Beiträge von Ganymed

    Ganymed führte Fausta in das Atrium. "Ich werde meinem Herren Bescheid geben. Meine Herrin, Decima Aemilia, ist zur Zeit nicht im Haus." Er lächelte und führte sie zu einer Sitzgelegenheit. "Wenn Ihr Euch bitte einen Moment gedulden würdet?"


    Dann ging Ganymed, um wieder mal seinem Herren die Kunde von einem Besucher zu bringen...

    Grinsend sah Ganymed Gabriel hinterher. Dabei war er etwas skeptisch, ob dieser in seinem Zustand auch wieder zurück finden würde. Mit der Schulter zuckend setzte er sich wieder auf den Brunnenrand und musterte neugierig Nadia.


    "Dein Herr ist also eigentlich kein Flavier?" fragte er leise. Er erinnerte sich vage, dass Nadia von einer Adoption gesprochen hatte und dass ihr Herr sie sogar vor seiner eigenen Familie gewarnt hatte. Irgendwie erschien ihm das alles sehr schleierhaft.

    Müde schlurfte Ganymed Richtung Tür. Mißmutig blieb er davor stehen und zögerte. Eigentlich, so fand er, könnte sein Herr endlich mal einen vernünftigen Ianitor einstellen. Es ging doch nicht an, dass er ständig die Tür aufmachen musste. Dann fiel ihm jedoch ein, dass es wohl besser war die Tür zu öffnen ehe Cicero das Klopfen hörte. Denn dann würde Cicero danach wohl wieder eine Aufgabe für Ganymed einfallen, Holz für die Küche holen oder den Hof fegen und solche lästigen Dinge.


    Mit dem schrecklichen Gedanken an Arbeit machte er schnell die Tür auf und besah sich die Besucherin. Ein Lächeln erschien auf dem Gesicht.


    "Salve! Wie kann ich Euch helfen, werte Dame?" fragte Ganymed in einem höflichen Tonfall.

    Befremdet sah Ganymed Adara an und starrte säuerlich auf den Finger, der immer wieder gegen seine Brust tippte. So machte er einen Schritt rückwärts, aus ihrer Reichweiter heraus. Der Ärger über ihr Verhalten war ihm auch deutlich ins Gesicht geschrieben und er schüttelte dabei den Kopf. Erst wollte er etwas erwidern. Doch er sah ein, dass das keinen Sinn machen würde, so wandte er sich von Adara ab. Er brauchte einige Sekunden, um das von sich zu schütteln, dann lächelte er wieder.


    Er nickte Gabriel zu. "Das klingt doch fantastisch!" erwiderte er auf seine Aufzählung. Er sah sich dabei suchend um und sah zur nächsten Taverne. "Da können wir unmöglich hin!" meinte er und deutete auf die Taverne Apicia. "Wie wär es, wenn wir uns eine Kanne Wein holen und uns an das Tiberufer setzen?"

    Erstaunt hörte Ganymed Adaras Rede zu. Seine Augenbrauen wanderten hoch bei ihren Worten. Irgendwie ärgerten ihn ihre Worte sehr. Zwar kannte er diesen Constantius nicht sonderlich gut, aber es schien ihm, dass Adara es ebensowenig tat.


    "Du scherrst aber schnell alle Römer und alle Patrizier über einen Kamm, Adara. Wieviele Patrizier kennst Du denn von Nahem? Deinen Worten nach zu urteilen, nicht sehr viele. Und wie es mir scheint, diesen Constantius auch nicht. Nicht alle Patrizier sind gleich und nicht alle Römer verachten uns Sklaven. Constantius hat mich sehr freundlich behandelt und ich denke nicht, dass er homophile Tendenzen hat. Und wenn er Nadia kaufen würde, wie Du sagst, könnte er ihr doch die Freiheit schenken."


    Er versuchte seinen Ärger schnell zu unterdrücken und sah erst noch mal lächelnd zu Nadia und dann zu Gabriel. "Welche Taverne kannst Du Dir denn leisten, Gabriel?"

