Beiträge von Assindius

    Ja leck mich doch, kann man die Herrin nicht mal einen Augenblick alleine lassen. Ich stampfte eilig auf den Germanen zu, spuckte unterwegs meinen Zahnstocher aus, stellte mich vor den Typen, sah ihm erbost in die Augen und sagte:


    „Herrin, belästigt der Euch?“

    Es war spät geworden. Die meisten Sklaven waren schon schlafen gegangen. Ich war noch etwas aufgekratzt, da wir ja in meiner germanischen Heimat einige Zeit bleiben würden. Das gute germanische Wetter versprach viel. Draußen duftete es nach Blumen, deren Namen ich nie gelernt hatte und die ich teilweise nie zuvor gesehen hatte. Egal, beflügelt von diesem vielen Gerüchen betrat ich jedenfalls nun die Sklavenunterkünfte. Aber drinnen, roch es nach allem anderen als nach Blumen. Was war das bloß? Ich hielt meinen Zinken in die Luft


    Schnüffel, schnüffel
    Hm. Wo kam das her? Ich hob meine Arme und hielt die Nase unter die Achseln. Nä, die waren es ausnahmsweise nicht, es riecht ja auch nicht nach Katzenpipi. Ich hauchte in meine Hand. Das war es auch nicht. Ich ging weiter in den Raum
    Schnüffel, schnüffel, schnüffel
    Der Geruch wurde intensiver. Was war das bloß? Den Geruch von Tullias Kind kannte wir mittlerweile alle, das war es nicht. Hat hier irgend jemand seinen Göttern eine Ziege geopfert?Das würde auch anders riechen. Da plötzlich. Mein Kopf ging nach links, ich beugte mich runter und ging in die Hocke.
    Schnüffel, schnüffel
    Ich blickte nach oben:


    „Sag mal Samira, sind das deine Füsse?“

    Wat macht der Hampel denn hier. Die verdammten Sklaven, können die denn nichts alleine. Es gibt immer ein paar Speziez denen man sagen muss was sie machen sollen. So eine Gelegenheit hat der Typ genutzt. Wahrscheinlich war das auch noch eine Anweisung! Aber bis dir Herrin ihn rausschmeißen will, warte ich erst einmal ab.

    „Mein Herr? Du blöde Kuh!“


    Ich schnappte mir Aintzane und stach ihr kitzelnd meine Finger in die Seiten.


    „Du weißt doch, wie ich das meine!“


    Wusste sie doch, oder?

    Assistieren, ich? Da viel mir doch das erste mal ein, als ich ein römische Badezimmer betreten hatte :D und ich zupfte schon an meinen Klamotten um sie mir über die Augen zu binden. Aber Aintzane war schneller und ich überflüssig geworden. Ich war unsicher, ob ich in Gegenwart Aintzanes auf die Fragen der Herrin antworten sollte, also entschied ich mich das Bad zu verlassen. Der Blick der Herrin war eindeutig und ich ging mit den Worten:


    „Falls Ihr mich brauchen solltet, Herrin, stehe ich vor der Tür!“


    Und wieder kam die Erinnerung zurück. :D

    Ihre Worte haben ihn verletzt. Wie soll das den gehen? Was soll denn Samira sagen können, was irgend jemanden verletzt? Im ersten Moment dachte ich: ‚Was hat sie sich denn da für eine Memme geangelt?‘, dachte aber im zweiten, dass ich zwar glaube sie gut zu kennen, aber natürlich nicht auf dieser Ebene. Auf unsere Ebene ist alles leicht und unproblematisch, auf der anderen kann man sich sehr schnell verletzten, auch ohne das man es will oder gar merkt; wer wüßte das besser als ich. Blieb nur die Frage, ob sie ihn nicht gut genug kennt um zu verstehen wie er auf ihre Worte reagieren würde oder ob er sie nicht gut genug kennt um ihre Worte richtig zu verstehen. Aber dies ist nur ein klugscheißerischer Gedanke von mir, gehört hier nicht hin und spielt doch eigentlich auch keine Rolle. Dieser Gedanke würde ja nicht nur Ursachen suchen, sondern auch einen Schuldigen. Aber nur einen schuldigen gibt es selten. Wer hat denn schuld, wenn Worte nicht richtig verstanden werden, der Sprechende oder der Hörende, wer sollte denn absichtlich mit seinen Worten jemanden verletzen wollen den er liebt.
    Unglückliche Umstände und verletzende Worte die zu einem Schlussstrich führten bzw. ihn dorthin führten, wenn ich das jetzt richtig verstehe. Was für ein Chaos. Das war alles ziemlich kompliziert und ich horchte in mich hinein, blickte auf meine eigenen Gefühle und überlegte, mit ihren Worten im Hinterkopf. Er ist etwas Besonderes und diese Liebe ist wichtig. Kann man Unterscheidungen treffen. Ist nicht jeder etwas Besonderes dem man sein Herz schenkt und ist nicht jede Liebe wichtig. Gibt es Abstufungen, ist die eine Liebe größer als eine andere war? Wonach sucht man, wenn man die verloren hat, welche man für die Größte hielt? Nach einem Trost? Lieber eine kleine Liebe als keine, oder nach einer die größer ist? Na ja, vielleicht ist das eine Sache des Betrachters, aber mein eigenes Herz würde sagen, dass jede Liebe gleich groß und gleich wichtig ist!


