Beiträge von Narrator Italiae

    Die müden Augen des Scriba blickten den Mann verständnis los an. Hatte er denn nicht mitbekommen? Nein, natürlich nicht, wenn er gerade erst hergekommen war.


    "Es tut mir leid dich enttäuschen zu müssen, aber es sieht nicht so aus, als würden wir von der Curie deine Anfrage im Moment bearbeiten können. Es geht zur Zeit ein Leiden um das die Menschen der Stadt wie welkes Laub in ihre Betten sinken lässt, auch einige aus der Curie hat es erwischt. Wir haben eigentlich alle Hände voll damit zu tun, in Mantua nicht das Chaos ausbrechen zu lassen, wenn du verstehst was ich meine. Wenn du... in einem Monat nochmal wiederkommen könntest? Nein, am besten in zwei.... oder gleich drei. Dann wird man dir mit Sicherheit besser weiterhelfen können als heute.", der Blick des Scriba machte sehr deutlich, dass dies kein Scherz war. Es war vielmehr eine ehrliche Bitte, ihn mit solcherlei Arbeit jetzt zu verschonen, da es noch einige andere Dinge gab die zu erledigen waren. Vielleicht sollte er dem Mann seine eigene Sicherheit ans Herz legen? Immerhin konnten die 'Winde'... auch ihn erwischen.

    ...fand nun schon seit einigen Tagen statt. Und es wurde immer schlimmer. Je mehr Leute die Helfer der Stadt, die mit viel Geld dazu überredet wurden die Kranken und Toten zu transportieren, in die Thermen schafften, umso hoffnungsloser wurde die Lage in denselben. Die Thermen waren geräumig, aber nicht so geräumig um all die Kranken einer Stadt aufzunehmen, die im Sommer einige zigtausend Menschen beherbergte. Nun war es Winter, aber das verbesserte ihre Lage kein Stück.
    Für jeden Toten den sie rausschafften kamen zwei neue Kranke, und für jeden 'Gesunden' (ein Begriff, der einen Menschen beschrieb der nicht mehr mit Pluto tanzte aber noch meilenweit fern der Heilung) kamen gleich zehn. Im Moment machten die Medici und vielen Helfer nicht viel mehr als die Kranken zu verwalten, gegen den Gestank anzuputzen und festzuhalten wer kam, wer starb und wer wieder 'entlassen' wurde. Letzteres hielt sich im Überschaubaren Rahmen, aber man bildete sich ein, dass die Lage besser würde. Langsam, aber sie würde besser. Sie MUSSTE besser werden. Nicht jeder Helfer kam am nächsten Tag wieder, und die Zahl der Freiwilligen war ebenso überschaubar wie die Zahl der Entlassungen.
    Was blieb bei einer solchen Überforderung übrig? Man kochte Wasser im Akkord, streute ein paar Kräuter rein und hoffte, dass die lächerlich geringen Dosen überhaupt noch was ausrichteten. Wenigstens hielten sie die Kranken warm und sorgten dafür, dass die Menschen nicht austrockneten.. denn die Winde, das stand fest, trieben das Wasser aus den Körpern der Menschen. Egal aus welcher Öffnung... sie schwitzten, sie erbrachen sich, sie litten Fluss, sie bluteten... aber das Wasser verließ in Strömen ihren Körpern. Und am Ende verdursteten sie. Zumindest war das die Theorie der Medici, die ihren Dienst hier versahen.


