Der Praetor war sich sicher, dass er auf Grund der vorliegenden Aussagen keine Wahl hatte. Es würde keine Hauptverhandlung geben.
Nun denn, auf Grund der hier gemachten Aussagen bleibt mir keine andere Wahl als die Klage abzuweisen. Es wird in diesem Fall keine Anklage und somit auch keine weitere Verhandlung geben!
Unruhe entstand im Saal. Scheinbar hatten einige Leute nicht diese Entscheidung erwartet, denn es surrten auch Worte durch die Luft, welche unangemessen waren.
Mit einer energischen Handbewegung liess der Praetor nach kurzem Abwarten einen Scriba für Ruhe sorgen:
RUHE! Der Praetor wird seine Entscheidung erläutern!
Dies folgte dann auch sogleich nachdem es im Saal wieder ruhig geworden war.
Vom Kläger wurden in dieser Anhörung keinerlei Beweise vorgelegt, dass es sich bei dem Beklagten um einen Mann handelt, der selber Falschmünzen herstellt oder diese wissentlich und um dem Staate zu schaden in Umlauf bringt. Somit gibt es keine Beweise welche den Beklagten eines Verbrechens überführen könnten. Es liegen somit auch keinerlei Fakten vor, welche eine Hauptverhandlung gegen Kyriakos ermöglichen würden.
Es war das erste Mal, dass der Praetor den Namen des Griechen nannte. Bislang hatte er immer nur vom Beklagten gesprochen.
Nun blickte er aber streng in die Richtung des Vigintivir.
Im Gegensatz dazu liegen jedoch deutliche Hinweise darauf vor, dass der Vigintivir gleich in mehrfacher Art gegen die Regeln seines Amtes und die Gesetze Roms verstossen hat. Ich rate dem Vigintivir daher, meine folgenden Ausführungen genau zu verfolgen und seine Lehren daraus zu ziehen. Ansonsten wird er sich nicht im Senat, sondern als Angeklagter vor Gericht wiederfinden.
Eine kleine Kunstpause verlieh der Ankündigung das nötige Gewicht.
Nun also zum Ablauf der Ereignisse und weiteren Entscheidungen meinerseits:
1. Der Grieche Kyriakos brachte 5 Aureus Münzen zur Prüfung durch den Vigintivir.
2. Er wünschte ein Quittung, welche ihm verwehrt wurde. Anmerkung 1: Es ist bei jedem kriminellen Geldverleiher üblich, Quittungen auszustellen. Entsprechend müsste es eigentlich selbstverständlich sein, dass der römische Staat solche auch ausstellt, insbesondere bei Summen, welche ein Mehrfaches eines Monatslohnes des betroffenen Menschen darstellen. 5 Aurei mögen für den Vigintivir eine kleine Summe sein, doch für einen Peregrinus kann dies auch durchaus ein ganzes Jahreseinkommen darstellen! Quittungen sind daher unbedingt auch ungefragt auszustellen!
3. Kyriakos verschluckte darauf die fraglichen Münzen. Anmerkung 2: Das ist zwar keine Straftat, aber unglaublich dumm, wenn man sich nicht verdächtig machen möchte.
4. Der Vigintivir ordnete daher das Einflössen eines Brechmittels an. Dabei wurde die Kleidung des Kyriakos derart verschmutzt, dass der Vigintivir sie entsorgen liess. Anmerkung 3: Der gestellte Ersatz für die zerstörte Kleidung ist minderwertig zur Originalkleidung. Bastschuhe ersetzen keine griechischen Schuhe und eine Leinentunika ist kein Ersatz für anständige griechische Kleidung. Der Vigintivir hat daher vor Verlassen des Gerichtes den Betrag von insgesamt 10 Sesterzen an Kyriakos zu bezahlen, um die zerstörte Kleidung angemessen zu ersetzen.
Anmerkung 4: Der Vigintivir ist nicht die Cohors Urbana oder die Cohors Praetoria! Er hat keinerlei polizeiliche Befugnisse. Das Einflössen von Brechmitteln zur Beweismittelsicherung obliegt den zuvor genannten Diensten. Handelt es sich um eine Vergiftung, so ist ein Medicus zu holen. Allerdings gehe ich davon aus, dass bei der kleinen Grösse von Aureus Münzen auch Mutter Natur dafür gesorgt hätte, dass die fraglichen Münzen wieder zum Vorschein kommen, hätte man den Mann einem der zuvor genannten Diensten übergeben.
5. Die Anordnung einer Hausdurchsuchung durch den Vigintivir stellt eine erneute, noch viel deutlichere Überschreitung seiner Kompetenzen dar. Ich wiederhole meine Anmerkung 4. Ein Vigintivir ist ein niedriger Magistrat, der einem höheren Magistraten unterstellt ist. Er hat keine polizeilichen Befugnisse.
6. Auf Grund dieser Ereignisse halte ich folgendes fest:
- Die echten Münzen sind Kyriakos sofort zurückzugeben.
- Der Schadenersatz für die Kleidung ist hier und sofort zu bezahlen.
- Die Summe von 1 Aureus wird dem Vigintivir zusätzlich als Strafe für das unangemessene Verhalten auferlegt. Diese wird er dem Kyriakos als Entschädigung für seine Behandlung ebenfalls hier und sofort bezahlen.
- Der Vigintivir wird hiermit offiziell gerügt! Bei weiteren Verstössen gegen die Gesetze Roms, die Regeln des Cursus Honorum und den Ehrencodex der Amtsinhaber, wird der Senat offiziell und schriftlich informiert werden.
Der Praetor fixierte den Vigintivir bei dieser letzten Aussage mit einem eisigen Blick. Fehler durfte man machen, aber man musste daraus lernen. Dies war unmissverständlich klar gemacht worden.
Und noch eine letzte Sache: Die Liste mit den Namen der möglichen Falschmünzer ist an die Cohors Urbana zu übergeben. Diese wird sich mit dem Fall beschäftigen, wenn sie es für wichtig genug hält. Somit ist diese Anhörung geschlossen!