    „In der Liebe kommt alles Wissen aus dem Herzen, man weiß nur, was das Herz sagt! Wenn man fühlt, dass man den anderen nicht glücklich machen kann, aus welchen Gründen auch immer, sollte man sich kritisch fragen, ob es nicht besser für den anderen wäre ihn ziehen zu lassen. Oder?
    Wann ist liebe nicht genug? Tja, vielleicht dann, wenn man mehr kämpft als liebt, wenn die Gefühle zwar vorhanden sind, aber mehr Schmerz als Freude auslösen oder dann, wenn man an der Liebe – ja- verreckt.“


    Ich ging einen Moment in mich und seufzte.


    „Warum ist etwas so wunderschönes, so furchtbar kompliziert?
    Auf jeden Fall lohnt es sich Risiken für die Liebe einzugehen. Wenn man am Ende nicht belohnt wird hat es sich aber gelohnt es zu riskieren. Wäre das nicht so, wäre sie doch nichts wert. Liebe schmeißt man nicht einfach weg. Wer nichts wagt, kann nichts verlieren! Du willst doch was wagen, wenn ich dich richtig verstehe, also legt los und kämpfe!“

    Noch auf dem Weg zum Bad:


    „Die Frage hat mich doch gar nicht geärgert, Herrin! Nur verwundert“


    Nachdem ich der Herrin gezeigt hatte wo eines der Bäder ist, suchte ich Aintzane, die würde hier schon irgendwo sein. Ach da ist sie ja


    „Hömma Aintzane, hilfst du gleich der Herrin beim baden. Sie möchte ebenfalls etwas leichtes essen. Du kennst das ja, mehr Gemüse als Fleisch, wenn überhaupt Fleisch dann Geflügel, das Übliche eben."

    Bevor ich einen Ton sagen konnte und bevor ich mich wundern konnte, was die Herrin da macht, wurde ich von ihren Fragen durchgeschüttelt und stammelte:


    "Ähm, ähm, völlig richtig! Man sollte sich immer sagen oder fragen können wie man Äußerungen versteht, vor allem wenn sie bei einem selbst negativ oder vielleicht sogar verletzend ankommen. Wenn man sich gut kennt und sich vertraut kann man das auch problemlos, sollte man zumindest! Wie geht das? Man fragt oder frisst! Letztere gehen daran kaputt und die Fragenden klären ihre Missverständnisse. Oder nicht?“

    Eine völlig kraftlose Samira betrat den Raum. Sie sah aus wie ausgespuckt und draufgetreten. Niemand der sie kannte hatte sie wahrscheinlich je so gesehen und jeder der sie kannte hätte sie sofort in den Arm genommen. Schwer klangen ihre Worte, es war deutlich welche Anstrengung es kostete sie zu denken und sie zu sprechen. Jeder der dieses Gefühl kennt weiß, dass jede Silbe eine Qual ist und man eigentlich nur heulen will; und jeder der Bestandteil eines solchen Gespräches war weiß, dass das Atmen schwer fällt und für Beide gilt. Es ist so ein furchtbar sensibles Thema und man ist geneigt Ratschläge zu geben wie man es selber machen würde, ohne zu berücksichtigen das es nicht um einen selber geht und bei solch einem Gespräch sind schlaue Sprüche schnell zur Hand. Als sie mit ihren Worten endete sagte ich sanft:


    „Du kommst jetzt erst mal her!“


    Ich legte meinen Arm um ihren Hals und zog sie an mich, so dass ihre Stirn auf meinem Oberkörper tippte.