    Memmius Calavianus Eutychides
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    "..keine Verwandten? Dann legt ihn zu den anderen in der Seitenstraße, und hofft, dass sie bald abgeholt werden.", murmelte der alte Grieche Eutychides vollkommen erschöpft, als ihm die Nachricht vom Tod eines junge Mannes zugetragen wurde. Und er hoffte wirklich, dass man die Toten in der Seitenstraße bald abholte, denn sonst würden sie ein Problem bekommen. Vor allem da er kaum die Möglichkeit hatte eigene Leute dazu abzustellen sich mehr um die Toten zu kümmern als sie einfach vor die Thermen zu legen und auf die Helfer zu hoffen, die sie aus der Stadt schafften. Wenigstens die toten Legionäre konnten sie wieder der Legion übergeben. Allerdings waren die im Vergleich zu den toten Zivilisten ein Tropfen aus den glühend heißen Stein.
    Umso mehr freute man sich über jeden, der Besserung zeigte. Es waren wenige, aber man hatte das Gefühl, dass es mehr wurden.


    "Was ist mit dem hier?", fragte er mehr der Gewohnheit als dem eigenen Willen folgend mit Blick auf einen ziemlich großen Kerl im Soldatenkittel. Man erzählte ihm von der blutenden Nase, vom Sturz von einem Pferd und vor allem von dem Fieber, dass den irgendwo fremdländisch aussehenden Mann seit einigen Stunden schüttelte. Die Nachfrage, ob sich der Mann bereits erbrochen hatte wurde verneint. Zumindest hatte das niemand mitbekommen. Die Tunika aus grober Wolle sah sauber aus, aber der Kerl war kreidebleich.
    "Das übliche... wenn er wach wird, flößt ihm warmes Wasser ein und drückt ihm zwei Salbeiblätter unter die Zunge. Wenn er die Nacht überlebt, werden schauen wir morgen früh weiter was wir für ihn tun können..."
    Und jetzt brauchte er dringend einige Minuten Ruhe... vielleicht eine Stunde Schlaf, wenn er sich irgendwo verstecken konnte wo man ihn nicht allzu schnell fand. Sonst würde er sich bald dazulegen müssen, weil er vor Erschöpfung zusammenbrach.

    Zerbrochene Möbel überall. Truhen, denen der Boden ausgeschlagen worden war. Stroh aus Matratzen, die aufgeschnitten und hastig durchwühlt worden waren. Eine umgeworfene Büste, deren abgebrochene Nase nur ein paar Schritt weiter lag. Nur die schönen Wandmalereien vermochten einen Eindruck des Hauses vor der hier herrschenden Zerstörungswut geben. Und über allem lag ein alarmierend süßlicher Geruch nach geronnenem Blut. Und man musste nicht weit zu gehen, ehe man die ersten blutigen Fußspuren fand.


    Alle hatte man getötet. Im Atrium lagen zwei Sklaven, noch zu erkennen an den Bullae um ihren Hals. Die Schnitte in den Unterarmen des kräftigeren Burschen zeugten davon, dass er sich zu wehren versucht hatte. Doch vergebens. Triclinum, Culina, Vorratsräume lagen Rechts. Auch hier ein Bild der Zerstörung. Die Köchin lag auf dem Boden der Küche, neben ihr noch der Topf, dessen Inhalt auf dem Boden verschüttet war. Es mochte wohl Hühnerbrühe sein, nur das Huhn fehlte. Auch sie hatte einige Stiche abbekommen und lag in ihrem eigenen Blut. Es war schon so klebrig geronnen, dass das hier eindeutig mehr als eine Stunde her sein musste. Die Vorratskammer war fein säuberlich geplündert, Essbares war nicht zurückgelassen worden.


    Doch der schlimmste Anblick war links des Atriums zu finden, wo die Cubicula lagen. Im ersten lag der tote Hausherr in seinem Bett. An seiner rechten Hand fehlten drei Finger, die offensichtlich abgeschnitten worden waren. Und ihm war die Kehle aufgeschnitten worden, so dass sich die seitlich ebenfalls aufgeschnittene Matratze rot durchtränkt hatte. Wegen des Ausblutens des Körpers konnte man wohl nicht sehen, dass der Mann auch vor seinem Tod schon ungesund blass gewesen war. Lediglich die verstreuten Binden und der das Blut überdeckende Geruch von Essig in der Luft mochten verraten, dass dieser Mann krank gewesen war.
    Jedoch war der Anblick seiner Tochter wohl am grausamsten. Ein hübsches Mädchen mochte sie gewesen sein, vielleicht 15 Jahre alt oder jünger. Nun lag sie mit todesstarren Augen auf dem Boden ihres Cubiculums, die Kehle so tief aufgeschnitten, dass man durch das klaffende Loch Luft- und Speiseröhre sehen konnte. Ihr Kleid lag in Fetzen und war ihr bis zum Bauch hochgeschoben. Nicht einmal ihrem toten Körper hatte man den Respekt erwiesen, sie zu bedecken.



