Die Antwort des Decimers hatte der Tribun ohne eine Wimper zu rühren entgegen genommen. Doch wenn er sehr genau hinsah, dann konnte der Decimer in dem so scheinbar kalten Blick des Tiberius Vitamalacus das kurze Aufblitzen von Anerkennung und Stolz erkennen.
Der Gruss war aber wieder militärisch perfekt.
"Decimus Serapio, mögest du weiter deinen Dienst in der Prima, der Legion des Imperators, mit Ehre und Ruhm versehen !"
Doch dann, als er gerade den nächsten Miles vortreten lassen wollte, meldet sich der Prätorianer zu wort und Tiberius Vitamalacus hörte sich diese an, ohne den Mann selbst anzuschauen, denn sein Blick war noch auf die Milites vor ihm gerichtet. Und so konnte der Prätorianer nicht sehen, wie sich die Augen kurzzeitig verengten, einen kurzen Moment war dies das Zeichen seiner aussergewöhnlichen Verärgerung.
Dann drehte er sich um, ging ein paar Schritte vor, vernahm die Worte des Flaviers, Worte die vielleicht dessen Rang unangemessen waren, ihm und sicher allen anderen aus dem Herzen sprachen. Und als er den Flavier passierte, legte er seine Hand kurz auf seine Schulter, eine Geste, die durchaus als ein Schulterklopfen aufgefasst werden sollte.
Dann stand er da, immer noch schweigend musterte er die Prätorianer vor sich, richtete sich etwas auf, verschränkte die Arme hinter seinem Rücken und brachte so seine Körpergrösse gänzlich zum tragen. Äusserlich mochte er ruhig da stehen, doch innerlich kochte er, ob der Anschuldigungen, welche der Prätorianer gegen die Prima und ihre Miles vorbrachte.
"Tribun Triarius," begann er noch relativ leise, den Namen absichtlich nur auf den Gensnamen reduziernd, "du wirst diuch nicht daran erinnern, denn es ist einige Jahre her, da trachtete ein Aufrührer nach dem Leben unseres Imperators. Und es war keiner von euch, der sich ihm entgegen warf und dem Imperator das Leben rettete, nein, es war der Mann, der heute der Legatus der Prima ist ! Decimus Livianus !"
Während er sprach, blieb seine Stimme scharf und schneidend, wie das Gladius an seiner Seite und genauso scharf war der Blick des Tiberiers, welcher die die beiden Prätorianer traff.
"Es mag für euch Prätorinaer unverständlich sein, doch die Prima ist mehr als eine Legion, sie ist eine Familie ! Und ihr Oberhaupt ist nicht der Legatus, ihr Oberhaupt ist der Imperator, der in ihren Reihen diente, dessen Sohn sie schon befehligte. Ihm, dem Imperator, dem Vater von ganz Rom, gilt unsere Treue, so wie sie Rom gilt und dieser grossen Familie, die wir mit Stolz die Prima nennen !"
Es hatte zu seiner Ausbildung seines Grossvaters gehört, das er es beherrschte, die Worte enes Vorredners bei Bedarf möglichst wort wörtlich zu wiederholen. Und gerade die Wahrheit, wenn sie denn mal in Worte gefasst worden war, verdiente es, wiederholt zu werden.
„Treue, Ehre, Mut! Dafür steht die Prima ein, zu jeder Stunde, jeden Tag. WIR haben den höhsten Blutzoll bezahlt in der Schlacht, WIR haben als das Schwert des Kaisers gehandelt und die Parther zurück geschlagen. WIR sind die Prima, die Soldaten des Kaisers. In NICHTS steht die Prima der Garde an Treue, Verpflichtung und Loyalität nach. Für den Kaiser würde ein jeder von uns sein Leben geben, jederzeit ! Und hier, mitten im Krieg, ist jeder Mann der Prima dafür notwendig, denn hier sind wir das Schild des Kaisers und wir garantieren seine Sicherheit !"
Dann gab er dem hünenhaften Titus ein knappes Zeichen.
"Und jetzt halte ich es für das Beste, ihr zieht euch zurück ! Titus, zeige den Herren den Weg zurück zu ihren Zelten !"
Tiberius Vitamalacus blieb so stehen wie bisher, aufrecht und schützend vor den Milites der Prima. Und wie um das zu unterstützen, setzte sich Taranis, der Luchs, neben ihn, während Titus einen kleinen Schritt vormachte, und in die Richtung deutete, die zu den Zelten der Prätorianer führte.
Ein Befehl an die Milites abzutreten erging nicht.