    „Lass es raus! Einfach raus lassen!“


    Als einige Minuten verstrichen waren sage ich in gleichem Ton:


    „Kampf. Um ihn kämpfen. Liebe ist das Einzige das einen Kampf lohnt! Aber es sieht nicht so aus, als ob er kämpfen wollte.
    Unmissverständlich. Warum ist man so hart. Vielleicht, weil man zwar kämpfen will, aber weiß wie der Kampf enden wird. Aber wenn nur einer kämpft, verkauft er dann nicht seine Seele? Jeder Liebende würde das doch sofort tun um dieses Gefühl zu erhalten oder zurück zu bekommen! Aber wofür? Unterliegt man da nicht einer Illusion, will man zwingend lieben um zu lieben, obwohl es vielleicht nicht passen kann, obwohl man zu verschieden ist? Lohnt sich ein Kampf mit jemandem der nicht kämpfen will? Sollte man aus Liebe den anderen ziehen lassen, wenn er dies will? Würde ein Verlassener so etwas je hören wollen? Manchmal ist Liebe nicht genug!“


    Ich wartete einige weitere Minuten und frage dann:


    „Glaubst du, dass die unbedachten Worte verletzend gewirkt haben könnten? Gibst du dir die Schuld?“

    Mein Ton wurde zwar brummig, aber nur von der Stimmlage.


    „Herrin, Ihr kennt mich doch! Wenn ich sage ich kümmer mich drum, kümmer ich mich drum! Sobald mich die Spinnen sehen, flüchten die doch schon. Ich fand nur wenige, die welche ich fand, steckte ich in den Beutel und verbrannte ihn anschließend.“


    Als wir hineingingen überlegte ich, wo die verdammten Badezusätze sein könnten. In irgendeiner von diesen scheiß Kisten würden sie schon sein. Jedenfalls ging ich vor und zeigte der Herrin eines der Bäder.


    Hier geht es lang, Herrin!“

    Die Herrin und ich betraten das Bad. Ich ging vor und zeigte ihr Apodyterium, Frigidarim, Tepidarium und Caldarium. Es war alles gut in Schuss und sah sehr gepflegt aus. Vor kurzem war wohl noch jemand im Haus um es zu säubern.


    "Das Wasser kommt sofort, Herrin!"

    Ich nickte und trat ab.
    Beim hineingehen sah ich das Ding, was Trautwini als Kamin bezeichnet hatte. Ich grinste Kopf schüttelnd, weil ich versuchte vorzustellen, wie die Herrschaften schlotternd darum sitzen würden, während wir schön gemütlich noch oben ohne rumlaufen könnten. Ich sah ihn an und sagte in germanischen Worten: „Wer ist denn auf die Idee gekommen!“
    Bevor ich den nächsten Schritt machte, hörte ich Corvinus Kommando. Ich sah ihn an und vielleicht sah er auch in meinem Blick, das ich mich fragte: ‚Seit wann hast du mir eigentlich was zu sagen?‘ Ich sah ihn weiter an, steckte mir einen Zahnstocher in den Mund und ging schweigend an ihm vorbei. Als ich einige Schritte gegangen war sang ich den Anfang eines germanischen Liedes: „Welcome to the jungle.“


    Ich schritt durch das Haus sammelte ein paar Spinnen ein und zerstörte ihre Netze. Viel war es nicht was ich fand, vielleicht 5 Spinnen. Es schien so, als wären sie beim renovieren einfach vergessen worden.


    Als ich wieder hinausging sah ich die Herrin und ging auf sie zu. Um sie herum war ein buntes treiben von Sklaven die ausluden, auspackten, suchten und in allen möglichen Sprachen zu fluchen schienen. Auf ihre Frage antwortete ich, den Rücken von Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand gespreizt zeigend:


    „Zwei Stück, Herrin. Volles Programm, mit Apodyterium und was sonst noch dazu gehört!“

    „Hä...“ was ist jetzt? Es stinkt nicht und übel sieht es hier auch nicht aus. Ach scheiße, ich seh schon was Sache ist, der kleine da. Was hab ich eigentlich grade gesagt?


