Beiträge von Maximus Decimus Meridius

    Meridius sah sich um. Der Tempel war imposant, genau so wie er ihn seit dem letzten mal in Erinnerung hatte.


    "Was ist das letzte Opfer an Mars gewesen?"


    Er sah die Sacerdos an.

    Sie hatte sicher recht. Tarraco war weit, doch für Tarraco würde er einfach einen der älteren Bediensteten befördern. Oder eben einen Vilicus einstellen. Irgendwie würde ihm schon was einfallen.


    "Der Gedanke kam mir neulich. Ich weiß schon seit dem letzten Besuch in Tarraco, dass ich diesbezüglich etwas tun sollte. Verus war mir in der Jugend ein Freund, und dass ich ihn freiließ, war mir ein innerer Befehl. Wenn er diese Calliope liebt, soll sie ebenfalls frei sein. Sie sollen ihr eigene Glück beginnen dürfen. Unabhängig von unserem Landgut und unserer Familie..."


    Er dachte nach.


    "Oder hast Du Einwände? Immerhin hast Du ja jetzt auch ein Wörtchen mitzureden."

    Meridius wollte gerade seinem Sohn antworten, als sein Scriba eintrat und ein Schreiben auf den Tisch legte. Meridius nickte ihm zu und wartete, bis er den Raum wieder verlassen hatte.


    "Das Schicksal meinte es nicht gut mit dem Familienzweig meines Bruders. Zuerst starb die Mutter, kaum dass Romanus geboren war am Fieber, dann ließ Praetorianus im Feldlager sein Leben, an einem Fieber. Und nun raffte die selbe Seuche auch Romanus hinweg."


    Er schüttelte den Kopf.


    "Ich werde hier nicht wegkönnen, aber ich werde ein Schreiben an Maior aufsetzen, und ihn bitten, sich um alles zu kümmern. Sie sollen ihn verbrennen und seine Asche dann im Familiengrab in Tarraco neben seiner Mutter unterbringen. Mehr kann man wohl nicht mehr tun."


    Er griff die Karaffe mit dem schweren, unverdünnten Wein.


    "Möchtest Du auch etwas?"


    fragte er Lucius.

    Meridius musterte die beiden Briefe. Der erste war schon besser, aber noch nicht gelungen, der zweite von der Form her gut, jedoch inhaltlich problematisch. Und er wunderte sich, warum sein Scriba das Siegel auf die Wachstafel knallte.


    "Der erste ist gut, jedoch noch nicht perfekt. Beim zweiten weiß ich nicht, wen Du anschreiben möchtest. Die Kommandeure sitzen in unterschiedlichen Kasernen, Du wirst also schon mehrere Schreiben aufsetzen müssen..."


    Er griff nach dem Griffel, strich die Wachstafel glatt und begann selbst zu schreiben...



    Gaius Decimus Maior
    Magister Officiorum
    Administratio Imperatoris
    Italia - Roma


    ~~


    Salve Cousin,


    ich habe Dein Schreiben erhalten und werde die Kommandeure der Truppen anweisen, die Wünsche des Kaisers in seinem Willen umgehend umzusetzen.


    Des weiteren möchte ich die Gelegenheit nutzen, nach einem meiner Klienten zu fragen. Apollonius von Samothrake müsste sich zur Zeit in Italia befinden, da seine Anwesenheit in Germanien jedoch erwünscht ist, wäre es gut, wenn Du herausfinden könntest, wie lange er in Italia noch gebunden sein wird.


    Über Deine Segenswünsche zur Hochzeit haben wir uns sehr gefreut. Iulia richtet Dir die besten Grüße aus und auch ich würde mich freuen, Dich einmal wieder sehen zu können.


    Maximus Decimus Meridius


    ANTE DIEM XVI KAL AUG DCCCLVI A.U.C.
    (17.7.2006/103 n.Chr.)


    - Sigel -


    Die Freude, den eigenen Sohn wieder zu sehen wurde merklich getrübt. Romanus, Sohn seines Bruders und nach dessen Tod adoptiert, war also verstorben. Meridius glaubte im ersten Moment sich verhört zu haben, doch er wusste, dass Lucius was das betraf keine dummen Scherze machen würde.


