Beiträge von Maximus Decimus Meridius

    Meridius war sich selbst nicht sicher. Doch er kannte die Klienten des verstorbenen Kaisers und er kannte die meisten Senatoren. Wenn auch viele nur oberflächlich. Bei den Kommandeuren in der Truppe kannte er sich da schon wesentlich besser aus. Schon alleine auf Grund der Tatsache, als stellvertretender Kommandeur Zugang zu allen Akten gehabt zu haben, welche die Akademie angelegt hatte. Der Kaiser hatte alle Posten mit loyalen Männern besetzt. Es war davon auszugehen, dass sie seinem Wunsch folgten und Caesar unterstützten. Schon alleine, weil dieser ein Mann der Truppe gewesen war. Und weil die Legionen an der Donau hinter ihm standen.


    "Ich gehe davon aus, dass sich alle Legionen hinter Gaius Ulpius Aelianus Valerianus stellen werden. Alles andere wäre eine Überraschung."


    Mehr sagte er nicht.


    "Ich sehe auch nicht, wer ihm den Thron in Zukunft streitig machen könnte. Eine wirkliche Hausmacht hat keiner. Sowohl der Legatus in Aegypten, als auch in Germanien sind erst seit kurzem auf ihrem Posten. Und die Kommandeure der Truppen im Osten sind an der Partherfront gebunden. Auf Eventualitäten bräuchten wir uns erst einstellen, sollte Caesar ermordet werden, oder plötzlich sterben. Doch damit rechne ich nicht."

    Die Fassungslosigkeit seiner Schwester konnte Meridius mehr als verstehen, verstand er doch selbst kaum, was sie beide eher beiläufig erfahren hatten. Livianus war nicht mehr Legatus Legionis, der Kontakt zu ihm war abgebrochen und niemand wusste, was mit ihm geschehen war. Und das schlimmste: Niemand hatte sie informiert. Nicht einmal der Kaiser, deren Klient sowohl Livianus als auch Meridius waren. Wieso hatte der Kaiser ihn nicht informiert? Und warum hatte niemand die Familie in Kenntnis gesetzt?


    Meridius zuckte mit der Schulter.


    "Ich weiß nicht, aber ich schwöre Dir, ich werde es herausfinden.
    Und wenn ich mich selbst nach Parthien abkommandieren lasse ..."


    Seine Stimme klang hart. Dann fuhr er jedoch wesentlich weicher fort


    "Ach Lucilla, ich weiß auch nicht, warum wir so viel durchmachen müssen. Vielleicht liegt es wirklich daran, dass die Götter mit uns spielen. Im einen Moment lieben sie uns und heben uns über uns selbst hinaus, im anderen stürzen sie uns hinunter. Streben und Fallen. Ist es der Lauf der Menschheit? Ich hoffe nicht. Es würde bedeuten, dass auch das Imperium eines Tages zusammenstürzt..."

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    Cineas, schaute etwas komisch drein, immerhin wurde er hier glatt ignoriert und hatte doch einen wichtigen Auftrag auszuführen. Sein Herr duldete keinen Aufschub und erwartete ihn möglichst schnell zurück. Er räusperte sich.


    "Ähm, Herr, ist der Senator Vinicius Hungaricus zu sprechen. Ich komme im Auftrag des Senators Decimus Meridius. Es ist eine dringende Angelegenheit, welche nach Aussage meines Herrn nicht warten kann ..."


    Druck wollte er ja keinen machen, aber ewig warten konnte er auch nicht.

    Es war auch für Meridius der erste Kaiserwechsel. Zumindest der erste, den er bewusst mitbekam und als Senator miterlebte. Die Sorgen des Octaviers waren in diesem Zusammenhang durchaus zu verstehen.


    "So weit ich die Lage beurteilen kann, haben sich die Praetorianer, die Cohortes Urbanae und die Vigiles für Caesar entschieden. Die Flotte unter Anneaus Florus dürfte ihn ebenfalls unterstützen. Damit ist die Lage in Italien gesichert und alles andere ergibt auch wenig Sinn.


    Was irgendwelche Legionen an irgendwelchen Standorten vorhaben ..."


    Er holte kurz Luft


    " ... ist schwer zu sagen. Ich kenne Germanicus Corvus sehr gut. Er war Offizier in meinem Stab als ich noch Legatus Augusti Pro Praetore in Germanien war. Er ist kein Machtmensch. Er wird die XXII mit Sicherheit aus allen Querelen heraushalten wollen. Vom Getreide dürften wir daher so schnell nicht abgeschnitten werden."

    Meridius nahm die Hand und drückte sie.


