, die Situation für Optio Furius.

    Weitere notwendige Abgleichungen erforderten weitere Fragen, also fuhr Menecrates fort. "Ist dir bekannt, wo sich die Sklavin nach ihrem Verschwinden aufhielt? Falls ja, hast du sie zurückgeholt und falls nicht, warum?"

    Alles, was sie heute klärten, musste nicht noch einmal durchgekaut werden.

    Menecrates nickte. Er hatte nach dem Zweck gefragt, warum ein Centurio die Vitis als Ausrüstungsgegenstand erhält, und den hatte er jetzt gehört. "Richtig, und zu den leichten Strafen gehört bereits, wer seine Tunika schief zusammenlegt, seine Ausrüstung nicht täglich poliert oder beim Sport hinter die Kameraden zurückfällt."

    Der Präfekt ging einige Schritte weiter und hielt vor einem Soldaten aus der benachbarten Kohorte.


    "State! Welche Strafe steht auf Wachvergehen, Miles?"