Beiträge von Medicus Germanicus Avarus

    Wenigstens soweit dachten die Hausangestellten mit, das der Senator in diesem Zuge nichts weiter erwähnen mußte. Zwei Becher standen wenig später auf dem kleinen Tisch neben der Sitzgruppe, die Macer und Avarus besetzten. "Umstände? Es ist doch nur rechtens, wenn der Sklavenstaat auch etwas zu tun hat und nicht den ganzen lieben Tag der Muse fröhnt."


    Geduldig lauschte er dem wahren Besuchsgrund. Nach dem 'Honig um den Bart schmieren' kam auch das, worauf er schon etwas länger gewartet hatte. "Es ist immer die Frage, wie man Junioren sieht. Stecke ich einen Lauf nur an dem Alter fest oder sehe ich die teilnehmende Factio als Grundlage. Du meinst sicher Hermes, von der Veneta?! Es ist wahr, das er etwas älter schon ist, aber genauso war er zu diesem Zeitpunkt der Junior im Stall der Blauen. Daneben ist es natürlich auch für die blutjungen Fahrer eine Ehre mit solchen Lenkern, die sich bereits einen kleinen Namen gemacht haben, auf die Piste zu gehen und seien wir doch mal ehrlich, wie langweilig wäre das Rennen wohl verlaufen, wenn eben die sehr jungen Fahrer keinen Ansporn erhalten hätten sich mit besseren Fahrern zu messen. Wäre Brino genauso gut gefahren oder hätte ihm der Ziehwagen gefehlt?" Avarus schmunzelte und trank vom Wein.

    Er gelitt den Klienten hinaus und wandte sich an die letzten verbliebenen Männer zu, die ebenfalls auf sein Wort setzten oder zumindest einmal von der Unterstützung des Avarus profitieren wollten. Diese Geschichte nagte schon sehr stark an ihm. Zumal er es vorgezogen hatte Lucilla davon auszunehmen. So erfuhr sie auch die schönen Seiten des Lebens nicht. Später würde die Erklärung noch um einiges schwerer ausfallen als jetzt...


    Avarus ging diese Bürde ein.

    "Magnus ist ebenfalls lange Soldat gewesen. Er wird sich erkundigt haben und mit dir und ein paar Männern mehr werdet ihr sicher auch nicht das vorranige Ziel der parthischen Aufmerksamkeit sein. Ich wünsche dir viel Glück und das Letzte, was ich materiell erstmal tun kann, ist ein Schiff. Es ist die Nasica, sie liegt im Hafen von Ostia und sie ist ein Schiff des Cursus Publicus. Mit ihm wirst du nach der Provinz am Nil reisen..." Er schüttelte die Hand von Hadrianus Subdolus und hoffte, das diese Aktion ein gutes Ende nahm.

    "Kümmere dich nicht um diese Pienatz, die nächsten Monate wirst du mehr Geld haben, als durch deine Läden." Wischte Avarus auch diese Frage ab und ließ ein Säckchen Münzen - aus der Schublade geholt- auf den Tisch fallen.


    "Es ist mir sehr wichtig. Schon mit Blick auf meine Frau und natürlich auch der schreibenden Person. Du bist dafür der richtige Mann, deine Erfahrung sucht seinesgleichen in Rom und Umgebung und ich kenne niemanden, dem ich so eine wichtige Mission bedenkenlos anvertrauen würde." Das mußte nun aber wirklich reichen, um die letzten Widersprüche auszumerzen.

    Seine Gens hatte wohl deutlich tiefere Gräben zu den Decimas oder zumindest dem einen Decimus ausgehoben und trotzdem war es gelungen eine halbwegs stabile Brücke zu schlagen.


    "Das akzeptiere ich nicht..." antwortete Avarus forsch. "... auf diesen Decimus wirst du nicht treffen. Er hat sich verfettet in die albaner Berge zurückgezogen..." soweit er wußte und es ihm sehr recht war. "... und wenn du doch auf ihn treffen solltest, steht es dir natürlich frei ihn außerhalb des Imperiums zu beseitigen." Was nichtmal Strafe nach sich zog. Verscharrt in der arabischen Wüste, kam da sowieso niemand drauf. Welch dunkle Gedanken. 8)


    "Gut ich kann also mit dir rechnen...," stellte Avarus dann fest ohne eine erneute Widerrede zu erlauben. "Reise also nach Alexandria und versuche in der Regia Praefecti Kontakt zu Decimus Magnus aufzubauen. Für ihn gebe ich dir ein Schreiben zusätzlich mit." Er kramte in seinen Unterlagen auf dem Tisch. Geschrieben waren sie. Völlig fertig und nie war der Senator offensichtlich davon ausgegangen, das der Hadrianus sich vor dieser Aufgabe drücken würde.

