Beiträge von POTITUS VESCULARIUS SALINATOR

    Potitus war noch nicht lange wieder im Inneren das Palastes unterwegs, als ihm jemand todesmutig die Nachricht überbrachte, dass Soldaten der Prätorianergarde das Tor geöffnet und somit den Rebellen den Weg ins Innere des Palastes ermöglicht hätten. Salinator starrte den Überbringer der Nachricht hasserfüllt an. Ein dumpfer Schlag war zu hören, als Salinator vor Wut gegen die Wand schlug, gefolgt von einem Schrei des Boten, als Salinator mit seinem Helm nach ihm warf. "HURENSÖHNE! VERRÄTER! Aber jetzt werde ich sie alle persönlich vernichten! Sie sitzen in der Falle! Meine Leibgarde zu mir! Wo ist das Entsatzheer aus Ravenna? Sie sollen sofort angreifen! Wir nehmen diese Schweine in die Zange und zerquetschen sie wie reife Datteln! BEI IUPPITER, DIES IST NICHT MEIN LETZTER TAG!"


    Knallend donnerte die Tür hinter Salinator zu, während er weiter durch den Palast eilte. Tatsächlich kamen auch grimmig dreinblickende und bewaffnete Männer seiner skythischen Leibgarde hinzu. Wenig später gab es wieder dumpfe Schläge, Schreie, Rufe und knallende Türen, bis schließlich auch die Skythen in den Hof hinaus traten, wo noch immer Soldaten der Garde auf weitere Instruktionen oder Ereignisse warteten.

    Potitus wütete noch eine Weile weiter im Palast, während die Männer im Hof mit bangem Blick sein Erscheinen und seine Befehle erwarteten. Dann erschien Salinator tatsächlich auf dem Hof und warf einen entgeisterten Blick auf die dort stehenden Soldaten. "Wo sind die anderen? Was ist denn das hier für eine faule Bande? Kein Wunder, dass ein paar Aufständische bis vor Rom marschieren, wenn die Garde Stunden braucht, um sich im Hof zu sammeln. Wenn das hier ausgestanden ist, werde ich euch persönlich mehr Drill beibringen! Holt die anderen, aber sofort!" Noch bevor ihm irgendjemand zaghaft erklären konnte, dass es keine anderen mehr gab, die noch zusätzlich hätte antreten können, stürmte Salinator schon wieder vom Hof und verschwand im Inneren des Palastes.


    Er ließ ratlose Männer zurück, von denen ihn keiner mehr lebend sehen sollte.

    Potitus legte einen Eifer und eine Energie an den Tag, die keine der Personen in seinem Umfeld je so von ihm gekannt hatte. Mit hochrotem Kopf stürmte er den Gang entlang, dass der Diener, der ihm tatsächlich wenig später sein Schwert bringen wollte, Mühe hatte, ihm zu folgen. Im Hof des kaiserlichen Wohnhauses trat währenddessen tatsächlich so etwas wie der letzte Rest einer kaiserlichen Leibgarde an und aus den Stallungen wurde auch ein Pferd herbeigeführt und eiligst gesattelt. "Schickt Boten nach Ostia, dass die Stadtkohorten hier gebraucht werden. Und Nachricht nach Ravenna! Sie sollen ein Entsatzheer schicken! Wo steht Marius Turbo mit seinem Heer? In wieviel Tagen kann er hier sein?" bellte drinnen derweil Salinator wutentbrannt seine Befehle und die Männer im Hof sahen seinen Kopf an einem der Fenster vorbeihuschen. Türen schlugen auf oder zu und irgendwo ging etwas zu Bruch.

    Potitus wartete, aber er wartete vergeblich. Statt der Meldung, dass Proximus gefangen genommen wurde, ereilte ihn vielmehr etwas später die Meldung, dass die Tore geöffnet worden waren. "VERFLUCHTER HURENSOHN! Das war bestimmt ebenfalls dieser Iulius! Tötet ihn! Tötet ihn auf der Stelle! Und wenn es das letzte ist, was ihr tut!!" fauchte er den Soldaten an, der ihm die Lage gemeldet hatte. Dann stürmte er selber in Richtung Tür. "Mein Schwert! Ein Pferd! Die Garde soll im Hof antreten! Und macht die verdammten Stadttore wieder zu!"

