"Das hoffe ich auch, denn dazu ist sie schließlich da, nicht wahr?", antwortete Macer mit einem Lächeln. Über nichts anderes hatten sie ja bisher gesprochen, wenn es um das Tirocinium Fori ging, mit dem Macer den jungen Mann in die politischen Kreise Roms einführen würde. "Mit der Zeit wird sich das ergeben und wenn du tatsächlich so viel mitbekommst wie du eben angedeutet hast, wird diese Zeit nicht einmal all zu lange dauern. Und manchmal, da weiß man ja sogar nach Jahren nicht alles über einen Menschen. Das ist in der Politik nicht anders."
Beiträge von Spurius Purgitius Macer
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Die Äußerungen zur Acta Diurna nahm Macer kommentarlos zur Kenntnis. Zwar hatte er gefragt, die Antwort fiel aber ungewöhnlicher aus als er erwartet hatte und so wichtig war ihm die Sache nun auch wieder nicht, dass er groß über eine weitere Erwiderung nachdenken wollte. Man würde sicher später noch einmal Zeit haben, auf dieses Thema zurück zu kommen.
"Wer geeignet ist, hängt zweifellos von deinen Zielen ab und von dem, was du selber einem Patron zu bieten hast", blieb Macer vage. "Zu einem Patron kommt man nicht wie zu einem Buch, nachdem man im Buchladen verlangt, nachdem es einem empfohlen worden ist. Entweder ergibt sich das Patronal durch Abstammung oder Herkunft von selbst, oder man erwirbt es sich auf diese oder jene Weise. Es wird niemand dein Patron sein wollen, solange er nicht eine Bindung zu dir hat, sei sie nun gesellschaftlicher, politischer oder wirtschaftlicher Natur", begann Macer ein wenig zu dozieren, denn immerhin saß hier sein Tiro vor ihm, der von ihm das politische Handwerk erlernen wollte. "Du musst also wissen, was du willst, wenn du jemandem etwas anbieten möchtest, was eine solche Bindung begründet."
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"Warum ist die Acta Diurna nicht deine Welt?", erkundigte sich Macer neugierig. Wahrscheinlich hätte er es nicht getan, hätte der junge Mann es nicht extra so betont, indem er es als Gegenteil bezeichnete.
Zum Patronat hatte er dann auch eine relativ eindeutige Meinung. "Früher oder später solltest du dir einen Patron suchen. Spätestens, wenn du im Senat deine Kandidatur erklärst, wird man dich fragen, wer dein Patron ist und du wirst dankbar sein, wenn es einen Fürsprecher dort für dich gibt."
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Nachdem Macer diverse lokale Honoratioren durch seinen Gastgeber vorgestellt bekommen hatte, nahm er auf der Ehrentribüne Platz. Die Hälfte der Namen, die er eben gehört hatte, hatte er wohl bald schon wieder vergessen, aber es ging wohl eher um die Tatsache, dass man sich überhaupt einmal bekannt gemacht hatte, als um die Liste der Namen. Etwas erstaunt bemerkte er dann, dass ein anderer Mann die Eröffnungsrede hielt, aber sicher würde er diesen auch noch kennenlernen können an diesem Tag. Erst einmal applaudierte er zu der Rede und nutzte dann die Pause, um Terentius Cyprianus und seine Frau sowie Aurelius Ursus nebst Gattin zu begrüßen. Mit ersterem hätte er ja glatt gemeinsam reisen können, während er letzteren schon sehr lange nicht mehr gesehen hatte. Da sollte man die Begrüßung nicht unnötig herausziehen.
"Salve, Terentius, Salve Decima", grüßte er also beim ersten der beiden Paare, bevor er später das zweite ebenso mit einem "Salve, Aurelius, Salve Tiberia" begrüßte.
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Der Sklave nickte zur Bestätigung des Termins. "Dieser Termin wird meinem Herrn angenehm sein. Vielen Dank." Damit verabschiedete er sich, um die getroffene Vereinbarung möglichst rasch im Hause seines Herrn zu melden.
