Beiträge von Ein Urbaner

    Nachdem er noch den ein und den anderen Probatus für seinen nachlassenden Eifer gezüchtigt hatte, wartete der Princeps Prior bis auch der letzte seine Übung endlich vollendet hatte. Damit war für heute auch für ihn schluss, weil die Ausbildung ein anderer Ausbilder übernehmen würde. Als sich alle Probati gesammelt hatten, wandte er sich nur noch mit einem knappen "Also abmarsch!" an sie und verschwand dann vom Exerzierplatz.


    Der Miles zuckte nur mit den Schultern und fragte sich ernsthaft warum er von irgendsonem Civis schräg von der Seite angequatscht wurde und setzte schon zu einer gepfefferten Antwort an, als hinter ihm sein Princeps Prior aus dem Wachhäuschen platzte.


    Der Wachhabende Urbaner mochte zwar nicht der hellste sein, aber zumindest hatte er ein gutes Gedächtnis was Kameraden anging und Sedulus gleich wieder erkannt. Im übrigen hielt er auch nichts von raschen Abfertigungen, wenn sich die Möglichkeit bot ein wenig zu tratschen.


    "Salve, Princeps Prior..."


    Ein dritter Miles der zusammen mit seinem Vorgesetzten aus dem Loch in der Mauer gekommen war, beugte sich beim Anblick des Germanicers und des Aureliers vor und flüsterte dem Wachhabenden eindringlich etwas ins Ohr; er hatte nämlich vor einiger Zeit noch öfters Patroullien auf dem Forum Romanum geschoben und da ein paar der Politiker gesehen.


    Zumindest hielt der Princeps Prior nun inne in seiner Begrüßung und gab dann Befehl den Durchgang freizumachen und die Neuankömmlinge durchzuwinken. Während er selber zur Seite trat, vollendete er seine Begrüßung.


    "Salve nochmal! Der Bibulus ist noch aktiv, soll ich ihm etwas ausrichten lassen?"

    Die beiden Männer aus der popina hatten sich zuerst willenlos abführen lassen, aber wie sie so durch die Menge mitgeschleift wurden, meinte der Besitzer und bisherige Wortführer einige verbündete Lieferanten unter den Besuchern des Forums zu entdecken. Plötzlich zerrte er an seinen Fesseln und begann ein lautes Geschrei, sodass die umstehenden Passanten stehenblieben und neugierig schauten, was da los war.


    Die Leute die gleich neben den Urbanern standen machten schon hämische Gesichter und warfen den Verhafteten einige Nettigkeiten und aus der zweiten Reihe einen reifen Apfel an den Kopf. Kurz darauf fing auch der zweite Mann an wie wild zu brüllen, allerdings eher aus Schmerz, weil ih mdie Frucht einen Zahn ausgegschlagen hatte, er stolperte vorwärts gegen den Miles vor sich und hätte diesen beinahe zu Fall gebracht.


    Währenddessen schoben die Passanten in den hinteren Reihen kräftig nach Vorne, wei lsie auch etwas sehen wollten, während die Leute vorne wieder zurückdrängten weil sie den Milites von den Cohortes Urbanae nicht in den Weg geraten, oder einfach nur weil weitergehen wollten. Ein heilloses Chaos entstand, wobei ein schmächtiger Junge der sich zwischen den Beinen der Gaffer durchgearbeitet hatte plötzlich mit Schwung gegen Furius Licinus geschubst wurde und diesen aus dem Gleichgewicht brachte. Unterdessen drängten sich zwei weitere Männer zwischen die Verhafteten und ihre Bewacher.

    "Na vielleicht ist bei dir doch noch nicht Hopfen und Malz verloren, Probatus..." Das würde aber erst feststehen wenn der Redivivier seine Ausbildung überstanden hatte und keinen Moment früher. Dann wandte sich Hispo wieder an alle Probati.


    "Denkt daran, wenn ihr die Formation verlasst riskiert ihr nicht nur euer Leben sondern auch das eurer Kameraden. Aber gerade in der Urbs kann es vorkommen dass es gar keine Formation gibt und ihr euch im Einzelkampf befindet, also probt noch ein bisschen den Ausfall. Hundert Stiche auf den Pfahl will ich von jedem sehen und wehe der letzte ist nicht genauso hart wie der Erste! Danach begebt ihr euch zum Formaltraining. Also auf, auf ihr Söhne von vertrockneten Wachteln."