    "Ich werde den Boten umgehend zu Dir senden, sobald ich Bescheid bekommen habe. Hoffen wir für Rom, dass die Cohortes Urbanae und die Praetorianer sich bereits für Caesar entschieden haben. Das erleichtert einiges und erspart uns den Bürgerkrieg."


    Auf letzteres lief es im Grunde nämlich immer hinaus, wenn sich eine der beteiligten Parteien eigenständig machte und einen eigenen Kandidaten protegierte. Und dies würde für alle Beteiligten nicht gut ausgehen.


    Der Senator indess gleitete den Besucher noch bis ins Atrium und machte sich dann wieder auf den Weg in das Zimmer seines neugeborenen Sohnes. Auch wenn die Welt am Abrund zu stehen schien, bestand immer die Hoffnung auf eine Zukunft. Die Zukunft des Senators hieß Decimus Optatus.

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    Cineas, der Cursor des Senators, hatte keinen einfachen Job. Er war Bote, Laufbursche und seine Aufgabe bestand darin Botschaften und Nachrichten unterschiedlicher Länge durch die Gegend zu transportieren. Das konnten SMS sein, transportiert im Hause von Zimmer zu Zimmer, was bisweilen dermaßen ausarten konnte, dass er zwischen Zimmern und Zimmer hin und hereilte, nur weil weder Hausherr noch Hausherrin, ihre Arbeit gerade liegen lassen wollten. Oder aber es konnte ganze Romane sein, welche er schnell auswendig lernte, um sie dann über größere Distanzen zu befördern. Heute war die Strecke, welche er zurücklegte irgendwo im Mittelfeld. Und der Text war auch nicht allzuschwer gewesen.


    Er trat an die Porta und klopfte an.

    Meridius winkte ab.


    "Du brauchst nicht hier zu bleiben. Suche Deine Villa und Deine Klienten auf. Ich kümmere mich um den Rest und schicke Dir den Boten, sobal ich Bescheid weiß. Es ist nicht notwendig, dass Du die Zeit hier abwartest. Zudem wir ja auch nicht wissen, ob der Bote Vinicius Hungaricus umgehend antreffen wird."


    Ja, es konnte unter Umständen länger dauern.


    "Ich danke Dir in jedem Fall, dass Du mich aufgesucht hast. Die Sorge um Rom treibt uns alle um, Florus. Es freut mich, dass Du Dein Kommando gewissenhaft ausübst. Nicht immer haben die Truppen solche Kommandeure."

    Soweit Meridius wusste, stimmte es. Sicher war er sich jedoch nicht. Am besten schickte er einen Boten zu seinem Freund Vinicius Hungraicus. Dieser musste Bescheid wissen, immerhin war er der Praefectus Urbi und Kommandeur der Cohortes Urbanae.


    "Ich werde einen Boten zu Vinicius Hungaricus schicken. Wenn Du Gewissheit möchtest, sollst Du Gewissheit erlangen. Wieder hast Du Recht. Man darf nicht mit Unbestimmtheiten agieren. Ich muss in letzter Zeit zu sehr getrauert haben, dass ich nicht selbst schon auf den Gedanken kam."


    In der Tat hatte er zu viel um die Ohren gehabt, oder aber sich in seiner Trauer zu sehr gehen lassen.


    Meridius winkte einen Sklaven herbei und bestellte den cursor ein. Nachdem dieser wenig später erschien, wurde er entsprechend instruiert und machte sich auf den Weg.

    Nachdem er seinen verstorbenen Sohn Maximian ein zwei Tage in seinem Zimmer aufgebahrt hatte liegen lassen, wurde der gewaschene und einbalsamierte Leichnahm letztlich doch ins Atrium befördert und dort auf einer Bahre der Verwandtschaft, welche sich zum letzten Abschied einfand, dargeboten. Der Leichnahm lag in Festgewändern, das Begräbnisbett war mit Blumen geschmückt worden, Meridius hatte Flötenspieler bestellt, damit diese die traditionelle Trauermusik spielen sollten. So war es Brauch in Rom.



    Das eigentliche Begräbnis würde dann stattfinden, wenn man den Leichnahm zu seiner Begräbnisstätte begleitete. Dies war etwas schwierig, da sich die Decima traditionell in Tarraco bestatten ließen. Im Falle des Lucius Decimus Maximian war vorgesehen, den Leichenzug zu dem Ort zu führen, an welchem der Verstorbene verbrannt werden sollte. Seine Asche und die Überreste würden dann mit einer Urne zum Familiengrab in Tarraco gebracht werden. So war es geplant.


