Beiträge von Spurius Purgitius Macer

    Der junge Gastgeber schien tatsächlich eine äußerst erlesene Gästeliste erstellt zu haben, wenn auch Vinicius Lucianus noch erwartet wurde, denn jener war immerhin ebenfalls Consular. Einen Augenblick fragte sich Macer, ob der junge Mann wohl nur Consulare geladen hatte und ob das wiederum für einen Einstieg in den politischen Alltag nicht etwas zu kühn war, verfolgte diesen Gedanken aber nicht lange weiter, sondern widmete sich der Vorspeise.


    Wenig später griff er dann die Herkunft des Weines noch einmal auf, nachdem er auch selber davon gekostet hatte. "Das will bei deinen ausgedehnten Ländereien schon etwas heißen, wenn nicht alle Erzeugnisse von dort stammen", wandte er sich erneut an den Hausherrn. "Wie geht es deinen Gütern? Waren die diesjährigen Ernten gut?" Die Erntezeit war zwar noch nicht vorüber, aber ein gut informierter Landbesitzer würde sicher schon die ersten Schätzungen vorliegen haben. Auch Macer wurde über den Zustand seines bescheidenen Landgutes durch seinen Verwalter regelmäßig informiert.

    "Ist denn noch mit weiteren größeren Posten zu rechnen?", erkundigte sich Macer, mehr aus spontaner Neugier als dass es wirklich etwas mit der Finanzaufsicht zu tun gehabt hätte. "Ich meine, die Dachziegel sind ja ganz offensichtlich ein erheblicher Posten, während die Farbe kaum ins Gewicht fällt, möchte ich meinen. Was ist noch zu erwarten? Steine? Bauholz? Austausch von Statuen? Oder eher Kleinigkeiten wie eben die Farbe?"

    Das Thema kam für Macers Empfinden etwas plötzlich und er fühlte sich nicht vorbereitet auf solche Überlegungen. Wie sollte er auch, erfuhr er doch genauso wie alle anderen Senatoren eben erst durch die Verlesung des Briefes von der Existenz des selbigen. Ob andere Senatoren schon früher von den konkreten Problemen der Stadt Mantua gehört hatten, wusste er natürlich nicht, aber da niemand rasch das Wort ergriff, war dies wohl ebenfalls nicht der Fall. Über die Seuche selber war allerdings sicher jeder informiert gewesen.


    "Ich denke nicht, dass eine Änderung der lex Octavia et Aelia nötig ist", fasste er schließlich seine ersten Gedanken in Worte. "Für die Reaktion auf einmalige Ereignisse brauchen wir keine dauerhaften Gesetzesänderungen, finde ich. Eine einmalige Ausnahme nur für Mantua scheint mir viel eher angeraten zu sein, um der Stadt geeignet zu helfen."

    "Ich stelle mein Wissen dafür gerne zur Verfügung", bekräftigte Macer, auch wenn es zumindest in seinen eigenen Ohren reichlich lächerlich klang, wusste er doch um die Unzulänglichkeiten seines eigenen Gedächtnisses. "Zweifellos sollte man aber wohl vor allem auf schriftliche Aufzeichnungen zurückgreifen. Die Kalender mit eingetragenen Feiertagen, Gerichtsferien und Senatsferien sollten ja für Jahre und Jahrzehnte zurück in den Archiven gelagert sein, wenn sicht sogar der Originaltext der ehrenwerten alten Gesetze konsultiert werden kann." Wobei es ihm recht unwahrscheinlich erschien, dass letzteres nicht möglich sein sollte.

    Es war eher Zufall denn Absicht, dass Macer auf dem Forum zugegen war, als Aurelius Lupus seine Res gestae vortrug. Aber es war ein sehr gelegen kommender Zufall, denn Macer hatte den Quaestor bei einem längeren Gespräch kennegelernt und war durchaus gespannt auf seinen Tatenbericht. Also schob er sich über den Platz etwas nach vorne, um auch gut hören zu können. Was er dann zu hören bekam, war allerdings nichts allzu spektakuläres, sondern eher gewissenhafte Pflichterfüllung. Aber nichts anderes hatte er von diesem Quaestor nach dem persönlichen Eindruck im Gespräch auch erwartet, als dass dieser eben besonders gewissenhaft und gründlich seinen Pflichten nachkommen würde, ohne groß darüber zu reden.


    Als die Rede beendet war, schob sich Macer langsam und ohne Eile weiter nach vorne, näher an die Rostra heran, um vielleicht die Chance zu haben, kurz direkt mit dem nun ehemaligen Quaestor zu sprechen bezüglich seines eigenen besonderen Anliegens, das er ihm vorgetragen hatte. Durch die aktuellen Ereignisse im Senat hatte sich dieses zwar zu einem großen teil quasi überholt, aber das bedeutete ja nicht, dass es Macer völlig egal sein sollte.

