Beiträge von Narrator Italiae

    Numerius Canuleius Corvus
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    Der nächste Schnitt kam ohne Vorwarnung und war tiefer. Grob wurden die gefesselten Hände gepackt und auf Augenhöhe des Mannes gezerrt, die Finger mit brachialer Gewalt gestreckt, so dass er seine Fingerkuppen ansehen konnte.
    “Ein Scriba mit sauberen Nägeln? Mit sauberen Fingern? Sag mal, willst du mich verarschen?“ Was sein Entführer davon hielt, angelogen zu werden, bekam der Soldat gleich darauf zu spüren, als der Mann einen dieser Finger nahm und so hart nach hinten verbog, bis es einmal ganz leise knackte, als er aus dem Gelenk sprang.
    “Also, ich hab jede Menge Zeit hierfür. Und du jede Menge Dinge, deren Brechen oder Fehlen du sehr schmerzlich finden würdest.“

    Die ersten Stunden der Spiele bis hin zum Mittag wurden nach einem Aufmarsch der Gladiatoren traditionell mit kleineren Kämpfen eröffnet, in denen sich die Zuschauer der Gladiatorenspiele vorwiegend an tierischem Blut ergötzen konnten oder in einem äußerst brutalen Schauspiel zusahen, wie einige Gladiatoren zur Mahlzeit der Raubtiere verfielen.
    Doch so spannend es am Ende doch war, wollte jeder ab einem gewissen Punkt den reinen Einsatz menschlicher Gladiatoren, mit Schwertern vergossenes Gladiatorenblut sehen. Das Warten der Zuschauer sollte sich bis zur Mittagsstunde ausgezahlt haben, als die Leichen des letzten Kampfes hinfort geschafft waren und sich an drei entgegensetzten Enden der Arena die Tore öffneten, aus welchen jeweils ein Gladiator ans Tageslicht hervortreten würde. Der Sand der Arena war zu diesem Zeitpunkt schon Stellenweise mit dem Blut der vorhergegangenen Kämpfe befleckt.


    Sim-Off:

    Wie im Text ersichtlich, fand der Aufmarsch der Gladiatoren schon statt – der und die ersten Tierkämpfe/-Hetzen haben schon stattgefunden, wurden jedoch nicht ausgespielt, um zum ersten Kampf zwischen den Gladiatoren selbst zu schreiten.

    Numerius Canuleius Corvus
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    “Cossus?“ wiederholte der erste nur fragend und tauschte einen sehr kurzen Blick mit seinem Kollegen. Der reagierte prompt und zog seine Klinge einmal geschmeidig seitwärts. Sein Messer hatte die Schärfe einer Klinge, die jemand stundenlang gewetzt hatte, und sie verursachte einen sauberen, hellrot blutenden Schnitt auf der Wange des Gefangenen, ehe sie sich an eine andere Stelle des Gesichtes schmiegte.
    “Ich hab gefragt, wer du bist, nicht wie du heißt. Also nochmal: Wer bist du? Was machst du im Haus des Aponius?“

    Es wäre eine Schande gewesen, müsste jemand einer Veranstaltung in der Größenordnung von Gladiatorenspielen mit knurrendem Magen beiwohnen.


    Während im Inneren des Amphitheatrum Flavium der Kampf auf Leben und Tod seinen Lauf nahm, waren um das Gebäude herum jederzeit eine Vielzahl an Tischen und Sitzmöglichkeiten aufgestellt und für jedermann war Speis und Trunk zugänglich. Es war wahrlich vorgesorgt, dass niemand hungern musste und wirklich jeder hatte freien Zugang zu Brot, Käse, verschiedensten Gemüsen und Obst und Wasser. Hier war niemand betroffen vom Gedanken um Leben und Tod, denn hier ging es mehr darum, sich den Bauch vollzuschlagen, als viel weniger um die Kämpfe im Inneren des Kolosseums.