    Den Zug starten wollte der Senator jedoch erst, wenn sich die Familie, Freunde der Familie und Klienten eingefunden hatten. Auch so war es Brauch.

    In der Tat war der Gedanke seinen Sohn beerdigen zu müssen unerträglich. Meridius schüttelte sich.


    "Es ist eine Ironie des Schicksal, dass Lucius sich der Legio I anschließen wollte um gegen die Parther zu ziehen. Ich verbot es ihm. Es kam direkt zum Disput. Wir entzweiten uns. Weil ich fürchtete, ich würde ihn gegen die Parther verlieren. Er blieb, zog nicht in den Krieg und die Götter nahmen ihn mir dennoch."


    Es war zum Haare raufen. Unter diesen Umständen hätte er ihn durchaus nach Osten ziehen lassen können. Vermutlich wäre er noch am Leben. Doch wie hieß dieses Sprichwort noch, welches Menas immer mal wieder von sich gab? 'Was ich fürchtete, trat ein.'


    "Wie geht es Dir mein Freund?"

    Die Überlegungen des Annaers waren gut. Dass sich die Praetorianer und Cohortes Urbanae schon entschieden hatten war gut. Meridius kannte Hungaricus auch nicht anders. Er hatte mit Sicherheit seine Männer schon auf den neuen Kaiser und alten Caesar eingeschworen. Dafür war er zusehr Machtmensch. Und instinktgeleitet traf er häufig die richtigen Entscheidungen. Der Caesar war als Nachfolger vorgesehen, er würde folglich auch der Nachfolger werden.


    "Du hast Recht. Wenn die Praetorianer und die Cohortes schon auf den Caesar vereidigt wurden, dann solltest Du das selbe ebenfalls veranlassen. Der Kaiser starb im Feldlager, er hat vor seinem Tod mit Sicherheit die Truppen dort auch auf Caesar den Eid ablegen lassen. Die Truppen im Illyricum stehen ihm sowieso nah und wenn Vinicius Hungaricus eine Entscheidung in Rom fällt, dann wird sich Vinicius Lucianus in Germanien mit Sicherheit anschließen. Abwarten bringt nichts, im Gegenteil. Wir sollten uns umgehend entscheiden."


    Ja, so machte es Sinn. Wieso zuerst gezögert hatte, war ihm selbst nicht mehr klar. Alles sprach für den Caesar. Es gab kein Argument, welches sagte, dass jemand anderes an die Macht kommen konnte. Zumal es der Wunsch des Kaisers gewesen war, dass Caesar ihn eines Tages beerbte. Der Wunsch des Kaisers war Meridius immer Befehl gewesen. Er hatte sich danach zu richten.


    "Ich bin mir sicher, dass Caesar der neue Kaiser wird.
    Du solltest umgehend handeln."

    Sicher, in der Haut des Praefecten wollte Meridius nicht stecken.


    "Caesar ist als Nachfolger des Kaisers vorgesehen, soweit zumindest ich weiß. Er befindet sich zur Zeit in Illyrien. Je schneller er nach Rom kommt, je schneller die Truppen sich auf seine Seite stellen und je schneller der Senat sich auf seine Seite stellt, umso schneller haben wir auch wieder Ruhe im Imperium. Sollte sich jedoch die Ankunft des Caesar verzögern, bleibt das Ganze vakant."


    Meridius dachte einen Moment nach.


    "Es hängt auch davon ab, wie sich die Truppen positionieren. Wenn die Truppen im Osten, welche gerade gegen die Parther kämpfen, Caesar unterstützen, die Legionen an der Donau ebenso und auch die Legionen in Germanien, dann ist die Sache klar. Wir brauchen nicht weiter diskutieren. Die Frage ist, wie sich Vinicius in Germanien aufstellt. Auf welche Seite er sich schlägt. Die Truppen in Parthien sind jedoch das geringste Problem. Sie sind vorerst gebunden. Und sollten sie Eigeninteressen entwickeln, wären ihr Kandidat gezwungen Konzessionen gegenüber den Parthern einzugehen, um nach Rom zurückkehren zu können. Kurz: Es hängt zunächst davon ab, was an der Donau geschieht. Und wie Germanien darauf reagiert. An Deiner Stelle würde ich die Flotte einfach still halten und abwarten."

    Der Flottenpraefekt hatte eine Menge Fragen, Meridius nicht halb so viele Antworten.


    "Das Volk spielt kaum eine Rolle. Es läuft jedem nach, der es nur mit Brot und Spielen bei Laune hält. So lange die Flotte die Getreidelieferungen garantieren kann und diese auf den Märkten ankommen, reden die einen so, die anderen anders. Was sollte sich für sie auch ändern? Anders verhält es sich bei den Senatoren. Und es wissen wohl allein die Götter, wieviele unterschiedliche Ambitionen es dort gibt. Ich selbst habe mich aus den Hallen verabschiedet um zu trauern. Ich verlor zuerst meinen Erstgeborenen, und jetzt auch noch einen Kaiser."