    Stumm sah der Princeps Prior dem neuen Chef hinterher wie der davonstolzierte. Wenigstens hatte er zurückgegrüßt sonst wäre er bei dem Urbaner schon völlig unten durch gewesen. Für die Umstehenden keinesfalls verständlich murmelte er noch was von Provinzlern in seinen nicht vorhandenen Bart und scheuchte dann die Wachposten wieder auf ihre Posten.

    Mies gelaunt, weil grundsätzlich mies gelaunt und heute auch noch vom Wetter genervt und seinem kommenden Auftrag genervt, kam Bibulus über den Staub der castra gegangen und ging kurz in die Baracke. Als er niemanden darin vorfand sank seine Laune noch mehr, denn auf eine Schnitzeljagd bei dieser Sonna hatte er in seinem Alter wahrlich keine Lust mehr. Zum Glück kannte der Princeps Prior eigentlich alle Stellen im Lager, wo sich jemand im Hochsommer am liebsten Aufhielt und schon nach wenigen Schritten sah er die Gruppe Milites bei den Lagerhäusern. Strammen Schrittes näherte er sich ihnen nur, blieb, geblendet von der Sonne kurz davor stehen und holte dann eine tabula hervor.


    "Princeps Prior... Decimus Serapio?"

    Langsam begann der Besitzer des Etablissements zu schwitzen und nach einem weiteren hasserfüllten Blick zu seinem Nebenmann sah er ein, dass er sich doch verdächtig machte, wenn er diesem weiterhin die Klappe zuhielt. Langsam nahm er die Hand runter und es schien als würde der zweite Mann sogar die Luft nahalten und stumm bleiben... zumindest schien es so.


    "Der Schmuck gehört..."


    Der Rest des Satzes ging unter in einem lauten Gejaule, als der Besitzer der popina dem Anderen mit voller Kraft auf die Sandalen trat. Dann wandte er sich mit dem Gesicht eines zu unrecht verdächtigten, ehrlichen Händlers wieder an Licinus.


    "Der Schmuck gehört unseren Frauen, aber zwei Teile sehen genau gleich aus und wir konnten nicht entscheiden wem jetzt welches Stück gehört."


    Unterdessen legte der Besitzer behutsam und langsam, um keine Aufmerksamkeit zu erregen seine Hand auf einen Haufen getrockneter Kräuter unter denen es schimmerte und schob das Ganze ebenso langsam hinter seinen Rücken.

    Einige Zeit sah Hispo dem Redivivier zu und war auch recht zufrieden mit seinem Angriff, zumindest was die Leistung eines Probatus anging. Aber Hispo wäre kein guter Ausbilder gewesen, wenn er nicht doch etwas zu bemäkeln gehabt hätte. Als Tychicus wieder mal einen Ausfall probte, trat der Princeps Prior neben ihm und rammte ihn seinen Stab nicht gerade sanft in die Seite.


    "Was passiert mit der Formation wenn du sie verlässt, Probatus?"

    Der wachhabende Soldat murmelte zu seinen Kollegen etwas, was man als "Der Neue ist da. Machts Tor auf!" verstehen konnte, wenn man nah genug dabei stand. Nach wenigen Augenblicken öffnete sich auch tatsächlich das Tor und diejenigen Soldaten, die am Tor Wache hielten, standen stramm und warteten neugierig auf ihren neuen Cheffe.


    Der ranghöchste unter ihnen, Princeps Prior Falcidius Calvaster, stellte sich vor seinen Mannen und grüßte den neuen Praefectus Urbi militärisch-zackig und wartete, bis dieser oder ein anderer aus dem Gefolge des Vescularius Salinator das Wort an ihn richtete.

    Beim Eintreten des Urbaners hatte der eine Mann dem anderen schnell die Hand auf den Mund gepresst und ihn kurz mit finsterem Blick angeschaut. Vorsichtshalber hielt er dem zweiten auch weiterhin den Mund zu, damit dieser nicht weiterplapperte.