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    Am frühen Mittag warf die Sonne grelle, gleisende Sonnenstrahlen vom wolkenfreien, blauen Himmel auf das Amphitheatrum, erleuchtete und erhitzte die sandüberzogene Kampffläche der Arena. Eine leichte Frühjahrsbrise fuhr immerzu durch das Amphitheatrum Flavium, schaffte Abkühlung und wirbelte den trockenen Sand zu leichten Staubwolken auf, welche ziellos durch die Arena wanderten und sich in selbiger erneut elegant zu Boden fallen ließen. Die Pflanzenwelt war in der ganzen Stadt Rom aufgeblüht, um die Bevölkerung mit ihrem lieblichen, erfrischenden Frühlingsduft zu erheitern. Um es den Menschen einfacher zu machen, die Last der Plackerei und Schufterei zu stemmen. Der Geruch der gedeihenden Pflanzen, getragen von den sanften Frühlingswinden, schien förmlich einen Teil der Lasten und Sorgen, die auf jedem Einzelnen lasteten hinfort zu tragen. Und wo die Sorgen hinfort getragen wurden, dort war Platz für eine andere Beschäftigung, für die Ablenkung von den restlichen Sorgen und die Unterhaltung, die sich ein Jeder als Belohnung für die tägliche, harte Arbeit herbeisehnte.
    Einfach gesagt, war es einer der besten Tage, die man sich aussuchen konnte, um einer guten, römischen Tradition zu frönen: Den Gladiatorenspielen. Denn was war besser, als einen alten Volkssport zu zelebrieren, einem der größten Spektakel, die man damals kannte, bei dem niemand ausgeschlossen war, welches jeder bewundern konnte? Es gab keine nur halb so gute Alternative, den schweren Alltag zu vergessen und sich einfach gehen zu lassen und bei der Entscheidung zwischen Leben und Tod der Gladiatoren mitzufiebern.


    Noch war die Fläche des Kolosseums leer – kein Gladiator stand auf dem großflächigen, sandigen Platz, die Zuschauertribünen waren leergefegt. Es herrschte vollkommene Ruhe, in der man den Wind noch an einem vorbeisausen hören konnte. Bald jedoch würde ein Ansturm beginnen: Nicht nur wegen der freien Verpflegung bei der Volksspeisung, sondern auch wegen der Eröffnungszeremonie und dem öffentlichen Opfer. Bald würde sich die Ruhe in tosendem Jubel und tauschendfache Anfeuerungsrufe der jeweiligen Favoriten auflösen, wenn die Kämpfe zwischen den Gladiatoren begannen und das blutige Spektakel zwischen den Todgeweihten seinen Lauf nahm.


    Numerius Canuleius Corvus
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    Neuerdings musste man in Mantua nicht mehr so sehr auf die Umgebung achten, wenn man so kleine Verhöre durchziehen wollte, wie jenes, das folgen würde. Allerdings taten die beiden es trotzdem, vermutlich eher aus Gewohnheit, und schleppten so ihren Gefangenen ein stattliches Stück von der Casa weg. Es war eine kleine Bretterbude, der Geruch verriet, dass sie in der Nähe einer der zahllosen Müllhalden lag. Eigentlich war sie in der Nähe einer Schmiede, so dass deren Lärm alles weitere überdeckte, doch dieser Tage schwiegen die Hämmer. Nichts desto trotz ein passabler Platz für ein Verhör.


    Als der Soldat aufwachte, waren um seine Handgelenke schon Lederriemen gelegt worden. Es war nur eine einfache Fesselung, die möglichst viel Haut sichtbar frei ließ, und doch gerade weil die Riemen nicht zu dick waren umso effektiver, da diese sich schmerzhaft ins Fleisch des Gefesselten fräßten. Man ließ dem Mann keine Zeit, um sanft wach zu werden. Er bekam einen Schwall Wasser ins Gesicht geschüttet, als er die ersten Anzeichen machte, er könne aus der Bewusstlosigkeit erwachen, und sofort waren seine beiden Bewacher bei ihm. Der eine hatte sein Messer bereits gezückt, ein häßliches, schartiges Ding und drückte es dem gefangenen so auf die Wange, dass sein fahler Glanz in dessen Auge schimmerte. Nichts brachte einem Menschen mehr ins Gedächtnis, dass so ein Messer spitz war, als wenn das eigene Auge damit bedroht wurde.
    “Schön, da du wach bist, kannst du uns ein paar Fragen beantworten. Fangen wir gleich mit der ersten an: Wer bist du?“

    Mitten in das Gespräch platzte der Artorier, der sich in den letzten Wochen als fleissige und vor allem ziemlich gesunde Hilfe in der Verwaltung herausgestellt hat, weshalb der ihm eigentlich vorgesetzte Scriba nur müde abwinkte und ihm diesen kleinen Lapsus durchgehen ließ.