    "Natürlich weiß ich, wie zeitraubend der Dienst einen Praefecten ist. Aber wenn du diese Insignen abgegeben hast, wird dir alle Zeit der Welt bleiben nach Aegypten zu reisen." Den offenen Mund konnte Avarus auch ohne hinsehen erahnen. "Du brauchst dich weder um dein Auskommen sorgen, noch um die Zukunft. Ich gebe dir genug Geld mit und auch die Vollmacht meiner Familie, das sollte dir in Alexandria im Besonderen einige Türen öffnen. Weiter im Osten natürlich nicht, aber kein Tag mußt du am Hungertuch nagen. Dafür werde ich sorgen." Das dieses Versprechen als gegeben genommen werden konnte, setzte Avarus voraus. "Deine Entlassung in aller Ehren ist eigentlich schon beschlossene Sache. Es sei denn, du nennst mir einen triftigen Grund, warum du für mich nicht auf diese Mission gehen kannst." Das der Hadrianus der einzigste Mann war, den Avarus für diese Aufgabe aufbieten konnte, sagte er dabei nicht. In dieser Sache pokerte der Senator sehr hoch, aber immerhin war er nicht gerade der, der schon soviel verlangt hatte.

    Er lächelte. Es war von kurzer Dauer, dann folgte die Vertiefung: "Ist gerade die richtige Zeit?" Sicher waren es solche Fragen, die die Zeit davon rannen ließen und Senator Avarus erkannte schon, das Zeit gerade ein magisches Wort war, das lieber als geflügeltes Wort in die Geschichte eingehen wollte. Daher hörte er auf seinen Klienten Hadrianus auf die Folter zu spannen.


    Ein Knarren öffnete die Schublade seines Schreibtisch's.


    "Ich habe hier ein Schreiben, das meiner Frau zugeführt werden sollte. Nun in ihrem Zustand möchte ich einfach jede noch so kleine Aufregung von Lucilla fern halten." Eine sehr kurze Pause folgte. Kurz genug, das der Gesprächspartner nichts antworten konnte. "Es ist an mir die Geschichte zu unterstützen oder dem Grasbefall freizugeben. Dem familiären Heil und auch der guten Kontakte wegen kann ich diese Sache nur unterstützen."


    Der Brief wanderte unter die Nase des Klienten. Avarus beobachtete dessen Miene dabei genau. Vielleicht verstand es der Hadrianii, was Germanicus Avarus, der Patron da von seinem Klienten als Antwort erwartete.

    Nun war er ja einmal da. Avarus erhob sich flott wie ein junger Hirsch, eilte hinzu und reichte dem Senator die Hand, während er mit der Anderen auf einen Platz zeigte. "Oh du störst doch nicht. Darf ich dir einen Falerno del Massico anbieten? Ein wirklich exzellenter Tropfen." Anstandsvoll wartete er bis Senator Macer sich gesetzt hatte und platzierte sich dann auch. "Was führt dich in mein bescheidenes Haus?"

    Dessen Miene verdunkelte sich. 'He du Depp, das ist meine Sonne.' ... wollte er schon sagen, war aber so schlau vorher die Augen zu öffnen und den Senator vom Vormittag anzublicken. Uff gerade nochmal Glück gehabt, das wäre mit Sicherheit seine Zunge gewesen. So also senkte er den Kopf soweit, das er gerade ausgerichtet war und hüpfte von den Steinen. "Ja der Herr ist zu sprechen. Folge mir bitte." Und schon war er auf dem Weg ins Triclinium. Nach dem ausgiebigen Mahl hatte der Hausherr dort ein Schläfchen gehalten und war nun zu seinen üblichen Müßiggängen zum Nachmittag übergegangen. Sehr lang konnte Germanicus Avarus sicher nicht mehr der freien Tagesverfügung fröhnen... wobei er immernoch gern diesem legeren Tagesablauf folgte.