    "Ich bin der Besitzer, aber es geht um nichts, Herr. Unsere Frauen, du verstehst?"


    Man konnte sehen, dass der andere Mann zuerst etwas anderes zu dem Thema sagen wollte, aber dann doch lieber den Mund hielt und sich nicht wehrte.

    Verärgert schüttelte Hispo den Kopf, dabei hatte es doch schon so schlecht angefangen und die Probaten brachten es trotzdem fertig sogar noch schlechter zu werden. Bevor das falsche Verhalten der Frischlinge jetzt aber zur Gewohnheit werden konnte, brach der Princeps Prior wieder ab.


    "Halt! Stop! Wir sind hier doch nicht bei einem Fest, wo man rumhüpft und von einer Seite zur anderen torkelt. Haltet den Schild immer zwischen euch und den Gegner und vielleicht bewegt sich der Gegner mal, dann müsst ihr euch auch bewegen, aber denkt daran, ihr seid hier in Rom und bei den Cohortes Urbanae, also wird entweder ein Kamerad links neben euch und ein Kamerad rechts neben euch sein, oder eine Mauer auf beiden Seiten. Wenn ihr so rumhampelt, stört ihr also die Formation oder euch selbst."


    Es wurde langsam Zeit einen Gang zuzulegen, weshalb Hispo dem nächststehenden Probatus mit seinem Stab auf die Schulter schlug, zufälligerweise Tychicus und zufälligerweise auf seine schmerzende Schulter.


    "Du! Grundstellung und nochmal Angriff auf den Pfahl! Aber diesmal zeig dass du Soldat werden willst und nicht Tänzer!"

    Einige Tauben wurden aufgescheucht als eine Sitzsänfte sich durch die Menge drängte. Das Lärmen der Menschen war sehr laut, in einer Garküche in der Nähe vernahm man das Poltern von Töpfen, das Klappern von Schüsseln. Gerade um diese Tageszeit, den späten Vormittag und beginnenden Mittag war es wieder voll in dieser popina – wie es doch so viele davon in Rom gab. Aber wen wunderte es? Schließlich hatten die Meisten der römischen Bevölkerung nicht die Möglichkeit selber zu kochen, geschweige denn, sich bekochen zu laßen von Sklaven. Jener Mann, der Licinus aufgefallen war und der nun unter Beobachtung stand, drängte sich weiter durch die Menge und warf immer mal wieder einen nervösen Blick über seine Schulter. Für einige Herzschläge lang war der Mann jedoch durch die vorbeikommende Sänfte verdeckt und schien in der Menge unterzutauchen.
    „Das war so nicht abgemacht! Das...das...Du elender kleiner Betrüger! Du Sohn einer lupa, Du!“
    , ertönte ein wütendes Gebrüll aus der popina neben an.
    „Was? Sag' das noch mal!“
    , war die laute Antwort eines anderen Mannes.
    „Du dreckiger Betrüger!“
    Schon hörte man ein lautes Poltern von dort. Aber von der anderen Seite des Marktes war ein:
    „Dieb! Ein Dieb! Er hat mir mein ganzes Geld gestohlen!“
    Für einen Moment tauchte der Kopf jenes verdächtigen Subjektes wieder zwischen der Menschenmenge auf, er sah zurück von dort, wo der anklagende Ruf kam und nahm nun die Beine in die Hand.

