Beiträge von Spurius Purgitius Macer

    "Zur Legio II? Na, so ein Zufall!", kommentierte Macer das Detail, das mindestens genauso überraschend war wie die Meldung selber. "Da war ich früher auch", schob er noch schnell als Erklärung seiner Überraschung hinterher, für den Fall, dass er das dem jungen Annaeus noch nicht erzählt hatte. Einen Moment überlegte er, ob er ihm auftragen sollte, nach alten Bekannten dort zu fragen, verwarf den Gedanken dann aber rasch wieder. Dafür war er nun doch schon zu lange wieder in Rom, als dass dort noch viele auf ihren Posten wären, die er von früher kannte. "Ich habe zwar nicht viele Vergleiche, aber ich denke, da hättest du es echt schlechter treffen können." Immerhin stand die Legio II ja in der Provinzhauptstadt, was gewisse Vorteile mit sich brachte.

    Da Macer bisher noch keinerlei Rückmeldung erhalten hatte, was aus seiner Empfehlung geworden war, war die Nachricht überraschend und höchst erfreulich zugleich. "Meine herzlichsten Glückwünsche, Annaeus!", gratulierte Macer dem jungen Mann mit einem herzlichen Gesichtsausdruck. "Das sind ja sehr schöne Nachrichten. Es freut mich, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte, dass du den nächsten Schritt in deiner Karriere machen kannst. Wohin genau geht es in Germania?", erkundigte er sich dann.

    "Oh ja, auf der Rennbahn werden wir uns bestimmt noch einige Male sehen. Es steht ja auch noch unsere Gegeneinladung aus", stimmte Macer mit vagem Bezug auf frühere Trainingsrennen zu. Dann erhob er sich ebenfalls zur Verabschiedung. "Vale bene, und mögen die Götter mit dir sein."

    Macer war erst vor kurzem aus den Thermen zurück gekommen und hatte sich in den privaten Bereich seines Hauses begeben, als man ihm den unerwarteten Besucher meldete. Er empfing ihn daher im Atrium. "Salve, Annaeus Florus", grüßte er ihn gut gelaunt und entspannt. "Was führt dich zu mir?"

    Da es scheinbar nichts weiter zu besprechen gab, hatte Macer nun nicht vor, das Gespräch noch weiter in die Länge zu ziehen. "Dann ist es jetzt wohl an der Zeit, dass dein Tirocinium Fori endgültig endet. Es hat mir Freude bereitet, wir haben viele gute Gespräche geführt und ich denke, dass du einiges lernen konntest, was dir von Nutzen sein wird. Natürlich werde ich auch in Zukunft als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, wenn du dies möchtest und ich gehe fest davon aus, dass wir eines Tages als Senatskollegen wieder miteinander sprechen werden", sagte Macer, um Rückblick und Ausblick in einer kurzen Rede gleichzeitig unterzubringen.

    Im weiteren Verlauf des Rennens gab es zwar einige kleinere Platzwechsel, von denen die neuerliche Führung für die Russata Macer natürlich erfreute, aber große Erkenntnisse gab es nicht. Was nicht bedeutete, dass das Rennen langweilig war oder Macer die Entscheidung für das Trainingsrennen bereute. Macer sammelte durchaus einige brauchbare Beobachtungen und zweifellos profitierten auch die Fahrer unten auf der Bahn ganz individuell von den zusätzlichen Runden mit Gegnern aus einer anderen Factio. Nur die großen Erkenntnisse schienen für die Russata auszubleiben. Aber dafür hätten sie vermutlich ohnehin andere Fahrer ins Rennen schicken müssen als diese beiden, deren derzeit zu erwartende Endplatzierung auch schon vorher absehbar gewesen war.

    "Nun, dann wünsche ich dir, dass dir Fortuna bei der Bestimmung deines Dienstortes hold ist, damit du eine Einheit bekommst, die dir die Einblicke ermöglichst, die du haben willst", wünschte Macer seinem Tiro Glück und beendete gleichzeitig dieses Gesprächsthema, bevor es doch noch endgültig zu einer Vorlesung werden konnte.

    "Das ist zweifellos richtig" stimmte Macer zu. "Das Exerzieren der Soldaten zu beobachten oder die Nachtwache zu inspizieren ist allerdings auch nicht unbedingt spannender als einem Schreiber beim Sortieren von Protokollen zuzuschauen. Und ein Kommando führst du auch, wenn du deine Soldaten eine Straße oder Brücke bauen lässt. Der Ton und der Umgang miteinander und die Erwartungen an deine Rolle sind einfach andere, wenn du bei der Armee bist als im zivilen Umfeld", plauderte Macer ein wenig aus seinen Erfahrungen. "Die Art und Weise, wie man an Aufgaben herangeht, was man als Ansprache und als Ergebnis etwartet, sind einfach andere - und dabei ist es egal, ob du deine Jungs losschickst, eine Räuberbande zu jagen oder zehn Bäume zu fällen. Wenn du einer Handvoll Sklaven sagst, sie sollen einen Wagen abladen und die Säcke ins Lager bringen, dann nimmt sich jeder einen Sack und trägt ihn ins Lager, bis der Wagen leer ist. Wenn du zwischendurch einen der Sklaven für andere Aufgaben aufhältst oder einen Sack woanders hin bringen lässt, ist das allen egal. Wenn du einer Centurie sagst, sie sollen einen Wagen abladen und die Säcke ins Lager bringen, dann bilden sie eine Kette und reichen die Säcke durch. Da einen Extrawunsch unterzubringen, ist gar nicht so einfach."