    SKLAVE - GENS GERMANICA

    Mittagsschlaf machte meist noch schläfriger danach. Von daher ließ Avarus sich rechtzeitig wieder wach rütteln, um dieser lustlosen, wie erschlagenen Zeit zu entgehen. Dieser kurze Schlaf war für ihn sehr angenehm und die Zeit danach besonders produktiv. Der Hausdiener, den er abgestellt hatte, auf das jener die Arbeiten vor der Casa beobachtete, meldete ihm Macer für den Nachmittag an. Natürlich würde Avarus sich Zeit nehmen, auch wenn er nicht so ganz wußte, zu welchem Thema der Senator Macer kommen wollte. Gerade solche Unwissenheiten waren es aber, die ihn immer wieder in Neugierde brennen ließen. Von daher war es selbstverständlich, das dieser Senator noch am selben Tag empfangen wurde.

    Das Türblatt öffnete sich und der Senator trat hindurch. Ein Seufzer hatte er schon im Gang gelassen und so war jetzt Platz für ein Lächeln. "Salve... ich freue mich, das du mich dieser Tage aufsuchst." Avarus schüttelte eine kräftige Hand, die an einem noch viel muskulöseren Arm gewachsen war. Danach setzte der Hausherr sich hinter den schweren Eichentisch, der sein Officium dominierte. "Entschuldige, das ich dich hab warten lassen, aber heute kamen wirklich viele Klienten zur Schau." Ein Wink und zwei Becher Wein wurden gefüllt. Avarus lehnte sich zurück und blickte das Gegenüber lange an...


    "Was hältst du von einem Abenteuer?" Die Frage war mit Sicherheit nicht das, was der Klient erwartet hatte, aber der Senator wollte vorher abwägen, bevor er seine Wünsche offen legte. Dabei war er mit den Schultern nach vorn gekommen... er wollte dem Klienten etwas näher sein, um nicht so laut reden zu müssen.


    Die Augen seine Augen fixierten den Mann. Das Gesicht war von einigen kleineren Narben gezeichnet, die Augen standen eng beisammen. Weiter unten sah man hinter diesem nicht viel, denn die Schultern waren breit und machten keinen Hehl daraus, was das Handwerk des Mannes viele Jahre lang war. Würde Avarus in einer dunklen Gasse in Rom vor diesem Mann stehen, liefe ihm wohl ein dicker Schauer über den Rücken und er wäre sich sicher einmal zuviel das Wort ergriffen zu haben, denn so Jemanden schickte man nur, wenn das letzte Stündlein geschlagen hatte. Stand jener hinter einem, dann war es viel leichter Worte zu fassen, die provozierten. Jetzt aber lehnte sich Germanicus Avarus wieder in seinem Sessel zurück und wartete darauf, was die Antwort auf seine gestellte Frage werden würde...

    Mancher Tage reichte das Atrium nicht aus, um die Schaar Klienten zu empfangen, die vor der Tür auf deren Öffnung wartete. Senator Avarus hatte einige Tage weder Klienten empfangen, noch sich auf der politischen Bühne sehen gelassen. Irgendwie aber bedurfte es, das die in jenen Tagen abgewiesenen Klienten nun doch noch alle ihren Kopf in seine Casa stecken mußten. Dem entsprechend war das Haus proppe voll und der Hausherr bemüht seine Genervtheit irgendwie zu überspielen.


    Irgendwo in der Schlange erschien dann auch der Klient, den er erhoffte zu begrüßen. Ein Wink später führte man diesen in das Arbeitszimmer des Senators und ließ ihm Unterhaltung da. Avarus versuchte nun etwas schneller diese ganzen Bittsteller abzuarbeiten. Doch wie so meist gelang das nicht und selbst die herzu gerufenen Diener konnten nur langsam die Wünsche der Schaar aufnehmen. Irgendwann erst nach dem -nun ausgelassenen- zweiten Frühstück lichteten sich die Reihen und der Hausherr konnte zu seinem Klienten im Arbeitsraum gehen.

    Doch irgendwann ist selbst der größte Postkasten voll. Mit einem Stapel an Briefen begab er sich daher ins Arbeitszimmer und setzte sich ans Fenster. Das Licht dort war einfach angenehmer, als hinter seinem großen Schreibtisch.