    Alles von Wert im Hause fehlte. Gold, Schmuck, Vorräte. Wer immer hier gewütet hatte, er hatte seine Beute mit sich genommen.

    Der Fischhändler, ein stämmiger Gallier mit gelblichem Bart, grüßte den Aedil freundlich, wie er fast jeden Menschen freundlich begrüßte. Schließlich waren sie alle potentielle Kunden. Über die gestellte Frage musste er dann auch nicht lange nachdenken, auch wenn er natürlich lieber über seine Ware Auskunft gegeben hätte. "Tigranes, den Ölhändler? Na klar! Diese Richtung, nächste Gasse rechts, dann kommt er bald auf der linken Seite", erklärte er breitwillig und deutete in die Richtung, in die der Aedil als erstes gehen müsste.

    Pericleitus nickte. Er war sich zwar nicht mehr sicher, welchen Namen der verstorbene Sklave getragen hatte, aber wenn das der einzige war, den sie vermisste, dann musste es wohl so sein. "Sehr freundlich, aber nein danke. Ich bin dann hier auch fertig. Vale, Iunia." Alles notwendige hatte sie erhalten, er hatte seine Aufgabe erfüllt. Schneller als erwartet. Das hieß, er konnte sich noch ein wenig freie Zeit nehmen und die schöne Frühlingsluft genießen.

    "Ich werde es ausrichten." Pericleitus glaubte kaum, dass sein Herr sich dafür interessierte. Die ganze Angelegenheit war eine Anweisung in Form eines halben Satzes gewesen, als er aus dem Haus ging. Aber warum die Iunia mit Einzelheiten langweilen? Sie unterschrieb und er erhielt die Tafel zurück. Auftrag ausgeführt. "Perisander? Hm. Da war ein Bursche, der gestorben ist, vielleicht war der das? Genau kann ich es Dir nicht sagen. Aber es ist keiner der Sklaven verkauft oder verschenkt worden, das garantiere ich Dir. Ich habe die Listen mehrfach geprüft."

    Während die anderen Sklaven am Eingang zum Atrium stehen blieben und abwarteten, trat Pericleitus auf Axilla zu. "Salve, Iunia. So ist es. Mein Herr schickt mich, Dir diese Sklaven zu übergeben. Sie stammen aus dem Nachlass Deines toten Ehemannes. Wenn Du mir den Empfang hier quittieren würdest?" Er übergab ihr eine Wachstafel, auf der die Namen der Sklaven aufgeführt waren und ein kurzer Text die Übergabe bestätigte. Es fehlte nur die Unterschrift.

    "Salve, mein Name ist Pericleitus. Ich bin im Auftrag meines Herrn, des Praefectus Urbi, hier, um diese Sklaven aus dem Eigentum des Aelius Archias an Iunia Axilla zu übergeben. Ich benötige eine Unterschrift von ihr, dass sie die Sklaven entgegen genommen hat. Ist sie zu sprechen?" Der Sklave war höflich, sprach aber dennoch mit einer gewissen Bestimmtheit in der Stimme. Er würde die Sklaven nur Axilla übergeben, niemandem sonst.