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Jetzt musste auch Macer lachen und das sogar ziemlich laut. "Das ist ein verdammt guter Trick! Ob wohl hinter anderen Haarschneidern auch neugierige Senatoren oder zukünftige Politiker stecken?" Die Frage war berechtigt, denn der Trick war wirklich gut. Und möglicherweise einer der Gründe dafür, warum sich die meisten reichen und wirklich einflussreichen Männer einen privaten Haar- und Bartschneider leisten können, dem sie voll vertrauen konnten. Oder bei der Haarpflege an öffentlichen Orten weitgehend die Klappe hielten, wie Macer es meistens tat.
"Hat Decima Seiana dich dann noch nicht angeworben, für die Acta Diurna zu schreiben, wenn du so gut informiert bist?" fragte er dann weiter. Bei dieser Institution schien es ja immer wieder chronischen Autorenmangel zu geben.
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"Nun, zumindest bei letzterem sollte das möglich sein. Der Praefectus Praetorio ist mein Klient, da wirst du ihn früher oder später im Gespräch mit mir antreffen können", antwortete Macer und versuchte dabei ganz bewusst ganz gelassen zu wirken. Was er ja auch sein konnte, denn der Terentier war schon sein Klient gewesen, als er vom Posten als Praefectus Praetorio bestenfalls geträumt hatte.
Eine andere Nebenbemerkung schien es Macer dann aber wert zu sein, nochmal aufgegriffen zu werden. "Du bekommst vieles mit?", fragte er. "Sagtest du eben nicht, du werst erst vor kurzem in Rom angekommen? Wie kommt es, dass du schon so viele Kontakte hast?" Man bekam schließlich nur Sachen mit, wenn man Leute kannte und die kannte man üblicherweise erst dann, wenn man längere Zeit am selben Ort war.
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"Mein Herr würde es bevorzugen, wenn der Termin nicht in allzu ferner Zukunft liegt. Und es sollte zur Mittags- oder Nachmittagszeit sein", erklärte der Sklave. Bei ersterem war Macer tatsächlich etwas flexibel und es kam auf einen Tag nicht an. So voll war sein Terminkalender nicht, zumindest im Vergleich zu dem eines amtierenden Praefectus Praetorio. Letzteres betonte der Sklave vor allem deshalb, weil es eben kein ausschweifendes Abendessen werden sollte, sondern nur ein zwar durchaus gemütliches, aber sachliches und zielorientiertes Gespräch.
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"Nun, die Klienten halten einen schon ganz schön auf Trab, dazu kommt die Factio und die Academia Militaris", zählte Macer auf. Alles keine großen Aufgaben, die jede für sich betrachtet klein genug war, dass er sie auch neben großen Ämtern schon immer hatte nebenher betreiben können, aber man wusste ja, dass Kleinvieh auch Mist machte. Auch wenn Macer gar keine Kleinviehzucht besaß, sondern nur eine Obstplantage. "Außerdem wird gerade mein Haus umgebaut", setzte er dann noch hinzu, denn auch diese Maßnahme kostete ihn hier und da ein wenig Zeit, auch wenn er selber natürlich nicht Hand anlegen brauchte.
Als die Zeremonie zu beginnen schien, wandte auch er sich dieser zu, damit die verschiedenen Akteure ungestört zur Tat schreiten konnten.
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Macer blickte den jungen Mann mit einer Mischung aus Verwunderung und Skepsis an. "Nicht viel Gutes über Tiberius Durus? Das ist interessant", stellte er fest. Es musste ja wohl aus Reihen der Gens Decima oder ihrem Umfeld gewesen sein, nahm er an. Dieses stand den Tiberiern also wohl nicht sehr nahe, sondern möglicherweise eher den Germanicern. Aber im Senat spielte die Decima derzeit ja keine Rolle. "Tiberius Durus als machtgierig zu bezeichnen, ist jedenfalls eine eigenwillige Einschätzung. Er hat erst ein einziges Consulat absolviert und scheint derzeit wenig Ambitionen zu haben, ein weiteres zu bekleiden." Zumindest in Macers Augen passte das nicht zur gängigen Definition von Machtgier.