    "Nö, Marcellus ist nicht da. Dafür hat sich Syrus gerade wieder sehen lassen, dabei dachten wir alle, er wäre tot. Oder schlimmeres. Nun...", antwortete er auf die Frage des Artorius, um gleich darauf in einer Idee die beiden zu verknüpfen, "Artorius Celer, dies ist Gaius Lucanus von den Iuliern. Er ist von der Kanzlei in Rom hergeschickt worden, um einige Dokumente in unserem Archiv zu kopieren. So wie du aussiehst, bist du eh auf dem Weg in die Richtung. Zeig ihm doch unser Archiv und wie er sich darin zurechtfindet."
    Die Ausführung beendete er mit einem Blick, der dem Artorier eigentlich klarmachen sollte, was er eigentlich wollte: dass man dem Burschen aus der Kanzlei bei Gelegenheit auf die Finger schaute, damit er keinen Schmu mit den kostbaren Dokumenten anfing.

    Numerius Canuleius Corvus
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    Sie hatten sich dickgefressen am Unglück der anderen, hatten sich betrunken am Blut ihrer Opfer und gebadet in ihrem Elend. Inzwischen hatten sie mehrere Häuser ausgeraubt, und doch waren die Krähen nicht satt. Diese Stadt starb, und solange sie es tat, würde es Aaskrähen geben.
    Corvus war nicht satt zu bekommen. Er besah sich den Schmuck und das Gold des letzten Raubzuges, und doch war es ihm nicht genug. Sie alle hatten mehr Geld als jemals zuvor in ihrem erbärmlichen Leben, sie konnten damit gut ein Jahr hinkommen, aber noch war er nicht satt. So eine Gelegenheit ergab sich nicht so schnell wieder. Und er wollte mitnehmen, so viel er tragen konnte, auch wenn seine Gefährten allmählich gesättigt waren.


    “Ich hab einen neuen“ kam das jüngste Mitglied ihrer Bande herein. Er betrat das Gasthaus, das ihnen nunmehr als Unterschlupf diente, und ging stolz zu ihrem Anführer. Die anderen horchten auf, um mitzubekommen, was anstand.
    “Das Haus der Aponier, in der Nähe des Pantheons.“
    Corvus horchte auf und überlegte, während der Junge schon fortfuhr. “Ich glaub, die müssen ziemlich krank sein. Sie kaufen alles, was an Kräutern noch da ist, egal zu welchem Preis. Und es gehen immer nur zwei hinaus, um die Medikamente zu kaufen. Die nächsten immer erst, wenn die zurück sind. Ich denke, die werden nicht viel mehr als fünf oder sechs Sklaven noch haben.“
    Corvus stand auf und brachte damit Schweigen in die Runde. Man konnte sich nicht lange als Anführer einer Bande von Mördern und Halsabschneidern halten, wenn man keine Übersicht hatte und blindlings irgendwo hinmarschierte, nur weil einer in der Gruppe das sagte. Die Informationen waren ihm definitiv noch zu dürftig.
    “Ich will, dass du und du das Haus beobachtet. Ihr wisst, wie das geht. Ich will wissen, wie viele Leute da drinnen sind und wie viele davon krank. Und zuverlässige Informationen, ihr wisst, was ich meine.“
    Er hatte sich an zwei der älteren Mitglieder gewandt, welche mit Erfahrung. Nicht grüne Jungs, die meinten, etwas zu wissen.