    Eine kleine Gruppe von Sklaven näherte sich der Tür der Casa Iunia. Es waren Frauen und Männer unterschiedlichen Alters, eine kleine bunte Mischung sozusagen. Einer von ihnen, ein älterer Mann, an dessen Kleidung schon zu erkennen war, dass er sich eine gewisse Stellung erarbeitet hatte, klopfte an. Die anderen schwiegen und blickten nur ein wenig neugierig auf das Haus.

    PHASE II


    Numerius Canuleius Corvus
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    Wirklich ein ertragreicher Besuch. Corvus betrachtete die schicken Ringe, die nun seine Finger schmückten. Natürlich würde er sie einschmelzen und verscherbeln, aber erst mal funkelte das Gold schön an seiner Hand. Der alte Besitzer brauchte das Gold auch nicht mehr. Nie mehr, um genau zu sein.
    Seine Männer rissen gerade noch auffällige Möbelstücke etwas auseinander. Truhen hatten gern Geheimverstecke, in denen die besonders wertvollen Stücke versteckt waren. Und die noch lebenden Bewohner zu foltern und danach auszufragen hätte nun doch zu lange gedauert. Lieber ließ er sich ein feines Geschmeide entgehen, als seinen Kopf auf einer Lanze aufgespießt vor den Stadttoren zu finden. Der Rest war auch ertragreich genug gewesen.


    “Wenn du mit ihr fertig bist, schneid ihr die Kehle durch“ wies er im vorbeigehen einer seiner Männer an, der sich noch ein wenig mit der Haustochter beschäftigte. Das Mädchen war kerngesund gewesen. Kein Husten, kein Fieber, reine Haut... und zu verschreckt, um zu schreien, als sie die Tür aufgebrochen hatten. Sie hatte nur gejammert, sie sollten gehen, und ihrem armen, kranken Vater nichts tun...
    Tja, selber schuld.


    Von draußen ertönte ein leises Krächzen. Corvus stand auf und begab sich zum Eingang, pfiff im Vorbeigehen seinen Männern leicht zu. Sie hörten mit dem Krach auf und rafften zusammen, was sie gefunden hatten. An der Tür angekommen blickte er hinaus zu seinem Wachposten. Irgendeiner musste immer Schmiere stehen.
    “Was gibt’s?“
    “Patrouille, zwei Straßen weiter.“
    Corvus nickte. Nicht wirklich gefährlich, aber man musste es ja nicht übertreiben. Vielleicht traute sich einer der Nachbarn doch noch aus dem Haus wegen des Krachs von hier. “Gut, gehen wir.“


    Die Männer stopften sich noch soviel der Kostbarkeiten in die Taschen, wie sie tragen konnten, dazu alle Vorräte. Gerade die waren im Moment Gold wert. Und dann gingen sie, ganz gemütlich, ganz unauffällig, ohne Lärm. Sie machten sich gar nicht die Mühe, die Tür des Hauses zu schließen. Sollten die Legionäre doch sehen, was sie getan hatten. Sie hatten keine Angst.