    Ganymed sah zu Adara als sie sprach und dann zu Nadia. Auf seiner Stirn zeigten sich nachdenkliche Falten, als er seine Augenbrauen runzelte. Er kratzte sich am Nacken und sah wieder zu Gabriel. Wenn dieser den Herren von Nadia kannte, vielleicht fiel ihm da etwas ein.


    Als dann wieder die Sprache auf diesen ominösen Constantius kam, stutzte Ganymed erneut. "Also ich kenne auch einen Patrizier namens Constantius...Claudius Constatius, der Magister Memoriae. Der kam mir auch komisch vor, aber ich glaube, der ist einfach gerne freundlich zu Sklaven. Der hat mit mir nämlich auch geredet, ganz als ob ich kein Sklave wäre. Das war schon seltsam. Und vielleicht meint er es doch ernst mit Dir, Nadia. Ich meine, Männer machen schönen Frauen gerne Komplimente. Das heißt jedoch nicht, dass sie nicht eine Frau lieben können." Er nickte und dachte kurz an Aemilia, verdrängte den Gedanken jedoch schnell wieder.


    So sprang er auf und zog Nadia mit hoch. "Aber lasst uns woanders hingehen. Gabriel wollte uns einladen, das sollten wir nicht ausschlagen! Und dann überlegen wir, wie Du Deinen Herren umstimmen kannst, Dich nicht mehr zu bestrafen. Wie wär es?" fragte er und lächelte zwinkernd, damit Nadia aus ihrer Verzweiflung heraus gerissen wurde. Er sah dann auch fragend zu Adara und zu Gabriel.

    "Constantius?" murmelte Ganymed. Irgendwie klingelte der Name in seinem Kopf. Ein Patrizier...Ganymed dachte kurz nach, als es ihm einfiel. Da war doch so ein seltsamer Kauz, der sich schon fast lieber mit ihm, Ganymed, unterhalten wollte und seinen Herren erst ignoriert hatte. Auf der Lichtung seiner Herrin war das vor einigen Wochen und dieser Patrizier war der Magister Memoriae. Aber ob es derselbe war, wagte Ganymed schon fast zu bezweifeln. Rom war voll mit solchen seltsamen Gestalten.


    Aber ihre Worte erschreckte ihn dann doch. Nicht mehr zurück kehren? Irgendwie kam ihm das durchaus bekannt vor als er an seine Zeit in Milet zurück dachte. Er konnte Nadia verstehen.


    "Ich war früher auch Sklave bei einem Patrizier." meinte er und starrte finster in den Brunnen. "Mir scheint, dass ihr altes Blut sie allesamt äußerst verrückt und grausam macht. Aber wäre ich damals geflohen, sähe es heute sehr schlecht um mich aus. Da bin ich mir sicher." Er lächelte Nadia schief an. "Fliehen sollte der letzte Ausweg sein. Denn zurückkehren kannst Du in das Haus der Flavier nach einer Flucht nicht mehr. Sie würden Dich töten und nicht nur das Brandeisen aufsetzen. Und Du wärst immer auf der Flucht, nirgendwo im Imperium sicher vor ihren Zugriff."


    Er nahm ihre Hand und lächelte sie an. "Aber noch scheint es mir, ist es noch nicht 'so' gefährlich für Dich in dem Haus der Flavier. Riskier nicht Dein Leben, weil Du eine Strafe fürchtest."

    Hilflos sah Ganymed wie Nadia anfing zu weinen. Er konnte ihre Angst verstehen. Sie alle waren doch ihren Herren ausgeliefert und hatten niemanden, der sich für sie einsetzen würden. Wieder wurde ihm bewußt, was für ein Glück er doch mit seiner Herrin hatte und auch mit seinem Herren, auf den er eigentlich noch sehr wütend war. Er sah auf und zu Gabriel. Irgendwie hoffte er kurz, dass dieser vielleicht die richtigen Worte finden konnte.


    Zögerlich legte Ganymed freundlich eine Hand auf Nadias Schulter. "Ich kenne Deinen Herren nicht, Nadia. Aber wenn Du sagst, dass er mal Dein Freund war, dann wird er Dir doch nichts Böses antun. Und..." Er zögerte schließlich. "...vielleicht war er nur eifersüchtig." Er wollte eigentlich viel klügere und bessere Worte finden, sie aufzumuntern, aber er war ratlos. Schließlich konnte er nicht wirklich einschätzen, zu was jener Mann in der Lage war zu tun.