    Langsam ging Hispo, den Stab fest umgreifend, vor den Männern auf und ab, er neigte den Kopf etwas zur Seite, um die Worte des braun gebrannten probatus auch zu verstehen – Hispo hatte nämlich manchmal durchaus Probleme die Soldaten zu verstehen, das Alter zeigte sich bei ihm leider schon. Er nickte langsam als er die erste Antwort vernahm, nickte jedoch auch bei der zweiten Antwort, auch bei Tychicus. Er schwieg einen Moment und betrachtete den Boden des campus.
    „Das gladius ist in der Tat eine Stichwaffe in erster Linie, doch vergeßt nicht, das Schwert kann auch mit der Schlagseite genutzt werden. Es ist aber dennoch offensichtlich, was der Sinn und Zweck dieser Waffe ist. Das mit dem pilum ist richtig, für uns ist die Waffe jedoch von keinem Belang. Ihr werdet in der Ausbildung zwar lernen, wie man sie handhabt, aber sie wird in eurem Dienst nicht zum Einsatz kommen. Im Gegensatz zu den Legionen, die darin besonders gut sein müßen für den Kriegsfall. Für die cohortes urbanae ist die hasta deutlich wichtiger und auch sehr viel praktischer in der Handhabung hier in der von Menschen dicht gedrängten Stadt.“
    Hispo sah auf und die Reihe von Soldaten entlang.
    „Reiterei wird man hier in der Stadt freilich nicht finden, aber eine hasta ist auch für jeden Menschen eine Gefahr, der euch bedroht und nach eurem Leben trachtet!“
    Nun sah Hispo zu dem jungen Mann, der die Antwort mit dem Schild gab.
    „Das scutum ist nicht nur ein Holzbrett, was euren Körper schützen soll. Nein, es ist sehr viel Vielseitiger, in den richtigen Händen ist das Holzschild fast genauso eine Gefahr wie euer gladius. Nutzt das Schild genauso aktiv wie euer Schwert. Ihr könnt damit Knochen brechen, ihr könnt Angreifer zurück drängen, ihr könnt damit sogar eure Gegner entwaffnen. Und das werden wir jetzt üben, nämlich wie ihr Schwert- und Schildkampf kombiniert!“
    Die Kampflektionen waren ganz gewiß noch nicht am Ende angelangt, wie nun klar wurde, die probati würden noch viel Zeit damit verbringen müßen.
    „Jeder stellt sich vor seinem Pfahl auf. Grundstellung, stecht zu, setzt euer Schild ein, nicht vergeßen auf die Deckung und die richtige Beinarbeit achten, fester Stand dennoch und wieder zu stechen. Age!“

    Die Sonne brannte bereits heiß auf den campus hinab und schien die trainierenden Männer noch mehr quälen zu wollen, nur Hispo litt - aus offensichtlichen Gründen - darunter nicht, kein Wunder, er stand nur neben den Männern und beobachtete sie dabei, wie sie mit den Übungsschwertern auf die Holzpfähle ein stachen. Und es ging sehr lange, daß Hispo so da stand und die jungen Männer sich abrackern ließ. Zwischendrin kam noch einer der anderen Ausbilder und Hispo und dieser schienen ein munteres Schwätzchen zu halten, immer mal wieder sah Hispo zu den Trainierenden und wirkte für den Moment zufrieden, da die Männer noch eifrig bei der Sache zu sein schienen. Es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, ehe sich Hispo von seinem Kollegen verabschiedete und wieder zu den Pfählen zurück schlenderte.
    „Genug! Scuta dorsum!“
    Hispo gab den Männern eine Verschnaufpause und wartete einen Moment, ehe er wieder anfing, seine Stimme über das Lärmen des campus zu erheben.
    „Die Waffen der römischen Legionen sind das gladius, das scutum, das pilum und die hasta. Wer kann mir etwas zu den einzelnen Waffen erzählen und wie man sie einsetzt?“
    Ein bißchen Theorie zum Training fand Hispo immer wichtig, außerdem konnten so die Männer noch einen Moment länger Atem schöpfen.

    Kein Auftrag, keine weitere Arbeit mehr, somit würde Bibulus nun zum campus zurück kehren können und den letzten Schritt in der Ausbildung mit den probati angehen können, der erste Tag auf den Straßen von Rom. Doch was der nächste Tag bringen würde, das wußte Bibulus freilich jetzt noch nicht, aber er machte sich jetzt auch keine Gedanken darum. Bibulus salutierte vor seinem Vorgesetzten.


    „Vielen Dank, praefectus. Vale!“
    , meinte er noch, ehe er sich umdrehte und das officium verließ.