    Potitus grinste unbeirrt weiter. Im Grunde konnte er alles unterschreiben, was Lucianus da sagte! Die Geschichte würde über ihn richten! Und Rom, das von den Rebellen bedroht war, würde siegen!


    Dann war es so weit: Mit zwei Schritten stand der Kaiser hinter der Vinicier und schubste ihn in das Loch. Augenblicklich spannte sich das Seil und zog die Schlinge zu. Der Vescularier beugte sich nach vorn und blickte zufrieden in hinab, wo er den Kopf des Sterbenden beobachten konnte. Diese Sache würde sehr bald abgehakt sein!

    Parallel zur Hinrichtung von Lucianus hatte der Kaiser auch noch eine zweite Aktion vorbereiten lassen, die von zwei Steinmetzen vollstreckt wurde. Dafür brauchte es kein Urteil oder Ähnliches, im Grunde erregte es nicht einmal überhaupt viel Aufmerksamkeit, denn die meisten Passanten verfolgten lieber das kaiserliche Tross und den Delinquenten, der im Tullianum erdrosselt werden sollte.


    In der Nähe des Forums war nämlich zu Zeiten des Divus Iulianus noch eine Ehreninschrift für den Bruder des Verräters, Marcus Vinicius Hungaricus, angebracht worden. Sie war für juristische Leistungen verliehen worden, aber das war eigentlich unwichtig. Salinator wollte das Andenken an die Gens Vinicia auslöschen! Und deshalb mussten auch die Erinnerungen aller Art in Rom entfernt werden, allen voran Inschriften, die in großen Lettern mitten im Herzen der Stadt auf sie verwiesen! Also begannen die Steinmetze, die Inschrift einfach auszuschlagen. Es war nicht sehr aufwändig und die beiden Arbeiten waren auch sehr zufrieden, denn sie durften die Bronzebuchstaben, die sie aus den eingravierten Buchstaben brachen, behalten. Bei der nächsten Gelegenheit würde eine andere Inschrift darüber kommen, dann würde es auch niemandem mehr auffallen, dass hier einst an irgendeinen Verbannten erinnert worden war!

    Potitus war etwas enttäuscht. Er hatte gehofft, dass der Vinicier ein bisschen mehr Widerstand bieten oder zumindest um Gnade winseln würde! So würde es etwas langweiliger werden!


    Im Boden war ein kreisrundes Loch, über dem das Gitter nun weggezogen wurde. Darüber war eine Winde, in die der Henker nun das Seil einlegte. Das eine Ende wurde befestigt, das andere in einer Schlinge um den Hals des ehemaligen Senators gelegt. Dann war alles so weit:


    "Letzte Worte?" fragte Salinator grinsend. Auch wenn Lucianus nicht mitspielte, stellte er fest, dass diese Sache ihm auch so Spaß machte! Da konnten weder ein passiver Delinquent, noch ein selbstmörderischer Zuschauer etwas rütteln! Immerhin hatte er angeordnet, dass die Schlinge explizit nicht so gelegt wurde, dass das Genick sofort brach!

    Potitus schrie auf, als ihn etwas am Rücken erwischte. Mit erstaunlicher Behändigkeit drehte er sich um und blickte in die Menge, die vor Schreck verstummt war. Auf dem Boden lag etwas matschiges, widerliches, das ihn getroffen haben musste. Mit ekelverzogenem Gesicht fasste er an seinen Nacken, wo es sich feucht anfühlte.


    Dann ging alles sehr schnell. Während der Ring um den Kaiser enger gezogen wurde und man ihn durch die Tür in das sichere Tullianum bugsierte, deutete einer der Skythen, der den Auftrag gehabt hatte, die Menge im Auge zu behalten, auf Commodus und rief etwas in seiner Landessprache.



    Wie auf Kommando stürmten daraufhin sechs Mann vor und zückten Holzknüppel. Drei schnappten sich den Verkäufer und schlugen ihn mit einem Schlag gegen die Schläfe bewusstlos, prügelten aber noch ein paar Mal auf ihn ein, ehe sie ihn aufhoben und wegtrugen. Unterdessen erreichten die anderen drei aber Commodus und der erste hieb seinerseits nach dem Kopf des Helvetiers, während der zweite zugleich nach seiner Magengrube stieß.