    Er zögert noch mal und überlegte. "Weißt Du was, Nadia?" Er lächelte sie aufmunternd an. "Das Wetter ist schön, Dein Herr hat noch nicht nach Dir gerufen...wie wär es, wenn wir was Nettes zusammen machen. Ich hab drei Sesterzen, die wir sinnlos verprassen können!" Er grinste dabei über sein 'Vermögen' und sah fragend zu Adara und auch Gabriel, ob sie mitziehen wollten.

    Etwas erstaunt hörte Ganymed den Worten von Adara zu. Sein Blick war etwas skeptisch und es schien ihm, als ob Adara noch nicht wirklich von den Flaviern gehört hatte. Ansonsten würde sie bestimmt nicht solche Worte verschwenden. Doch er verstand die Frauen sowieso selten wirklich und warum sie so manches sagten. Deswegen legte er ihre Worte auch in die Schublade des weiblichen Mystizismus ab und beschloss diese besser nicht zu ergründen.


    So lächelte er nur freundlich und versuchte alle grauenhaften Gerüchte aus seinen Gedanken zu verdrängen. "Ich bin Ganymed!" stellte er sich vor. "Dein Herr hat noch nicht gesagt, wie er Dich bestrafen will, Nadia?" fragte er vorsichtig. "Weswegen sollst Du denn bestraft werden?"

    "Ja, Dominus!" Ganymed schlüpfte wieder nach draußen und sah respektvoll zu dem Aedil. "Folgt mir doch bitte, Herr!"


    Er öffnete die Tür und führte Commodus in das Arbeitszimmer hinein, wo er die beiden Männer alleine ließ. Etwas später kam er jedoch noch mal kurz rein und brachte leise Wein und Becher für den Besucher und auch seinen Herren. Dann verschwand er erneut.

    Ganymed beobachtete mißtrauisch wieder Gabriel als dieser sich näherte. Bei seinen ersten Sätzen musste Ganymed wider Willen grinsen und sein Mißtrauen schien für den Moment weggewischt zu sein.


    Die Erwähnung des Namen Flavius schien ihn jedoch nicht so unberührt zu lassen wie Adara. Ganymed wurde blass und starrte Gabriel an, dann Nadia und als sie auf dessen Frage hin nickte, schien ihm alles klar zu sein. "Flavius?" flüsterte er voller Entsetzen und Grauen.


    All die schrecklichen Gerüchte, die man sich über jenes Haus erzählten kamen ihm in den Sinn und auch die Geschichte mit der Sklavin, die von den Löwen zerrissen wurde. Die bluttrinkenden und Kinder opfernden Christen erschienen ihm gegenüber den Flaviern wie Unschuldslämmer. Angeblich sollten sie sogar eine eigene Folterkammer in ihrem Haus haben, nur für ihre Sklavenzüchtigungen.


    Er schluckte und sah Nadia nun voller Mitgefühl an. Bei einem solchen Herren wäre er selber auch so verzweifelt. Sein eigener Kummer und Gram jener Tage schien ihm dagegen vollkommen lächerlich zu sein.

    Ganymed sah Livianus groß an. Seine Hand krampfte sich fast unmerklich fester um den Besenstil, wobei seine Knöchel weiß hervortraten. Für einige Herzschläge vergass er das Atmen als er die Antwort hörte, die er nicht ganz glauben konnte. Doch er hatte sie laut und klar gehört. Wut, Enttäuschung und die Bitterkeit keimten wieder in ihm auf. Um weiterhin äußerlich einigermaßen ruhig zu wirken, hielt er sich an dem Besenstiel fest und schwieg. Seine Stimme hätte ihn mit Sicherheit verraten. Schließlich holte er wieder Luft und atmete leise ein und aus.


    Langsam senkte er seinen Blick und nickte. "Ja, Dominus, wenn Ihr das meint..." flüsterte er und wollte an Livianus vorbeigehen.