    Er hielt einen Moment inne.


    "Eine offizielle Haltung des Senats, welche über den Status TRAUER hinausgeht, gibt es noch nicht. Doch ich denke, dass die meisten Senatoren Caesar die Treue geloben werden, wenn er zügig in der Hauptstadt eintrifft."

    "Sicher."


    Meridius verstand. Die Zeiten waren mehr als unsicher, so lange die Thronfolge nicht offiziell geregelt war und der Senat, sowie die Legionen geeint hinter EINEM Mann standen, war alles möglich. Und die Flotte war in diesem Moment der neuralgische Faktor. Sie entschied darüber, ob die Häfen in Italien offen blieben, ob Ostia seine Warenlieferungen auch weiterhin erhielt. Wer immer in Rom Machtambitionen hatte, er musste mit der Flotte planen. Und ihr Kommandeur stand vor ihm.


    "Ich hoffe, Du hast Dein Erscheinen hier nicht an die große Glocke gehängt. Ich ziehe es vor, in meiner momentanen Situation eher unauffällig zu bleiben. Wenn mir allerdings alle Praefecten und zig Kommandeure die Bude einrennen, komme ich unter Umständen in den Verdacht die Macht zu ursupieren. Und nichts liegt mir ferner."


    Er lachte, was seine Aussage als Scherz erkenntlich machte. Noch konnte er ja nicht wissen, dass auch der Praefectus der Vigiles ihn aufsuchen würde.


    "Was bedeutet ersteinmal wieder ruhig?
    War sie es nicht immer?"

    Meridius erschien wenig später. Er hatte ein kleines Mahl unterbrochen, was ihn jedoch nicht weiters störte. Mit Octavius Cato war nicht nur der Kommandeur der Vigiles erschienen, sondern auch der Sohn eines alten Freundes. Die Octavier standen schon seit jeher in guter Beziehung zur Familie und in diesen Zeiten, war das Erscheinen des Mannes kein Zufall.


    "Salve Octavius."


    sprach Meridius als er das Atrium betrat und auf den Angesprochenen zuging. Der Praefect trug die Kapuze tief über das Gesicht gezogen. Er wollte hier nicht gesehen werden und Meridius verstand durchaus warum. Der Kaiser war tot, der Nachfolger zwar bereits vorgesehen, jedoch noch nicht installiert. Gerüchte gab es zu Hauf, nicht umsonst hatte er sich bisher aus allem herausgehalten und das Haus auch nicht verlassen. Mochten andere ihre Ränkespielchen machen. Er selbst war Soldat, weniger Politiker. Unauffällig zu sein, war im Moment die beste Entscheidung.


    "Was führt Dich zu mir?"

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    Auch in diesem Fall öffnete der alte Marcus und staunte nicht schlecht. Ein Flottenpräfekt und jetzt ein Praefect der Städtischen. Es war viel los in der Stadt und auch hier im Hause, seit dem der Kaiser gestorben war. Politik. Er zuckte mit der Schulter.


    "Praefectus, ich werde dem Senator Bescheid geben.
    Wenn Du mir bitte folgen würdest ..."


    Er führte ihn ins Atrium.

    Kaum hatte man ihm mitgeteilt, dass Annaeus Florus eingetroffen war, eilte Meridius so schnell er konnte in sein officium. Es waren raue Zeiten. Eine Vielzahl an Legionen stand im Osten im Kampf gegen die Parther. Der Kaiser war tot, sein vermeintlicher Thronfolger noch nicht aufgetaucht. Caesar befand sich irgendwo im Illyricum, wenn er noch richtig informiert war. Florus als Flottenpräfekt und einer der jetzt mächtigsten Männer in Italien, kam ihm daher gerade recht. Wenn es wichtige Informationen gab, dann sicher von ihm.


    "Salve, Florus!"


    sprach er und trat in den Raum ein. Er steuerte direkt auf den Mann zu und reichte ihm die Hand, wie es in alten Zeiten der Fall gewesen war und was man auch heute noch tat, wenn man eine enge Verbundenheit signalisieren wollte.


    "Was führt Deine Wege zu mir?"

