Erste Anhörung Praetor Peregrinus - Nero Aemilius Secundus vs. Kyriakos

  • Auf dem Plan des Praetor Peregrinus erschien ein neuer Fall, von dem er noch nichts gehört hatte. Vielleicht lag es daran, dass er krank gewesen war und alle Fälle an Iudices übergeben hatte, vielleicht gab es einen anderen Grund. Wie auch immer, der Praetor Peregrinus wunderte sich, weshalb der Name eine Vigintivir für die Münzprägung auf seiner Liste erschien. Er war auf jeden Fall für die erste Anhörung bereit und wartete nun auf das Erscheinen der beiden Parteien.

  • Pünktlich zur vierten Stunde erschin der Vigintivir in kostbaren Kleidern gewandet und er kam nicht allein. Esecund hatte den treuen Preonellus, den Münzprüfer Gideon, den Anführer seiner Wachen Salvatius und den Münzmeister Aurelius bei sich.

    Secundus kannte den Praetor Peregrinus nicht, war sich aber sicher , das er Secundus im Recht wäre.


    5280-hebraer-1-jpgGideon  5281-hadrian-1-jpgSalvatius 5245-m%C3%BCnzmeister-2-1-jpgAurelius 5237-senior-1-jpgPetronelus

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    SODALIS - AUGUSTALES

    Klient - Lucius Annaeus Florus Minor

  • Ich erschien ebenfalls vor Gericht. Kurz sah ich mich um, konnte aber meinen Mandanten noch nicht erblicken. Ich nickte dem Praetor respektvoll zu. Danach nickte ich auch Aemilius Secundus respektvoll zu. Kurz überlegte ich, ob ich ihn ansprechen sollte, entschied mich aber dagegen. Stattdessen entschied ich mich, vor den Praetor Peregrinus zu treten und mich schon einmal vorzustellen.


    "Salve, ehrenwerter Praetor. Mein Name ist Aulus Iunius Tacitus. Der Angeklagte Kyriakos hat mich zum Advocatus nach Paragraph 17 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Codex Iuridicialis bestellt. Zu deiner Information möchte ich erwähnen, dass der ehrenwerte Tresvir aere argento auro flando ferunde Nero Aemilius Secundus und ich selbst beide Klienten des ehrenwerten Praetor Urbanus Lucius Annaeus Florus Minor sind. Solltest du hierin einen Interessenkonflikt sehen, so bitte ich dich, dies mitzuteilen. Ich würde deine Meinung würdigen. Allerdings möchte ich auch darauf hinweisen, dass die Klientel keinen Ausschlussgrund nach Paragraph 18 Codex Iuridicialis darstellt."

  • Von der Castra Urbana zur Basilica Ulpia war es ein gewisser Fußmarsch. Man hörte im Saal bald das typische Geklapper der genagelten Sohlen der Caligae und das Klimpern der Soldatengürtel, das auf nahendes Militär hinwies. Kurz darauf traten Ferox und Tarpa mit Kyriakos in ihrer Mitte ein. Ferox ließ den Blick gewohnheitsmäßig beim Eintreten durch den gesamten Raum schweifen. Vorn wartete schon der Praetor peregrinus. Der Kläger war mit seinem Gefolge nicht zu übersehen. Und da war, den Göttern sei Dank, auch der Advokat. Ferox grüßte ein ziviles "Salvete" in die Runde, da außer ihm und Tarpa keine Militärs anwesend waren. Der Gruß geschah mit gedämpfter Stimme, da Aulus Iunius Tacitus gerade mit dem Prätor im Gespräch war.


    Für die beiden Urbaner war es die erste Gerichtsverhandlung. In einer idealen Welt hätte er eine ausführliche Instruktion von seinem Vorgesetzten erhalten, doch in der Realität kamen oft Zeitnot oder unsaubere Arbeitsweise dazwischen. Er vermutete, dass der Angeklagte in der Nähe des Advokaten sitzen musste, damit sie sich absprechen konnten, und schickte Kyriakos zu ihm. Sollte das nicht im Sinne der Ordnung sein, würde der Prätor das schon korrigieren. Die Urbaner würden sich irgendwo dahinter postieren. Ferox rechnete allerdings nicht damit, eingreifen zu müssen.