    Und so beobachteten sie auch das Haus, zählten mit, wer wann hinaus und wieder hineinging, merkten sich die Gesichter. Mal standen sie an einer Ecke, mal gingen sie am Haus vorbei zu einem anderen Haus, klopften an und versuchten zu betteln. Bettler waren nichts ungewöhnliches, auch wenn ihnen niemand die Tür aufmachte. Sie klopften sogar einmal an der Türe des Hauses, fragten nach etwas Brot, husteten dabei ein wenig. Gingen dann auch wieder.
    Im Grunde warteten sie nur auf ihre Chance, immer unauffällig im Hintergrund. Ihnen war ja nicht auf die Stirn geschrieben, wer und was sie waren, und Bettler gab es auch jetzt noch genug. Und schließlich am zweiten Tag kam ihre Gelegenheit, als einer der vermeintlichen Sklaven aus der Villa allein loszog, um neue Medikamente zu ordern. Mit einem schnellen Schlag war der Mann außer Gefecht gesetzt, und die beiden zogen ihn mit sich zu einem stilleren Plätzchen, um ihn zu verhören.

    "Ah, ja... da war etwas.", nickte der Scriba bedächtig, bevor er einen Blick auf die Schriftrolle warf. Er war zu müde, um sich über den hochtrabenden Ton des Procurators zu echauffieren, allerdings nicht müde genug, um nicht doch zu merken, dass hier etwas nicht stimmte. Vor allem, als der Mann um einen eigenen Schreiber bat.


    "Nun... einen Schreiber kann ich dir leider nicht abstellen, denn wie du siehst sind wir nicht viele, und wir haben alle Hände voll damit zu tun die Ordnung in der Stadt aufrecht zu erhalten. Allerdings sagt dieses Schreiben auch garnichts davon. Und auch nicht davon, dass die Schriften nach Rom müssen um dort abgeschrieben zu werden.", der Schreiber lächelte matt, schien es hier doch ein kleines Missverständnis zu geben, "Aber ich denke, das wird auch gar nicht nötig sein. Der Besitzer dieses Schreibens erhält das Recht Abschriften der Archive zu erstellen. steht hier. Ist doch ganz einfach. Ich kann dir verschaffen, was du für deine Arbeit brauchst. Zugang zum Archiv, eine eigene Schreibstube, denn Platz haben wir im Moment beileibe genug, Talgkerzen, Papier, Tinte... alles. Natürlich wirst du eine Unterkunft brauchen, aber auch das ist im Moment kaum ein Problem. Nur.. eh... du wirst leider auf großartige kulinarische Sprünge verzichten müssen, denn... eh... die Versorgungslage mit Nahrungsmitteln ist immer noch etwas knapp. Aber wir arbeiten dran."


    Schon nahm der Scriba eine Tabula zur Hand, um gewisse Anweisungen zu schreiben, weiterhin lächelnd, die Sache doch noch so einfach in den Griff bekommen zu haben.

    "Bitte?" Tigranes schaute den Aedil mit einer Mischung aus Verwunderung und Empörung an. "Du erwartest von mir, dass ich aufs Geratewohl ein paar Namen nenne? Aedil, das kann ich nicht tun. Ich bin ein ehrlicher Mann! Die eigene Ehre ist das Wichtigste, was ein Händler wie ich haben kann! Es ist beschämend, dass ich mit solchen Schmierereien beleidigt werde, aber du kannst nicht von mir verlangen, dass ich mich deshalb auf dieselbe Stufe wie solche Betrüger begebe und wahllos andere Händler beschuldige!" Es schien so, als wenn er selber Ermittlungen anstellen musste, wenn der Aedil ihm nicht helfen wollte.

    Von einer besseren Lage zu sprechen wäre arg optimistisch gewesen. In Mantua sprach man von einer Situation, die 'weniger schlimm' war als das, was man in den Wochen davor durchgemacht hatte. Es starben zwar immernoch Menschen, aber es waren nicht mehr zig pro Tag, sondern nur noch wenige. Krank waren jedoch immernoch sehr viele, aber man schleppte sich zur Arbeit um den Engpässen an Ressourcen, die zu einem funktionierenden Leben gehörten irgendwie entgegenzuwirken.


    Der Scriba, der nun wieder das Anliegen des jungen Mannes entgegennehmen musste, war mittlweile offizieller Scriba, und bekam sogar ein kleines Salär. Bzw. würde eines bekommen, sobald ein neuer Quaestor der Stadt die Stadtkasse wieder öffnen würde. Aber bis dahin arbeitete er halt für Naturalien. Was ihm nur allzu recht war.


    "Salve... eh... entschuldige, wenn ich vergessen habe, worum es ging. Es war soviel los in den letzten Tagen, du wirst sicherlich verstehen."