    „...rrin. Ich erledige das!“


    Ich ging auf die Tür zu und wollte grade ausholen, als mir einfiel das ich dann möglicherweise die Hauswand versaue. Ich nahm sie von der Wand und überlegte was ich damit jetzt ab besten mache, platt machen is nich, dann werden die Mädels nur hysterisch. Ich hör es schon: ist die auch wirklich tot oder tritt noch einmal drauf oder fass jetzt mein Gepäck nicht mehr an oder von dir nehme ich nie wieder etwas entgegen, wer weiß schon, ob du nicht grade Ungeziefer erledigt hast. Was mach ich den jetzt damit? Entweder stecke ich sie dem Pyrrus in die Unterhose oder fress sie auf, aber dann brauch ich den Mund wohl nieder wieder zu öffnen. Aber, wo eine Spinne ist, sind auch noch mehr. Ich setzte sie also vorerst auf meinen Oberkörper, wühlte im Gepäck und holte aus dem Wagen einen Beutel. Da steckte ich den Fussel rein. Die Gesichter der Mädels waren echt zum schreien, als sie das sahen. Ich hielt den Beutel geschlossen, ging auf die Herrin zu und fragte:


    „Herrin, wollt ihr Euch den Garten oder das Anwesen ansehen? Dann geh ich solange rein und prüfe, ob noch mehr von den Dingern da sind.“


    Das war jetzt nicht gut, da muss doch noch was kommen, sonst wird sie keine Nacht schlafen können und ich auch nicht.


    „Obwohl ich natürlich nicht glaube, dass ich noch etwas finden werde!“ Besser!

    Ich steckte meinen Kopf noch einmal in den Wagen. Eins schönes Bild erblickte ich. Eine mutter mit ihrem Kind, einen betenden Vater und eine ergriffene Frau.
    Meine Heimat fiel mir wieder ein und die Frau, die ich liebte, die aber einen anderen hatte und wie ich bei der Geburt ihres Kindes bekümmert neben den stolzen Gesichtern stand. Mir kam das Lied wieder in den Sinn. Zu der minne fiure din stiure mich scheide! Ä, bloß nicht dran denken!
    Aintzane anblickend sagte ich:
    „Hast du gesehen, was draußen los ist? Da krieg ich ja schon widder’n Hals wenn ich das seh. Wir sind 15 Sklaven und 4 davon sind beschäftigt. Die anderen 11 halten es nicht für nötig sich um die Herrschaften zu kümmern. Die Herrin ist sogar ohne Schuhe unterwegs: Da krieg ich’n Hals bis nach Misenum, wenn ich dat seh, hömma. Haben die alle den Arsch auf? Denen erzähl ich nachher was. Jetzt dürfen wir das auch noch machen, wa! Wasser ist doch noch da, oder?“

    Ungläubig sah ich den Fettsack an.


    „Du willst mir jetzt allen Ernstes erzählen, dass du Met geladen hast! Wer soll den denn saufen, die Römer? Und dann willst du mir noch erzählen, dass du keinen Met auf dem Bock liegen hast und ab und zu einen Schluck nimmst! Was ist bloß aus der germanischen Gastfreundlichkeit geworden, für die sogar die Römer ein gutes Wort übrig haben.“


    Der dachte sich wahrscheinlich, das ich grade aus einer Schlacht komme. Überall Blut an den Klamotten, im Gesicht und an den Händen und außerdem hielt ich die Nachgeburt noch in den Händen. Wer weiß was er dachte, das ich damit vorhätte.


    „Pass auf, wir nehmen uns jetzt einen, dann kümmer ich mich eben um die Römer und dann kümmer ich mich darum, dass du weiter kommst. Kuck dir die mal an, wenn es dunkel wird heulen die mir die ganze Zeit rum wie kalt es ist, warum es nicht weiter geht und das sie von wilden Tieren gefressen werden. Meine Chefin, die Barfüssige da, die ist hart im Nehmen seit sie mich kennt. Das ist aber auch die Einzige!