    Unsichtbar von den Passanten wurde der Kaiser in den Latumiae, wie der Vorraum des Kerkers genannt wurde, von den glitschigen Überresten des Flaschenkürbisses befreit. Die Sklaven schienen auch sehr nervös und fummelten an seiner purpurnen Toga herum, während der Vescularier grimmig zu Lucianus hinübersah. "Das wird deinem kleinen Freund noch leid tun! Er hätte fliehen sollen, statt dir in den Tod zu folgen!" Er schubste einen Sklaven weg, der mit einer Art Serviette an seiner Wange herumtupfte. "Zum Glück kann ich zum 'Runterkommen dabei zusehen, wie du im Loch baumelst!" Daraufhin gab er ein Zeichen und der Carnifex legte dem Vinicier die Hand auf die Schulter.

    Potitus grinste aus seiner offenen Sänfte heraus, während er den Hinrichtungszug anführte. Fast komisch, dass sie dabei über das Forum zogen, wie es bei einer Pompa Funebris für den Vinicier wohl auch passiert wäre! Aber keine Auszeichnungen und Coronae wurden heute herumgetragen! Stattdessen hielt ein Gerichtsdiener ein Schild, auf dem Lucianus' Verbrechen in Latein und Griechisch öffentlich gemacht wurden! Kein Totenbett, sondern Fußschellen! Und keine Ehrengarde aus Darstellern der Ahnen, die Wachsmasken und Statussymbole herumtrugen! Stattdessen geleitete eine Eskorte Bewaffneter den ehemaligen Consul!


    Als sie endlich das kleine Staatsgefängnis erreichten, hatten sich tatsächlich einige Schaulustige versammelt. "Da seht ihr, was mit Hochverrätern passiert!" rief Salinator ihnen zu und stieg von seiner Sänfte herab, um direkt nach dem Delinquenten das Mamertinum zu betreten. Er konnte es kaum erwarten, ihn sterben zu sehen!


    Hinter ihm versperrten die Skythen den Eingang, umringt von einer weiteren Kette von den Stadtkohorten und der Praetorianer.

    Potitus legte den Kopf schief, als Victor ein wenig zögerte. Dann machte er eine wegwerfende Handbewegung. "Ach, sparen wir uns den ganzen Kram! Wir haben alle gehört, dass er geständig ist und seine Tat nicht einmal bereut!" Natürlich brauchte er auch keine Beratung, denn er hatte sich im Vorfeld schon die Strafe überlegt. Also verlas er gleich das vorbereitete Urteil:


    IUDICIUM IMPERATORIS
    IUDICATIO
    IUD IMP I/DCCCLXIII


    MIT WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM VI ID FEB DCCCLXIII A.U.C. (8.2.2013/110 n.Chr.)


    IM STRAFVERFAHREN
    Imperium Romanum
    - vertreten durch den Advocatus Gaius Octavius Victor -
    gegen
    Marcus Vinicius Lucianus
    vom ANTE DIEM XIV KAL DEC DCCCLXII A.U.C. (18.11.2012/109 n.Chr.)


    HAT DAS IUDICIUM IMPERIALIS DURCH


    Iudex Prior
    IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS
    POTITUS VESCULARIUS SALINATOR


    NACH MÜNDLICHER VERHANDLUNG FÜR RECHT ERKANNT:


    Der Angeklagte wird der Anklage gemäss § 64 Hochverrat, § 65 Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens und § 104 Bildung krimineller Gruppen für schuldig befunden.


    Das Gericht verurteilt den Angeklagten hiermit zum Tode durch Erdrosseln. Die Vollstreckung des Urteils erfolgt im Anschluss an die Verhandlung.


    ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:


    Das Gericht stellt fest, dass die genannten Anklagepunkte durch die Taten des Angeklagten vollständig erfüllt werden. Gleichsam erklärt sich auch der Angeklagte selbst schuldig im Sinne der Anklage.