    "Salve, Matinius", begrüßte auch Macer den alten Consular, der eintrat, bevor Macer Hungaricus antworten konnte. "Ich ahnte nicht, dass dies heute ein so ehrenvolles Treffen werden würde, dass dafür die Tiefen des Matinischen Weinkellers geöffnet würden", lobte er dann mit einem Lächeln und dem gebührenden Respekt das Angebot des Weines. Wenn dieser tatsächlich noch aus der Zeit des Consulats von Matinius Agrippa stammte, mussten die Amphoren tatsächlich schon etwas Staub angesetzt haben.

    Macer war von der Sicherheit, mit der der junge Gastgeber ihn begrüßte und ihm einen Platz zuwies, durchaus beeindruckt. Längst nicht alle jungen Männer verhielten sich so souverän in Gesellschaft, erst Recht nicht wenn sie als Gastgeber für gestandene Senatoren auftreten mussten. "Salve, Furius Philus, es freut mich, deinen Bekanntschaft zu machen und heute dein Gast im Hause deines Großvaters zu sein", entgegnete er daher freundlich auf die Begrüßung. Im Triclinium traf er dann auf Vinicius Hungaricus, der auch seine Frau mitgebracht hatte. Da hätte Albina wohl sogar eine Gesprächspartnerin gehabt. Macer begrüßte die beiden, bevor er selber Platz nahm. Wahrscheinlich trug die Anwesenheit seines Patrons auch zur Sicherheit des jungen Gastgebers bei. "In der Tat, eine erlesene Gesellschaft", bestätigte er dann den Gastgeber. Rechnete man den Hausherrn hinzu, waren es immerhin schon drei Consulare. "Wie geht es euch?", erkundigte er sich dann unverbindlich bei Hungaricus und seiner Gattin, um einen leichten Gesprächseinstieg zu finden. Außerdem würde er Albina wohl die neusten gesellschaftlichen Neuigkeiten aus dem Haushalt des Consulars berichten müssen, so dass er diese Dinge lieber gleich am Anfang erfuhr, bevor möglicherweise ein politisches Thema angesprochen wurde und der Weg zurück zu einer leichten Plauderei dann nicht mehr so schnell möglich war.

    Bei aller Lückenhaftigkeit der Angaben erfreute sich Macer an dem spontanen Bericht, den er Curator dem Senat gab. Realistisch betrachtet konnte man wohl kaum genauere Zahlen in einer spontanen Wortmeldung erwarten. Während Tiberius Durus sofort nach Details fragte, interessierte sich Macer dann auch mehr für das Gesamtbild, denn immerhin sollte es hier um die Finanzaufsicht gehen und nicht um die Kontrolle einzelner Arbeitsleistungen. "Sind diese Zahlen im Vergleich zu früheren Jahren besonders hoch, oder niedrig oder sind das Ausgaben in einer Höhe, wie sie zu erwarten sind?" Erst mit dieser Information würde sich Macer entscheiden können, ob er den Drang zu einer Intervention verspürte.

    Macer verfolgte die teils heftigen Wortgefechte mit einer Mischung aus Belustigung und peinlicher Betroffenheit. Belustigung, weil ein offenbar so kleiner Zündfunke genügt hatte, im Senat Debatten auszulösen, wie es sie schon länger nicht mehr gab. Und peinliche Betroffenheit, weil er sich für das Diskussionsverhalten einiger Mitglieder seines Standes schämte. "Don't shoot the messenger", zitierte er halblaut ein griechisches Sprichwort, was er selten genug tat, ihm diesmal aber passend erschien.


    Dass Vinicius Hungaricus die Debatte wieder in sachlichere Bahnen lenkte, war ihm nur Recht und er schloss sich gerne mit einer weiteren Frage an. "Quaestor, du selbst gabst die Augusteischen Gesetze an und diese sind mir ebenfalls bekannt. Allerdings gab es laut diesen, soweit mir bekannt ist, einen Zeitraum, in dem der Senat Ferien ausrief und längere Reisen gestattet waren. Entnehme ich es deinen Ausführungen richtig, dass diese Regelung nicht mit aufgegriffen wurde?"

    Auch Macer erschien, etwas später und ohne seine Frau. Albina hatte sich nicht ganz klar ausgedrückt, warum genau sie ihn nicht begleiten wollte, aber er hatte auch nicht genau nachgefragt. Er schätzte es, wenn sie ihn begleitete, aber wenn sie lieber einen Abend mit ihren Freundinnen verbrachte, während er seine eigenen Kontakte pflegte, dann war das für ihn genauso akzeptabel. Hier also ließ er sich alleine ankündigen und war gespannt, was der Abend bringen würde.

