...mal wieder das traf es sehr genau. Das letzte Pfeifen war noch nicht verklungen, da wurde erneut das Flickwerk heran gezogen. Ihm selbst ging nicht so ganz auf, was der Annaeus damit bezweckte. Für den Senator Germanicus war die gesetzliche Regelung klar und deutlich formuliert und er sah auch keinen Bedarf daran etwas zu lockern.
"Senatores, ich muss mich dazu zu Wort melden."
Avarus erhob sich. Schwer fällig, denn die Knochen hatten schon den ganzen Morgen da gesessen und waren einem alten Mann gerecht eingerostet. Er stöhnte kurz, ein Schmerz schoss durch den Rücken. Verdammtes Alter...
"Der Staat sind die Städte, der Staat sind die Institutionen, die Verwaltungen. Und umgekehrt sind die Städte und Verwaltungen der Staat. Heute ist die Sache so geregelt, das jene nur dann aktiv in die Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen eingreifen dürfen, wenn alle verfügbaren Angebote am Markt -eines Produktes- zu mehr als einhundertfünfzig Prozent des empfohlenen Preises verkauft werden. Also die Händler Absprachen getroffen haben, die zu Lasten eines moderaten Preisaufschlags gehen."
Soweit so gut, das war die Theorie. Die Praxis sah schon heute anders aus und man verlangte hier, das diese Gesetzes untreue noch mehr geschürt, ja unterstützt würde.
"Mir sind Beispiele bekannt, wo schon heute verstaatlichte Betriebe rund um die Sanduhr produzieren anstatt die zuständigen Beamten dafür Sorge tragen, das die dem Staatsvermögen zugefallenen Betriebe schnellstmöglich wieder veräußert werden. Auch eine Abwicklung mit dem Verkauf der noch brauchbaren Dinge müsste noch eher anvisiert werden, als mit diesen Unternehmungen eine parallele Schein wirtschaft aufzubauen, die vor allem den Wettbewerb verzerrt und gemäß den bestehenden Gesetzen illegal ist."
Nun kam da aber wer, der genau dies legalisieren wollte. Warum wohl?
"Senator Annaeus möchte genau diese Schein wirtschaft nun legalisieren. Wozu frage ich mich da? Kannst Du uns das erklären? Ich sehe darin den Versuch die freie Wirtschaft zu geißeln und eine staatliche Konkurrenz aufzubauen, mit deren Vorteilen niemand mithalten kann. Ich spreche da von Steuervorteilen, kostenlosen Arbeitskräften und praktischer Weise auch von internen Auftragsvergaben, die dann nicht mehr öffentlich ausgeschrieben werden sondern gleich vom staatlich subventionierten Betrieb übernommen werden. Das kann nicht der Wille und das gute Recht sein. Ich persönlich halte eine stärkere Kontrolle der bestehenden Regelungen für notwendig. In Städten, die abweichend des Kartellschutzes den Markt mit Waren sättigen, ist eine Überprüfung unausweichlich und diese muss mit strafrechtlichen Folgen auch für die beteiligten Beamten und Stadtdienern geschehen. Die gute Versorgungslage der römischen Siedlungen wird von einer freien privaten Wirtschaft gestärkt. Niemand kann ein Interesse daran besitzen diese Strukturen mit staatlichen Bestpreis Angeboten zu zerstören. Rom braucht seine gut organisierten Wirtschaftszweige, Handelswege und Kaufleute. Der Staat wäre mit einer gesamtheitlichen Versorgung überfordert. Doch genau das Handelssystem riskieren wir deutlich zu schwächen, wenn wir den Städten, Institutionen oder Körperschaften freie Hand dabei lassen Betriebe zu führen für deren Blüte Handwerker, Händler, Bauern und so weiter zuständig sind."
Mal abgesehen davon, das es den Städten dann auch noch an kreativen Köpfen mangelt, die neben der Einschränkung der Markt Vielfalt Kunst und Kultur beerdigen würden. Doch soweit ins Detail wollte Avarus dann doch nicht gleich gehen... müssen.