    Zweifelsfrei steht fest, dass der Angeklagte gemeinschaftlich mit einer Gruppe hochrangiger Verschwörer und Hochverräter die Bildung einer kriminellen Organisation veranlasst und mitgetragen hat, deren Ziel die Vorbereitung und Durchführung eines hochverräterischen Unternehmens war.


    Das Gericht stellt eine besondere Schwere der Tat fest, da der Angeklagte als Senator Roms einen Eid auf den verschiedenen Imperator Caesar Augustus geleistet hatte, den er im Rahmen des hochverräterischen Unternehmens zu töten gedachte.


    Die vorgebrachte Rechtfertigung des Angeklagten für sein Handeln sieht das Gericht als nichtig an.


    RECHTSMITTELBELEHRUNG:


    Der Imperator Caesar Augustus behält sich gegen jede Appellation aufgrund seiner Tribunicia Potestas das Veto gemäß § 42 (1) vor. Damit ist jeder Versuch nichtig.


    Potitus warf mit einem Schrei den goldenen Pokal vom Tisch. "WAAS?? NICHT AUCH NOCH IULIUS!!" Er hatte mit vielem gerechnet! Aber nicht damit, dass der getreue Proximus ihn hinterging! Er, dem er mehr Gunst gewährt hatte als allen Aufsteigern! Dem er die Verantwortung für die gesamten Cohortes Urbanae anvertraut hatte, obwohl er noch nicht einmal den Senatorenpurpur trug! Und so wurde es ihm gedankt?? "Schafft den Burschen hier her! Ich will, dass er SOFORT hier her kommt!" brüllte er und einer der Skythen machte sich unauffällig davon, um den Befehl auszuführen.

    Potitus grinste. Er mochte es, wenn seine Beute noch ein bisschen zappelte! "Ehrenhaft? Einen kranken Mann zu vergiften ist ehrenhaft? Ich glaube, deine Haft hat deinen Geist ein bisschen verwirrt! Du verwechselst scheinbar Ehre mit Feigheit und das Wohl Roms mit euren egoistischen Wünschen!" Obwohl ein Richter eigentlich neutral sein musste, pfiff der Kaiser bei diesem absurden Schauspiel auf solche Zurückhaltung. Zu groß war die Versuchung, diesem armen Irren seine Niederlage vor Augen zu führen!


    Er drehte sich zu Victor. "Jetzt die Beweise. Bitte!"

    Potitus genoss den Jubel. Das machte ihn zuversichtlich! Als er sich dann aber wieder legte (etwas schnell, wie er befand), deutete er auf die Offiziere der Cohortes Urbanae, die rechts von der Tribüne standen. "Nun meldet euch freiwillig! Jeder, der sich an der Verteidigung Roms beteiligt, wird nicht nur etwas für seine Stadt tun, sondern auch eine reiche Belohnung erhalten! Wer eine Schlacht schlägt, soll auch Anteil an der Beute haben! Also meldet euch!" Tatsächlich machten sich ein paar junge Männer zu den Centurionen auf, um sich mit Waffen ausstatten und in Einheiten einteilen zu lassen.

    Potitus zuckte mit den Schultern. "Sie sollen sich verdammtnochmal beeilen! Ravenna soll ein Vorauskommando mit allen Männern schicken, die gerade auf dem Stützpunkt sind! Wir brauchen jeden Mann, um den Feind aufzuhalten, bis ein Entsatzheer uns rettet!" Salinator wusste, dass er militärische Erfahrung hatte und den feindlichen Feldherren überlegen war! Aber deshalb wusste er auch, dass er Rom nicht ewig gegen ein römisches Berufsheer verteidigen konnte, wenn er nur eine Handvoll erfahrener Soldaten hatte!

    Potitus erschien, wie er es liebte: Geleitet von seinen skythischen Leibwächtern, die wie immer finster dreinblickten und derzeit tatsächlich die einzige effektive Leibwache darstellten, ritt er auf einem Schimmel auf das Marsfeld. Sein ausladender Körper steckte in einer goldenen Rüstung, ein purpurnes Paludamentum war um seine Schultern drapiert und auf seinem Kopf saß ein goldener Helm mit einem purpurnen Federbusch. Die in Rom verbliebenen Prätorianer erwarteten ihren Imperator inzwischen an der großen Tribüne, die man vor den Neronischen Thermen errichtet hatte.