    "Wo ist er? Was habt ihr mit seinem Leichnahm gemacht?"


    fragte er als erstes und erhob sich von seinem Stuhl um erstmal einen schwereren Wein zu besorgen.

    Meridius hörte aufmerksam zu und dachte dann darüber nach, was er über die unterschiedlichen fremdem Kulte wusste. Von diesem Isikult hatte er schon gehört und anscheinend war er vor allem in der Gegend um Ägypten immer noch aktiv, und der Mithraskult war vor allem unter Soldaten aus den östlichen Provinzen sehr verbreitet. Mit Kybele konnte er jedoch kaum was anfangen.


    "Kybele?"


    fragte er und sah die Sacerdos unwissend an.

    Meridius lachte, als sie ihn skeptisch beäugte und der Sache nicht so ganz traute. Ein mögliches grauses Haar beschäftigte sie offensichtlich sehr und kam einer mittelgroßen Katastrophe gleich.


    "Nun, vielleicht habe ich es auch nicht richtig gesehen. Mir war so, ALS OB, aber sicher bin ich mir nicht..."


    Er hielt in seinem Satz inne und griff dann nach der Schale mit den Brötchen, welche er, nachdem er sich eines gegriffen hatte, an sie weiterreichte.


    "Das mit dem Landgut sollte jedoch gut durchdacht sein. Ich habe bereits eine neue Stelle ausgeschrieben. Ich habe vor einen neuen Villicus einzustellen, der sich um die Betriebe der Familie kümmert. Ich weiß, Du wirst mich fragen, was dann aus Verus wird. Nichts gegen Verus, er ist ein alter Freund, und Du weißt selbst, dass er damals mit uns, als wir noch Kinder waren, in den Straßen spielte. Doch ... er taugt nicht so recht als Verwalter. Er macht zwar seine Arbeit, doch ich glaube er ist damit nicht glücklich. Wir werden ihm etwas anderes suchen müssen. Und ich werde auch Calliope freilassen. Die zwei sind ein Paar, wenn ich es richtig mitbekommen habe. Sollen sie die Chance bekommen, sich etwas eigenes auf die Beine zu stellen."

    Meridius, dessen Officium nicht weit entfernt lag, betrat früh am Morgen das Arbeitszimmer seines Scriba.


    "Guten Morgen, Octavius. Ich hoffe ich störe Dich nicht im Dämmerzustand, aber die Entwürfe müssen nochmals überarbeitet werden. Was ich vorhin in meinem Officium vorfand trifft nicht so ganz meinen Geschmack."


    Er legte die beiden Entwürfe auf den Tisch.

    Meridius hatte das Eintreten des jungen Mannes kaum registiert, als ihn eine vertraute Stimme aus der Arbeit riß. Konnte es tatsächlich sein? Er blickte auf und erkannte zu seiner Freude Lucius.


    "Salve, Lucius. Ich danke Dir für die Glückwünsche. Und ich bin überrascht, Dich hier zu sehen. Nimm doch bitte Platz. Möchtest Du etwas trinken? Warst Du schon bei Deiner Mutter? Wann bist Du hier angekommen?"


    Er stellte viel zu viele Fragen und scholt sich selbst.

    Meridius reichte ihm das Schreiben.


    "Dass ab sofort keine Donativa ausgezahlt werden um Soldaten für die Truppen anzuwerben."


    Er lehnte sich zurück.


    "Pergament, Anschrift, Erhabener Kaiser, ich habe Dein Schreiben erhalten und die Kommandeure aller Einheiten daraufhin angwiesen, die Auszahlung von Donativa bei Truppenanwerbungen einzustellen.... usw und so fort."


    Meridius überflog den Brief noch einmal.


    "Moment, Kommando zurück. Der Brief geht an den Magister Officiorum. Vom Kaiser war nur das Dekret."

    Meridius hörte ihr zu und erkannte ihre Sorge.


    "Nun, in diesem Fall werde ich eben ein Landgut suchen müssen, das in der Nähe dieser Stadt liegt. Nicht zu nah, aber auch nicht zu weit weg, in einer schönen Landschaft gelegen. Das wird schwer, aber ich will mein Bestes versuchen."


    Er zwinkerte ihr zu.


    "Sag mal, kann es sein, dass Du älter wirst?
    Ich glaubte gerade ein graues Haar gesehen zu haben..."