  • Auch der Scriba Praetorius des Praetor Urbanus, welcher gestern den ersten Kontakt mit dem Kläger, dessen Gefolge und dem Angeklagten gehabt hatte, war anwesend. Er war ein wichtiger Zeuge und war daher von seinem Chef für diese Verhandlung abkommandiert worden. Seine Zeugenschaft war dem Praetor Peregrinus schriftlich gemeldet worden.


    Ich sehe keinen Grund, deine anwaltliche Vertretung zu verhindern, Aulus Iunius Tacitus. Wie du sagst, stellt die Klientel keinen Ausschlussgrund dar. Zudem gehört ihr in dieser Sache der jeweiligen Gegenseite an und der Praetor Urbanus ist gar nicht in den Fall involviert. Somit liegt in meinen Augen keinerlei Hinderungsgrund vor.


    Langsam füllte sich die Halle auch mit Zuschauern.

  • Aufrecht, doch blass betrat Kyriakos den Saal in der Basilica Ulpia. Bar jeder maskierenden Schminke sah man ihm Sorge und Schlafmangel an, wenngleich sein Gesicht zunächst keine Regung zeigte. Dies wandelte sich, als man ihn zu dem Manne schickte, der dem Gespräch zufolge wohl sein Advokat war. Dessen Präsenz führte zu einer leichten Erhellung seiner düsteren Miene. »Chaire«, grüßte Kyriakos leise, als er sich neben ihm niederließ, »Licht der Hoffnung.« Die Klägerseite, im teuren Gewand stadtrömischen Patriziats gleich weißen Geiern in den Reihen hockend, würdigte er keines Blickes.

  • Da kam er, der Übeling, man katte ihn neugewandet.
    Eiskalt schaute Secunduns den Kyriakos an.

    Hätte dieser dumme Mensch ,es nicht gewagt, an seiner Redlochkeit zu zweifeln, so wäre die sache anders verlaufen, seine Münzmeister hätten dessen armelife Münzen geprüft, so Falschmünzen darunter ,jene beschlagnahmt und ih ausgequetsch woher er jene habe und gut wäre.

    aber nein, dieser bornierte Kerl wagte es eine Quittung zu verlangen, vom ihm, dem Höhergestellten, wo gab es denn je so etwas!

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    SODALIS - AUGUSTALES

    Klient - Lucius Annaeus Florus Minor

  • Als sich mein Mandant neben mir niederließ, flüsterte ich zu ihm in bester alexandrinischer Koine, weil ich sicher gehen wollte, dass er mich verstand.


    "Chaire. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich kann nicht versprechen, dass du hier unbeschadet heraus kommst. Außerdem gelten hier meine Regeln. Wenn ich dir etwas sage, wirst du dich daran halten. Wenn ich dir etwas untersage, wirst du dich ebenso daran halten. Wenn du diese beiden Regeln nicht einhalten kannst, werde ich das Mandat niederlegen. Verstanden?"

  • »Nichts ist je gewiss. Mir ist vollumfänglich bewusst, dass es keine Garantie gibt, dafür ist mein Name zu unbedeutend. Ich habe keinen mächtigen Patron im Rücken und bin zu wenig mit den Regeln der stadtrömischen Korruption vertraut, um daraus Nutzen ziehen zu können. All meine Fürsprecher und familiären Bündnisse habe ich in Sparta zurückgelassen.« Kyriakos sprach Koine im tiefsten dorischen Dialekt. Sein Latein war grammatisch fehlerfrei, wirkte bisweilen aber gekünstelt und formell. Nun erst, da er seine Muttersprache nutzte, hörte man etwas mehr von seiner Persönlichkeit heraus. »Dein Name wurde mir von einem der wenigen Menschen empfohlen, denen ich bisher vertrauen konnte. Du wirst eine Strategie verfolgen und ich werde sie dir nicht zunichtemachen. Ja, ich habe dich verstanden.«

  • Da nun alle versammelt waren, deren Anwesenheit für diese erste Anhörung notwendig war, eröffnete der Praetor Peregrinus den Tag.