    Avarus riss die erste Rolle auf. Er las zuende, bevor ihn ins Gedächtnis schoss 'für die Holde' egal jetzt wo der Brief einmal auf war, konnte er ihn mit Verstand auch nochmal lesen. Immerhin hatten sie eh keine Geheimnisse voreinander zu haben ( 8) ). Nach dem dritten Mal wußte der Hausherr, das er diesen Brief am Besten seinem Weib vorenthielt und sich selbst dieser Sache annahm. Gerade jetzt wo Lucilla neben der körperlichen, auch die geistige Ruhe haben sollte, waren solch aufpushende Zeilen Gift für sie.


    Der nächste Brief forderte ein kurzes Lächeln. Auch wenn eine Reise nach Germanien in den nächsten Monaten unmöglich schien, so war es doch eine nette Geste der Stadt Mogontiacum den triebigen Senator zu ehren. Jenes Schreiben legte er offen auf seinen Tisch. Das Vorherige ließ er in einer Schublade verschwinden, nahm sich aber vor sehr bald darauf zu antworten. Viel schwerer schien ihm dabei noch, wie er diesem Magnus -auch in Lucillas Wunsch entsprechend- helfen konnte. Der eine oder andere gute Gedanke huschte dem Germanicus dabei schon durch den Kopf.


    Jetzt aber war es Zeit die Klienten zu empfangen...

    Da war so ein fein säuberlich aufgestapelter Steinhaufen neben dem Graben angelegt worden. Dieser befand sich so günstig in der Gassenflucht, das die Quader die Wärme der Sonne aufgesogen hatten. Jener gesuchte Hausdiener saß genau dort und reckte seine Nasenspitze den warmen Strahlen zu...










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    Avarus versuchte sich im Gedächtnis eine Notiz zu machen, das sie wohl bei diesem Einkauf nicht mit den üblichen Bediensteten im Schlepptau auskommen würden und er Abaris auf keinen Fall vergessen sollte. Waren die Stücke edel genug, würde der flinke Jude den besten Preis für den Germanicus heraus handeln.


    Des Ehemanns Blick senkte sich nach unten. Der Gedanke Plunder schoss ihm sofort ins Wort, doch zum Glück für den Weltfrieden sprach der Ehemann DAS jetzt nicht aus. Gekonnt griff er nach dem Füßchen seiner Frau Lucilla und begutachtete diese 'herrlichen' Bommeln und Trodeln. Was für ein Geschmack!


    "Sehr schön wirklich, ich glaube du wirst die einzigste Frau in Rom sein, die solche Schuhe trägt. Deine Freundinnen werden im Neid erblassen."


    Schon huschten die Silben 'Vielleicht finden wir für dich ja auch noch etwas Schickes ... und ... Männermode aus Parthien' durch den Kopf. Ein erneuter Blick auf die mit 'gold- und silberglänzendem Flitter bestickten Hauslatschen und Avarus stöhnte innerlich.


    "Bestimmt finden wir auch etwas für mich. Nach den langen Monaten im öffentlichen Leben kann ich es mir endlich leisten wieder legerer zu gehen."


    ...aber ganz bestimmt nicht als buntes Huhn in parthischen Sackkleidern mit gestreiftem Turban.

    Dem Diener war wohl bewußt, das er diesen seltenen Luxus, den sein Herr gerade mit seiner Frau genoss, nämlich einem Frühstück kurz vor Mittag ohne Klientenschaaren im Atrium tunlichst nicht zu nichte machen durfte. Also beschloss er dem Senator anderweilig zu bescheiden. "Wie gesagt, sitzt Senator Avarus gerade beim Mahl. Ich würde dich daher auf den frühen Nachmittag vertrösten wollen." Sprach jener Mann vorsichtig aus und hoffte, das der geplante Müßiggang des Herren nicht mit einem Nachmittagsschläfchen weiter gehen sollte. 8)












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    "Der Herr macht gerade einige Tage frei..." war von diesem Mann zu erfahren. Mehr als die täglichen Klienten und den Dienst im Senat schien der Senator also dieser Tage nicht in der öffentlichen Arbeit zu tun. Immerhin hatte es auch etwas gutes an sich und Senator Avarus konnte schonmal für die Zeit üben, wenn der Neugeborene durch die Casa krappelte. "Mein Herr der Senator müßte um diese Zeit beim Frühstück sitzen." Ein äußerst seltener Luxus. Den zuviele anstehende Klienten gern auch im 'Urlaub' zunichte machten.











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