    Etwas irritiert sah Ganymed von Nadia, zu Gabriel und dann von Nadia zu Adara, als diese sich mit ihr auf den Brunnenrand setzte. Sein Blick hing noch kurz mißtrauisch an Gabriel, ob dieser sich nicht doch an Nadia unflätig heran gemacht hat. Dann ging er wieder zu dem Brunnen und setzte sich neben die beiden Frauen.


    "Hast Du Angst vor jemanden? Oder will Dir jemand etwas böses?" fragte Ganymed Nadia besorgt. Er konnte sich zwar nicht vorstellen, dass man einer so schönen Frau etwas tun wollte, aber er kannte auch die Abgründe vieler Männer. Und wenn eine Frau weinte, so glaubte Ganymed, musste bestimmt ein Mann dahinter stecken.

    Ganymed kam zum Officium von Livianus mit einem Besucher im Schlepptau. Er sah zu Commodus und sagte leise und in einem respektvollen Ton. "Wenn ihr bitte einen Moment warten würdet?"


    Dann klopfte Ganymed und schlüpfte hinein. "Herr, der Aedil Gaius Prudentius Commodus wartet vor der Tür." meldete er Livianus.

    Ganymed hörte das Klopfen. Er zögerte für einen Moment. Immerhin wurde er schon zwei Mal als Ianitor bezeichnet, was er wirklich nicht war. So sah er sich erst mal nach anderen Sklaven um. Das Atrium war jedoch leer und es schien auch sonst sich keiner darum zu kümmern. Seufzend ging Ganymed zur Tür und öffnete sie.


    Freundlich lächelte er den Besucher an. "Salve, Herr. Wie kann ich Euch helfen?" fragte er höflich.

    In nicht allzuweiter Entfernung saß Ganymed auf einem Brunnenrand. Seine Herrin war wieder mal in ihrem Tempel beschäftigt und er hatte sie noch bis zum Eingang begleitet. Jetzt war aber nicht viel zu tun und sich Arbeit in der Casa aufbrummen lassen, hatte er auch keine Lust. So lungerte er lieber auf den Märkten ein wenig herum.


    Er ließ seine Beine über den Brunnenrand baumeln, der jetzt im Winter leer war und ließ seinen Blick über die Leute des Marktes schweifen. Währenddessen überlegte er, was er mit den drei Sesterzen machen konnte, die er in den letzten beiden Wochen tatsächlich mal zugesteckt bekommen hatte. In dem Moment fielen ihm die beiden Frauen und der Betrunkene in seiner Nähe auf. Interessiert musterte er die Szene, besonders die jungen Frauen. Er lächelte und zwinkerte ihnen verschmitzt und gut gelaunt zu.


    Als er jedoch die Tränen auf dem Gesicht von Nadia sah, erstarb sein Lächeln. Er sprang auf und ging auf die beiden Frauen zu. "Belästigt Dich der Mann?" fragte er Nadia besorgt und leise.

    Ganymed schluckte. Fest hielt er den Stab in seiner Hand, fast so als ob er sich an ihm festhielt. Für einen Moment schwieg er. Unsicher, ob er die Frage nicht lieber unterlassen sollte, schürzte er die Lippen. Doch er wußte, dass er sich die Frage wohl immer wieder stellen würde und so wollte er doch die Gewissheit haben.


    "Habt Ihr auch dafür gestimmt, Dominus?" fragte er tonlos, so dass die Gefühle, die ihn heftig durchfluteten, nicht zu hören waren.

    Ganymed stützte sich auf dem Besenstil ab, der einige Kratzer nach dem Kampf aufwies. Bewundernd und beeindruckt sah er seinen Herren an. Nachdenklich kaute er auf seiner Unterlippe herum. Da fiel ihm doch noch etwas anders ein. Er zögerte für einen Augenblick, doch die Frage brannte ihm zu sehr unter den Fingernägeln.


    "Dominus? Domina Aemilia hat mir erzählt, dass beschlossen wurde, dass Freigelassene nicht mehr das Bürgerrecht erlangen können. Hat das der Senat entschieden?" fragte er ihn schließlich.