    Meridius wusste nichts. Doch hatte er auch lange keine Nachricht mehr aus dem Osten bekommen und schon gar nicht von Livianus. Livianus war absent, nicht nur räumlich, sondern auch nachrichtentechnisch. Niemand sprach von ihm. Und wenn Faustus etwas geschrieben hatte ... Er war zwar nur Soldat, aber die Soldaten der Legion wussten oft mehr, als der normale Zivilist annahm. Die Soldaten waren nicht nur auf ihren Kaiser, sondern auch auf ihren Legaten eingeschworen. Gute Legaten sorgten sich um ihre Männer, ihre Männer liebten sie. Das Praetorium lag mitten im Lager, keiner ging da rein und raus, ohne dass es die Soldaten mitbekamen. Hatte der Legatus einen Schnupfen, wusste es die Legion.


    "Ein einfacher Soldat?"


    Lucilla hatte keine Ahnung von der Legion. Er wollte gerade etwas sagen, als auch schon der Sklave wiederkehrte und die gewünschten Ausgaben der Acta mitsichführte. Meridius ließ sie sich reichen und arbeitete sich eine Ausgabe nach der anderen nach hinten durch. PRIDIE ID DEC DCCCLVII A.U.C. (12.12.2007/104 n.Chr.) ... Provincia Italia ... Meldungen ...


    "Legio I Traiana Pia Fidelis. Quintus Tiberius Vitamalacus zum Legatus Legionis ..."


    Meridius ließ die Acta sinken und sein Blick, der eh schon den ganzen Tag wie aus dem Hades zu kommen schien, versteinerte sich zu einem unbeschreiblichen Kummer. Livianus war abgelöst worden. Weder hatte der Senat das Thema behandelt, noch wusste irgendwer Bescheid. Was war mit Livianus geschehen? Wieso war er nicht nach Rom zurückgekehrt? Hatte er ein neues Kommando? Es war keines verzeichnet. Er erschien auch auf keiner Gefallenenliste. Und es gab keine Hinweise auf Auszeichnungen, welche man erhielt, wenn man aus dem Militärdienst ausschied.


    "Irgendetwas muss passiert sein."


    fügte Meridius hinzu und reichte die Acta dann dem Sklaven. Lucilla stand vor ihm, wie ein Häufchen Elend. Faustus hatte mehr geschrieben, als er eigentlich wissen konnte. Was Meridius nur nicht verstand, war die Tatsache, dass ihn niemand informiert hatte. War er ein Niemand? Hatte er den Legionen nicht jahrelang gedient? Waren die Decima nicht eine Familie, die ein Anrecht darauf hatte, zu wissen, was mit einem der ihren geschah? War Livianus ein niemand? Ein Senator, der einfach so verschwinden konnte?

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    Es war wie immer der alte Marcus, das Urgestein der Familie, welcher die Porta öffnete und in dem Anklopfenden einen der wichtigsten Klienten des Senators wiedererkannte. Ein Annaer und er begrüßte ihn daher, wie es sich gehörte und bat ihn auch gleich herrein.


    "Sei gegrüßt, Annaeus. Der Senator ist im Hause.
    Ich werde Dich gleich zu seinem officium führen ..."


    Sprach es und unterstrich das Gesagte mit einer Armbewegung.

    Meridius lachte. Vielleicht das erste mal seit langem, zumindest seit dem Tag, als er die Nachricht bekam, dass sein Sohn tot aufgefunden worden war. Und selbst davor hatte er sich in Sorgen befunden, Sorgen eben um Lucius, dann in Sorgen um seine Gemahlin und um das Neugeborene. Den letzten beiden ging es in der Zwischenzeit den Umständen entsprechend wieder gut.


    "Hahaha, eine Ispektion der Wasseranschlüsse. Der war gut. Ein Kollege von Dir war erst vor ein paar Monaten hier. Aber natürlich kannst Du auch jederzeit nach dem rechten sehen.


    Jetzt, wenn sich der Winter dem Ende neigt, könnte man das in der Tat mal machen. Und wenn Du üben möchtest, nur zu. Nur sieh zu, dass die Leitung nie abbricht. Ich kann es mir nicht leisten, einen größeren Wasserschaden zu bezahlen..."


    Das nicht leisten können, war eine Redewendung. Wäre es nach den Finanzen gegangen, hätte er den ganzen Straßenzug ausbessern lassen können. Doch das Geld konnte auch sinnvoller angelegt werden.


    "Du fällst uns nicht zur Last. Ich bin froh, wenn das Haus voll ist. Wozu sind wir eine große Familie? Eines solltest Du Dir merken, Scaurus! Die Familie bleibt immer die Familie! Wir Decima stehen immer zu unseren Verwandten. Fühl Dich also hier wie zu Hause. Ich werde Dir gleich ein Zimmer einrichten lassen ..."