    Trotz aller Verärgerung war Tigranes ein Mensch, der nicht gern ins Blaue schoß. Er legte viel Wert darauf, gegenüber seinen Kunden und Lieferanten immer Herr der Lage zu sein. "Natürlich erwarte ich, dass das Problem gelöst wird! Wie ich schon sagte: Wer gut ist hat Neider. Natürlich habe ich Konkurrenten. Ich könnten sie dir alle aufzählen. Aber das führt doch zu nichts. Ganz offensichtlich habe ich einen Feind - den, der das da geschrieben hat."

    Mit zusammengekniffenen Lippen schüttelte der Duumvir leicht amüsiert den Kopf. "Zeit vertreiben. Manchmal denke ich, ich müsste auch mal in Rom sein. Wenn es da so zugeht." Wieder beschäftigte ihn plötzlich eine Notiz auf seinem Schreibtisch, bevor er auf die weitere Bitte des Gesandten einging. "Ääähm, ja. Ein Schreiber. Ja, sicher. Micion wird dir weiterhelfen."


    ADRESSAT HIER KOMPLETT EINFÜGEN


    An den
    Procurator a memoria
    Administratio Imperatoris
    Palatium Augusti
    Roma, Italia


    HÖFLICHE ANREDE MIT TITEL UND GENTILNOMEN


    Salve Procurator Deginus,


    EINEN KURZEN TEXT DER DEN ADRESSATEN AUF SPÄTER VERTRÖSTET


    aufgrund der aktuellen Zustände in unserer Civitas sehen wir uns leider außer Stande die Anfrage der kaiserlichen Kanzlei in adäquater Zeit zu bearbeiten. Wir werden uns bei dir melden sobald sich unsere Lage gebessert hat. Bis dahin werden die Archive in Roma auf die sicherlich absolut notwendigen Listen verzichten müssen, da wir nicht einmal in Mantua zuverlässige Daten haben.
    Wir verweisen wir auf die durch die Acta Diurna veröffentlichten Listen der Opfer der Krise. Mehr können wir im Moment nicht für dich tun.


    HÖFLICHE VERABSCHIEDUNG


    Vale bene,


    DUUMVIR UNTERSCHREIBEN LASSEN


    _____________________________________


    AMTSSIEGEL DES DUUMVIRS


    Tigranes schnaubte verächtlich über die vorgelesenen Worte. "Wer gut ist hat Neider! Ich führe diesen Laden seit über 20 Jahren und ich bin stolz auf das, was ich erreicht habe. Wer solchen Unsinn verbreitet, gehört aus der Stadt geworfen! Was soll ich dazu noch groß Stellung nehmen? Zu sowas sage ich nichts! Hier ist mein Laden, hier ist meine Ware, hier sind meine Kunden! Alles in bester Ordnung. Ich lasse mir nicht so ans Bein Pinkeln!"

    "Sämtliche Aufzeichnungen über führende Persönlichkeiten der letzten fünfundzwanzig Jahre?" wiederholte der Duumvir leicht ungläubig. "Da hat aber jemand viel Zeit! Mit was man sich alles befassen kann. Ich meine, ich sollte ja vielleicht auch mal..., aber nicht jetzt in der aktuellen Lage..." Eine Wachstafel auf dem Tisch weckte sein Interesse, er blickte kurz hinein, legte sie dann woanders wieder hin und blickte den Gesandten an. "Ääähm, ja. Mein Einverständnis brauchst du dazu? Ja, macht mal."

    Der Duumvir, ein Mann vielleicht Anfang 50, ließ den Gesandten erst einmal warten, obwohl er schon bei ihm im Büro stand. Nicht aus Boshaftigkeit oder Unachtsamkeit, sondern weil er schlicht sehr beschäftigt war. Einer seiner wichtigsten Mitarbeiter war krank, was die Arbeit für ihn etwas erhöhte, auch wenn es ja zwei Duumviri gab. Und besonders gut organisiert war er bei seiner Arbeit vielleicht auch nicht. "Salve. So. Ja, nimm' Platz. Schriften abschreiben? Soso. Was muss ich dazu jetzt tun?" Etwas ratlos betrachtete er das Schreiben, was ihm gereicht wurde, ohne dass es seine Frage beantworten konnte.