    PHASE II


    Numerius Canuleius Corvus
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    Wo Aas war, da waren die Krähen nicht fern. Angelockt von Tod und Verfall ernährten sie sich von je her von dem, was die Götter ihnen als reiches Festmahl präsentierten. Ihnen war das Leid gleich, die Schicksalsschläge, die Klagen. Ihnen war das Elend gleich, das mit dem Tod einherging. Ihnen war der Grund des Todes gleich. Sie erfreuten sich nur an den Möglichkeiten, die die Götter ihnen in Momenten wie diesen zeigten. Sie hatten kein Gewissen, dass sie davon abhalten würde, die Toten nicht zu bestehlen. Sie hatten keine Skrupel, wenn es darum ging, sich den eigenen Wanst vollzuschlagen. Und erst recht hatten sie nicht den Willen, sich diese Gelegenheit ungenutzt entgehen zu lassen.
    Und Numerius Canuleius Corvus war so eine Krähe. Zwar ganz ohne Gefieder und Schnabel, aber um nichts seinen tierischen Kollegen nachstehend, wenn es darum ging, sich den eigenen Wanst vollzuschlagen. In seinem Fall war das nur nicht das Leichenfleisch, dass derzeit in Massen vor den Stadttoren brannte. Das wäre selbst für seine Verhältnisse barbarisch und abstoßend. Nein, in seinem Fall hieß das, dass er die Gunst der Stunde nutzte, die leeren Straßen und die verängstigten Menschen, die ihre Häuser nicht verließen. Deren Bewachung aufgrund der Krankheit dezimiert worden war, die im Innersten ihrer Häuser kauerten, zu schwach, sie zu verteidigen. Die nur darauf warteten, von ihm geplündert zu werden.
    Und wer sollte schon etwas dagegen tun? Die Straßen waren wie leer gefegt. Er konnte mit seinen Männern irgendwo eindringen, die verbliebenen Hausbewohner abschlachten und liegen lassen und in aller Seelenruhe alles mitnehmen, was nicht niet- und nagelfest war. Dort, wo die Menschen dicht an dicht wohnten, könnte ein Nachbar vorbeischauen, aber in den herrlichen Villen der Magistrate und Ritter? Wohl kaum. Man musste sich nur die aussuchen, die ohnehin schon von der Krankheit dezimiert waren.


    Was seine eigene Truppe mit einschloss. Er selber war so gesund wie ein junger Stier. Kein Husten, kein Fieber, noch nicht einmal erhöhten Puls. Es war, als hätte er mit Plutor einen Pakt geschlossen. Der Gott der Unterwelt hielt seine schützende Hand über ihn, und Corvus versorgte ihn dann und wann mit ein paar mehr Seelen.
    Aber seine Truppe war da nicht so gesegnet. Über die Hälfte war ihm weggestorben und lag nun in den Gräben als Futter für die Flammen, sofern die Krähen nicht schneller waren. Seine Truppe war soweit geschrumpft, dass er nun nicht mehr in die Stadt gehen konnte und sich alles nehmen konnte, was er wollte. Er musste schon ein wenig wählerischer sein und ein bisschen Vorarbeit leisten. Dennoch war es noch ertragreich genug, und sie waren immernoch acht Männer, die keine Skrupel hatten. Auch nicht beim Haus eines kleinen Beamten, der eben seine halbe Familie verloren hatte. Im Gegenteil, taten sie ihm doch den Gefallen, und führten die Familie etwas schneller wieder zusammen.

    Iullus Vespasius Montanus
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    Für den Legionär war so ein Ausbruch nichts Unbekanntes. Immerhin galt die Faustregel: je höher sie stiegen, desto sonderbarer wurden die Wege ihrer Geister. Der hier schien ziemlich weit oben angekommen zu sein und sich auf dem Weg wenig von Kopfbedeckungen gehalten zu haben. Aber was kümmerte ihn das? Er wollte nur ein paar Informationen die er dem Tribunen vor die Füße kotzen konnte, um sich danach wieder in die warme Stube begeben zu können. Und wenn Wache auf dem Vallum dran war, ihm war es gleich: alles war besser als in einer Stadt, in der man Leichen auf Karren durch die Gegend schaffte, irgendwelche dummen Fragen zu stellen.


    "Eh... sicher. Wir opfern den Göttern quasi jeden Tag!", grunzte der Soldat, der dabei vor allem an das letzte Opfer an Venus dachte, bei dem er um einen harten Pinsel bei seinem nächsten Lupanarbesuch gedacht hatte. Aber irgendwie drang sich ihm gerade das Gefühl auf, dass in der nächsten Zeit ein paar kleinere Opfergaben an gewisse andere Götter wichtiger waren.


    "Nun... hab Dank für diese Informationen, Pontifex... eh... ja. Danke! Das war es dann auch schon. Vale bene!", sprach's, und verschwand auch wieder mit einem verdammt flauen Gefühl in der Magengegend.