    Und weiter ging es in die Stadt hinein, auf die breite Straße, die in einem Knick und Zickzack schließlich auf das forum romanum zuführen sollte, das Lärmen der Stadt wurde lauter, es schien als ob aus allen Löchern der Stadt die Menschen nur so heraus sprießen würden. Bibulus folgte den Soldaten nun in einigen Schritten Abstand und schien die kleine Gruppe an milites genaustens zu beobachten. Einer der hinteren Soldaten – Acratus war sein Name – warf immer mal wieder einen nervösen Blick über seine Schulter, weil er meinte den Blick des PPs zu spüren. Vorbei ging es an zahlreichen Häusern, ein paar insulae und direkt auf das forum nerva zu. Ein paar Stände waren hier aufgebaut, Markthändler, die allerlei Waren anboten, von getrocknetem Obst bis hin zu Tüchern und Kräuterwaren. Ein Händler mit einem Bauchladen lief die Straße auf und ab und rief:
    „Messer, Küchenmesser, Rasiermesser, alles, was ein gepflegter Römer braucht. Messer!“
    Der Händler lief an einem mit vielen bunten Tüchern umgebenen Stuhl vorbei, auf dem eine sehr dicke Frau saß, die in einer hölzernen Schale etwas zu hantieren schien. Ein jüngerer Mann stand vor der Frau und trat nervös von einem Fuß auf den Anderen.
    Ein hagerer Mann drängte sich durch die Menge an kauflustigen Römern und Ausländern, rempelte mal einen älteren Mann in einer grünen tunica an und strebte eilends einige Schritte weiter. Einige Tauben schwirrten über den Menschen hinweg und stürzten sich immer mal wieder hinunter, um die Brotkrumen oder sonstige Abfälle aufzusammeln.

    Während Bibulus den Worten von Licinus lauschte, fädelte er den ledernen Riemen seines Helmes in die Schnalle ein und schloß somit die kleine Halterung, die seinen Helm auf dem Kopf gut fest hielt, ein marginales Lächeln war einen Herzschlag lang auf seinen Lippen zu sehen als er Licinus lauschte. An manchen Stellen nickte Bibulus zufrieden und trat einen Schritt zurück, als die Männer, nach der Ansprache von Licinus sich in der Marschkolonne aufstellten und ihre Schilder hoben. Schon klackten die Nägel der caligae über den steinernen Boden der Straße, schon machten sie sich auf, sich in das Gewühl der Stadt zu begeben, dem Sumpf der ewigen Stadt, die Schönheit und Häßlichkeit gleichzeitig hervor brachte, Edelmut und die schlimmsten Abgründe im Menschen offenbaren konnte. Bibulus ging ganz am Ende der Kolonne, hinter all den Frischlingen, die ihren ersten Tag heute erleben würden.


    Bibulus sah zu seiner linken Seite den Esquilin aufragen und sie näherten sich schnell der porta esquilina, die sie in die servianischen Mauern aus alter Zeit hinein führte, selbst wenn jene Mauern schon längst in der Stadt lagen. Manche der Römer oder peregrini, die an ihnen vor bei kamen, warfen ihn scheue, mißtrauische oder gleichgültige Blicke zu, andere wieder wirkten deutlich freundlicher, ein Junge hob die Hand und winkte den Soldaten zu, ehe ihn seine Mutter in einen der Geschäfte hinter her zog. Die Tore der porta standen weit offen und mit wenigen Schritten waren die Soldaten innerhalb dieser Ummauerung.