    Da hörte ich doch schon wieder meinen Namen. Wat wollte der Hampel von Corvinus den widder. Der Typ nervt! Mit den Händen voller Blut und Schmiere faste ich mir ins Gesicht und schüttelte den Kopf. Ich drehte mich grade um und öffnete meinen Mund um ihm zu sagen, dass er sich verpissen soll und ich jetzt keine Zeit für seine Scheiße habe, da war Aintzane schneller als ich. Ich sah sie verwundert an und sagte dann grinsend:


    „Das war fett hömma!“


    ich sach doch, die is’n Knaller.
    Und jetzt kommt die Herrin auch noch. Ja sicher, gibt hier wat umsonst oder wat. Sie erzählte irgendwas von irgendeinem Kuchen. Ja ne, Is klar. Bevor ich ihr sagen konnte, dass sie mal schön geschmeidig bleiben soll, war die auch schon wieder weg. Corvinus maulte rum und ich kuckte neugierig und erwartungsvoll raus. Die Herrin flucht und das hätte bedeuten können, dass der Typ gleich auch noch eine kricht. Ein schöner rechter Hacken in die Fresse, das wär‘s doch jetzt. Aber enttäuschender Weise blieb das aus. Aber zurück zum Thema.
    Ich riss ein Stück von dem Tuch ab und teilte es in 2 Teile, hielt meine Arme in Richtung Tullia aus und sagte:


    „Gib es mir bitte noch einmal rüber. Wir müssen den Rest der Nabelschnur noch abklemmen.“


    Ich nahm es entgegen und knotete die Nabelschnur zu und gab Tullia ihr Bündel zurück. Anschließend machte ich das selbe mit der anderen Hälfte. Nicht grade die beste Lösung, aber im Augenblick das Beste was wir haben.
    Nach einer Knappen Viertelstunde sah ich mir die Nabelschnur noch einmal an. Sie war schon ein ganze Stück weiter herausgekommen und ich sage Tullia das sie ruhig pressen könne, wenn sie das Gefühl verspüre. Der Rest würde gleich rauskommen. Tullia tat sich aber schwer es war sehr anstrengend für sie und so zog ich ganz leicht an der Nabelschnur, nur ein paar mal und drückt sanft auf den Rand ihres Beckens. Da kam es auch schon heraus. Ich sah mir noch genau an, was das herausgekommen war, kontrollierte, ob auch wirklich alles da war und nicht noch etwas fehlte. Aber es war alles da. So fäddich.
    Schreiende Kinder, heulende Frauen und weißgesichtige Männer konnte ich jetzt nicht gebrauchen, da hatte ich auch echt kein Bock drauf. Ich wollte jetzt erst was essen. Ich nahm alles mit was da so auf der Erde lag und sagte Aintzane:


    „Kannst du das gleich hier sauber machen? Ich muss mich jetzt um den Corvinus kümmern!“


    Ich stieg aus und sah mich erst mal verwundert um. ‚Wat is denn hier los, dachte ich. Seht ich das richtig das die Herrin hier ohne Schuhe rumturnt und die beiden andern im matschigen Boden sitzen. Echt, die Römers kanze nich ein Moment auße Augen lassen. Typisch. Auf jeden Fall stand da ein Germane und der hatte irgendwas auf seinem Karren geladen. Auf den ging ich zuerst zu und sagte ihm auf Germanisch:


    „Hömma, du hast doch bestimmt wat zu saufen da. Wir haben grade ein Kind geholt und jetzt brauch ich erst mal einen Schluck Met.“

    Voll in der Austreibung, na toll, wie beim Wagenrennen hier. Das Kleine hat es ja furchtbar eilig. Das rumgeschüttel in dem Wagen war wohl heftig gewesen und ich wollte gar nicht erst wissen, wie lange sich Tullia schon gequält hatte. Das geht doch sonst nicht so schnell. Ja, muss das rumgeschüttel gewesen sein. Hat Camryn den Wagen gefahren? Bestimmt. Wenn Frauen schon fahren.