    Langsam schob der Kaiser sich mit seinem Tross durch die Menge, dann endlich erreichte er seinen Bestimmungspunkt und trat auf das Podest auf der Tribüne. Anders als sonst behielt er seinen Helm auf, um einerseits besser gesehen zu werden (vor ihm hatte sich eine gewaltige Menge versammelt), andererseits um einen militärischen Eindruck zu machen. Dann begann er mit lauter Stimme zu sprechen und seine Worte wurden von Herolden an verschiedenen Stellen wiederholt, um alle Bürger zu erreichen: "Volk von Rom!" begann er und sah über die Menge hinweg.


    "In einer dunklen Stunde unseres Imperium stehe ich heute vor euch! Furchtbare Gerüchte gehen um in dieser Stadt, man sagt, die Lage sei hoffnungslos! Und ich stehe heute vor euch, um diese Gerüchte zu bestätigen!" Er machte eine künstlerische Pause. "Ich muss euch sagen, es ist wahr: Ja, droben im Norden sind aufständische Legionen über die Alpen gezogen! Ja, sie haben italischen Boden entweiht und den Rubikon überschritten, haben das Mutterland unseres Imperium mit ihren staubigen Caligae betreten, wo doch kein Heer von wahren Römern jemals einen Fuß hineinzusetzen wagt! Ja, sie haben sogar treulose Bundesgenossen, die seit Jahrhunderten an der Seite Roms kämpften, von Rom abspenstig gemacht! Und vor allem: ja, sie haben ein Heer aufrechter Römer, die den langen und beschwerlichen Weg von Illyricum bis nach Italia marschiert waren, um ihre Heimat vor den wütenden Rebellen zu bewahren, bei Vicetia geschlagen!" Diese Nachrichten waren erst vor kurzer Zeit in Rom eingetroffen, weshalb sicherlich der eine oder andere noch nicht alles davon wusste. Tatsächlich ging erschrockenes Raunen durch die Menge.


    "Aber noch viel schlimmer: Der Mann, der hinter all dem steckt, der Verräter und Kaisermörder Cornelius Palma, ist ebenfalls hier in Italia aufgetaucht. Er, der unseren geliebten, aber siechenden Valerianus, auf den er einen heiligen Eid geschworen hatte, hinterrücks vergiften ließ! Er, der eine unschuldige Familie seiner blanken Machtgier bedenkenlos geopfert hat, hat wahrgemacht, was ich nicht zu fürchten gewagt hatte: Gemeinsam mit seinen Verschwörern und einer Armee voller griechischer Söldner ist in Rhegium gelandet und marschiert seinerseits gegen Rom! Von Norden und Süden umzingeln uns unsere Feinde, wie es seit den Zeiten Hannibals nicht mehr geschehen ist!"


    Er hob grimmig die Faust. "Doch ihr alle wisst, wie es Hannibal ergangen ist! Er musste schmerzlich lernen, dass niemand Rom vernichten kann! Er glaubte, er könne sich Söldner aus aller Herren Länder zusammensammeln, um die aufrechten Quiriten zu schlagen! Wie dieser Palma warb er germanische Barbaren an, führte ein Heer aus Orientalen über das Meer und überwand scheinbar jedes Hindernis, um seinen Hass zu stillen! Auch er schlug ein römisches Heer um das andere, stampfte treue Söhne der Roma in den Staub und metzelte unschuldige Frauen und Kinder nieder!"


    "Aber trotz alledem:" Salinator deutete vor sich auf den Boden. "Hier endete sein Kriegsglück! Niemals gelang es ihm oder einem feindlichen Heer, das Pomerium zu überschreiten!" Leichter Applaus machte sich bemerkbar und der Verscularier unterbrach seine Rede, um Raum dafür zu lassen.