    Äußerst kritisch schien der Gesichtsausdruck von Hispo zu sein, als Tychicus mit dem Schwert herum hantierte; Hispo hob die Hand und rieb sich sein Kinn, wo eine schmale Narbe eine deutliche weiße Linie in dem sonst vom campus sonnengebräunten Gesicht zeigte. Einige Herzschläge lang schwieg Hispo und verharrte in der Geste mit der Hand am Kinn, schließlich ließ er die Hand sinken und schnalzte mit der Zunge.
    „Abgesehen davon, daß meine Jüngste kräftiger zu sticht...gar nicht mal schlecht, probatus. Denn Du hast gleich erfaßt, womit es bei dieser Waffe auf sich hat!“
    Hispo sah von Tychicus zu den anderen Männern der Ausbildungseinheit.
    „Es ist das Zustechen! Das gladius ist hervorragend als Stichwaffe geeignet, sicherlich kann man auch die Seite zum Schlagen benutzen, aber euer Nachbar wird sicherlich nicht erfreut sein, wenn ihr ihm sein Ohr abhackt. Also fangen wir mit dem an, was ihr am Meisten gebrauchen werdet.“
    Hispo trat auf Tychicus zu und schlug mit dem Ausbilderstab sachte auf dessen rechtes Bein.
    „Nimm das rechte Bein etwas zurück und das linke Bein mehr an das Schild heran. Die Grundstellung ist beim Schwertkampf sehr wichtig, ein fester Halt verleiht einem guten Kämpfer schon mal einen Vorteil. Dann der Griff um den Schwertknauf. Klammert euch nicht daran, aber haltet das Schwert fest genug, damit es euch der Feind nicht aus der Hand schlagen kann!“
    Schon trat Hispo wieder vom dem Rediviver zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
    „Jeder stellt sich vor seinem Pfahl auf und nimmt die Grundstellung ein, dann möchte ich einen sauberen Stich nach vorne sehen. So wie der probatus es vorgemacht hat. Aber schnell, kräftig und ohne zögern, danach den Arm sofort wieder zurück ziehen und wieder stechen, zurück ziehen und noch einmal stechen, so lange, bis ich euch ein Zeichen gebe, daß ihr damit aufhören könnt. Und immer auf eure Deckung achten! Age!“

    Ungeduldig sah Hispo von einem probatus zum Nächsten, das konnte doch nicht sein, daß keiner von denen nicht mal ein Schwert in der Hand gehalten hatte und selbst wenn es nur zu dem Räuber und Soldat-Spiel als Kind war, zudem ein Holzschwert, das man zu Hauf auf den Märkten kaufen konnte. Hispo seufzte leise und schüttelte den Kopf, also hieß es ganz bei den Grundlagen anfangen. Aber dafür war ja die Ausbildung auch da, Soldaten fielen nun mal nicht vom Himmel. Mit der Hand und dem Stab in Dieser deutete Hispo auf eine Kiste aus dunklem Holz, in denen die schweren Schwerter aus Holz und die Übungsschilde – aus Weidenholz und deutlich schwerer als die sonst im Dienst benutzten Schilde- lagen.
    „Jeder nimmt sich ein gladius und ein scutum! Stellt euch vor den Übungspfählen auf, jeder an einen Pfahl.“
    Gemächlich schlenderte Hispo auf einen der Pfähle zu und wartete, bis alle so weit waren. Er deutete mit dem Stab auf Tychicus.
    „Du! Ja, genau Du! Komm' an diesen Pfahl hier!“
    Hispo deutete auf den Holzpfahl, der direkt neben ihm aufragte.
    „Greife den Pfahl an, probatus!“

    Den Helm unter seinem Arm zurecht rückend, wartete Bibulus geduldig, aber er mußte nicht lange harren, denn schon kamen die ersten Männer. Bibulus nickte dem Furier ernst, aber nicht unfreundlich zu. Selbst wenn Licinus es noch nicht wußte, er war nun nicht mehr nur ein einfacher probatus, sondern ein Kollege im Dienst.
    „Salve, Furius!“
    , grüßte Bibulus zurück. An dem selben Flecken verharrend wartete Bibulus, daß auch noch der Rest der probati/milites eintraf und sich an dem vereinbarten Treffpunkt sammelte. Bibulus ergriff den Helm und straffte seine Gestalt, dann wandte er sich zuerst an den, der die andere Gruppe leiten sollte.
    „Miles, Du wirst mit Deinen Männern die Bezirke collis quirinalis, campus martius und circus flaminius ablaufen. Miles Ovius Molo wird euch begleiten!“
    Bibulus deutete mit dem Kinn auf den pockennarbigen, breitschultrigen Soldaten, der sich der Gruppe anschloß.
    „Age!“
    , befahl Bibulus und sah schließlich zu Licnus.
    „Du, miles, übernimmst mit Deinen Männern die Bezirke forum romanum, mons palatinus und mons aventinus. Ich folge nur, die Befehle wirst ab jetzt Du übernehmen. Age!“
    Bibulus hob den Helm an, um sich diesen auf den Kopf zu setzen und darauf wartend, daß Licinus die Initiative übernahm, als Kommandant seines kleinen Trupps.