Dann kamen sie wieder auf den Praefectus Urbi zu sprechen, bei dem das Gespräch schon einmal vorbeigekommen war. "Nun, der Praefectus Urbi ist der Stellvertreter des Kaisers in Rom, wenn jener abwesend ist. Aber du hast schon ganz Recht, er tritt sehr selbstbewusst auf und ist sich seiner Machtfülle mehr als bewusst." Auch die dann geäußerten Zweifel an der Integrität des Praefectus Praetorio nahm Macer interessiert zur Kenntnis. Er glaubte weiterhin nicht, dass der junge Mann sich schon selber ein umfassendes Bild hatte machen können, so dass er hier wohl hauptsächlich Meinungen widergab, die er irgendwo aufgeschnappt und für spannend befunden hatte. Vielleicht auch, um mit starken Sprüchen Eindruck zu machen. Nur dass das bei Macer nicht unbedingt von Erfolg gekrönt war. "Um Terentius Cyprianus würde ich mir weniger Gedanken machen. Er weiß um die Macht seiner Position und um seine Aufgaben."
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Zitat
Original von Caius Decimus Flavus
In all dem Treiben rund um den PU, das Brautpaar und sowieso allen wichtigen Leuten stand Flavus und sah sich nach bekannten Gesichtern um. Er erspähte am Ende ein wohlbekanntes und ging zu der Person hinüber."Salve Senator Purgitius, schön sie auch bei uns begrüßen zu dürfen. Ich bin Caius Decimus Flavus. Bei all dem Treiben hier und all den Präfekten und Senatoren fällt selbst eine Persönlichkeit wie sie nur schwer auf. Wie geht es Ihnen?"
Mit sichtbar erstauntem Gesichtsausdruck betrachtete Macer den Mann, der in sein Gespräch mit dem Praefectus der Classis Misenensis platze. "Salve", begrüßte er ihn schmallippig. "Ein Senator fällt unter Senatoren selten auf, ebensowenig wie ein Praefectus unter Praefecten", kommentierte er lapidar. Dann wandte er sich wieder seinem eigentlichen Gesprächpartner zu. "Wo waren wir stehen geblieben, Praefectus?" -
Recht abrupt wechselte der junge Mann das Thema und erkundigte sich nun nach weiteren nennenswerten Senatoren. Macer war es durchaus Recht, eher grundsätzliche Betrachtungen mit konkreten alltäglichen Betrachtungen abzuwechseln. Dies machte das gespräch wohl etwas lebhafter und schließlich sollte er seinem neuen Tiro wohl früher oder später ohnehin erklären, welche wichtigen Lager es im Senat gibt. "Ob ein Charakter schwierig ist, hängt wohl häufig auch von der eigenen Sichtweise und Einstellung ab. Lasse es mich daher etwas neutraler formulieren und dir erklären, welche größeren Lager es im Senat gibt. Da wäre zum einen eine recht starke, hauptsächlich patrizisch geprägte Fraktion um den Consular Tiberius Durus, zu dessen Parteigängern auch einige Flavier von kaum minderem Ansehen sowie mit etwas weniger Einfluss auch einige Aurelier gehören. Aber auch Plebeier wie die Vinicier sind dieser Fraktion zuzurechnen und ebenfalls von starkem Einfluss. Auf der anderen Seite haben wir dann die etwas kleinere Gruppe um die Senatoren der Gens Germanica und einigen plebeischen Gentes in ihrem Gefolge. Muss ich mich entscheiden zwischen diesen beiden, tendiere ich in der Regel eher zu ersterer. Bis vor einigen Jahren gab es auch noch eine sehr starke und angesehen Fraktion rund um die Ocatvier und mit Consular Matinius Agrippa an ihrer Spitze. Ihr Einfluss ist in den letzten Jahren aber stark zurückgegangen."
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"Es dürfte nicht ganz leicht werden, hier überhaupt einen germanischen Wein zu bekommen", schränkte Macer ein. "Du wirst wohl schon einen Händler finden müssen, der ihn dir beschafft. Und dann würde ich mich an deiner Stelle an bestimmte Winzer wenden und nicht nur nach der Region oder dem Namen der Rebsorte gehen", gab Macer weitere Empfehlungen und versuchte damit zu umschiffen, dass es natürlich spontan keine Namen in seinem Gedächtnis parat hatte, die er nennen konnte.