    Als sich der Applaus wieder etwas gelegt hatte, fuhr er schließlich fort: "Und von ihnen, von diesen großen Männern, können auch wir lernen! Niemals wird Rom sich beugen! Möge ein Heer besiegt sein - wir stellen ein neues auf! Mag der getreue Laberius Maturus von blutrünstigen Germanen zerhackt worden sein - in diesem Moment segelt eine Flotte mit einer neuen Armee nach Süden, um den abgehalfterten Haufen, mit dem Palma sich im Süden hält, niederzustrecken und uns den Kopf dieses Verräters zu bringen! Aus Dacia eilt Marius Turbo heran, um seinen Kaiser und seine Hauptstadt, um euch aus dem Würgegriff des Feindes zu befreien! Er hat bereits ein Heer des Corneliers besiegt, nun wird er sich den Rest holen!"


    "Die Lage ist also weitaus besser, als sie zu Zeiten unserer Väter war: Hannibal war ein junger Mann, von großer Kriegslist und glühendem Hass, während Cornelius Palma ein treuloser alter Mann ist, der nicht erkennt, dass seine Zeit ein Ende hat! Hannibal hatte alle Heere geschlagen, während Rom in jenen Tagen nur auf wenige Getreue bauen konnte. Wir dagegen haben den Großteil des Imperiums hinter uns! Schon marschieren die Entsatzheere, um das Haupt der Welt zu retten! Alles, was wir also tun müssen, ist ausharren!"


    Er deutete in Richtung der Stadt. "Aber nicht diese Mauern, durch deren Tore ihr hierher gekommen seid, haben Hannibal aufgehalten! Nein, es war der unbeugsame Wille der Bürger Roms, den er damals und Palma heute unterschätzt haben! Auf diesen Willen baue ich bei der Verteidigung dieser Stadt! Seit mehr als hundert Jahren wurden die römischen Bürger nicht mehr zu den Waffen gerufen! Doch heute ist es wieder so weit: Nur gemeinsam können wir die Beutegier und den glühenden Neid dieser Verräter auf unsere blühende Stadt besiegen! Reiht euch also ein und meldet euch gleich heute, gleich hier für die Verteidigung eurer Stadt! Lasst nicht zu, dass germanische Söldner und orientalische Schönlinge unsere Tempel plündern, unsere Frauen schänden und unsere Kinder als Beute mitnehmen! Lasst nicht zu, dass Palma, dieser Verräter und Eidbrecher seine Schreckensherrschaft entfaltet, um seine Clique von Mördern die Reichtümer Roms zuzuschachern!


    Kämpft mit mir! Gemeinsam werden wir den Feind aufhalten!" Nun brach Applaus aus, der von den Anhängern des Kaisers besonders angeheizt wurde. Doch der Vescularier machte eine beschwichtigende Geste. "Und eines noch: Ich verspreche euch, dass dieser Krieg keine sechzehn Jahre dauern wird, wenn wir zusammenstehen! Die Rettung ist nahe, es kann nur um Tage oder Wochen gehen!" Damit gab er das Zeichen, dass er tatsächlich zu einem Ende gekommen war und der Jubel brandete erneut auf.


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI
    NUNTIATIO IMPERATORIS


    DER IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS GIBT BEKANNT:
    VOLKSBEWAFFNUNG


    In diesen schweren Zeiten der Rebellion, des Krieges und der Unsicherheit des Imperium Romanum werde ich mich ANTE DIEM XI KAL FEB DCCCLXIII A.U.C. (22.1.2013/110 n.Chr.) auf dem Campus Martius persönlich an mein Volk von Rom wenden.


    Ich erwarte, dass der Senat und das Volk von Rom zahlreich erscheinen wird, um einen Bericht über die Lage des Imperium Romanum zu hören und sich an der Aufstellung von Freiwilligenverbänden zur Abwehr des Feindes von der Urbs Aeterna zu beteiligen.