    Der Türhüter öffnete zügig auf das Klopfen hin und meinte, den jungen Mann zu erkennen, der nicht zum erstewn Mal Gast in der Domus war. "Salve, du möchtest zu Senator Purgitius Macer?", erkundigte er sich daher auch direkt.

    Tatsächlich wurde es etwas spannender, denn ein Grüner schob sich an die Spitze, während ansonsten alles wie vorher blieb. Macer achtete allerdings weniger auf den konkreten Zwischenstand und wer dort an welcher Position war, sondern er versuchte, dass Verhalten der Fahrer etwas genauer zu studieren und zu erkennen, wer hier wohl mit voller Kraft fuhr und wer etwas ausprobierte. Immerhin konnte es ja sein, dass der eine oder andere Fahrer gar nicht auf Sieg fuhr oder nur für einige Runden mit voller Kraft unterwegs war.

    "Gut, dass wir uns diesbezüglich einig sind", stellte Macer fest, der bei diesem Thema lieber etwas deutlicher wurde als zu knapp, auch wenn er sonst kein ausschweifender Redner war. Damit kehrte nun auch das leichte Schmunzeln wieder in sein Gesicht zurück. "Es gibt noch eine große Spanne an Aufgaben zwischen den militärischen Aktivitäten auf der einen Seite und der Verwaltung eines Lagerschuppens auf der anderen Seite. Und zumindest ich persönlich fande diese auch stets spannend und nicht selten auch erfüllender als der militärische Teil. Aber das mag auch daran liegen, dass ich eher ein Mann der Caligae bin als ein Mann des Schwertes", griff Macer zum Ende hin die Metapher noch einmal auf. Tatsächlich besaß er seine alten Soldatenstiefel noch immer, auch wenn er sie zunehmend seltener trug.

    Als die Wagen mit donnernden Hufen ins Ziel rasten und das überragende Resultat für die Roten fest stand, gab auch Macer seine Skepsis auf und freute sich mit den anderen Anhängern der Russata über den Sieg. Sein Stand verbot es zwar, laut schreiend auf und ab zu hüpfen, aber ein strahlendes Lächeln und eine kleine Triumphgeste wollte sich Macer dann doch nicht verkneifen. Die Anhänger auf den Rängen waren diesbezüglich weniger zurückhaltend und freuten sich aus voller Kehle über den gelungenen Ausflug nach Ostia.


    "Soooo ein Tag, so wunderschön wie heute, soooo ein Tag, der dürfte niiiiieeeee vergeh'n ..."


    Macer musste schmunzeln, denn die Antwort war ebenso erwartbar wie absurd. Das Schmunzeln hielt daher auch nicht lange. "Eines kann ich dir schon mit auf den Weg geben: In einer Schlacht, in der Fortuna dir hold ist, wirst du dein Schwert nicht in der Hand halten und die Menge an Toten wird mehr als überschaubar bleiben. Und wenn es anders kommt, ist das einzige, was du von Fortuna erbittest, dass möglichst viele lebend rauskommen." Die Worte wurden von einem eindringlichen Blick begleitet, den Macer sonst nur selten aufsetzte und es folgte ein Moment der Stille.


    "Als Kommandeur musst du analysieren, entscheiden, führen, steuern, motivieren, Ruhe, Zuversicht und Überlegenheit ausstrahlen", sprach er dann weiter. "Wenn es sich für einen dieser Zwecke anbietet, ein Schwert in die Hand zu nehmen, nun, dann solltest du es tun. Aber mit dem Schwert in der Hand voranzugehen und die Attacke zu führen, dem Tod ins Gesicht lachend und in der festen Absicht, Blut zu vergießen, das solltest du tunlichst deinen Centurionen überlassen. Truppen in der Schlacht zu kommandieren und Roms Ruhm und Ehre zu mehren ist das eine, aber mit einem 'Mann des Schwertes' hat das wenig zu tun! Das blutige Handwerk erledigen andere Jungs." Jungs, von denen Macer früher kurzzeitig selber einer war, bevor die Wirren der damaligen Zeit ihn auf einen anderen Weg führten.