    Das Vorgetragene hörte sich in Macers Ohren alles recht schlüssig an, aber es drängten sich auch Fragen auf. "Wie alt bist du denn?", fragte er nun doch, denn dass der Mann weder Ämter noch eine solide wirtschaftliche Grundlage vorzuweisen hatte, machte ihn doch nachdenklich. Ersteres war für eine Ritterkarriere absolut nicht notwendig, aber letzteres durchaus üblich. Irgendwas musste er ja getan habe in den letzten Jahren, ob nun als Händler, Steuerpächter, Minenpächter oder was auch immer sonst junge Ritter zum Aufbau des ersten eigenen Vermögens nutzten. "Um dein Vorankommen an der Academia Militaris würde ich mich das dein Patron zweifellos kümmern können", stellte er gleichzeitig in Aussicht, wobei er gerade bei seinem Klienten natürlich auch hervorragende Leistungen erwarten würde.

    Die Antworten des Quaestors auf seine Fragen stellten Macer nicht völlig zufrieden. Dass es noch keine feste Regelungen für Dauerausnahmen gab, konnte er akzeptieren, aber die anderen Angaben waren ihm deutlich zu vage. Also hakte er nach. "Das ist eine sehr ungenaue Zeitangabe. Ich gebe zu, dass ich bisher nicht viele Anfragen hatte, die von der kaiserlichen Kanzlei zu bearbeiten waren, aber es waren durchaus schon Anliegen dabei, bei denen die Bearbeitungszeit verständlicherweise arg unterschiedlich war." Manche Anliegen waren eben einfacher, andere komplizierter. "Gestatte mir daher, dass ich die Frage noch einmal in leicht abgewandelter Form wiederhole: Wie lange im Voraus kann sich ein Senator denn um eine Reisegenehmigung bemühen? Nehmen wir an, ich hätte ein Landgut in Raetia. Wenn ich es noch vor Wintereinbruch in den Montes Alpes besuchen wollte, müsste ich mich zweifellos schleunigst um eine Reisegenehmigung bemühen. Aber wie ist es mit einer Reise im Frühjahr? Sollte ich dafür jetzt schon anfragen? Und wie genau muss ich den Reisezeitraum benennen können? Das Wetter kann ja schließlich niemand auf den Tag genau vorhersehen, aber für Reisen ist es oft entscheidend." Ob man nun in einem Hafen oder am Fuße eines Passes festsaß, machte da keinen Unterschied. Schlechtes Wetter konnte Reisen um Tage verzögern.

    Die Gesetzesinitiative überraschte Macer, denn er hatte sich ja schon seit geraumer Zeit mit ähnlichen Ideen herumgeschlagen und mit einigen Leuten darüber gesprochen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass diese Ideen in irgendeiner Weise bis zum Kaiserhof oder zum Praefectus Urbi vorgedrungen waren, aber trotzdem konnte er der Gesetzesänderung natürlich deshalb viel abgewinnen. Seine Fragen waren daher auch eher organisatorischer Natur. "Wie lange im Voraus sollte ein Senator eine solche Reise denn anmelden, um eine rechtzeitige Genehmigung zu erreichen?", erkundigte er sich. Persönlich war er ohnehin nicht betroffen, da sein Landgut in Oberitalien lag. "Und wird es bestimmte Ämter geben, an die eine generelle oder zumindest erweiterte Reiseerlaubnis gekoppelt ist? Also von den Statthalterschaftern und militärischen Posten abgesehen?" Dass diese die nötigen Reisen unternehmen durften verstand sich in seinen Augen schließlich von selbst.

    Von den bekannteren Senatoren hatte Macer nur wenige erblicken können, bis die Spiele eröffnet wurden. Entweder kamen sie wohl noch später oder hatten beschlossen, dem Ereignis ganz fern zu bleiben. Letzteres konnte Macer nicht so ganz verstehen, denn das gab sicher schlechte Presse. Zumal er die Auctrix der Acta entdeckte, die er neulich im Senat gesehen hatte und die jetzt zusammen mit seinem Klienten die Loge des Ausrichters bereicherte. Einen Moment fragte er sich, ob ihm Cyprianus etwas über sie erzählt hatte, dann verdrängte er aber den Gedanken und hörte sich lieber die Rede des Praefectus Urbi und die anschließende Ankündigung der Kämpfe an. Die Namen der angekündigten Gladiatoren sagten ihm alle nichts, aber er nahm einfach mal an, dass es zumindest zum Teil bekannte Kämpfer waren.

    Hab's mal im Wikiabschnitt über die Lex Aelia ergänzt, soweit es nicht schon drin stand. Vor allem im Artikel über Freigelassene stand aber eh schon sehr viel dazu drin, unter anderem eben auch die Freilassungsregelungen.