    Memmius Calavianus Eutychides
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    Spät am Abend kam ein etwas weniger erschöpfter Eutychides auf einem neuerlichen Kontrollgang durch die vielen Reihen von Kranken geschlendert, warf hier einen Blick drauf, stellte dort einen Tod fest und anderswo wiederrum, dass für eine arme Seele kaum Hoffnung bestand. Es war zum Haare raufen, hätte er in seinem Alter noch so lange Haare gehabt wie in seiner Jugend. Es wurde kaum besser. Aber es wurde besser. Zumindest redete er sich das ein. Wie viele hatten sie heute rausschaffen lassen? Fünfzehn Tote? An einem Tag? War das mehr als Gestern? Oder weniger?
    Er hatte es vergessen, zu sehr hatte der deprimierende Trott ihn gefangen, der ihn all das Elend hier irgendwie überstehen ließ. Und dies waren nur die Menschen, die nicht zuhause gepflegt wurden, oder einfach dahinsiechten.


    "Ach...", schreckte er schon fast hoch, als er in ein halbwegs bekanntes Gesicht blickte. Der Fall von gestern Abend, den er innerlich schon fast sofort wieder vergessen hatte. "Der ist ja immernoch hier. Lebt der noch?", fragte er seinen ahnungslosen Assistenten, der genauso müde und frustriert dreinschaute wie er selbst. Ein Schulterzucken war die Antwort, und so legte der alte Grieche eine Hand an den Hals des elenden Soldaten.
    "Schau an, da tut sich noch was.", murmelte er mehr zu sich selbst als zu seinem Gehilfen, "Wenn der den Tag überstanden hat, bring ihn zu den anderen Soldaten in das dritte Tepidarium. Und lass einen der Medici dort feststellen, wer das überhaupt ist. Die sollten am ehesten Bescheid wissen. Achja... und wenn du gleich dort bist, sag den Soldaten, dass sie uns ihre Kranken nicht einfach ranschaffen sollen ohne ihnen etwas mitzugeben woran man sie erkennen kann. Wenn die armen Hunde verrecken wollen die Familien sicherlich wissen wen es erwischt hat. Und ich werde die Toten hier sicher nicht lange genug liegen lassen bis sich einer von denen mal zur Identifikation bemüßigt."


    Mit diesen Worten wandte er sich ab, um sich gleich um den nächsten Fall zu kümmern. Der tatsächlich tot war. Wenigstens eine schnelle Diagnose. Während er sich weiter durch die endlosen Räume mit den noch endloseren Reihen von Kranken arbeitete, schafften drei Helfer die Bahre mit dem Soldaten in einen der Räume die für die Kranken der Legion vorbehalten waren.


    "Wir haben keine Ahnung wer das hier ist. Aber Eutychides denkt, er könnte vielleicht durchkommen..", wandte sich einer der Helfer an den nächststehenden Medicus, "Vielleicht habt ihr eine Ahnung? Achja... ich soll euch sagen, wenn ihr eure Kranken herbringt, soll ihnen etwas beiliegen mit dem man sie im Fall der Fälle erkennen kann. Wir haben da keinen Überblick. Haben wir so schon nicht. Aber es würde unsere Arbeit einfacher machen, wenn du verstehst was ich meine."

    Tigranes, ein mittelgroßer Mann mit hageren Gesichtszügen und tiefliegende Augen kam diensteifrig und mit zuvorkommendem Lächeln auf den Aedil zu. "Salve, Aedil. Welche eine Freude, dich hier zu sehen. Das habe ich doch gar nicht verdient, dass du dich so um meine Geschäfte sorgst. Aber danke der Nachfrage, ich habe nur zufriedene Kunden. Ich verkaufe schließlich auch nur bestes Öl. Gewiss möchtest du dich davon überzeugen. Sieh hier, alles ordentlich verschlossen. Alles beschriftet. Das ist beste Qualität. Das hier ist aus Campanien. Das hier von der Peleponnes. Dort das aus dem Gebiet der Bastetani. Dort drüben das aus Glanum und das daneben aus Capsa. Ich kenne jeden meiner Lieferanten."