    Der erhoffte Fahrfehler schlug nicht zu, so dass Macer weitgehend emotionslos auf den Verlauf der dritten Runde schaute. Dass Amasis die Führung übernahm, verleitete Macer nicht zu Jubelausbrüchen, denn bei einem Trainingsrennen kam es ihm nicht so sehr auf die Platzierung an. Außerdem war ja noch fiel zu fahren. Zudem verlor Bagoas im Kampf mit Hermippus einen Platz, was Macer allerdings auch deutlich weniger aufregte als der Verlust der Führung in der Runde zuvor. Alles bewegte sich aus seiner Sicht im Moment im Rahmen dessen, was zu erwarte war und vor allem brachte es wenig neue Erkenntnisse. Vielleicht machte es die nächste Runde wieder spannender.

    Tatsächlich hätte Macer zu diesem Thema wohl ganze Vorlesungen halten können, aber dazu war nun wohl nicht ganz der richtige Zeitpunkt. Die Frage, was man als Kommandeur beachten musste, klammerte er daher stillschweigend auf und ging nur auf die zweite Frage ein. "Das habe ich immer ganz von ihren Fähigkeiten abhängig gemacht. Gerade bei den senatorischen Tribunen hat man sehr unterschiedliche Personen vor sich, die auch sehr unterschiedliche Ziele haben. Längst nicht alle haben vor, sich für ein Kommando zu qualifizieren und manche möchten die Zeit bei der Legion nur so knapp ableisten, wie es gerade möglich ist. Zugegeben, von letzteren habe ich wenig mitbekommen, weil man die typischerweise zu anderen Standorten schickt als dorthin, wo ich ein Kommando hatte. Aber auch bei denen, die bei mir waren, gab es sehr verschiedene", holte er dann bei der Antwort etwas weiter aus. "Wer kein Komando will oder dafür offensichtlich nicht taugt, für den kann man viele spannende Aufgaben in der Verwaltung des Lagers finden oder auch im zivilen Umfeld der Legion. Immerhin muss man ja auch Kontakt zu lokalen Würdenträgern halten und den umliegenden Einheiten. Die anderen, die für ein Kommando lernen wollen, habe ich zuweilen einfach zu meinen Aufgaben mitgenommen. Dann haben sie gleich gesehen, was ein Kommandeur macht und ich konnte sie fragen, wie sie in dieser oder jener Situation entscheiden würden. Und wenn ich sie dann etwas besser kannte, habe ich sie auch kleinere Aufgaben übernehmen lassen, die ich sonst selber gemacht hätte."

    Ad Imperator Caesar Augustus
    Palatium Augusti


    Sp. Purgitius Macer s.d.


    Mit diesem Brief möchte ich deine Aufmerksamkeit auf gleich zwei junge Männer lenken und sie einer genaueren Betrachtung durch deine Kanzlei empfehlen. Der erste ist Gaius Iulius Caesoninus, Cousin der Senatoren Iulius Centho und Iulius Dives. Alleine aufgrund dieser Verwandtschaft ist es sicher nicht verwunderlich, dass er ebenfalls eine Karriere als Senator anstrebt, wozu er den Ordo Senatorius benötigt. Ich selbst hatte die Freude, diesen jungen Mann als meinen Tiro Fori auszubilden und kann dir versichern, dass er die Erhebung in den Ordo redlich verdient hat. Wenn er seine Fähigkeiten so entwickelt, wie er es in der Vergangenheit unter meinen Augen getan hat, wird er in Zukunft ein Gewinn für Rom und den Senat sein.


    Der andere junge Mann ist Gnaeus Furius Philus, Sohn des ehemaligen Tribunus Caius Furius Helios und Klient des Consulars Vinicius Hungaricus. Er strebt eine ritterliche Karriere an und auch hier kann ich die nötige Erhebung zum Eques nur befürworten. Ich habe nur wenige junge Männer mit derartig klaren und gleichzeitig bescheidenen Zielen getroffen wie ihn und bin daher überzeugt, dass du in ihm einen zuverlässigen Beamten und Offizier gewinnen wirst, der in der zivilen Verwaltung genauso einsetzbar ist wie für militärische Aufgaben.


    Solltest du mich wegen dieser Empfehlungen persönlich sprechen wollen oder einer deiner Procuratoren dies tun wollen, so stehe ich dazu jederzeit gerne zur Verfügung.


    Vale bene
    Sp. Purgitius Macer

    Macer gehörte eher zu den Menschen, die selten längere Briefe schrieben. Kurze Nachrichten waren kein Problem, für alles andere bevorzugte er aber persönliche Gespräche. Allerdings gab es auch Situationen, in denen das nicht möglich war, und dann musste es eben doch ein brief sein. So wie jetzt, wo er der kaiserlichen Kanzlei gleich mehrere Empfehlungen unterbreiten wollte, was jedoch so zeitnah geschehen sollte, dass er nicht auf einen Termin warten wollte. Also zog sich Macer in sein Arbeitszimmer zurück und begann damit, einen Brief zu entwerfen. Nach einigen Stichpunkten und stückweisen Formulierungen war er soweit zufrieden, dass er sich an die finale Fassung setzen konnte, so dass sein Laufbursche sie noch heute zum kaiserlichen Palast bringen konnte.