    „Die Öffnung ist groß genug, damit das Kind durchpasst. Die Wehen sorgen jetzt dafür, dass das Kind nach vorne kommt und letztlich hindurchkommt. Es kommt nach vorn und geht auch wieder ein Stück zurück. Aber mit der nächste Wehe kommt es weiter nach vorn. Pass auf Tullia, du wirst gleich den Druck verspüren, es hinaus zu pressen, wenn du das machst holst du danach 2 mal tief Luft und presst langsam weiter. Du gehst jetzt am besten in die Hocke und legst die Arme um Cinnas Hals, das macht die Sache leichter. Aintzane kannst du Cinna abstützen, nur für den Fall?“


    Gesagt getan. Kurz nachdem sich Tullia in die Hocke begeben hatte, fing sie auch schon an mit hochrotem Kopf zu pressen. Jedesmal mit einem gedämpften Schrei und einem lauten Stöhnen. Ich glaube das sie zwischenzeitlich auch Cinna allerhand Vorwürfe machte, das er schuld an ihrem Schmerz sei und wenn sie das vorher gewusst, sich gar nicht erst darauf eingelassen hätte. Aber ich hörte nicht richtig hin und meine auch nur so etwas gehört zu haben.


    „Nicht zu schnell pressen, schön langsam, nicht so stark. Und einatmen, schön ruhig, ist gleich vorbei“


    Gleich ist gut, die Zeit schien gar nicht umzugehen, aber vielleicht lag es auch daran das ich ein sehr schlechtes Zeitgefühl in diesem Moment hatte. Jeder Germane war wohl schon bei einer Geburt dabei und hat auch dabei geholfen, aber welcher Germanische Kerl hat es schon einmal gemacht. Auch die Sprüche sind immer gut, nicht zu schnell, nicht zu stark. Mach das mal nach, Alter und dann reden wir weiter. Langsam wurde ich nervös und die Knie wurden weich. Ich wäre der ersten, der das Kind in den Armen hat und das erste was dieses Kind sehen würde. Ausgerechnet ich, na toll. Na ja, keine Zeit mehr zum frisieren, also weiter.
    Jedenfalls war dann irgendwann die Zeit gekommen, dass das Köpfchen gut zu sehen war und es sich nicht mehr nach hinten bewegte.


    „Jetzt nicht mehr pressen Tullia, nicht mehr pressen. Jetzt schön hechelnd atmen. Wie ein Köter den man getrieben hat. Jetzt kommt alles von allein. Nicht mehr pressen und hecheln, schön hecheln.“


    Das ging einige Minuten so und dann war es so weit. Der Kopf kam langsam raus, Gesicht nach unten. Der Kopf war raus und das Kind dreht sich langsam nach links. Tullia hingegen schrie kräftig auf und krallte sich an Cinna fest. ‚Hoffentlich fällt der nicht gleich um‘, dachte ich als es erst mal nicht weiter ging und wischte dem Kind das Gesicht ab. Eine knappe Minute später wurde die obere Schulter und dann die untere geboren und der Rest flutschte so heraus. Ich zuckte mein Messer, das ich immer bei mir hatte, und trennte die Nabelschnur, dann legte ich es in das Tuch und gab das Bündel Tullia.


    „Dein Kind, meine Liebe!“


    Gleich noch der Rest und dann sind wir fäddich.

    In ruhigen Worten sagte ich: „Cinna, es muss sein! Pass auf, wir machen es zusammen!“


    Ich sah zu Camryn rüber und sah ihren Blick. Er war voller Verachtung und dieses „scheint“ war auch deutlich. Der Blick galt mir, entweder, weil die Herrin ihr grade gezeigt hat wo der Motek hängt, ich ihr Sklave bin und sie alles verachtete was zu ihr gehört oder ihr Blick war voller Verachtung, weil ich ihr die Show gestohlen hatte. Offensichtlich ist sie grade auf einem Ego-Trip, weil ihr Herrchen jetzt eine große Nummer ist, und kommandiert hier alle rum und glaubt bestimmen zu müssen wo es lang zu gehen hat und das alle nach ihrer Nase zu tanzen haben. Sogar die Herrschaften. Aber sie ist nun mal nicht allein auf der Welt. Die anderen sind auch noch da. Jetzt spielt sie hier die Beleidigte, weil es nicht nach ihren Vorstellungen läuft und wenn ich sie mir so ansehe, hat Aintzane ihrer Meinung nach das Wasser auch nicht schnell genug besorgt. Die Welt, sie war nicht, eh' ich sie erschuf; Die Sonne führt' ich aus dem Meer herauf; Mit mir begann der Mond des Wechsels Lauf; Bla, bla, bla, alles schon gehört. Das ist wirklich genau die richtige Situation dafür. Bislang kam ich mit Camryn gut aus, aber ob das künftig noch so sein würde bezweifelte ich sehr.
    Am liebsten hätte ich Cinna noch gesagt, dass Camryn ihm erklärt warum ich das tue. Sie hat es doch bestimmt in irgendeinem Buch gelesen. Aber solche zickigen Feindseligkeiten gehören nicht hier her und für so eine Scheiße hatte ich auch keine Zeit. Also hielt ich die Klappe und machte weiter.