    Seit einigen Tagen wurde nicht mehr altes Mauerwerk zerstört, sondern an neuem gearbeitet in der erweiterten Casa Purgitia. Neben der provisorischen Abstützung des Daches an der Gartenseite des neuen großen Tricliniums hatte nun auch der endgültige, lange, dicke, neue Türbalken seinen Platz gefunden. Besonders starkes und stabiles Holz war dafür ausgesucht worden, denn immerhin hatte er einen erheblichen Teil der Außenwand zu tragen, da sich unter ihm drei breite Türen befanden, die im Sommer den Blick vom Triclinium auf den Garten freigeben sollten. Noch war von den Türen nichts zu sehen, sondern nur weitere Holzpfosten, die den Türbalken in seiner Arbeit unterstützten. Gerade arbeiteten die Mauerer das ausgefranste Mauerwerk bei, das beim Brechen des Durchgangs übrig geblieben war. Wie immer, schaute ihnen Macer bei einem seiner Besuche auf der Baustelle interessiert zu, bevor er sich vom Architekten ins Obergeschoss führen ließ.


    Dort waren die Arbeiten schon deutlich weiter fortgeschritten, was vor allem daran lag, dass hier weniger umgebaut wurde. Macer hatte nur kleinere Änderungswünsche gehabt und im wesentlichen einfach die Bausubstanz renovieren lassen, die ihm der Vorbesitzer der Casa hinterlassen hatte. Das Dach war geprüft worden, ein paar Wände hatten neuen Putz bekommen und Teiles des Fußbodens waren erneuert worden, das war es praktisch schon. Nur die neue Treppe zum Obergeschoss fehlte noch, aber die würden die Zimmerleute auch erst einbauen können, wenn die übrigen Arbeiten im Erdgeschoss abgeschlossen waren. Schließlich sollte sie dort hin, wo sich jetzt noch der Hauseingang befand.


    Also stiegen Macer und der Architekt wieder über eine Leiter hinab ins Erdgeschoss, denn die alte Treppe war schon abgebaut worden. Auch dort waren zwei Maurer beschäftigt, um aus dem alten Treppenschacht ein neues Zimmer zu machen, für das sogar ein zusätzliches kleines Fensterloch in die Außenwand geschlagen worden war. Sowohl mit dem zeitlichen Fortschritt als auch mit der Qualität der Arbeiten war Bauherr Macer bisher zufrieden, so dass er dem Architekten für die kleine Führung dankte und in den alten Teil der Casa zurück kehrte.

    Ohne besondere Regung hörte sich Macer das Anliegen an, dass er in dieser oder einer ähnlichen Form schon mehr als einmal gehört hatte. Warum auch nicht, denn schließlich entsprachen die Vorstellungen des Mannes doch recht gut dem, was sich ein Klient von seinem Patron erwarten konnte. Macer versuchte grob sein Alter zu schätzen und kam zu dem Schluss, dass er für einen Einstieg als einfacher Soldat bei der Armee wohl ohnehin schon zu alt war. "Das heißt, du interessierst dich für den Weg eines ritterlichen Berufsoffiziers?", zog er seine Schlüsse aus dem Vortrag und seinen Schätzungen und verpackte diese in eine Frage. "Von welchem Stand bist du und was hast du bisher in Rom gemacht?" Die Vergangenheit legte schließlich häufig den Grundstein für die Zukunft.

    Zitat

    Original von Tiberius Octavius Dragonum
    Also ich kann mir schon vorstellen das die Soldaten auch im Castellum gelegentlich Wein bekommen konnten, die Frage ist nur ob sie sich den auch wirklich leisten konnten, denn um wirklich zu saufen musste wahrscheinlich schonmal ein Wochensold dran glauben!


    Nicht unbedingt. Aus Pompeji gibt es eine Inschrift, nach der billiger Wein (vermutlich ein Becher voll) ein As kostete. Bei den Preisen sind da durchaus ein paar Becher drin, ohne gleich den Wochensold opfern zu müssen.


    Auch sehr nett zu dem Thema folgender Brief, erhalten auf einer römischen Schreibtafel im britischen Vindolanda:


    Zitat

    An Flavius Cerialis, den Praefectus, von Masclus, dem decurio.


    Masclus sagt dem Cerialis, seinem König, einen Gruß. Ich bitte Dich, Herr, uns zu instruieren, was Du wünschst, daß wir morgen tun sollen: Sollen wir alle zum vexillum zurückkehren oder nur jeder zweite?...Meine Mitsoldaten haben kein Bier! Ich bitte Dich, zu befehlen, daß es geschickt wird.