    Kaum eine Woche nach Auftauchen der ersten Fälle, und kurz nach den ersten Toten stand das Leben in Mantua still. Der nahe See hüllte die Straßen und Häuser der Stadt jeden Morgen in dichten Nebel, der nicht nur die Sicht zu schlucken schien, nein, auch die Geräusche klangen viel gedämpfter. Ferner. Unwirklicher.
    Das Husten einer alten Frau, das Geklapper von Pferdehufen, das Rumpeln eines Ochsengespanns.. alles klang, als wäre es weit weg, dabei lief man Gefahr im Nebel von jemandem niedergeritten zu werden, der vor den Winden fliehen wollte.
    Fliehen, das war etwas die Mantuaner gedacht hatten, die es sich leisten konnten auf irgendwelche Landgüter zu entschwinden. Egal ob eigene, von Verwandten oder Freunden: nur raus aus der Stadt! Dass sie den Tod mit sich nahmen, und bald auch im Abstand einer Tagesreise die Feuer brannten, daran dachte niemand. Man wollte einfach nur weg.


    Man hatte längst damit aufgehört die toten Bettler aus den Ecken und Winkeln der Straßen aufzusammeln, die Leute waren viel zu beschäftigt ihre eigenen Angehörigen zu pflegen, zu verbrennen, oder einfach nur irgendwo zu verstecken, weil man sich das Holz für die Verbrennung nicht leisten konnte.
    Die Stadtverwaltung arbeitete, mittlerweile, auf einem Minimum an Leistungsstärke. Es gab ja kaum jemand, der die Aufträge entgegennehmen wollte. Nur einige sehr hartgesottene Geschäftsleute witterten das Ding ihres Lebens und wollten kräftig an der Ordnungserhaltung mitverdienen. Ob sie nun für absolutes Wuchergeld haltbare Lebensmittel verscherbelten, weil die Märkte nicht mehr stattfanden und auch weil niemand mehr freiwillig in die Stadt kam. Und selbst die Fischer trauten sich nicht mehr auf den See, weil einer der ihren von einer Fahrt am Morgen nicht zurückgekehrt war. Letztendlich lebten die Bewohner Mantuas von dem was sie hatten.
    Was nicht viel war... aber die Kranken aßen eh wenig, und es waren unfassbar viele krank in diesen Tagen. Und die Toten... die würden nie wieder essen.

    Kaeso Canuleius Bestia
    Der Scriba war eigentlich garkein Scriba, sondern ein Klient der sich von seinem Patron, dem verbliebenen Duumvir, hatte beschwatzen lassen den Posten so lange zu übernehmen solange er selbst noch einigermaßen gesund war und der Großteil der anderen Scribae noch krank darniederlag. Was allerdings nicht daran änderte, dass er im Moment die Ansprechperson für alle Personen darstellte, die sich aus Angst und Sorge an die Offiziellen wandten. Was in einer Stadt wie Mantua in diesen Zeiten einiger hundert Bürger am Tag waren. Dementsprechend gestresst war der junge Mann, und sah auch so aus.


    "Salve, Gaius Lucanus von den Iuliern, ich bin... eh...", krächzte er heiser, als sich wieder jemand vorstellte. Da er kaum mehr richtig zuhörte, dauerte es einen Moment bis er begriff, dass zumindest dieser Fall sich bequem und schnell lösen ließ, und sich mit müden Augen aber einem Lächeln auf den Lippen gleich daran machte: "Nein, das bist du nicht. Dies ist Mantua, nicht Padua. Um nach Padua zu gelangen, folgst du dem Decumanus Maximus, in Richtung Osten, also hier direkt aus der Tür rechts. Dort folgst du der Via nach Süden in Richtung Hostilia, in Hostilia wechselst du auf die Via nach Nordosten, die geht geradewegs auf Padua zu. Mit dem Pferd bist du in knapp zwei Tagen da. Gute Reise."