Zum Glück war das Gespräch inzwischen auch zur Pfirsichzucht weitergegangen und auch Vinicius Hungaricus schien Interesse an dem Thema zu haben. "Dann sollte ich wohl jetzt beginnen, wenn ich im Alter ebenfalls diese Früchte aus eigener Zucht genießen will?", fragte er nach, wie die recht vage beschriebene Zeitspanne wohl zu verstehen war. "Sind es die Eigenheiten des Klimas am Golf von Neapel, dass du dort anbaust, oder hat sich dies zufällig so ergeben?", erkundigte er sich dann weiter.
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Es herrschte schon einiger Trubel auf dem Platz und es schien schon fast die ganze Stadt auf den Beinen zu sein. Aus allen Richtungen strömten Menschen herbei und Macer war ganz froh, dass sein Gastgeber offenbar wusste, wo sie zielstrebig hin zu gehen hatten. Offenbar steuerte er nicht sofort die Ehrentribüne an, auf denen zumindest Macer wohl später würde Platz nehmen können, sondern schien zunächst einige Würdenträger der Stadt aufsuchen zu wollen, um sie angemessen zu begrüßen und seinen Gast vorzustellen.
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Guter Hinweis.
Hat bisher wohl einfach niemand drüber nachgedacht. Hab's jetzt rausgenommen.
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Die Schmeicheleien überhörte Macer routiniert und blieb beim Thema, das sich immerhin zu einer fruchtbaren beziehungsweise gelehrten Diskussion entwickelte. "Das zweifellos. Der Senat von Rom ist ja in seiner Form auch das Vorbild für viele Stadträte. Die Colonien in den Provinzen sind nichts anderes als kleine Abbilder Roms in der Provinz. Aber eben genau deshalb ist ein Senator in Rom kaum für einen Winzer an der Mosella zuständig und müsste sich deshalb dort umsehen. Der Winzer mag beispielsweise auf dem Territorium der Colonia Augusta Treverorum leben und so ist eben jene sein erster Ansprechpartner und der dortige Stadtrat als kleines Abbild des Senates sehr viel eher für ihn verantwortlich als der Senat von Rom. Zumal über dem Stadtrat der Colonia erst einmal der Statthalter käme und dann der Kaiser. Nur in den Provinzen unter der Verwaltung des Senates stünde jener überhaupt in der direkten Linie der Verantwortung." Da gab es wohl in der Vorbereitung auf den Cursus Honorum, die der junge Mann bisher erfahren hatte, wohl noch einige Lücken. Aber gerade wenn man aus der Provinz kam und von Rom träumte, sah man die eine oder andere Sache vielleicht etwas grandioser, als sie bei Licht betrachtet war.
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"Letzteres ist zweifellos richtig beobachtet, aber man sollte immer vorsichtig sein, gegenüber wem man solche starken Sprüche äußert", ermahnte er den jungen Mann. Gegenüber Macer konnte er sowas zwar problemlos äußern, aber nicht jeder Senator wollte sich so etwas von einem fast noch Jugendlichen sagen lassen. "Was das Reisen betrifft, sollte man wohl berücksichtigen, dass der Senat von Rom von seiner historischen Bedeutung her nun einmal auch nichts anderes ist als der Stadtrat von Rom. Zwar urteilen die Statthalter in den Provinzen meistens, indem sie sich an den Gesetzen des Senates orientieren, aber tatsächlich verbindlich sind diese letztlich nur, weil sie Teil eines kaiserlichen Codex sind." Eine Versammlung von Senatoren als Parlament zu verstehen und dieses wiederum als Vertretung des Volkes war schließlich eine Vorstellung, die erst sehr viel später entwickelt werden sollte und die daher auch Macer noch völlig fremd war.
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Auch wenn sich Macer bei juristischen Themen zurückzuhalten pflegte, kramte er bei dieser Diskussion wieder einmal seinen halbgaren juristischen Sachverstand hervor und meldete sich zu Wort. "Ich denke, es gilt ja stets der Grundsatz, dass das speziellere Recht das allgemeinere aussticht. Welches ist nun das allgemeine und das speziellere Recht in diesem Fall? Unter der Annahme, dass die Lex Minicia die allgemeine Regelung ist, die durch die Verleihung eines Conubiums im Speziellen ausgesetzt wird, brauchen wir wohl keine zusätzlichen Festlegungen."
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Was Macer wohl Sim-On dazu sagen wird, wenn er erfährt, dass sein politischer Lehrling sich als Barbier verdingt...