    Guten Morgen zusammen. Gemäss meinen Unterlagen klagt hier der Vigintivir und Tresvir monetalis, Nero Aemilius Secundus, gegen den Peregrinus Kyriakos. Dies ist noch kein Gerichtsverfahren. Es ist eine erste Anhörung, in welcher entschieden werden soll, ob es überhaupt zu einem Verfahren kommen wird, oder ob der Fall die Zeit eines römischen Gerichtes nicht wert ist. Es werden hier alle Seiten angehört und es wird die Möglichkeit geben, um die Gegenseite zu befragen. Ich wurde informiert, dass der Advocatus Aulus Iunius Tacitus den Angeklagten vertreten wird.


    Hier blickte der Praetor in die Runde um festzustellen, ob jemand einen Einwand vorzubringen hatte. Da dies nicht der Fall war, fuhr er fort.


    Ich nehme an, dass Nero Aemilius Secundus selbst für sich und sein Amt sprechen wird, da er keinen Advocatus benannt hat. So dies korrekt ist, erteile ich ihm das Wort zur Schilderung der Vorkommnisse, welche zu dieser Klage geführt haben.

  • "Ehrenwerter Praetor Peregrinus, friedlich sass ich in meiner Amtstube, als mein guter Diener Petronellus, jenen Übeling in diese führte und mir offerierte.

    Gütig und gnädig hörte ich mir das Anliegen des Übelings an. Nachdem ermeinte er habe Falschmünzen bei sich ,sei sich aber nicht sicher und wolle jene prüfen lassen, liess ich die Münzmeister zu mir rufen.

    Wenn ich mich recht entsinne war es der Münzmeister Tiberius welcher den Übeling aufforderte die Münze zu zeigen unf zur Prüfung zu übnergeben.

    Nun aber machte der Übeling ein groß Geschrei und verlangte eine Quittung! Das muss man sich vorstellen, eine Quittung von mir, einen Aemilius, als ob ich oder mein Haus auf die armeseligen Münzen eines Nichtrömers angewiesen, lächerlich. Ich liess die Wache kommen, nur zur Sicherheit.

    Mit seiner Forderung hat der Kerl mich, das Amt und damit Rom beleidigt. Er wurde eindringlich ,so auch von Münzmeister Aurelius aufgefordert seine armeseligen Münzen uns zu übergeben, was aber tat der Kerl ,er frass sie auf, das mus man sich vorstellen , er frass sie auf!

    Nun ehrenwerter Praetor Peregrinus, , sicher hättest Du dass selbe getan wie ich, denn ich befahl dem Übeling ein Brechmittel zu verpassen.

    Jener Übergab sich ,die Münzen wurden geprüft, es waren Falschmünzen, das Anwesen des Übelings wurde daraufhin duchsucht, dort wurde zwar keine Pressen und Gussvorrichtungen entdeckt, wohl aber eine Schattule mit mutmasslich noch mehr Falschgeld.

    Jedenfalls will ich das dieser Übeling schwer bestaft wird."

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    SODALIS - AUGUSTALES

    Klient - Lucius Annaeus Florus Minor

  • Ich erhob mich und mein Wort.


    "Ich bitte den ehrenwerten Praetor um Entschuldigung, doch ich muss kurz zusammenfassen und fragen, um Unklarheiten zu vermeiden. Ehrenwerter Aemilius Secundus, ich verstehe dich richtig, dass mein Mandant zu dir kam, um Münzen überprüfen zu lassen. Hierzu warst du deiner Verpflichtung gemäß bereit. Für die Übergabe der Münzen verlangte mein Mandant eine Quittung. Diese verweigertest du ihm. Nun wirfst du ihm vor, durch seine Forderung nach einer Quittung dich und dein Amt beleidigt zu haben. Verstehe ich das richtig?"


    Ich machte eine kurze Pause, bevor ich ruhig und emotionslos weitersprach.


    "Nach der Verweigerung der Quittung schluckte er die Münzen herunter?"


    Kurz sah ich meinen Mandanten an, bevor ich mich wieder Aemilius Secundus zuwendete.