    Cinna kam herüber und wir sahen uns gemeinsam an, wie es da unten aussah.
    „Siehst du hier, die Öffnung muss ungefähr so groß sein und das ist sie auch. Ich fasse jetzt hinein, um zu sehen, ob alles normal läuft. Ich fange jetzt an.“

    Mir ging die ganze Zeit meine Mutter durch den Kopf, ‚Hlidskialf, sitzt da nicht so blöd rum, sonder helf hier lieber mit! Du siehst doch, was hier los ist,‘ hatte sie gesagt. Ja, ja, mit mir kann man’s ja machen. Den Schlaf noch in den Augen, schleppte ich mich dann zur Gebärenden, egal, ob Schwester, Tante oder Schwägerin. Jedes mal die selbe Nummer, die Väter hielten sich nervös die Met-Hörner an den Hals und beruhigten sich gegenseitig und ich wurde von meiner Mutter zur Sau gemacht, weil ich nicht schnell genug wach wurde.


    Nach Luft schnappend brachte Aintzane Wasser und Seife. Ich klappste ihr flüchtig den Rücken und sagte


    „Danke dir Aintzane, das brauchen wir jetzt!“


    Sie verschwand wieder und plötzlich zerrte sich Cina zu Tullia, die grade eine schmerzende Wehe verspürte und versuchte nicht zu schreien. Mit vorwurfsvollem Blick und gleichem Ton in der Stimme sagte ich zu ihm:


    „Ach, gibt’s dich auch noch, ja! Pass auf, du hälst ihre Hand, tätschelst ihre Stirn ab und zu und sprichst mit ihr! Klar? Gut!
    Noch was, ich wasch mir jetzt die Hände, seh mir das da unten an und werde auch hinein fassen, also flipp nicht aus wenn ich das tue, ja!“


    Als ich die Hände wusch, hörte ich Aintzane draußen nach Luft ringen. Ich hielt meinen Kopf raus und sagte ihr:


    „Du trinkst jetzt erst mal einen Schluck und kommst zur Ruhe! Sonst kippst du hier auch noch um. Das können wir jetzt gar nicht gebrauchen! Du merkst ja wie aufgekratzt hier alle sind. Das Kind kommt auch ohne uns! Wir helfen nur dabei, damit es möglichst ohne Probleme geschieht! Es liegt nun an uns beiden und ohne dich schaffe ich es nicht!“

    Bor hör auf zu quasseln und mach hin. Mit selbstbewussten und deutlichen Worten sagte ich ihr:


    „Nein!“


    Es ist die Erste die ich selber machen muss. Normalerweise machen das bei uns nur die Frauen, aber da offensichtlich keine da ist, die das schon einmal miterlebt hat, muss ich es eben machen. Erlebt und gesehen hab ich schon sehr viele Geburten und auch schon bei sehr vielen mitgeholfen. Das musste aber Tullia nicht wissen und auch niemand von den Anderen, die waren eh schon alle nervös wie ein Bienenschwarm.
    „Ich weiß, was zu tun ist!“


    Tullia schrie auf und drückte meine Hand zu Matsch, ich verzog aber keine Mine. Mit der anderen strich ich ihr noch mal über die Stirn.


    „Pschschscht. Atmen nicht vergesen Tullia. Ein und Aus, in die Wehe atmen. Und wieder Ein. Der Schmerz wird noch öfter kommen, das ist ganz normal und gehört dazu, nicht unruhig werden“


    An Aintzane
    Auf jeden Fall soll Cinna seinen Arsch hierher bewegen, wenn sie schon seinetwegen mitkommt, soll er auch hier sitzen und ihre Hand halten, das wird ihr gut tuen.