    - DCCCLXIII A.U.C. -

    Potitus zuckte mit den Schultern. "Wenn es keine Nachrichten gibt, dann schicke! Und teile Octavius Dragonum mit, er soll nach gewonnener Schlacht sofort wieder nach Rom zurückkehren! Im Eilmarsch!" Natürlich würde ein Bote niemals vor Ende der Schlacht in Misenum ankommen, denn diese stand ja offensichtlich unmittelbar bevor! Mit einem Mal kam hektischer Aktivismus in den Kaiser. Es gab viel zu tun! Mit Blick auf Imperiosus gab er weitere Befehle: "Schicke auch Befehle an die Classis Ravennas. Sie soll ihre Marine-Infanterie ebenfalls aktivieren und hierher bringen! Und an Marius Turbo! Die Schiffe der Classis Ravennas sollen ihn übersetzen! Noch haben wir ein bisschen Zeit!" Solange er noch auf dem Palatin stand, war Rom nicht verloren! "Ich werde mich persönlich um die Verteidigung Roms kümmern und einen Schlachtplan ausarbeiten!" Immerhin war er der begabteste und erfahrenste Feldherr, den Rom aufzubieten hatte! Einem jungen Tribun konnte er das nicht aufbürden!


    "Ich werde einen Aufruf an alle Bürger Roms verkünden! Jetzt schlägt die Stunde der Patrioten!" Er schien kurz in Gedanken versunken, dann sah er wieder zu Proximus. "Informiere dich auch, wie viele Praetorianer noch in Rom sind! Und halte Männer bereit, die Freiwillige ausbilden können! An Rom werden sie sich die Zähne ausbeißen!" Salinator hatte viele Enttäuschungen erlebt, aber er war nicht Kaiser geworden, weil er sich von solchen Nichtigkeiten niederwerfen ließ! Und diesmal musste er sein Schicksal nicht in die Hände irgendeines Stümpers legen: diesmal nahm er die Dinge selbst in die Hand!

    Potitus verzog den Mund. Zwei Manipel kamen ihm nicht gerade viel vor! Als ehemaliger Praefectus Urbi wusste er grob, wie lang die Servianische Mauer war und mit 300 Mann fast vier Doppelmeilen zu verteidigen war nicht unbedingt üppig! "Ich kann deinen Optimismus nicht teilen, Iulius! Vier Centuriae können vielleicht mit Mühe die Castra Praetoria halten, aber nicht die ganze Stadt!" kritisierte er deshalb den Plan des Tribunen. "Die Vigiles müssen unbedingt bewaffnet werden! Dann haben wir immerhin fast viertausend Mann!" Das war ebenfalls ziemlich optimistisch! Die Vigiles waren nicht gerade als besonders mächtige Kampfeinheit bekannt!


    Ehe der Kaiser befehlen konnte, zur Sicherheit noch die Cohortes aus dem Süden zurückzuholen, kamen aber schon wieder neue Nachrichten an. Palma stand vor Misenum! Die Zeit würde nicht reichen, um irgendjemanden von dort unten zurückzuholen! "Beim Hercules!" kommentierte er die Nachrichten und schlug mit der Faust auf den Tisch. "Sind denn hier alle unfähig??" Hätte er nur selbst sein Heer im Norden angeführt! Dann hätten diese decimischen und laberischen Stümper sich nicht von einem Haufen Rebellen schlagen lassen! Und nun stand im Süden auch nochmal eine ganze Legion! Dragonum musste siegen! Und er musste aushalten! "Wir müssen den Feind aufhalten, so lange wir können! Die Classis Ravennas muss mobil machen! Marius Turbo muss mit seiner Armee nach Italia kommen!" rief er deshalb aus und blickte vor sich auf eine Karte Italias. Er musste mit dem Naheliegendsten anfangen! "Gibt es jetzt verdammtnochmal Informationen, was aus meinem Heer im Norden geworden ist? Diese dreckigen Rebellen werden doch wohl nicht alle paartausend Mann getötet haben, oder?"

    Potitus ließ den Tribun direkt ein. Dabei verfluchte er sich im Stillen selbst, dass er die Benennung eines neuen Praefectus Urbi so lange vor sich hergeschoben hatte! Ein etwas kampferfahrener Offizier als Ratgeber wäre ihm jetzt ganz lieb! Trotzdem würde der Iulier wenigstens Informationen bieten können!


    "Iulius, gut, dass du hier bist! Wir müssen unbedingt die Verteidigung Roms planen! Wie viele Truppen haben wir zur Verfügung? Wie viele brauchen wir, um die Stadtmauern zu bemannen? Und wo steckt mein Heer im Norden?" platzte er sofort los. Er hatte keine Zeit zu verlieren!