    "Er hat sie echt herunter geschluckt? Damit er sie wieder herausspuckte, ließest du ihm ein Brechmittel verabreichen. Dieses tat seine Wirkung und die Münzen kamen wieder hervor, konnten geprüft werden und stellten sich als Falschgeld heraus. Das habe ich richtig verstanden? Anschließend durchsuchten die Cohortes Urbanae das Anwesen meines Mandanten. Es waren doch die Cohortes Urbanae?"


    Ich sah kurz fragend die anwesenden Milites der CU an, dann wieder den Aemilier.


    "Bei der Durchsuchung wurde eine Schatulle mit Geld beschlagnahmt. Du vermutest, es sei Falschgeld. Kannst du deine Vermutung verifizieren?"


    Schließlich kam ich zur entscheidenden Frage, die mich umtrieb.


    "Du wünschst eine harte Bestrafung meines Mandanten. Welche Straftaten wirfst du ihm konkret vor?"

  • Ferox und Tarpa hatten inzwischen entschieden, sich aufzuteilen. Ferox saß hinter Kyriakos, um diesen im Blick zu behalten, während Tarpa neben dem Eingang stand, um Fluchtversuchen vorzubeugen. Beide folgten aufmerksam dem Geschehen. Als die Sprache auf die Rolle der Cohortes Urbanae kam, blickten die beiden anwesenden Urbaner jedoch nur mit ausdruckslosen Fischgesichtern vor sich hin. Sie waren es gewohnt, im Dienst keinerlei Regung zu zeigen, die auf ihr Inneres schließen ließ. Das diente dem Schutz ihrer Persönlichkeit vor den Eindrücken, denen sie täglich ausgesetzt waren, aber trug auch dazu bei, dass ihre Gegner die nächste Handlung der Urbaner nicht ahnen konnten. Wären Ferox und Tarpa unter sich gewesen, hätten sie sich nun beim Thema Durchsuchung gegenseitig fragend angesehen. So aber warteten sie nur regungslos, bis jemand das Wort an sie persönlich richten würde, um den Fluss der Verhandlung nicht zu unterbrechen, denn die Fragen waren trotz des Blickes des Advokaten in ihre Richtung in erster Linie an den Kläger gerichtet.

  • "Mahlzeit." Der unangebrachte Gruß hallte schamlos durch den Saal. Mit einem jovialen Grinsen stand Sisenna Seius Stilo in der Tür, der "zufällig" in der Nähe etwas zu erledigen gehabt hatte und nun "mal eben" vorbeischaute, was es Neues in den ehrwürdigen Hallen der Basilica Ulpia gab. Im Vorbeigehen stupste er Tarpa mit dem Handrücken an und zwinkerte Ferox zu. Dann machte er es sich in bester Zuschauer- und vor allem Zuhörerposition bequem. Obwohl es hinten noch genügend Platz gab, war er sich nicht zu fein, sich auf einen Stuhl zu quetschen, den zwei weitere Zuschauer zum Zwecke des Höflichkeitsabstands zwischen sich freigelassen hatten. Das sichtliche Unbehagen der beiden störte ihn nicht im Geringsten.


    Seinen Verwandten, der heute als Advokat fungierte, hatte er unterdessen absichtlich ignoriert. Es brauchte hier niemanden zu interessieren, dass Aulus Iunius Tacitus Verwandtschaft unter den Prätorianern besaß. Stilo allerdings interessierte sehr, was sich heute hier zutragen würde, welche Rolle der Aemilier auf dem politischen Parkett zu spielen gedachte und wie Tacitus sich bei der Konfrontation anstellte.

  • Der Praetor machte sich derweil Notizen auf einer Tabula. Einige Dinge waren ihm nicht ganz klar, die würde er entweder nachfragen, oder sie würden durch die Fragen der Gegenseite geklärt werden. Im Moment jedoch liess er der Sache ihren Lauf.


    Hätte jemand auf seine Tabula schauen können, so hätte man folgendes gesehen:


    - Welcher Art waren die Münzen? Aurei oder Asse - grosser Unterschied

    - Quittung wurde gewünscht aber verweigert - Wirklich?

    - Wunsch nach Quittung wurde als Beleidigung des Amtes interpretiert - Echt jetzt?

    - Einem freien und nicht verhafteten Menschen wurde ein Brechmittel eingeflösst? - Geht's noch?

    - Der Tresvir hat selbst ein Haus durchsucht oder durchsuchen lassen? - Nicht die Cohortes Urbanae?

    - Wo ist die gefundene Schatulle?

    - Welche Straftaten hat der Angeklagte begangen?

    - Welche Straftaten hat der Kläger begangen?

  • Schon bei der unpassen Begrüssung hob Secundus die Augenbraue, aber er sagte nichts.

    Er beantworte selbst eine Frage, die nach dem Brechmittel, alles andre konnte eh nur Gideon als Verantwortlicher beantworten.

    "Nun ehrenwerter advocatus, warum sollten wir wo wir dich den gleichen Klienten haben, wie ich vernahm uns gegenseit an duie Gurgel gehen?

    Wegen so einem?"

    Secundus deute kurz auf Kyriakos.

    "Ehrenwerter Advocatus, Dein Mandat sollte mir vielmehr dankbar sein, dass ich sein armesliges Leben rettete, nachdem er frech die Münzen frass!

    Nur meine Sorgfaltspflicht gegenüber der Gesundheit des Mannes, veranlasste mich dafür Sorge zu tragen, das er die Münzen wieder ausspuckte.

    Wäre jener krepiert, was bei Jupiter hätte ich dann mit dem Kavader abfangen sollen? Ich kann wegen so etwas nicht meine Schmelzöfen verunreinigen, indem ich dort Kadaver verbrenne.

    Also tat ich das einzig vernüntige und liess ihn Brechmittel einführen.

    Soweit dieses , alles andere muss der Hebräer beantworten, schließlich war ich bei der späteren Hausdurchsuchung nicht zugegen."

    Secundus hatte ruhig und sachlich gesprochen,zum Schluß nickte er Gideon, dem Hebräer freundlich zu.

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    Klient - Lucius Annaeus Florus Minor

  • "Nun, ehrenwerter Aemilius, an die Gurgel gehen wir uns ganz sicher nicht. Wir prozessieren lediglich ganz zivilisiert, so wie es sich für die zivilisierteste Gesellschaft in der Geschichte der Menschheit geziemt. Darin sind wir uns, denke, ich, sehr einig. Jedenfalls besteht bei mir nicht der geringste Zweifel, dass du mindestens so zivilisiert bist, wie ich."


    Dass man vor Gericht auch durchaus in der Sache hart, jedoch frei von Emotionen diskutieren konnte, hieß ja nicht, dass man nicht zivilisiert wäre. Auch am Museion pflegte man stets eine harte, rationale Diskussion, in der Fakten und Logikfehler durchaus hart für den einzelnen, aber niemals persönlich angreifend, herausgearbeitet wurden. So würde ich es auch hier handhaben. Um zu bestätigen, dass ich nicht feindselig war, lächelte ich kurz höflich.


    Die Begründung des Aemilius, das Brechmittel verabreicht zu haben, damit mein Mandant keinen Schaden aus dem Verschlucken der Münzen behielt, hatte sogar etwas Logisches in sich. Naturwissenschaftlich nur schwer haltbar, jedoch wagte ich zu bezweifeln, dass er ebensoviele Jahre mit dem Studium der Naturphilosophie zugebracht hatte, wie ich. Entsprechend wäre ich gewillt gewesen, ihm dieses Argument zuzugestehen, hätte er dann nicht etwas von "krepieren" und "Kadaver" gesagt hätte. Und dann auch noch von einer unwürdigen Entsorgung, an Stelle einer Bestattung. Damit stellte er meinen Mandanten auf die Stufe eines Tieres. Dieser offen zur Schau gestellte Mangel an Humanitas schien mir eines Patriziers unwürdig, jedoch war es nicht meine Aufgabe, dieses zu bewerten. Ganz abgesehen davon, dass mir von meinen Eltern beigebracht wurde, selbst Fremde mit mindestens drei Hand Erde über sich zu bestatten, damit mir die Göttin Tellus nicht zürne. Doch vielleicht war Aemilius ja anders erzogen worden.


    Ich überlegte mir deshalb ernsthaft, Einspruch zu erheben. Allerdings war eine Aussage, selbst wenn sie mit Beleidigungen gespickt war, keines Einspruchs würdig, so lange diese nicht am Fall vorbei ginge oder lediglich Hörensagen war. Außerdem hatte mich mein Patron gebeten, Aemilius keinen Schaden zuzufügen und ich hatte das Gefühl, dass jedweder Einspruch zu seiner Aussage den bereits durch Aemilius selbst verursachten Schaden nur weiter vergrößert hätte. So schwieg ich und flüsterte Kyriakos in Koine zu "Ganz gleich, wie sehr er dich beleidigt, lass dich nicht provozieren und bleib ruhig. Wir wollen stets zivilisiert erscheinen. Das nützt uns mehr."


    An Aemilius gewandt, sprach ich weiter.


    "Ich vermerke also, dass du in guter Absicht gehandelt hast, als du meinem Mandanten ein Brechmittel verabreicht hast. Nur eine Rückfrage dazu habe ich: Hattest du ihn kopfüber aufhängen lassen? Wenn ja, weshalb?"

  • Zwei mal nickte Kyriakos: als sein Advokat um eine Bestätigung bat, ob er die Münzen tatsächlich heruntergeschluckt hätte und als dieser ihm nahelegte, ruhig zu bleiben. Letzteres war für Kyriakos kein Ding der Unmöglichkeit, doch ärgerte er sich maßlos über das Auftreten des Klägers. Dass er in Anbetracht seines Berufes kein Ansehen genoss, war ein vertrauter Umstand, dessen Bewertung er stoisch hinnahm. Doch eine solche Art und Weise des Umgangs, wie der Patrizier sie an den Tag legte, war ihm bisher nur in der Subura untergekommen, wo man wusste, was man mit solch einer Titulatur heraufbeschwor. Hier, im Licht der Öffentlichkeit, wo keine Vergeltung in den Schatten lauerte, da suhlte sich dieser Patrizier, dem Name, Rang und Geld mitsamt der Geburt in den Schoß gefallen waren, in einer Selbstherrlichkeit, die ihm mit Sicherheit vergangen wäre, säße er Kyriakos allein gegenüber.


    Sehr langsam und leise atmete Kyriakos durch, als jenem Manne, der ihn mit Gewalt vergiftet hatte, eine gute Absicht zugestanden wurde. Er gemahnte sich selbst, dass dies Teil der Strategie sein musste und sagte nichts, noch murrte er oder verzog sein Gesicht. Dies war die Bedingung gewesen. Doch wurde es schwieriger, als die Sprache darauf kam, wie er von dem Münzmeister auch noch kopfüber aufgehängt worden war.

  • "Ja aber freilich , mein guter Petronellus hatte die Idee, ich sollte doch nicht studenlang warten bis der Kram ,wieder aus der Mann herauskam. Brechmittel rein in dem Mann, auf den Kopfstellen und an Füßen festhalten, so wirkt das Mittel schneller, was ja auch der Fall.

    Auch die geschah aus gesundheilicher Sorge um den Mann.

    Oder ist hier etwa jemand der Meinung, ich hätte sonst den Innenhof der Prägeanstalt, vollsauen lassen?"
    Drohender Blick ringsum , in die Menge.

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    SODALIS - AUGUSTALES

    Klient - Lucius Annaeus Florus Minor

  • Er konnte so drohend blicken, wie er wollte. Das beeindruckte mich nicht. Allerdings ließ ich die Worte so, wie sie waren, unkommentiert im Raum stehen. Der Praetor würde sicher die richtigen Schlussfolgerungen treffen.


    "Ich danke dir für deine Erhellung des Sachverhalts, ehrenwerter Aemilius."


    Dann wandte ich mich an den Praetor.


    "Ehrenwerter Praetor, wenn du gestattest, würde ich gerne als nächstes die Aussage des Hebräers zur Hausdurchsuchung hören und anschließend meinen Mandanten aussagen lassen. Dann hätten wir den Sachverhalt vollständig und aus der Sicht beider Seiten gehört."

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